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infoCenter (Stand: August 2023)

Betriebstätte

Alexander v. Wedelstädt

I. Definition

Der Betriebstättenbegriff (§ 12 AO) hat Bedeutung u.a. für die Gewerbesteuer, die beschränkte Steuerpflicht im Bereich der Steuern vom Einkommen, die örtliche Zuständigkeit der Finanzämter, die Doppelbesteuerungsabkommen (soweit sie keine eigene Begriffsbestimmung enthalten, s. § 2 AO) , sowie für bestimmte steuerliche Investitionsmaßnahmen z.B. nach dem Investitionszulagengesetz. Abweichende Regelungen zum Begriff „Betriebstätte” in anderen Rechtsvorschriften gehen vor (AEAO zu § 12 Nr. 4).

II. Begriff der Betriebstätte, § 12 Satz 1 AO

1. Feste Geschäftseinrichtung oder Anlage

Betriebstätte ist nach st. Rspr. jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Die Geschäftseinrichtung oder Anlage muss eine feste Beziehung zur Erdoberfläche, die von einer gewissen Dauer ist, haben, der Tätigkeit des Unternehmens unmittelbar dienen und über sie muss der Steuerpflichtige nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht haben. Es geht darum, dass die eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt wird ("Verwurzelung" des Unternehmens mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit).

Geschäftseinrichtung ist jeder körperliche Gegenstand bzw. jede Zusammenfassung körperlicher Gegenstände, die geeignet ist, Grundlage einer Unternehmenstätigkeit zu sein. Sie setzt keine besondere bauliche Gestaltung, wie z.B. einen umschlossenen Raum, die Eignung zum Aufenthalt von Menschen oder die Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen voraus, so dass auch Lagerplätze, Spiel- und Verkaufsautomaten oder die Wohnung als Büro z.B. bei einem Handelsvertreter Betriebstätten sein können.

Die Anlage ist ein Unterfall der Geschäftseinrichtung.

Geschäftseinrichtung oder Anlage müssen fest sein: sie müssen eine feste Beziehung zum Erdboden haben, die von einer gewissen Dauer ist, bzw. sie müssen sich für eine gewisse Dauer an einem bestimmten Ort befinden, ohne dass eine feste bauliche Verbindung vorliegen muss. Auch zugewiesene Standplätze von Taxi-Unternehmen, Straßenhändlern oder Schuhputzern, Marktstände sowie fahrbare Einrichtungen mit einem vorübergehenden Standort (AEAO zu § 12 Nr. 2) können Betriebstätten sein. Die Verbindung kann sich auch unterhalb des Erdbodens befinden wie unterirdisch verlegte Rohrleitungssysteme (AEAO zu § 12 Nr. 2).

Die Einrichtung muss eine gewisse zeitliche Dauerhaftigkeit der Nutzung aufweisen. Eine Mindestdauer ist nicht vorgeschrieben, eine Richtschnur kann aber die Sechs-Monats-Dauer des § 12 Satz 2 Nr. 8 AO sein.

Der Unternehmer muss eine eigene, nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über die Einrichtung haben , die über eine schlichte Mitbenutzung hinausgeht und mit der Überlassung einer Rechtsposition verbunden sein muss. Es genügt im Einzelfall, dass dem Stpfl. ein bestimmter Raum zur ständigen Nutzung zur Verfügung gestellt und seine Verfügungsmacht darüber nicht bestritten wird. Die bloße tatsächliche Mitbenutzung eines Raums reicht nicht aus , wie dies z.B. beim Kehrbezirk des Bezirksschornsteinfegers oder bei nicht besonders zugewiesenen Taxiständen der Fall ist. Es reichen auch nicht die bloße Berechtigung der Nutzung im Interesse eines anderen sowie eine rein tatsächliche Nutzungsmöglichkeit aus. Die Verfügungsmacht muss keine alleinige sein.

2. Unternehmerische Nutzung

Ein feste Geschäftseinrichtung dient der Tätigkeit eines Unternehmens, wenn der Unternehmer sie für eine gewisse Dauer zu unternehmerischen Zwecken nutzt. Unternehmerische Tätigkeit ist selbständig ausgeübte Tätigkeit, und zwar nicht nur gewerbliche, sondern auch die freiberufliche Tätigkeit und der land- und forstwirtschaftliche Betrieb (AEAO zu § 12 Nr. 1). Der Unternehmensbegriff entspricht dem des § 2 Abs. 1 UStG.

Die Einrichtung oder Anlage muss den unternehmerischen Zweck fördern, gleichgültig ob es sich dabei um Haupt- oder Nebentätigkeiten, um technische, kaufmännische oder handwerkliche Art der Tätigkeit, um die ausschließliche oder teilweise Förderung des unternehmerischen Zwecks handelt. Nicht erforderlich ist der Einsatz von Personal in oder an der Geschäftseinrichtung. Das Tätigwerden des Unternehmens mit der Geschäftseinrichtung reicht aus , sofern es von einer gewissen Dauer ist. Auch vollautomatisch arbeitende Einrichtungen wie Pipelines, Pumpstationen, Internet-Server o.Ä. können Betriebstätten sein.

Die Einrichtung oder Anlage muss der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit unmittelbar, d.h. der eigenen unternehmerischen Tätigkeit dienen, die Überlassung zur Nutzung durch andere Unternehmer reicht nicht aus.

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