Gewerbesteuer | Gewerbesteuerpflicht einer Immobilien-GmbH bzw. Betriebsstätte bei Einschaltung einer Dienstleistungsgesellschaft (BFH)
Unter bestimmten Voraussetzungen
können auch Räumlichkeiten dann eigene Betriebsstätten i. S. des
§ 12 Satz 1
AO sein, wenn es sich hierbei um solche einer
eingeschalteten Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft handelt und
hierüber kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht besteht
(;
). Dies gilt aber nur, wenn die fehlende
Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage des Dritten durch
eine eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort ersetzt wird
(; veröffentlicht am
).
Hintergrund: Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG), d.h. soweit für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG). Gemäß § 12 Satz 1 AO ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient.
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Klägerin im Streitjahr 2013 im Inland eine Betriebsstätte hatte und dementsprechend gewerbesteuerpflichtig ist. Die Klägerin ist eine im Jahr 2008 gegründete GmbH.
Streitig ist, wo sich die Betriebsstätte einer Kapitalgesellschaft befindet, wenn der Geschäftsführer der Gesellschaft in Luxemburg wohnt und die Entscheidungen für die Gesellschaft trifft, aber gleichzeitig einer anderen (nicht irgendwie verflochtenen) inländischen Kapitalgesellschaft eine Hausverwaltungsvollmacht an einer inländischen Immobilie übertragen wird und an deren Sitz im Rahmen der Vollmacht auch die Verpflichtungen gegenüber Mietern/Pächtern und Behörden abgewickelt wurden.
Die Klage begründete die Klägerin damit, dass keine Gewerbesteuerpflicht vorliege, weil sie im Inland zu keinem Zeitpunkt eine Betriebsstätte innegehabt habe.
Das FG vertrat die Ansicht, die Klägerin habe im Inland eine Betriebsstätte gehabt, mit der Folge der grundsätzlichen Gewerbesteuerpflicht (). (siehe hierzu auch )
Der BFH hat die Revision als begründet angesehen, das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen:
Das FG hat auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen zu Unrecht entschieden, dass die Klägerin im Inland eine inländische Betriebsstätte nach § 12 AO unterhält.
Eine Betriebsstätte i. S. von § 12 Satz 1 AO erfordert eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).
Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Räumlichkeiten dann eigene Betriebsstätten i. S. des § 12 Satz 1 AO sein, wenn es sich hierbei um solche einer eingeschalteten Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft handelt und hierüber kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht besteht (; ). Dies gilt aber nur, wenn die fehlende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage des Dritten durch eine eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort ersetzt wird (beispielsweise Identität der Leitungsorgane, fortlaufende nachhaltige Überwachung in den Räumlichkeiten des Auftragsnehmers).
Ohne eine gewisse räumliche und zeitliche "Verwurzelung" des Unternehmens vor Ort fehlt es an dem für eine Betriebsstättenbegründung erforderlichen Dienen der Geschäftseinrichtung oder Anlage für eigene unternehmerische Zwecke i. S. des § 12 Satz 1 AO. Allein die Übertragung von auch umfassenden Aufgaben ohne gleichzeitig eigene betriebliche Tätigkeiten vor Ort macht die Betriebsstätte des Auftragnehmers nicht zur Betriebsstätte des Auftraggebers.
Anmerkung von Dr. Jens Reddig, Richter im X. Senat des BFH:
Zurück auf Start. Das FG wird in dem nun anstehenden 2. Rechtsgang erneut entscheiden müssen, ob die klagende GmbH in Deutschland eine Betriebsstätte unterhielt und daher mit ihrem Gewerbebetrieb der GewSt unterlag. Die Lektüre des ausführlich begründeten BFH-Urteils verdeutlicht, dass der Ausgang dieses Rechtsstreits noch völlig offen ist. Recht hoch dürften die Trauben dafür hängen, der Klägerin die Betriebsstätte der für Hausverwaltungstätigkeiten vor Ort eingespannten R-Vermögensverwaltungs GmbH als eigene "feste Geschäftseinrichtung" i. S. von § 12 Satz 1 AO zurechnen zu können. Der Klägerin fehlte unstreitig die Verfügungsmacht über die Räumlichkeit jener GmbH. Dieses Manko konnte nach Maßgabe der bisherigen Feststellungen des FG auch nicht dadurch ersetzt werden, dass die Klägerin (mit Geschäftsleitung im Ausland) die R-Vermögensverwaltungs GmbH vor Ort (d.h. in Deutschland) fortlaufend hinsichtlich der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung überwacht hätte. Allein die Möglichkeit hierzu genügt nicht, ebenso wenig eine tatsächliche Überwachung aus dem Ausland. Mit anderen Worten: Der Prinzipal muss vor Ort erscheinen.
In den "Segelanweisungen" für den 2. Rechtsgang hat der BFH auf zwei andere Möglichkeiten verwiesen, durch die – möglicherweise – eine GewSt-Pflicht der Klägerin begründet werden könnte. Zum einen könnte ausnahmsweise (!) das Vermietungsobjekt selbst eine Betriebsstätte gemäß § 12 Satz 1 AO sein. Hierzu wären allerdings Feststellungen nötig, dass sich die Klägerin durch eigenes oder beauftragtes Personal "besonderer Tätigkeiten" vor Ort angenommen hätte. Welcher Qualität und Quantität derartige Tätigkeiten bedürften, erscheint ein wenig unklar. Jedenfalls müssten es solche sein, die über den üblichen Verwaltungsaufwand hinausgehen (bspw. dauerhaft vor Ort eingesetzte Handwerker, Hausmeister, Concierge etc.). Hierfür gibt der bisherige Sachverhalt sehr wenig her. Zum anderen hat der BFH hervorgehoben, dass der Klägerin auch die (inländische) Geschäftsleitungsstätte der R-Vermögensverwaltungs GmbH als eigene Betriebsstätte gemäß § 12 Satz 2 Nr. 1 AO zugerechnet werden könnte. Hierzu bedürfte es allerdings tragfähiger Feststellungen, dass die erteilte Hausverwaltungsvollmacht (vgl. zu deren Inhalt Rz. 4 der Entscheidungsgründe) derart weit ging, dass die Klägerin die tatsächliche Geschäftsleitung auf die R-Vermögensverwaltungs GmbH übertragen hat. Die Ausführungen des BFH in Rz. 36 der Gründe können so verstanden werden, dass sich das FG mit dieser Frage intensiv beschäftigen sollte, zumal nur das laufende ("gewöhnliche") Tagesgeschäft betroffen ist.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
UAAAJ-19601