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NWB Nr. 35 vom Seite 2468

Persönliche Zurechnung von Einkünften in Treuhand- und Nießbrauchfällen

Überblick anhand zweier Finanzgerichtsurteile

Prof. Dr. Henrik Schneider und Marian Schneider

[i]KKB/Kanzler, Einkommensteuergesetz Kommentar, 7. Aufl. 2022, § 2 EStG Rz. 257-280Die Frage der persönlichen Zurechnung von Einkünften, also wer bestimmte Einkünfte erzielt, ist in den unterschiedlichsten Fällen von großer Bedeutung und nicht immer leicht zu beantworten. Eine gewichtige Rolle spielt diese Frage insbesondere bei Verlagerungen von Einnahmen durch Treuhandverhältnisse, Nießbrauchbestellung oder auch bei Wertpapierleihe. Ausgangspunkt für den nachfolgenden (überblicksartigen) Beitrag soll zunächst eine Entscheidung des FG Münster sein (Urteil v.  - 2 K 1277/20 E, NWB UAAAI-62774), in welcher sich das Finanzgericht mit der Frage der Zurechnung von Veräußerungsgewinnen i. S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG bei Treuhandverhältnissen beschäftigt hat. Zudem soll anhand einer Entscheidung des Hessischen , NWB TAAAH-07174, = Vorinstanz zum , NWB LAAAJ-16983) ein Überblick über die Zurechnung von Kapitaleinkünften in Nießbrauchfällen gegeben werden.

I. Gescheiterte Treuhand

1. Sachverhalt ()

[i]FG Münster, Urteil v. 8.2.2022 - 2 K 1277/20 E, NWB UAAAI-62774 Der Kläger (K) war im Streitjahr 2018 bei dem Aluminiumwerk (V) beschäftigt und Mitglied in dem Verein Aluminiumwerk V e.V. (A). Der Verein A wurde im Jahr 2002 mit dem Zweck der Erhaltung und Sicherung von Arbeitsplätzen und dem Halten und Verwalten von 25,1 % der Aktienanteile an einer Aluminiumwerk V AG (AG) gegründet. S. 2469

Die Aktienanteile wurden im Jahr 2000 zunächst durch T, der Bevollmächtigter der Industriegewerkschaft war, als Treuhänder für die Belegschaft des Aluminiumwerks V zu einem Kaufpreis von je 0,26 DM erworben. Nach der Präambel des Aktienkaufvertrags sollte T die Aktien nach dem Erwerb auf eine noch zu gründende Stiftung o. Ä. übertragen, welche die Belegschaft begünstigen sollte. Ein Treuhandvertrag lag nicht vor.

Am wurden der Verkauf der Aktien und die Auflösung des Vereins beschlossen. An K wurden ausweislich der Steuerbescheinigung am Kapitalerträge i. S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7a EStG in Höhe von 75.323,24 € gezahlt (abzgl. Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer).

[i]Detmering/Tetzlaff, Private Veräußerungsgeschäfte, Grundlagen, NWB IAAAE-41266 Der Beklagte B (das Finanzamt) erließ im August 2019 den Einkommensteuerbescheid 2018, in dem die Kapitaleinkünfte mit 75.323 € berücksichtigt wurden. K war jedoch der Auffassung, dass die Veräußerung der Aktien unter § 23 EStG falle, da er die Aktien bereits seit dem Jahr 2008 selbst besessen habe. Die Aktien seien von A lediglich treuhänderisch gehalten und daher nicht von A verkauft worden. Die Treuhandschaft des T sei nämlich durch A fortgeführt worden. Mithin würden die Aktien unter den Bestandsschutz nach § 52 Abs. 28 Satz 11 EStG fallen.

[i]Ronig, Kapitalvermögen, infoCenter, NWB DAAAB-14243 B hingegen war der Auffassung, dass die Gewinne aus der Veräußerung der Aktien dem K zu Recht als Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG zugerechnet worden. Die Leistungen der körperschaftsteuerpflichtigen A seien mit regulären Ausschüttungen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG vergleichbar. Die veräußerten Aktien hätten dem Kläger am auch nicht gehört, da der Kläger als Vereinsmitglied keine bestimmten Anteile innehatte, sondern lediglich einen Anspruch auf anteilige Gewinne. Ein Treuhandverhältnis zwischen A und den Vereinsmitgliedern – insbesondere K – habe ebenfalls nicht vorgelegen.

2. Einführung in die Streitfrage

[i]Zuordnung der Gewinne aus der Veräußerung der Aktienanteile streitigStreitig war, ob die Gewinne aus der Veräußerung der Aktienanteile an der AG dem Verein A oder dem K direkt zuzuordnen gewesen waren. K war zum einen der Auffassung, dass er die Anteile bereits vor dem besessen habe und zum anderen die Gewinne im Zeitpunkt der Veräußerung im Jahr 2018 nicht dem A, sondern ihm zuzurechnen seien. In letzterem Fall hätten auf Ebene des A keine Einkünfte nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG, sondern bei K Einkünfte nach § 23 EStG vorgelegen, weil er bereits vor dem Inhaber der Aktien gewesen wäre. Sollte K mit beiden Ansichten durchdringen, also (1) Inhaberschaft vor dem und (2) Zurechnung der Veräußerungsgewinne bei K, wären die Veräußerungsgewinne nicht steuerbar.

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