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Verbindlichkeiten (HGB, EStG)
1. Begriff
1.1. Verbindlichkeiten im Handelsrecht
Das Handelsrecht setzt den Begriff der „Verbindlichkeit“ gesetzlich voraus, definiert ihn aber nicht. So ergibt sich aus § 266 Abs. 3 C. Nr. 1 bis 8 HGB, welche einzelnen Typen der Verbindlichkeiten handelsrechtlich unter diesem Begriff verstanden werden. Dies sind:
Anleihen, z. B. Schuldverschreibungen oder Wandelschuldverschreibungen (§ 266 Abs. 3 C. Nr. 1 HGB),
Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten (§ 266 Abs. 3 C. Nr. 2 HGB),
erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen (§ 266 Abs. 3 C. Nr. 3 HGB),
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (§ 266 Abs. 3 C. Nr. 4 HGB),
Verbindlichkeiten aus der Annahme gezogener Wechsel (§ 266 Abs. 3 C. Nr. 5 HGB),
Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen (§ 266 Abs. 3 C. Nr. 6 HGB),
Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht (§ 266 Abs. 3 C. Nr. 7 HGB),
sonstige Verbindlichkeiten, z. B. nicht von Kreditinstituten gewährte Darlehen oder Steuerschulden (§ 266 Abs. 3 C. Nr. 8 HGB).
Im Übrigen sprechen § 240 Abs. 1 HGB, § 242 Abs. 1 HGB und § 246 Abs. 1 Satz 1 und 3 HGB lediglich von den „Schulden“ des Kaufmanns als zusammengefasster Oberbegriff für die Verbindlichkeiten und Rückstellungen.
1.2. Verbindlichkeiten im Steuerrecht
Steuerrechtlich bestimmt § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG zwar die Bewertung der Verbindlichkeiten, definiert diesen Begriff aber ebenfalls nicht. Aus dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) folgt aber, dass beide Begriffe in handels- und steuerrechtlicher Hinsicht identisch sind.
1.3. Verbindlichkeiten im Rahmen der BFH-Rechtsprechung
Die Rechtsprechung des BFH setzt für die Definition der Verbindlichkeit bei dem Begriff des Anspruchs (§ 194 Abs. 1 BGB) an. Danach wird das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen, legal als „Anspruch“ definiert.
Auf dieser Grundlage ist eine Verbindlichkeit eine dem Inhalt und der Höhe nach bestimmte Leistungspflicht, die erzwingbar ist. Dabei zeigt der Vergleich mit § 249 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. HGB, nach dem für ungewisse Verbindlichkeiten eine Rückstellung zu bilden ist, dass zwischen ungewissen Verbindlichkeiten (= Rückstellungen) und Verbindlichkeiten i. S. des § 266 Abs. 3 C. HGB zu unterscheiden ist. Eine als Verbindlichkeit auszuweisende Schuld liegt nur dann vor, wenn sie gewiss ist.
Deshalb ist z. B. bei der Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung oder einer auflösend bedingten Rückzahlungsverpflichtung eine Verbindlichkeit nicht auszuweisen.