Online-Nachricht - Dienstag, 20.09.2022

Verfahrensrecht | Anwendung des § 52d FGO auf Rechtsanwaltsgesellschaft (FG)

Die Erhebung einer Klage beim FG durch einen Rechtsanwalt ist ab dem unzulässig, wenn sie nicht als elektronisches Dokument in der Form des § 52a FGO übermittelt wird. Der Verstoß gegen § 52d FGO führt zur Unwirksamkeit der Klage, die Prozesserklärung ist nicht wirksam (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Gemäß § 52d Satz 1 FGO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln.

Sachverhalt: Der Kläger wurde mit Haftungsbescheid in Anspruch genommen. Nach Zurückweisung des Einspruchs hat die Klägervertreterin – eine Rechtsanwaltsgesellschaft – im Januar 2022 innerhalb der Rechtsmittelfrist Klage per Telefax erhoben.

Das FG Berlin-Brandenburg wies die Klage als unzulässig zurück:

  • Die Klage ist unzulässig, da sie nicht in der gemäß § 52d FGO vorgesehen Form als elektronisches Dokument eingereicht worden ist.

  • Die für Rechtsanwälte bestehende Übermittlungspflicht im Sinne des § 52d Satz 1 FGO gilt nach Auffassung des Senats schon seit dem auch für Rechtsanwaltsgesellschaften.

  • Dafür spricht insbesondere auch der systematische Vergleich mit § 130d Satz 1 ZPO und § 78 ZPO.

  • § 130d Satz 1 ZPO ist wortgleich zu § 52d Satz 1 FGO. Eine vergleichbare Regelung wie in § 52d Satz 2 FGO, § 46g Satz 2 ArbGG, § 65d Satz 2 SGG und 55d Satz 2 VwGO enthält § 130d ZPO nicht.

  • Nach Auffassung des Senats unterliegen Rechtsanwaltsgesellschaften der Übermittlungspflicht nach § 130d Satz 1 ZPO. Dies folgt aus § 59l Satz 2 BRAO, wonach eine Rechtsanwaltsgesellschaft als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte die Pflichten eines Rechtsanwalts hat. Die ZPO differenziert grundsätzlich nicht zwischen Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsgesellschaften, und auch § 78 ZPO führt im Gegensatz zu § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO in Verbindung mit § 3 StBerG die Rechtsanwaltsgesellschaft nicht separat auf.

  • Der Umstand, dass es für Rechtsanwaltsgesellschaften im Zeitpunkt der Klage noch kein eigenes besonderes elektronisches Anwaltspostfach gab, führt nicht dazu, dass sie von der Verpflichtung zur Übermittlung elektronischer Dokumente befreit sind.

Hinweis:

Des Weiteren hat das Gericht entschieden, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht deshalb unrichtig ist, weil sie keine Angaben zur Übermittlung der Klage als elektronisches Dokument enthält. § 55 Abs. 1 FGO enthält nur eine Belehrung über den Rechtsbehelf, die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist.

Das Gericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Quelle: (il)

Fundstelle(n):
WAAAJ-22356