BFH Beschluss v. - II B 86/07

Auslegung des Art. 50 Satz 3 EGV (vorübergehende Ausübung von Dienstleistungen) durch die Rechtsprechung geklärt

Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, EG Art. 50 Satz 3

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

Die Beschwerdebegründung genügt nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) geltend macht, die Vorentscheidung weiche von der Rechtsprechung anderer Gerichte ab (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO), genügt die Begründung dem Darlegungserfordernis des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO u.a. deswegen nicht, weil keine tragenden abstrakten Rechtssätze aus der Vorentscheidung sowie aus den nach Auffassung der Klägerin abweichenden Entscheidungen anderer Gerichte so gegenübergestellt werden, dass eine Abweichung erkennbar wird (vgl. m.w.N. , BFH/NV 2005, 1758; zu den Voraussetzungen einer Rüge wegen Divergenz und deren Darlegung vgl. m.w.N. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 43 ff. und § 116 Rz 40 ff.). Dies gilt sowohl bezüglich der von der Klägerin angeführten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) als auch des Bundesgerichtshofs (BGH), hier insbesondere des (Neue Juristische Wochenschrift 2005, 3732).

2. Soweit die Klägerin geltend macht, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu, genügt die Begründung ebenfalls nicht dem Darlegungserfordernis des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

a) Ebenso wie für eine ordnungsgemäße Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer Vorschrift nicht ausreicht, entbindet auch die Behauptung eines Verstoßes gegen höherrangiges Gemeinschaftsrecht nicht von einer näheren Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (BFH-Beschlüsse vom VII B 100/94, BFH/NV 1995, 829; vom X B 49/97, BFH/NV 1998, 1091, und vom V B 123/03, BFHE 209, 167, BStBl II 2005, 585).

b) Soweit dem Vorbringen der Klägerin zu entnehmen ist, von grundsätzlicher Bedeutung solle die Frage sein, wie das Tatbestandsmerkmal „vorübergehend” in Art. 50 Satz 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) auszulegen ist, wäre es erforderlich gewesen, die grundsätzliche Bedeutung substantiiert in einer an den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung orientierten Auseinandersetzung darzulegen (vgl. , BFH/NV 2005, 1080). Dies ist nicht geschehen.

Die Auslegung des Art. 50 Satz 3 EGV ist durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. , BFH/NV 2007, 1928, m.w.N.). Die Klägerin trägt keine neuen Gesichtspunkte vor, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage erforderlich machen (vgl. m.w.N. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 28). Insbesondere gibt die von der Klägerin angeführte Entscheidung des (Slg. 1991, I-4221) keinen erneuten Klärungsbedarf, weil sie keine mit dem Streitfall vergleichbare Fallkonstellation, nämlich eine vorübergehende Ausübung einer Dienstleistung in dem Staat, in dem die Leistung erbracht wird (Art. 50 Satz 3 EGV), betraf.

Auch der Hinweis auf die Richtlinie 2005/36/EG ist ohne Eingehen auf Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2005/61/EG unzureichend. Nach dieser Vorschrift gilt der Grundsatz, dass die Dienstleistungsfreiheit nicht aufgrund der Berufsqualifikation eingeschränkt werden darf, nur für den Fall, dass sich der Dienstleister zur vorübergehenden und gelegentlichen Ausübung des Berufs in den Aufnahmemitgliedstaat —im Streitfall Deutschland— begibt. Die Richtlinie setzt also, wie auch Art. 50 EGV, eine vorübergehende Dienstleistung voraus. Die Klägerin hätte mithin darlegen müssen, warum und aus welchen Gründen die Richtlinie gegen die Auslegung des Merkmals „vorübergehend” in Art. 50 EGV durch die Rechtsprechung sprechen soll.

3. Soweit die Klägerin Verfahrensmängel rügt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), sind die die Mängel ergebenden Tatsachen nicht genau bezeichnet und damit Verfahrensmängel nicht schlüssig dargelegt (vgl. , BFH/NV 2002, 1026). Insbesondere hat die Klägerin jeweils nicht bezeichnet, was sich bei der Aufklärung des Sachverhalts bzw. bei einer Beweiserhebung ergeben bzw. was sie bei Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte, und nicht dargelegt, dass bei dessen Berücksichtigung die Entscheidung des Finanzgerichts (FG), ausgehend von seiner materiell-rechtlichen Auffassung, anders hätte ausfallen können (BFH-Beschlüsse vom IV B 130/06, BFH/NV 2008, 233; vom X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332; vom VIII B 68/96, BFH/NV 1998, 29).

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, die Schlussfolgerungen des FG verstießen gegen Denkgesetze und die Gesetze der Logik, rügt sie keine Verfahrensmängel, sondern materiell-rechtliche Fehler, die nur unter den —hier nicht vorliegenden— Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zur Zulassung der Revision führen können (vgl. , BFH/NV 2002, 1331, m.w.N.).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2008 S. 1127 Nr. 7
PAAAC-79277