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Wegfall der Abzinsungspflicht für Verbindlichkeiten nach dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz
Mit [i]Eggert, Wegfall des Abzinsungsgebots für Verbindlichkeiten – Erfreuliche Änderung durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz, BBK 12/2022 S. 561 NWB GAAAI-62812 dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz vom wurde die bestehende Abzinsungspflicht für bestimmte Verbindlichkeiten in der Steuerbilanz nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG a. F. ersatzlos gestrichen. Dies wurde durch den Gesetzgeber insbesondere mit dem stark veränderten Marktzinsniveau gegenüber dem bislang gesetzlich normierten Abzinsungszinssatz von 5,5 % begründet. Auch wird darin ein Beitrag zu Bürokratieabbau und Steuervereinfachung gesehen.
Generell soll mit einer Abzinsung künftiger Verpflichtungen im Rahmen des Bilanzansatzes von Verbindlichkeiten berücksichtigt werden, dass eine erst in Zukunft zu erfüllende Verpflichtung den Schuldner wirtschaftlich weniger belastet als eine sofortige Leistungspflicht. Diesen Aspekt sieht nunmehr der Gesetzgeber nicht mehr als relevant an.
Die wesentlichen bilanziellen Aspekte, die aus dem Wegfall der Abzinsungspflicht resultieren, werden im folgenden Buchführungs-Seminar zusammenfassend erläutert. Dabei wird auch auf die unterschiedlichen Möglichkeiten der Barwertermittlung im alten Recht eingegangen.
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I. Bilanzierung von Verbindlichkeiten nach altem Recht
[i]Abzinsung in der HandelsbilanzHandelsbilanziell besteht eine Abzinsungspflicht im Bereich der Passiva lediglich für Rückstellungen, sofern die zugrunde liegende Verpflichtung am Bilanzstichtag eine Restlaufzeit von mehr als einem Jahr aufweist. Die Abzinsung erfolgt in diesem Fall mit S. 842dem laufzeitkongruenten Abzinsungszinssatz, der von der Deutschen Bundesbank ermittelt und veröffentlicht wird (§ 253 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB).
Eine Abzinsungspflicht für Verbindlichkeiten ist dem HGB hingegen fremd, so dass Verbindlichkeiten in der Handelsbilanz nach allgemeinen Grundsätzen, mithin dem Erfüllungsbetrag, anzusetzen sind (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB).
[i]Gemballa, Abzinsung von Verbindlichkeiten – Berechnungsprogramm, Arbeitshilfe NWB UAAAE-13722 Steuerbilanziell sind Verbindlichkeiten nach altem Recht grundsätzlich unter sinngemäßer Anwendung von § 6 Nr. 2 EStG zu bewerten: Demnach bilden die Anschaffungskosten oder der höhere Teilwert den Ausgangspunkt zur Bewertung, dies entspricht im Ergebnis dem Nenn- bzw. Rückzahlungsbetrag. Der Bilanzansatz erfolgt sodann grundsätzlich mit dem Barwert des Nenn- bzw. Rückzahlungsbetrags, der mit einem Zinssatz von 5,5 % ermittelt wird (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG a. F.).
Eine [i]Ausnahmen von der Abzinsungspflicht Ausnahme von der Abzinsungspflicht gilt für
Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von weniger als zwölf Monaten,
verzinsliche Verbindlichkeiten,
Verbindlichkeiten, die auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.
In diesen Fällen erfolgt der Ansatz zum Nenn- bzw. Rückzahlungsbetrag.
[i]Kriterien für die AusnahmeregelungenDie Laufzeit ist – insbesondere für die Beurteilung der Zwölf-Monats-Frist – anhand der letzten Zahlung der zugrunde liegenden Verpflichtung zu ermitteln. Hinsichtlich der Verzinslichkeit der Verbindlichkeiten ist bereits eine geringfügige Verzinsung ausreichend, um eine Abzinsung auszuschließen. Auch reicht hierzu eine rein wirtschaftliche Verzinsung im Sinne eines wirtschaftlichen Nachteils des Darlehensnehmers aus, es muss sich nicht um eine Verzinsung im rechtlichen Sinne handeln.
[i]Happe, Latente Steuern – Berechnungsprogramm, Arbeitshilfe NWB NAAAD-98366 Da es somit zu einem abweichenden Wertansatz der betreffenden Verbindlichkeit in Handels- und Steuerbilanz kommt, sind die Voraussetzungen zur Abgrenzung latenter Steuern nach § 274 HGB grundsätzlich erfüllt. Die latente Steuer repräsentiert die künftig geringere Steuerzahlung, die als aktive latente Steuer zu behandeln ist. Für deren Erfassung besteht generell ein Aktivierungswahlrecht (§ 274 Abs. 1 Satz 2 HGB).
II. BMF-Schreiben zur Abzinsung von Verbindlichkeiten nach altem Recht
[i]BMF, Schreiben v. 26.5.2005 - IV B 2 - S 2175 - 7/05 NWB KAAAB-53884 Zur Abzinsung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen in der steuerlichen Gewinnermittlung hat das BMF bereits im Jahr 2005 ein umfangreiches Schreiben mit zahlreichen Beispielen veröffentlicht. Demnach finden für die Auf- und Abzinsung von Passiva grundsätzlich finanzmathematische Methoden Anwendung, wobei unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Verbindlichkeit folgende Parameter zugrunde gelegt werden:
Zinssatz: 5,5 %,
taggenaue Berechnung,
360 Tage/Jahr,
30 Tage/Monat,
Rückzahlungstag wird in Restlaufzeit einbezogen (max. 30 Tage/Monat).
Neben der exakten finanzmathematischen Bewertung kann auch eine Bewertung anhand von Vervielfältigern vorgenommen werden (sog. Vereinfachungsregelung), die in den Anlagen zum BMF-Schreiben enthalten sind.S. 843
Hinsichtlich der Darlehensmodalitäten differenziert das BMF Fälligkeitsdarlehen mit Rückzahlung in einem Betrag und Tilgungsdarlehen mit Rückzahlung in jährlich gleich bleibenden Beträgen.
[i]FälligkeitsdarlehenBei der Abzinsung von Fälligkeitsdarlehen ist bzgl. der Restlaufzeit regelmäßig auf den vereinbarten Rückzahlungszeitpunkt abzustellen. Liegt ein solcher nicht vor, ist auf den Zeitpunkt der wahrscheinlichen Rückzahlung abzustellen. Im Falle einer unbestimmten Laufzeit der zugrunde liegenden Verpflichtung ist die Restlaufzeit zu schätzen. Wird von der Vereinfachungsmethode Gebrauch gemacht, sind die Vervielfältiger für ganzjährige Restlaufzeiten der Anlage 2 des BMF-Schreibens zu entnehmen. Im Falle nicht ganzjähriger Restlaufzeiten ist der Vervielfältiger im Rahmen eines Interpolationsverfahrens zu ermitteln.
[i]TilgungsdarlehenIst hingegen ein Tilgungsdarlehen abzuzinsen, wird bzgl. der Restlaufzeit auf die Fälligkeit der letzten Rate abgestellt. Die Kapitalisierung erfolgt im Falle ganzjähriger Restlaufzeiten mit dem Vervielfältiger, der aus Anlage 3 des BMF-Schreibens zu entnehmen und auf den Jahresbetrag der Zahlungen anzuwenden ist. Im Falle nicht ganzjähriger Restlaufzeiten erfolgt auch bei Tilgungsdarlehen eine Ermittlung des Vervielfältigers durch Interpolation.
III. Bilanzierung von Verbindlichkeiten nach neuem Recht
Im Rahmen des Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes vom wurde – ausweislich der Gesetzesbegründung primär vor dem Hintergrund der aktuellen Niedrigzinsphase, in der vermehrt unverzinsliche sowie negativ verzinsliche Darlehen gewährt werden – die Abzinsungspflicht für Verbindlichkeiten nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG a. F. ersatzlos gestrichen. Die Abzinsung lasse sich demnach nur rechtfertigen, wenn Verpflichtungen formal unverzinslich, tatsächlich aber verzinslich sind. Dies sei nicht mehr darstellbar, wenn keine oder negative Zinsen am Markt entstehen.
[i]Wegfall der Abzinsung ab 2023, auf Antrag bereits früherHinsichtlich der erstmaligen Anwendung wurde in § 52 Abs. 12 Satz 2 EStG normiert, dass der Wegfall der Abzinsungspflicht erstmals zwingend für Wirtschaftsjahre anzuwenden ist, die nach dem enden. Somit ist im Falle eines kalenderjahrgleichen Wirtschaftsjahres erstmalig für das Wirtschaftsjahr 2023 (Wirtschaftsjahresende ) verpflichtend keine Abzinsung mehr vorzunehmen.
Auf Antrag des Steuerpflichtigen kann jedoch auch bereits in früheren Wirtschaftsjahren auf eine Abzinsung von Verbindlichkeiten verzichtet werden (§ 52 Abs. 12 Satz 3 EStG). Somit ist in allen verfahrensrechtlich noch offenen Fällen ein Verzicht auf die Abzinsung möglich.
Das [i]Rückstellungen gem. Steuer- und Handelsrecht – Berechnungsprogramm, Arbeitshilfe NWB AAAAE-22254 steuerbilanzielle Abzinsungsgebot für Rückstellungen blieb materiell unverändert bestehen, so dass hier unverändert der Abzinsungszinssatz von 5,5 % anzuwenden ist. Redaktionell wurden die Voraussetzungen der Abzinsung in § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG aufgenommen, da bislang auf die Regelungen zur Abzinsung von Verbindlichkeiten verwiesen wurde.
Die Abzinsungszinssätze im Rahmen der handelsbilanziellen Rückstellungsbewertung weichen daher unverändert deutlich vom typisierten steuerlichen Abzinsungszinssatz ab, so dass sich hier weiterhin Unterschiede bei der Bewertung sowie latente Steuern einstellen.
Durch [i]Wegfall der Abzinsung führt zu einmaligem Aufwand den Wegfall der Abzinsung entsteht im Wirtschaftsjahr des erstmaligen Ansatzes der Verbindlichkeit mit dem undiskontierten Wert ein einmaliger Aufwand, der in voller S. 844Höhe steuermindernd anzusetzen ist. Auch entfallen, sofern zuvor aktivisch abgegrenzt, latente Steuern, da Handels- und Steuerbilanzansatz der Verbindlichkeit nunmehr der Höhe nach übereinstimmen.
IV. Ausgangssachverhalt
Die A-GmbH hat am von der B-GmbH ein rechtlich und wirtschaftlich unverzinsliches Darlehen über 700.000 € erhalten. Zwischen den Gesellschaften bestehen keine gesellschaftsrechtlichen Verbindungen.
[i]Zwei Varianten: Fälligkeits- und TilgungsdarlehenHinsichtlich Tilgungsmodalitäten, Berechnungsmethode und Wahlrechtsausübung der A-GmbH bzgl. des Verzichts auf die Abzinsung werden zwei Fälle unterschieden: