BMF - IV C 8 - S 2272/19/10003 :002 BStBl 2022 I S. 1229

Steuerabzug von Vergütungen für im Inland erbrachte Bauleistungen (§§ 48 bis 48d EStG);

Überarbeitung des (BStBl 2002 I Seite 1399)

Bezug: BStBl 2002 I S. 1399

Bezug: BStBl 2003 I S. 546

Bezug: BStBl 1999 I S. 1076

Bezug: BStBl 1995 I S. 664

Bezug: BStBl 2003 I S. 431

Bezug: BStBl 2004 I S. 862

Bezug: BStBl 2020 II S. 552

Bezug: BStBl 1999 II S. 437

Bezug: BStBl 2003 II S. 716

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Anwendung der §§ 48 bis 48d des Einkommensteuergesetzes (EStG) Folgendes:

1Nach den §§ 48 bis 48d EStG müssen unternehmerisch tätige Auftraggeber von Bauleistungen (Leistungsempfänger) im Inland einen Steuerabzug von 15 % der Gegenleistung für Rechnung des die Bauleistung erbringenden Unternehmens (Leistender) vornehmen, wenn keine gültige, vom zuständigen Finanzamt des Leistenden ausgestellte Freistellungsbescheinigung vorliegt oder bestimmte Freigrenzen nicht überschritten werden.

2Außerdem besteht für Unternehmen des Baugewerbes, die ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung im Ausland haben, jeweils eine zentrale örtliche Zuständigkeit von Finanzämtern im Bundesgebiet. Diese umfasst auch das Lohnsteuerabzugsverfahren sowie die Einkommensbesteuerung der von diesen Unternehmen im Inland beschäftigten Arbeitnehmer mit Wohnsitz im Ausland.

1. Steuerabzugspflicht

3Vergütungen für Bauleistungen, die im Inland gegenüber einem Unternehmer im Sinne des § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) oder gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erbracht werden, unterliegen dem Steuerabzug (§ 48 Absatz 1 Satz 1 EStG). Dies gilt auch für Vergütungen für Bauleistungen, die im Inland an ausländische juristische Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden, es sei denn, es handelt sich um Einrichtungen ausländischer Staaten oder Institutionen mit einem vom Auswärtigen Amt anerkannten Sonderstatus (z. B. nach der Wiener Konvention).

1.1. Begriff der Bauleistung

4Unter einer Bauleistung sind alle Leistungen zu verstehen, die der Herstellung, Instandsetzung oder Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen (§ 48 Absatz 1 Satz 3 EStG). Diese Definition entspricht der Regelung in § 101 Absatz 2 Satz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in Verbindung mit der Baubetriebe-Verordnung (abgedruckt im Anhang), wobei zu den Bauleistungen im Sinne des Steuerabzugs nach § 48 EStG auch die Gewerke gehören, die von der Winterbauförderung gemäß § 2 Baubetriebe-Verordnung ausgeschlossen sind.

Der Begriff des Bauwerks ist weit auszulegen (, Rn. 23; , BStBl 2020 II S. 552) und umfasst demzufolge nicht nur Gebäude, sondern darüber hinaus sämtliche irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen mit baulichem Gerät hergestellte Anlagen (z. B. Brücken, Straßen oder Tunnel, Versorgungsleitungen, Windkraftanlagen). Der Begriff des Bauwerks im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 3 EStG ist weder auf Gebäude noch allgemein auf unbewegliche Wirtschaftsgüter beschränkt. Vielmehr können darunter auch Scheinbestandteile im Sinne des § 95 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und Betriebsvorrichtungen im Sinne des § 68 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) fallen. Technische Anlagen können daher ebenfalls ein Bauwerk im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 3 EStG darstellen, wenn es um die Frage geht, ob überhaupt ein Bauwerk vorliegt (, BStBl 2020 II S. 552, Rn. 17 zu Freiland-Photovoltaikanlagen).

Zu den Bauleistungen gehören u. a. der Einbau von Fenstern und Türen sowie Bodenbelägen, Aufzügen, Rolltreppen und Heizungsanlagen, aber auch von Einrichtungsgegenständen, wenn sie mit einem Gebäude fest verbunden sind, wie z. B. Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen, Gaststätteneinrichtungen. Ebenfalls zu den Bauleistungen zählen die Installation einer Lichtwerbeanlage, Dachbegrünung eines Bauwerks oder der Hausanschluss durch Energieversorgungsunternehmen (die Hausanschlusskosten umfassen regelmäßig Erdarbeiten, Mauerdurchbruch, Installation des Hausanschlusskastens und Verlegung des Hausanschlusskabels vom Netz des Elektrizitätsversorgungsunternehmens zum Hausanschlusskasten). Die Installation einer Photovoltaikanlage an oder auf einem Gebäude stellt eine Bauleistung im Sinne des § 48 EStG dar.

5Die in der Baubetriebe-Verordnung aufgeführten Tätigkeiten sind nicht in allen Fällen dem Steuerabzug zu unterwerfen. Voraussetzung für den Steuerabzug ist immer, dass die in der Baubetriebe-Verordnung aufgeführten Tätigkeiten im Zusammenhang mit einem Bauwerk durchgeführt werden, also der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Die Annahme einer Bauleistung setzt voraus, dass sie sich unmittelbar auf die Substanz des Bauwerks auswirkt, d. h. eine Substanzveränderung im Sinne einer Substanzerweiterung, Substanzverbesserung oder Substanzbeseitigung bewirkt. Hierzu zählen auch Erhaltungsaufwendungen.

6Ausschließlich planerische Leistungen (z. B. von Statikern, Architekten, Garten- und Innenarchitekten, Vermessungs-, Prüf- und Bauingenieuren), Labordienstleistungen (z. B. chemische Analyse von Baustoffen) oder reine Leistungen zur Bauüberwachung, zur Prüfung von Bauabrechnungen und zur Durchführung von Ausschreibungen und Vergaben sind keine Bauleistungen. Werden neben diesen Leistungen auch als Bauleistung zu qualifizierende Tätigkeiten ausgeführt, ist Rn. 12 zu beachten.

7Künstlerische Leistungen an Bauwerken, die sich unmittelbar auf die Substanz auswirken, unterliegen grundsätzlich dem Steuerabzug. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Künstler nicht die Ausführung des Werks als eigene Leistung schuldet, sondern lediglich Ideen oder Planungen zur Verfügung stellt oder die Ausführung des von einem Dritten geschuldeten Werks durch Bauunternehmer überwacht.

8Die Arbeitnehmerüberlassung stellt keine Bauleistung dar, auch wenn die überlassenen Arbeitnehmer für den Entleiher Bauleistungen erbringen.

9Die bloße Reinigung von Räumlichkeiten oder Flächen, z. B. Fenstern, stellt keine Bauleistung dar, es sei denn, es handelt sich um eine Nebenleistung zu weiteren als Bauleistung zu qualifizierenden Tätigkeiten. Ein Reinigungsvorgang, bei dem die zu reinigende Oberfläche verändert wird, stellt dagegen eine Bauleistung dar. Eine zum Steuerabzug führende Fassadenreinigung gemäß § 2 Nummer 3 der Baubetriebe-Verordnung liegt z. B. bei Vornahme einer Behandlung vor, bei der die Oberfläche abgeschliffen oder abgestrahlt wird.

10Reine Wartungsarbeiten an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken stellen keine Bauleistung dar, solange nicht Teile verändert, bearbeitet oder ausgetauscht werden.

11Folgende Leistungen fallen für sich genommen nicht unter den Steuerabzug:

  • Materiallieferungen (z. B. durch Baustoffhändler oder Baumärkte),

  • Anliefern von Beton (demgegenüber stellt das Anliefern und das anschließende fachgerechte Verarbeiten des Betons durch den Anliefernden eine Bauleistung dar),

  • Zurverfügungstellung von Betonpumpen,

  • Zurverfügungstellung von anderen Baugeräten (es sei denn, es wird zugleich Bedienungspersonal für substanzverändernde Arbeiten zur Verfügung gestellt),

  • Aufstellen von Material- und Bürocontainern, mobilen Toilettenhäusern,

  • Entsorgung von Baumaterialien (Schuttabfuhr durch Abfuhrunternehmer),

  • Aufstellen von Messeständen,

  • Gerüstbau,

  • Schiffbau,

  • Anlegen von Bepflanzungen und deren Pflege (z. B. Bäume, Gehölze, Blumen, Rasen), außer bei Dachbegrünungen (siehe auch Rn. 4).

Werden diese Leistungen von demselben Leistenden zusammen mit Bauleistungen erbracht, ist Rn. 12 zu beachten.

12Werden im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mehrere Leistungen erbracht, bei denen es sich teilweise um Bauleistungen handelt, kommt es darauf an, welche Leistung im Vordergrund steht, also der vertraglichen Beziehung das Gepräge gibt. Eine Abzugsverpflichtung besteht vollumfänglich dann, wenn die Bauleistung als Hauptleistung anzusehen ist. Die Nebenleistung teilt jeweils das Schicksal der Hauptleistung.

Beispiele:
  • Die von einem Gastwirt bestellte Theke ist von dem beauftragten Schreiner individuell nach den Wünschen des Auftraggebers geplant, gefertigt, geliefert und vor Ort montiert worden. Bei der Fertigung und Montage handelt es sich um Bauleistungen. Demgegenüber sind Planung und Transport durch den Schreiner nicht als Bauleistungen anzusehen. Sie teilen aber hier als Nebenleistungen das Schicksal der Hauptleistung, sodass von der Vergütung insgesamt ein Steuerabzug vorzunehmen ist.

  • Einem Handwerksbetrieb wird eine Maschine geliefert. Der Lieferant nimmt die Maschine beim Auftraggeber in Betrieb. Zu diesem Zweck muss beim Auftraggeber eine Steckdose versetzt werden, was durch einen Arbeitnehmer des Lieferanten erfolgt. Ein Steuerabzug ist nicht vorzunehmen, denn die Lieferung der Maschine ist keine Bauleistung. Bei dem Versetzen der Steckdose handelt es sich zwar um eine Bauleistung, die jedoch als Nebenleistung hinter die Lieferung der Maschine zurücktritt.

13Unerheblich ist demgegenüber die zivilrechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses. Die Abzugsverpflichtung ist nicht auf Werkverträge beschränkt, sondern greift z. B. auch in Fällen, in denen die Bauleistung im Rahmen eines „Werklieferungsvertrags” (§ 651 BGB) erbracht wird.

1.2. Abzugsverpflichteter

14Abzugsverpflichtet ist der Leistungsempfänger (auch bei Erbringung der Gegenleistung durch einen Dritten, vgl. Rn. 70), wenn es sich hierbei um einen Unternehmer im Sinne des § 2 UStG oder um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt.

Umsatzsteuerrechtlich ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig nachhaltig ausübt. Entscheidend ist hierbei, dass die Tätigkeit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist; auf die Absicht, mit der Tätigkeit Gewinn zu erzielen, kommt es nicht an. Daher werden auch Tätigkeiten erfasst, die einkommensteuerrechtlich eine Liebhaberei darstellen. Dabei umfasst das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit. Die Abzugsverpflichtung besteht demzufolge auch für Kleinunternehmer (§ 19 UStG), pauschalversteuernde Land- und Forstwirte (§ 24 UStG) und Unternehmer, die ausschließlich steuerfreie Umsätze tätigen. Dazu gehören auch die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken, von Gebäuden und Gebäudeteilen. Im Falle des Nießbrauchs ist der Nießbrauchsberechtigte Unternehmer. Der Gebäudeeigentümer (Nießbrauchsverpflichteter) ist nur bei entgeltlich bestelltem Nießbrauch Unternehmer (nachhaltige Duldungsleistung). Bei unentgeltlich bestelltem Nießbrauch (z. B. Vorbehalts-, Zuwendungsnießbrauch) fehlt es zur Unternehmereigenschaft an der Einnahmeerzielungsabsicht. Die Abzugsverpflichtung betrifft nur den unternehmerischen Bereich des Auftraggebers. Wird eine Bauleistung ausschließlich für den nichtunternehmerischen Bereich eines Unternehmers erbracht, besteht keine Abzugsverpflichtung.

15Wird die Bauleistung für ein Bauwerk erbracht, das nur teilweise unternehmerischen Zwecken dient, so kommt es abweichend von Abschnitt 15.2c Absatz 2 des UmsatzsteuerAnwendungserlasses (UStAE) darauf an, ob die Bauleistung dem unternehmerisch oder nicht-unternehmerisch genutzten Teil des Bauwerks zugeordnet werden kann. Bauleistungen, die einem Teil des Bauwerks nicht eindeutig zugeordnet werden können, sind dem Zweck zuzuordnen, der überwiegt. Der überwiegende Zweck ist anhand des Wohn-/Nutzflächenverhältnisses oder anderer sachgerechter Maßstäbe festzustellen.

Beispiele:
  • Ein Bäcker lässt im Verkaufsraum seiner Bäckerei eine neue Ladeneinrichtung installieren. Die Vergütung unterliegt dem Steuerabzug nach § 48 EStG.

  • Ein freiberuflich tätiger Journalist lässt die Fliesen im Badezimmer seiner zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung erneuern. Die Vergütung unterliegt nicht dem Steuerabzug, obwohl es sich beim Leistungsempfänger um einen Unternehmer handelt, denn die Bauleistung wurde in dessen Privatwohnung vorgenommen.

  • Ein Eigentümer lässt in einem Vierfamilienhaus, in dem er eine Wohnung selbst bewohnt und die übrigen Wohnungen vermietet, Verbundglasfenster einbauen. Da es sich bei dem Eigentümer hinsichtlich seiner Vermietungstätigkeit um einen Unternehmer handelt, unterliegt die Vergütung insoweit dem Steuerabzug, als sie sich auf den Einbau von Fenstern in den vermieteten Wohnungen bezieht. Fenster in Gemeinschaftsräumen (z. B. Flure, Treppenhäuser) sind der überwiegenden Nutzung zuzuordnen. Da in dem Beispiel die größere Zahl der Wohnungen vermietet ist, ist von der Gegenleistung für diese Fenster der Steuerabzug vorzunehmen.

  • Ein Arbeitnehmer ist nebenberuflich als Bausparkassenvertreter tätig und lässt das Dach seines selbstgenutzten Eigenheims neu eindecken, in dem sich ein häusliches Arbeitszimmer, das er auch für seine Arbeitnehmertätigkeit nutzt, befindet. Der Arbeitnehmer ist zwar hinsichtlich seiner Nebentätigkeit Unternehmer. Ein Steuerabzug unterbleibt jedoch, weil die Bauleistung dem unternehmerischen Zweck nicht unmittelbar zugeordnet werden kann und die Wohnnutzung überwiegt.

16Leistungsempfänger und damit zum Steuerabzug verpflichtet ist auch ein Generalunternehmer, der sich zur Erfüllung seiner Leistungspflicht Subunternehmern bedient. Der Generalunternehmer gilt im Verhältnis zum Auftraggeber auch dann als Leistender, wenn er selbst keine Bauleistungen erbringt, sondern lediglich über solche Leistungen abrechnet. Im Verhältnis zu den Subunternehmern handelt es sich indessen bei dem Generalunternehmer um einen Leistungsempfänger, der als Unternehmer zum Steuerabzug verpflichtet ist.

17Leistungen von Bauträgern im Sinne des § 3 Makler- und Bauträgerverordnung unterliegen nur dann dem Steuerabzug bei Bauleistungen, wenn der Abnehmer der von dem Bauträger erstellten oder zu erstellenden Bauwerke als Bauherr im Sinne des BStBl 2003 I S. 546 (Anhang 30 I Amtliches Einkommensteuer-Handbuch 2021), anzusehen ist.

18Leistungsempfänger einer Bauleistung kann auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (z. B. eine Arbeitsgemeinschaft) sein. Entrichtungsschuldner des Steuerabzugsbetrags ist die Personengesellschaft. In diesen Fällen sind die geschäftsführenden Gesellschafter (§ 713 BGB) zum Steuerabzug verpflichtet.

19Bei Wohnungseigentümergemeinschaften ist zwischen dem Sondereigentum und dem Gemeinschaftseigentum zu unterscheiden. Bei Bauleistungen für das Sondereigentum ist der jeweilige Sondereigentümer als Leistungsempfänger zum Steuerabzug verpflichtet, sofern er die Voraussetzungen des § 48 Absatz 1 EStG erfüllt. Bei Bauleistungen für das Gemeinschaftseigentum ist die Wohnungseigentümergemeinschaft als Leistungsempfängerin zur Durchführung des Steuerabzugs verpflichtet. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG, denn sie erbringt Leistungen gegenüber den Eigentümern. Dazu gehört auch die Instandhaltung des Bauwerks.

20Bei einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft ist der Organträger Unternehmer. Werden Bauleistungen von Leistenden außerhalb des Organkreises an die Organgesellschaft erbracht, ist daher der Organträger Leistungsempfänger und zum Steuerabzug verpflichtet. Er haftet für das Unterlassen des Steuerabzugs. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die Durchführung des Steuerabzugs durch die Organgesellschaft im Auftrag des Organträgers erfolgt.

Organgesellschaften einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft sind keine Unternehmer. Bei Innenumsätzen zwischen verschiedenen Organgesellschaften bzw. zwischen der Organgesellschaft und dem Organträger besteht daher keine Abzugsverpflichtung.

21Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts kann der Steuerabzug auch durch einzelne Organisationseinheiten der juristischen Person des öffentlichen Rechts (z. B. Ressorts, Behörden, Ämter) vorgenommen werden.

22Der Beginn und das Ende der Unternehmereigenschaft richten sich nach den Grundsätzen des Umsatzsteuergesetzes (vgl. Abschnitt 2.6 UStAE).

1.3. Leistender

23Der Steuerabzug ist vom Leistungsempfänger unabhängig davon durchzuführen, ob der Leistende (Auftragnehmer) im Inland oder im Ausland ansässig ist (§§ 8 bis 11 Abgabenordnung (AO)). Unerheblich ist, ob die Einkünfte des Leistenden in Deutschland steuerpflichtig sind (, BStBl 2020 II S. 552, Rn. 27). Es kommt auch nicht darauf an, ob es zum Unternehmenszweck des Leistenden gehört, Bauleistungen zu erbringen, oder ob er mit seinem Unternehmen überwiegend Bauleistungen erbringt. Auch wenn jemand nur ausnahmsweise gegenüber einem Unternehmer eine Bauleistung erbringt, unterliegt die Vergütung dem Steuerabzug. Die Vergütungen für Bauleistungen, die juristische Personen des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeit erbringen, unterliegen nicht dem Steuerabzug. Sie haben bei der Ausführung der Bauleistungen bzw. der Abrechnung in geeigneter Weise auf ihren Status als juristische Person des öffentlichen Rechts und die Leistungserbringung im Rahmen ihrer hoheitlichen Tätigkeit hinzuweisen. Diese Grundsätze gelten auch, wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts eine Bauleistung bzw. eine Abrechnung (im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 4 EStG) gegenüber einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts erbringt. Der Steuerabzug ist vorzunehmen, wenn die leistende juristische Person des öffentlichen Rechts in einem Betrieb gewerblicher Art tätig wird.

24Als Leistender gilt auch derjenige, der über eine Leistung abrechnet, ohne sie selbst erbracht zu haben. Daher ist der Steuerabzug auch von der Vergütung vorzunehmen, die ein Generalunternehmer erhält, der selbst nicht als Bauunternehmer tätig wird, aber mit dem Leistungsempfänger die Leistungen der beauftragten Subunternehmer abrechnet. Dagegen ist die Abrechnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft mit den Eigentümern keine Abrechnung im Sinne von § 48 Absatz 1 Satz 4 EStG.

25Auch eine Personengesellschaft kann Leistender sein, ebenso eine Arbeitsgemeinschaft. Schließt eine Arbeitsgemeinschaft Verträge über Bauleistungen mit Leistungsempfängern ab, so ist die Arbeitsgemeinschaft der Leistende. Erbringt ein Partner der Arbeitsgemeinschaft aufgrund eines eigenen Vertrages Bauleistungen gegenüber der Arbeitsgemeinschaft, so ist insofern auch der Partner Leistender und die Arbeitsgemeinschaft Leistungsempfängerin.

26Erbringt eine Organgesellschaft Bauleistungen an Leistungsempfänger außerhalb des umsatzsteuerrechtlichen Organkreises, ist Leistender die Organgesellschaft.

1.4. Abstandnahme vom Steuerabzug

27Der Steuerabzug muss nicht vorgenommen werden, wenn die Gegenleistung im laufenden Kalenderjahr insgesamt die Freigrenze von 5.000 € bzw. 15.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird (vgl. Rn. 47 ff.). Der Steuerabzug ist nicht vorzunehmen, wenn der Leistende (Auftragnehmer) dem Leistungsempfänger (Auftraggeber) eine im Zeitpunkt der Gegenleistung gültige Freistellungsbescheinigung vorlegt (§ 48 Absatz 2 Satz 1 EStG) oder der Leistungsempfänger nicht mehr als zwei Wohnungen vermietet (vgl. Rn. 53 ff.).

1.4.1. Erteilung der Freistellungsbescheinigung

28Der Leistende kann bei dem für ihn zuständigen Finanzamt (vgl. Rn. 97) eine Freistellungsbescheinigung beantragen (§ 48b EStG). Die Freistellungsbescheinigung wird unter der Steuernummer ausgestellt, die an den jeweiligen Leistenden für Zwecke der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer vergeben wurde. Ist Leistender eine Personengesellschaft, z. B. eine Arbeitsgemeinschaft, ist der Antrag bei dem für die Personengesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen. Die Ausstellung der Freistellungsbescheinigung erfolgt unter der Steuernummer der Personengesellschaft. Ist eine Personengesellschaft ertragsteuerlich nicht zu führen, ist auf die umsatzsteuerrechtliche Zuständigkeit abzustellen. Der Antrag bedarf keiner Form. Ggf. ermittelt das Finanzamt Angaben durch einen Fragebogen. Bei Leistenden, die ihren Wohnsitz, Sitz, Geschäftsleitung oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland haben, ist eine Freistellungsbescheinigung zu erteilen, wenn ein inländischer Empfangsbevollmächtigter bestellt ist und der Steueranspruch nicht gefährdet erscheint, also sichergestellt ist, dass der Leistende seine steuerlichen Pflichten im Inland ordnungsgemäß erfüllt. Bei Leistenden mit Wohnsitz, Sitz, Geschäftsleitung oder gewöhnlichem Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, ist die Bestellung eines inländischen Empfangsbevollmächtigten nicht Voraussetzung für die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung.

29Der Steueranspruch ist insbesondere dann gefährdet und die Versagung einer Freistellungsbescheinigung gerechtfertigt, wenn

  1. der Leistende seine Anzeigepflicht nach § 138 AO nicht erfüllt;

  2. 30der Leistende seiner Mitwirkungspflicht nach § 90 AO nicht nachkommt.

    Insbesondere bei Leistenden, die bislang noch nicht steuerlich erfasst sind, soll das Finanzamt die notwendigen Angaben zur Prüfung der Frage, ob durch einen Steuerabzug zu sichernde Steueransprüche bestehen können und die steuerliche Erfassung des Leistenden notwendig ist, mittels eines Fragebogens erheben. Werden diese Angaben nicht oder nicht vollständig erbracht, ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls abzuwägen, ob wegen einer Verletzung von Auskunfts- und Mitteilungspflichten die Freistellungsbescheinigung zu versagen ist.

  3. 31der im Ausland ansässige Leistende den Nachweis der steuerlichen Ansässigkeit nicht eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde erbringt.

    Der dem Antragsteller auferlegte Nachweis der steuerlichen Ansässigkeit nach § 48b Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 EStG wird grundsätzlich dadurch erbracht, dass die ausländische Steuerbehörde die steuerliche Erfassung im Ansässigkeitsstaat bestätigt. In Zweifelsfällen kann das Finanzamt nach § 90 Absatz 2 AO vom Antragsteller eine qualifizierte Ansässigkeitsbescheinigung verlangen, in der die ausländische Steuerbehörde bestätigt, dass sich auch der Ort der Geschäftsleitung ( - I R 138/97, BStBl 1999 II S. 437) im Ansässigkeitsstaat befindet und in welchem Umfang der Antragsteller im Ansässigkeitsstaat selbst wirtschaftliche Aktivitäten entfaltet.

32Der Gefährdungskatalog in § 48b Absatz 1 Satz 2 EStG ist nicht abschließend. Entscheidend ist, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Befürchtung gerechtfertigt erscheint, dass die rechtzeitige und vollständige Erfüllung des durch das Abzugsverfahren gesicherten Steueranspruchs durch die Erteilung der Freistellungsbescheinigung gefährdet werden könnte (, BStBl 2003 II S. 716). Über die im Gesetz ausdrücklich erwähnten Versagungsgründe hinaus kann daher auch dann eine Gefährdung des zu sichernden Steueranspruchs vorliegen, wenn z. B. nachhaltig oder wiederholt Steuerrückstände bestehen oder drei Monate vor Antragstellung bestanden haben oder unzutreffende Angaben in Steueranmeldungen bzw. Steuererklärungen festgestellt werden oder der Leistende diese wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig abgibt. Ggf. kann in diesen Fällen eine Freistellungsbescheinigung mit einer kurzen Geltungsdauer oder auftragsbezogen erteilt werden.

Im Rahmen der Verfahren nach der Insolvenzordnung (InsO) über das Vermögen des Leistenden ist die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nicht grundsätzlich ausgeschlossen. So ist einem Insolvenzverwalter, bei dem davon auszugehen ist, dass er seine steuerlichen Pflichten erfüllt, grundsätzlich eine Freistellungsbescheinigung auszustellen. Dies gilt im Fall der Eigenverwaltung entsprechend für vom Unternehmer nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbrachte Bauleistungen. Einem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verfügungsbefugnis (§ 22 Absatz 1 InsO), bei dem davon auszugehen ist, dass er seine steuerlichen Pflichten erfüllt, ist eine Bescheinigung auszustellen, wenn erkennbar ist, dass das Insolvenzverfahren auch tatsächlich eröffnet wird. Unternehmer bleibt der Inhaber der Vermögensmasse, für die der Amtsinhaber (z. B. Insolvenzverwalter), bei Eigenverwaltung der Unternehmer selbst, tätig wird (Abschnitt 2.1 Absatz 7 Satz 1 UStAE).

Einer Arbeitsgemeinschaft, für die keine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen erfolgt (§ 180 Absatz 4 AO) und die nicht Arbeitgeber der eingesetzten Arbeitnehmer ist, kann eine Freistellungsbescheinigung in der Regel nur dann erteilt werden, wenn auch den an ihr beteiligten Gesellschaftern von dem für sie jeweils zuständigen Finanzamt jeweils eine Freistellungsbescheinigung erteilt wurde. Das für die Arbeitsgemeinschaft zuständige Finanzamt kann die Vorlage der den beteiligten Gesellschaftern erteilten Freistellungsbescheinigungen verlangen.

Bei einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft ist ausschließlich das steuerliche Verhalten der Organgesellschaft, die nach außen als Leistender auftritt, für die Erteilung der Freistellungsbescheinigung maßgebend. Ist die Organgesellschaft Leistender (vgl. Rn. 26), weicht die in der Freistellungsbescheinigung aufgeführte Steuernummer von der in der Rechnung ggf. bezeichneten Steuernummer ab, da die Organgesellschaft in ihren Rechnungen die ihr oder dem Organträger erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder die Steuernummer des Organträgers anzugeben hat (vgl. Abschnitt 14.5 Absatz 7 UStAE).

33Nach § 48b Absatz 2 EStG soll eine Freistellungsbescheinigung erteilt werden, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit kein zu sichernder Steueranspruch besteht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit kein Gewinn erzielt wird, z. B. bei Existenzgründern (vgl. auch Rn. 35). Der Leistende muss die Voraussetzungen glaubhaft machen. Einem Leistenden, der darlegt und glaubhaft macht, dass wegen seines nur kurzzeitigen Tätigwerdens im Inland keine zu sichernden Steueransprüche bestehen (z. B. keine inländische Einkommen- oder Körperschaftsteuerpflicht des Leistenden), soll eine Freistellungsbescheinigung erteilt werden, wenn das Vorbringen schlüssig ist und nicht in Widerspruch zu anderweitigen Erkenntnissen des Finanzamts steht.

34Das Finanzamt kann eine Freistellungsbescheinigung für einen im Ausland ansässigen Leistenden vorbehaltlich der Rn. 35 bis 37 ablehnen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland zusteht, und wenn sich die for-melle Laufzeit der Werkverträge der aus dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen resultierenden Frist, deren Überschreitung zur Begründung einer inländischen Betriebsstätte ( BStBl 1999 I S. 1076, Tz. 4.3) führen würde, nähert. Eine Freistellungsbescheinigung kann außerdem versagt werden, wenn sich aufgrund der Auswertung von Verträgen und Unterlagen oder aufgrund anderweitiger Erkenntnisse Anhaltspunkte ergeben, dass

  • eine Zusammenrechnung mehrerer Bauausführungen ein deutsches Besteuerungsrecht begründen kann,

  • der Antragsteller im Inland eine Geschäftsstelle unterhält, durch einen abhängigen Vertreter handelt oder

  • sich Anzeichen dafür ergeben, dass der Leistende der unbeschränkten Einkommen- oder Körperschaftsteuerpflicht unterliegt.

In diesen Fällen kann ggf. eine Freistellungsbescheinigung mit einer kurzen Dauer erteilt werden.

35Liegen keine Versagungsgründe gegen die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung vor, so erteilt das für den Leistenden zuständige Finanzamt die Freistellungsbescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck. Die Freistellungsbescheinigung kann dabei auf bestimmte Zeit, längstens jedoch für einen Zeitraum von drei Jahren, oder bezogen auf einen bestimmten Auftrag erteilt werden. Eine Freistellungsbescheinigung, die für einen bestimmten Auftrag erteilt wird, ist auf einen Gültigkeitszeitraum zu befristen. Insbesondere bei einem Leistenden, der der Finanzverwaltung erstmals bekannt wird, soll die Freistellungsbescheinigung in der Regel nur so lange gelten, bis das Abgabe- und Zahlungsverhalten erstmalig beurteilt werden kann. Dies wird grundsätzlich spätestes ein Jahr nach Antragstellung möglich sein, wenn die ersten Voranmeldungen oder Jahreserklärungen abzugeben sind.

In den ersten drei Jahren nach Neugründung eines Unternehmens soll vom Finanzamt vorrangig die Erteilung einer auftragsbezogenen Freistellungsbescheinigung geprüft werden, wenn

  1. dem Finanzamt nur unzureichende Informationen über das Zahlungs- und Erklärungsverhalten des neugegründeten Unternehmens vorliegen, oder

  2. Anhaltspunkte bestehen, dass es sich bei dem neugegründeten Unternehmen um ein Nachfolgeunternehmen eines Unternehmens handelt, das seinen Zahlungs- und Erklärungspflichten nicht ausreichend nachgekommen ist, oder

  3. die Besteuerungsgrundlagen mangels eingereichter Steueranmeldungen- bzw. Steuererklärungen zumindest für eine Abgabeart im Wege einer Schätzung ermittelt wurden.

Anderenfalls soll bei neugegründeten Unternehmen, über deren steuerliches Verhalten keine Kenntnisse vorliegen, die Freistellungsbescheinigung in der Regel nur so lange gelten, bis das Abgabe- und Zahlungsverhalten erstmalig beurteilt werden kann. Dies wird grundsätzlich spätestens ein Jahr nach Antragstellung möglich sein, wenn die ersten Voranmeldungen oder gar schon Jahreserklärungen abzugeben sind.

Die Freistellungsbescheinigung gilt ab dem Tag der Ausstellung. Ist dem Leistenden eine Freistellungsbescheinigung auf eine bestimmte Zeit erteilt worden, werden ihm zusätzlich keine auftragsbezogenen Freistellungsbescheinigungen erteilt.

36Sechs Monate vor Ablauf einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG kann auf Antrag des Leistenden eine Freistellungsbescheinigung erteilt werden, deren Geltungsdauer an die Geltungsdauer der bereits erteilten Freistellungsbescheinigung anknüpft (Folgebescheinigung). Wird die Ausstellung einer Freistellungsbescheinigung mehr als sechs Monate vor Ablauf einer Freistellungsbescheinigung verlangt oder ist dem Antrag nicht zu entnehmen, dass eine Folgebescheinigung gewünscht wird, ist eine Freistellungsbescheinigung auszustellen, die ab dem Tag der Ausstellung gültig ist.

Für die Erteilung von Freistellungsbescheinigungen an Leistende mit Wohnsitz, Sitz, Geschäftsleitung oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland gelten die für Inländer anzuwendenden Grundsätze.

37Bei nur vorübergehender Tätigkeit im Inland, insbesondere, wenn nur die Ausführung eines Auftrags im Inland beabsichtigt ist, soll die Freistellungsbescheinigung auftragsbezogen erteilt werden. Das Finanzamt kann die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung von der Vorlage des Werkvertrages abhängig machen, wenn sie auf einen bestimmten Auftrag bezogen erteilt werden soll. Eine Freistellungsbescheinigung, die für einen bestimmten Auftrag erteilt wird, ist auf einen Gültigkeitszeitraum zu befristen.

38Wird dem Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nicht entsprochen, so erlässt das Finanzamt unter Angabe der Gründe einen Ablehnungsbescheid. Hiergegen ist als Rechtsbehelf der Einspruch statthaft.

39Bei Verlust der Freistellungsbescheinigung wird eine Ersatzbescheinigung gleichen Inhalts und mit gleicher Sicherheitsnummer erteilt oder auf Antrag bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine neue Freistellungsbescheinigung ausgefertigt.

40Bei Änderung eines der in der Freistellungsbescheinigung eingetragenen persönlichen Identifikationsmerkmale (Steuernummer, Name oder Anschrift bzw. Firma) ist auf Antrag des Leistenden eine neue Freistellungsbescheinigung vom ggf. neu zuständigen Finanzamt zu erteilen. Die neue Freistellungsbescheinigung kann eine von der bisherigen Freistellungsbescheinigung abweichende Befristung enthalten. Die bisherige Freistellungsbescheinigung bleibt daneben bestehen. Beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) werden die Daten beider Bescheinigungen gespeichert und zur Abfrage bereitgehalten.

1.4.2. Handhabung der Freistellungsbescheinigung durch den Leistungsempfänger

41In Fällen, in denen die Freistellungsbescheinigung auf einen bestimmten Auftrag beschränkt ist, wird sie dem Leistungsempfänger vom Leistenden ausgehändigt. In den übrigen Fällen genügt es, wenn dem Leistungsempfänger eine Kopie der Freistellungsbescheinigung ausgehändigt oder elektronisch übermittelt wird.

42Wird die Gegenleistung in Teilbeträgen (z. B. Abschlagszahlungen nach Baufortschritt) erbracht, kann im Hinblick auf diese Teilzahlungen nur dann vom Steuerabzug abgesehen werden, wenn bereits vor Auszahlung des jeweiligen Teilbetrags dem Leistungsempfänger eine gültige Freistellungsbescheinigung vorliegt. Es reicht demgegenüber nicht aus, wenn der Leistende die Freistellungsbescheinigung dem Leistungsempfänger erst zusammen mit der Schlussrechnung vorlegt. Entsprechendes gilt, wenn der Leistungsempfänger mit einer Gegenforderung gegen den Anspruch des Leistenden (Hauptforderung) aufrechnet. Der maßgebliche Zeitpunkt, in dem bei der Aufrechnung eine Freistellungsbescheinigung vorliegen muss, ist der Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung, wenn zu diesem Zeitpunkt die Gegenforderung vollwirksam und fällig sowie die Hauptforderung erfüllbar ist (§ 387 BGB).

43Wurde der Anspruch auf die Gegenleistung vom Leistenden (Zedent) an einen Dritten (Zessionar) an Erfüllungs- statt oder erfüllungshalber abgetreten (§ 398 BGB), kommt es auf die Zahlung an den Zessionar und nicht auf den Zeitpunkt der Abtretung an. Auch beim echten und unechten Factoring sowie beim Forderungskauf ist auf den Zeitpunkt der Zahlung an den Factor oder den Forderungskäufer abzustellen. Liegt bei Zahlung an den Dritten/Zessionar keine gültige Freistellungsbescheinigung des Leistenden vor, ist der Steuerabzug vorzunehmen, selbst wenn der Zahlungsempfänger hiervon keine Kenntnis hatte und die Gegenleistung in voller Höhe einfordert.

44Die nach den §§ 48 ff. EStG bestehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung zum Steuerabzug ist auch bei der zivilrechtlichen Zwangsvollstreckung zu berücksichtigen. Der Drittschuldner (Leistungsempfänger) kann, unabhängig davon, ob er im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung 15 % der Gegenleistung bereits für Rechnung des Leistenden an das Finanzamt gezahlt hat, oder er noch verpflichtet ist, diesen Steuerabzug zu erbringen, geltend machen, dass die zu pfändende Forderung nur in Höhe von 85 % der Gegenleistung besteht.

45Liegt die Freistellungsbescheinigung dem Leistungsempfänger nicht spätestens im Zeitpunkt der Erbringung der Gegenleistung vor, bleibt die Verpflichtung zur Durchführung des Steuerabzugs auch dann bestehen, wenn die Freistellungsbescheinigung dem Leistungsempfänger später vorgelegt wird.

46Der Leistungsempfänger soll die ihm vom Leistenden übergebenen Unterlagen aufbewahren. Freistellungsbescheinigungen sind von Leistungsempfängern, die unter die Buchführungsund Aufzeichnungspflichten der §§ 140 ff. AO fallen, nach § 147 Absatz 1 Nummer 5 AO sechs Jahre aufzubewahren (§ 147 Absatz 3 AO).

1.4.3. Bagatellregelung

47Wird keine Freistellungsbescheinigung vorgelegt, soll vom Steuerabzug auch dann abgesehen werden, wenn die Gegenleistung im laufenden Kalenderjahr den Betrag von 5.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird. Die Freigrenze von 5.000 € erhöht sich auf 15.000 €, wenn der Leistungsempfänger allein deswegen als Unternehmer abzugspflichtig ist, weil er ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nummer 12 Satz 1 UStG (= umsatzsteuerbefreite Vermietungsumsätze) ausführt. Die erhöhte Freigrenze von 15.000 € ist nicht anzuwenden, wenn der Unternehmer die nach § 4 Nummer 12 Satz 1 UStG steuerfreien Umsätze nach § 9 UStG als umsatzsteuerpflichtig behandelt (Option zur Umsatzsteuer). Erbringt der Leistungsempfänger neben steuerfreien Umsätzen nach § 4 Nummer 12 Satz 1 UStG weitere, ggf. nur geringfügige umsatzsteuerpflichtige Umsätze, gilt insgesamt die Freigrenze von 5.000 €.

48Nimmt in den Fällen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft die Organgesellschaft den Steuerabzug im Auftrag des Organträgers für Bauleistungen von Leistenden außerhalb des Organkreises vor (vgl. Rn. 20), sind die Freigrenzen nur zu beachten, wenn eine zentrale Überwachung der Freigrenzen im Organkreis erfolgt.

49Wird der Steuerabzug bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts von einzelnen Organisationseinheiten der juristischen Person des öffentlichen Rechts vorgenommen (vgl. Rn. 21), sind die Freigrenzen nur zu beachten, wenn eine zentrale Überwachung der Freigrenzen für alle Organisationseinheiten der juristischen Person des öffentlichen Rechts erfolgt.

50Wird die Gegenleistung für ein Bauwerk erbracht, das nur teilweise unternehmerisch genutzt wird, bezieht sich die Freigrenze nur auf Gegenleistungen für den unternehmerisch genutzten Teil des Bauwerkes (vgl. Rn. 15).

51Für die Ermittlung des Betrags sind die für denselben Leistungsempfänger im Kalenderjahr erbrachten und voraussichtlich noch zu erbringenden Bauleistungen zusammenzurechnen. Daher ist eine Abstandnahme vom Steuerabzug im Hinblick auf diese Freigrenzen nur zulässig, wenn im laufenden Kalenderjahr nicht mit weiteren Zahlungen für Bauleistungen an denselben Auftragnehmer zu rechnen ist oder die Zahlungen insgesamt nicht die Freigrenze über-schreiten werden. Geht der Leistungsempfänger zunächst davon aus, dass die Freigrenze nicht überschritten wird, und nimmt er bei Erfüllung der Gegenleistung den Steuerabzug nicht vor, so ist der unterlassene Steuerabzug nachzuholen, wenn es im Nachhinein zur Überschreitung der maßgeblichen Freigrenze im laufenden Kalenderjahr kommt. Auf ein Verschulden des Leistungsempfängers kommt es insoweit nicht an. Eine Gegenleistung für eine weitere Bauleistung an denselben Leistungsempfänger, für die jedoch eine Freistellungsbescheinigung vorgelegt wird, bleibt für die Berechnung der Freigrenze außer Ansatz.

Beispiele:
  • Ein Steuerpflichtiger lässt an einem vermieteten Mehrfamilienhaus das Dach neu eindecken. Der beauftragte Dachdecker legt keine Freistellungsbescheinigung vor. Die Kosten der Dachreparatur werden insgesamt ca. 20.000 € betragen. Hiervon sind 10.000 € zunächst als Abschlagszahlung und der Rest nach Erteilung der Schlussrechnung noch im selben Kalenderjahr zu erbringen. Damit steht von vornherein fest, dass die Freigrenze von 15.000 € überschritten wird, sodass bereits von der Abschlagszahlung der Steuerabzug vorzunehmen ist.

  • Ein Steuerpflichtiger lässt an seinem vermieteten Dreifamilienhaus das Dach reparieren. Der beauftragte Dachdecker legt keine Freistellungsbescheinigung vor. Nach dem Kostenvoranschlag soll die Dachreparatur 14.500 € kosten. Vereinbarungsgemäß zahlt der Leistungsempfänger nach Baufortschritt eine Abschlagszahlung in Höhe von 10.000 €. Durch Zusatzarbeiten verteuert sich der Auftrag, so dass in der Schlussrechnung noch 6.000 € in Rechnung gestellt werden, die der Leistungsempfänger noch im selben Jahr zahlt. Damit wurde die Freigrenze von 15.000 € überschritten, sodass die gesamte Gegenleistung (16.000 €) dem Steuerabzug unterliegt. Sofern bei der Leistung der Abschlagszahlung der Steuerabzug unterblieben ist, muss er nun bei Erfüllung der Restzahlung nachgeholt werden, es sei denn, der Dachdecker legt vor Zahlung der Restsumme eine Freistellungsbescheinigung vor.

52Reicht der Betrag der Gegenleistung, der im Laufe des Jahres nachträglich zum Überschreiten der Freigrenze führt, für die Erfüllung der Abzugsverpflichtung nicht aus, so entfällt die Abzugsverpflichtung in der Höhe, in der sie die Gegenleistung übersteigt.

Beispiele:
  • Ein Steuerpflichtiger lässt zu Beginn des Jahres Reparaturarbeiten an Regenrinnen seines vermieteten Dreifamilienhauses ausführen. Die Gegenleistung beträgt 14.000 €. Ein Steuerabzug wird nicht vorgenommen. Im November lässt er durch denselben Dachdecker an dem Gebäude ein Dachflächenfenster reparieren. Diese Reparatur führt zu einer Gegenleistung in Höhe von 2.000 €. Der Steuerabzugsbetrag in Höhe von insgesamt 2.400 € kann aus der letzten Gegenleistung nicht erbracht werden. Es ist ein Steuerabzug in Höhe der Gegenleistung von 2.000 € vorzunehmen.

  • Danach wird noch eine weitere kleine Reparatur durch denselben Dachdecker vorgenommen. Die Gegenleistung beträgt 1.000 €. Der Steuerabzugsbetrag beträgt nunmehr insgesamt 2.550 €. Ein Abzug von 2.000 € ist bereits vorgenommen worden. Der noch verbleibende Steuerabzug von 550 € ist von der Gegenleistung durchzuführen.

1.4.4. Absehen vom Steuerabzug bei Vermietung von nicht mehr als zwei Wohnungen, § 48 Absatz 1 Satz 2 EStG (Zweiwohnungsregelung)

53Vermietet der Leistungsempfänger nicht mehr als zwei Wohnungen, ist der Steuerabzug auf Bauleistungen für diese Wohnungen nicht anzuwenden (Zweiwohnungsregelung). Ob eine Wohnung vorliegt, richtet sich nach §181 Absatz 9 BewG. Danach ist eine Wohnung die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, dass die Führung eines selbständigen Haushalts möglich ist. Die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen muss eine von anderen Wohnungen oder Räumen, insbesondere Wohnräumen, baulich getrennte, in sich abgeschlossene Wohneinheit bilden und einen selbständigen Zugang haben. Außerdem ist erforderlich, dass die für die Führung eines selbständigen Haushalts notwendigen Nebenräume (Küche, Bad oder Dusche, Toilette) vorhanden sind. Die Wohnfläche muss mindestens 23 m2 betragen.

54Bei einzeln vermieteten Zimmern ist die Nutzung der gesamten Wohnung ausschlaggebend. Wird diese im Übrigen selbst genutzt oder unentgeltlich überlassen, so ist kein Steuerabzug vorzunehmen. Werden sämtliche Zimmer an mehrere Mieter vermietet, so zählt die Wohnung als ein Objekt für die Zweiwohnungsregelung.

55Die Verpflichtung zum Steuerabzug besteht für alle Wohnungen, wenn von einem Vermieter mehr als zwei Wohnungen vermietet werden. Der Steuerabzug für Bauleistungen für andere unternehmerische Zwecke bleibt von der Zweiwohnungsgrenze unberührt.

Beispiel:

Sind eigenbetrieblich genutzte Gebäude und ein Zweifamilienhaus neben einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhaus vorhanden, ist der Steuerabzug nur auf die eigenbetrieblichen Gebäude anzuwenden. Hinsichtlich des Zweifamilienhauses gilt die Zweiwohnungsregelung. Bauleistungen an dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Einfamilienhaus unterliegen nicht dem Steuerabzug (vgl. Rn. 14). Unentgeltlich überlassene Wohnungen bleiben unberücksichtigt.

56Vorübergehend leerstehende Wohnungen sind im Rahmen der Zweiwohnungsgrenze zu berücksichtigen, es sei denn, der Vermieter hat die Vermietungsabsicht aufgegeben.

57Es ist unerheblich, zu welchem Zweck vermietet wird und ob sich die vermieteten Wohnungen im Privatvermögen oder Betriebsvermögen des Vermieters befinden. Gewerblich oder zu freiberuflichen Zwecken vermietete Wohnungen sind daher zu berücksichtigen. Werden z. B. zwei Wohnungen des Privatvermögens zu Wohnzwecken und eine Wohnung, die zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehört, gewerblich vermietet, ist die Zweiwohnungsregelung nicht anzuwenden.

58Vermietete Wohnungen im Ausland sind bei der Anwendung der Zweiwohnungsregelung zu berücksichtigen.

59Die Zweiwohnungsregelung wird auf die jeweilige Grundstücksgesellschaft/-gemeinschaft angewendet, die umsatzsteuerrechtlich als eigenständiger Unternehmer qualifiziert wird. Demjenigen, der an mehreren Grundstücksgesellschaften/-gemeinschaften beteiligt ist, werden die einzelnen Beteiligungen nicht als Wohnungen zugerechnet.

60Jede Grundstücksgesellschaft/-gemeinschaft ist für sich zu beurteilen. Bei einer umsatzsteuerrechtlichen Unternehmereigenschaft können daher eine Vielzahl von Objektgesellschaften mit den gleichen Beteiligten bestehen.

61Bei Ehegatten ist die Zweiwohnungsgrenze für jeden Ehegatten getrennt zu ermitteln. Eine Ehegatten-Eigentümergemeinschaft ist ein eigener Leistungsempfänger.

62Garagen stellen nur dann einen Bestandteil einer Wohnung dar, wenn sie zusammen mit der Wohnung vermietet werden. Bauleistungen an einer nicht gemeinsam mit einer Wohnung vermieteten Garage unterliegen dem Steuerabzug.

2. Einbehaltung, Abführung und Anmeldung des Abzugsbetrags

63Die Verpflichtung zum Steuerabzug entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Gegenleistung erbracht wird, d. h. beim Leistungsempfänger selbst oder bei einem Dritten, der für den Leistungsempfänger zahlt, abfließt (§ 11 Absatz 2 Satz 1 EStG). Dies gilt auch in Fällen, in denen die Gegenleistung in Teilbeträgen (Vorschüsse, Abschlagszahlungen, Zahlung gestundeter Beträge) erbracht wird. Erlischt die Gegenleistung infolge einer Aufrechnung, tritt die wirksame Aufrechnungserklärung an die Stelle der Zahlung. In diesem Zeitpunkt hat der Leistungsempfänger (= Auftraggeber und Schuldner der Gegenleistung) den Steuerabzug für Rechnung des Leistenden (Auftragnehmers) vorzunehmen (§ 48 Absatz 1 Satz 1 EStG). Dazu muss er den Steuerabzugsbetrag von der Gegenleistung einbehalten.

Die Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Bauabzugsteuer hängt tatbestandlich nicht von der inländischen Steuerpflicht des Leistenden ab (, BStBl 2020 II S. 552, Rn. 27).

64Der Leistungsempfänger hat den innerhalb eines Kalendermonats einbehaltenen Steuerabzugsbetrag unter Angabe des Verwendungszwecks jeweils bis zum 10. des Folgemonats an das für die Besteuerung des Einkommens des Leistenden zuständige Finanzamt (Kasse) abzuführen. Eine Stundung des Steuerabzugsbetrags ist nach § 222 AO ausgeschlossen.

65Darüber hinaus ist der Leistungsempfänger verpflichtet, über den einbehaltenen Steuerabzug ebenfalls bis zum 10. des Folgemonats eine Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck bei dem für den Leistenden zuständigen Finanzamt (vgl. Rn. 97 ff.) abzugeben, in der er den Steuerabzug für den Anmeldezeitraum (Kalendermonat) selbst berechnet. Der Leistungsempfänger hat für jeden Leistenden eine eigene Anmeldung abzugeben, auch wenn mehrere Leistende bei einem Finanzamt geführt werden. Die Anmeldung muss vom Leistungsempfänger oder von einem zu seiner Vertretung Berechtigten unterschrieben sein. Sie steht einer Steueranmeldung (§§ 167, 168 AO) gleich. In der Anmeldung ist die zu Grunde liegende Bauleistung anzugeben (Art der Tätigkeit und Projekt); nur die Angabe einer Auftrags- oder Rechnungsnummer ist nicht ausreichend.

66Die benötigten Adressen und Bankverbindungen der zuständigen Finanzämter können regelmäßig beim Leistenden erfragt werden. Daneben können die Informationen auch im Internet unter www.finanzamt.de ermittelt werden. Ferner kann jedes Finanzamt entsprechende Informationen zur Verfügung stellen.

67Das Finanzamt kann bei verspäteter Abgabe der Anmeldung einen Verspätungszuschlag fest-setzen (höchstens 25.000 €). Nach § 152 AO in der Fassung des Gesetzes zur Steuermodernisierung (BGBl 2016 I S. 1679) beträgt der Verspätungszuschlag für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 % der festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 10 € für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung (§ 152 Absatz 5 Satz 1 AO); insoweit besteht kein Ermessenspielraum des Finanzamtes. § 152 Absatz 8 AO gilt nicht, da Steueranmeldungen nach § 48a Absatz 1 EStG nicht periodisch, sondern nur anlassbezogen abzugeben sind (vgl. AEAO zu § 152 AO, Nummer 8). Bei verspäteter Zahlung entstehen Säumniszuschläge.

68Bei einer nachträglichen Erhöhung der Gegenleistung ist nur der Differenzbetrag zu der vorherigen Anmeldung in dem Anmeldungszeitraum, in dem der erhöhte Betrag erbracht wurde, anzumelden (§ 48a Absatz 1 EStG). Bei einer Minderung der Gegenleistung ist keine Berichtigung vorzunehmen.

3. Abrechnung mit dem Leistenden

69Der Leistungsempfänger ist verpflichtet, mit dem Leistenden über den einbehaltenen Steuerabzug abzurechnen (§ 48a Absatz 2 EStG). Dazu hat er dem Leistenden (Auftragnehmer) einen Abrechnungsbeleg zu erteilen, der folgende Angaben enthalten muss:

  1. Name und Anschrift des Leistenden,

  2. Rechnungsbetrag, Rechnungsdatum und Zahlungstag,

  3. Höhe des Steuerabzugs,

  4. Finanzamt, bei dem der Abzugsbetrag angemeldet worden ist.

4. Haftung

70Ist der Steuerabzug nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, so haftet der Leistungsempfänger für den nicht oder zu niedrig abgeführten Abzugsbetrag (§ 48a Absatz 3 Satz 1 EStG). Bei Erbringung der Gegenleistung durch Dritte (z. B. durch ein Versicherungsunternehmen) haftet der Leistungsempfänger (z. B. der Geschädigte) für den Steuerabzug. Die Haftung ist grundsätzlich unabhängig von einem Verschulden des Leistungsempfängers, wenn dem Leistungsempfänger keine Freistellungsbescheinigung vorgelegen hat (, BStBl 2020 II S. 552, Rn. 43). Unerheblich ist auch, ob für den Leistenden im Inland zu sichernde Steueransprüche bestehen. Insbesondere kann sich der Leistungsempfänger im Haftungsverfahren nicht darauf berufen, dass die Gegenleistung beim Leistenden im Inland nicht besteuert werden kann (vgl. , BStBl 2020 II S. 552, Rn. 45, 46). Nach § 48d Absatz 1 Satz 1 und 6 EStG wird der Steuerabzug nicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt. Eine Haftungsinanspruchnahme ist auch möglich, wenn die Person des Steuerschuldners nicht feststeht.

71Sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Haftung vorliegen, entscheidet das Finanzamt im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens über die Inanspruchnahme des Leistungsempfängers als Haftungsschuldner. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Steuerschuld, für die gehaftet werden soll, entstanden sein und noch bestehen muss. Bei der Prüfung der Akzessorietät der Haftungsschuld zur zugrundeliegenden Steuerschuld (Primärschuld) ist die „zugrunde liegende Steuerschuld“ nicht die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerschuld des Leistenden, sondern die vom Leistenden geschuldete Bauabzugsteuer (vgl. , BStBl 2020 II S. 552, Rn. 41 ff).

72Die Haftung des Leistungsempfängers ist jedoch ausgeschlossen, wenn ihm im Zeitpunkt der Gegenleistung eine Freistellungsbescheinigung vorgelegen hat, auf deren Rechtmäßigkeit er vertrauen durfte. Der Leistungsempfänger ist verpflichtet, die Freistellungsbescheinigung zu überprüfen; insbesondere soll er sich vergewissern, ob die Freistellungsbescheinigung mit einem Dienstsiegel versehen ist und eine Sicherheitsnummer trägt. Bei Vorlage einer Kopie müssen alle Angaben auf der Freistellungsbescheinigung lesbar sein. Eine Verpflichtung zu einer regelmäßigen Prüfung der Freistellungsbescheinigung besteht nicht.

Der Leistungsempfänger hat die Möglichkeit, sich durch eine Prüfung der Gültigkeit der Freistellungsbescheinigung über ein eventuelles Haftungsrisiko Gewissheit zu verschaffen. Er kann hierzu im Wege einer elektronischen Abfrage beim BZSt (https://eibe.bff-online.de/eibe) eine Bestätigung der Gültigkeit der Bescheinigung erlangen. Bestätigt das BZSt die Gültigkeit nicht oder kann der Leistungsempfänger die elektronische Abfrage nicht durchführen, kann sich der Leistungsempfänger auch durch eine Nachfrage bei dem auf der Freistellungsbescheinigung angegebenen Finanzamt Gewissheit verschaffen. Hat der Leistungsempfänger die Gültigkeit der Freistellungsbescheinigung im Zeitpunkt der Gegenleistung durch eine elektronische Abfrage beim BZSt oder durch eine Anfrage beim Finanzamt überprüft, liegt in der Regel keine grobe Fahrlässigkeit vor. Anfragen an die Finanzämter zur Bestätigung der Gültigkeit der Freistellungsbescheinigungen werden mündlich oder telefonisch beantwortet. Eine schriftliche Bestätigung erfolgt grundsätzlich nicht.

73Eine Inanspruchnahme des Leistungsempfängers soll auch dann unterbleiben, wenn ihm zum Zeitpunkt der Erbringung der Gegenleistung keine Freistellungsbescheinigung vorgelegen hat, er aber gleichwohl den Steuerabzug nicht vorgenommen hat und ihm im Nachhinein eine bereits im Zeitpunkt der Zahlung gültige Freistellungsbescheinigung nachgereicht wird.

74Schützenswertes Vertrauen liegt nicht vor, wenn die Freistellungsbescheinigung durch unlautere Mittel oder falsche Angaben erwirkt wurde und dem Leistungsempfänger dies bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war (§ 48a Absatz 3 Satz 3 EStG).

75Dies gilt auch, wenn dem Leistungsempfänger eine gefälschte Freistellungsbescheinigung vorgelegt wurde und der Leistungsempfänger dies erkannte oder hätte erkennen müssen.

76Sind die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Leistungsempfängers im Sinne des § 48a Absatz 3 EStG im Wege der Haftung gegeben, so kann er entweder durch einen Haftungsbescheid nach § 191 AO oder durch eine Steuerfestsetzung nach § 167 Absatz 1 AO (sog. Nacherhebungsbescheid) in Anspruch genommen werden. Die Wahl des Verfahrens muss nicht begründet werden. Die tatbestandlichen Erfordernisse der jeweiligen Haftungsnorm sind auch dann zu beachten, wenn kein Haftungsbescheid, sondern ein Nachforderungsbescheid erlassen wird (, BStBl 2020 II S. 552, Rn. 37, 38). Den entsprechenden Bescheid erlässt das für den Leistenden zuständige Finanzamt nach Anhörung des Leistungsempfängers. Besondere Ermessenserwägungen sind für den Erlass eines Nachforderungsbescheides nicht erforderlich; dies gilt auch, wenn die Einkünfte des Leistenden nicht in Deutschland steuerpflichtig gewesen sein sollten (, BStBl 2020 II S. 552, Rn. 45).

5. Widerruf und Rücknahme der Freistellungsbescheinigung

77Wird eine rechtmäßige Freistellungsbescheinigung für die Zukunft widerrufen, so ist sie für Gegenleistungen, die nach diesem Zeitpunkt erbracht werden, nicht mehr gültig. Entsprechendes gilt, wenn eine rechtswidrige Freistellungsbescheinigung mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen wird. In diesem Fall war die Abstandnahme vom Steuerabzug jedoch bereits in der Vergangenheit unzulässig. In den Fällen, in denen die Freistellungsbescheinigung für eine bestimmte Bauleistung erteilt worden war, unterrichtet das Finanzamt auch den Leistungsempfänger vom Widerruf bzw. der Rücknahme der Freistellungsbescheinigung. Dies hat zur Folge, dass der Leistungsempfänger von künftigen Gegenleistungen den Steuerabzug vorzunehmen hat und - bei der Rücknahme - auch den Steuerabzug für bereits erbrachte Gegenleistungen nachholen muss. Die Nachholung erfolgt grundsätzlich durch Einbehalt von künftigen Gegenleistungen. Ist dies nicht möglich oder reicht die künftige Gegenleistung hierfür nicht aus, so entfällt insoweit der Einbehalt.

Wird eine zeitlich befristete, jedoch nicht auf einen bestimmten Auftrag beschränkte Freistellungsbescheinigung widerrufen oder zurückgenommen, kommt eine Haftungsinanspruchnahme des Leistungsempfängers nur dann in Betracht, wenn ihm der Widerruf oder die Rücknahme bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt waren.

78Eine Freistellungsbescheinigung soll widerrufen werden, wenn der Steueranspruch gefährdet erscheint (vgl. Rn. 32). Insbesondere in den Fällen, in denen noch Steuererklärungen ausstehen und das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO schätzt, ist die Möglichkeit eines Widerrufs einer erteilten Freistellungsbescheinigung zu prüfen. Eine Gefährdung des Steueranspruchs kann bereits vor Stellung eines Insolvenzantrages vorliegen. Ob und wann ein Widerruf vorgenommen wird, ist nach den Gegebenheiten im Einzelfall zu entscheiden. Eine Anfechtung des Widerrufs durch den Insolvenzverwalter oder Sachwalter nach den Vorschriften der InsO ist nur möglich, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und die Voraussetzungen der §§ 130 und 131 InsO vorliegen.

6. Bemessungsgrundlage und Höhe des Steuerabzugs

79Dem Steuerabzug unterliegt der volle Betrag der Gegenleistung. Zur Gegenleistung gehört das Entgelt für die Bauleistung zuzüglich der Umsatzsteuer. Das gilt auch im Falle des § 13b UStG, obwohl der Leistungsempfänger Schuldner der Umsatzsteuer ist. Der Steuerabzug beträgt 15 % der Gegenleistung. Ein Solidaritätszuschlag wird auf den Abzugsbetrag nicht erhoben. Zur nachträglichen Erhöhung oder Minderung der Gegenleistung siehe auch Rn. 68.

80Auch die nachträgliche Auszahlung eines Sicherheitseinbehaltes (z. B. nach Ablauf der Gewährleistungspflicht) stellt die Erbringung einer Gegenleistung dar. Der Steuerabzug ist hierauf vorzunehmen, sofern keine Freistellungsbescheinigung vorliegt und die Bagatellgrenze überschritten wird.

81Der Steuerabzug nach §§ 48 ff. EStG hat keine Auswirkungen auf die umsatzsteuerrechtliche Behandlung (siehe auch: Tz. VI „Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft [USt M 2]).

Zum umsatzsteuerrechtlichen Entgelt gem. § 10 Absatz 1 Satz 2 UStG gehören auch Zahlungen des Leistungsempfängers an Dritte (vgl. Abschnitt 10.1 Absatz 7 Satz 1 UStAE). Deshalb ist bei der Ermittlung des Entgelts auch der vom Leistungsempfänger einzubehaltende und an das für den leistenden Unternehmer zuständige Finanzamt abzuführende Umsatzsteuerbetrag zu berücksichtigen.

Beispiel:

Der Unternehmer erteilt dem Leistungsempfänger für erbrachte Bauleistungen folgende Rechnung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Auftragssumme netto:
100.000 €
Umsatzsteuer 19 %:
19.000 €
Bruttobetrag:
119.000 €

Der Leistungsempfänger überweist dem Unternehmer 101.150 € (119.000 € abzüglich 15 % Steuerabzug 17.850 €).

Das umsatzsteuerrechtliche Entgelt beträgt 100.000 €, die darauf entfallende Umsatzsteuer 19.000 €.

82Versteuert der leistende Unternehmer seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG), ist die Versteuerung in dem Voranmeldungszeitraum vorzunehmen, in dem das Entgelt bzw. Teilentgelt vereinnahmt wird. Hierbei ist es unerheblich, dass der Leistungsempfänger den Steuerabzug gemäß § 48a Absatz 1 EStG (15 %) erst am 10. des Folgemonats an das Finanzamt entrichtet.

Beispiel:

Der Unternehmer erteilt dem Leistungsempfänger für erbrachte Bauleistungen die im Beispiel zu Rn. 81 bezeichnete Rechnung. Der Leistungsempfänger überweist im März 2020 einen Betrag in Höhe von 50.575 € (59.500 € abzüglich 15 % Steuerabzug 8.925 €) und nochmals 50.575 € im Mai 2020. Der leistende Unternehmer hat gemäß § 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b UStG mit Ablauf des März 2020 ein Teilentgelt von 50.000 € und mit Ablauf des Mai 2020 den Restbetrag von 50.000 € zu versteuern.

Versteuert hingegen der leistende Unternehmer seine Umsätze nach vereinbarten Entgelten (Sollversteuerung), ist die Versteuerung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums vorzunehmen, in dem die Bauleistung ausgeführt worden ist. Die vor Ausführung der Leistung vereinnahmten Vorauszahlungen, Abschlagszahlungen usw. führen nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 4 UStG zu einer früheren Steuerentstehung (vgl. Abschnitt 13.2 Absatz 2 Satz 1 UStAE).

Beispiel:

Der Unternehmer führt im April 2020 Bauleistungen aus. Das vereinbarte Entgelt entspricht der im Mai 2020 erteilten Rechnung (vgl. Rn. 81). Der Leistungsempfänger überweist im März 2020 einen Betrag in Höhe von 50.575 € (59.500 € abzüglich 15 % Steuerabzug 8.925 €) als Vorauszahlung und nochmals 50.575 € im Mai 2020. Der leistende Unternehmer hat gemäß § 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 4 UStG im März 2020 ein Teilentgelt von 50.000 € und im April 2020 gemäß § 13 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a Satz 1 UStG den Restbetrag von 50.000 € zu versteuern.

83Der Steuerabzug ist auch bei der Aufrechnung und beim Tausch vorzunehmen.

Beispiel:

Die fällige Forderung des Leistenden aus einem Bauauftrag beträgt 30.000 €. Hiergegen rechnet der Leistungsempfänger mit einer fälligen Gegenforderung von 17.000 € auf. Von der verbleibenden Verbindlichkeit von 13.000 € wird der Steuerabzug in Höhe von 4.500 € vorgenommen und der Restbetrag von 8.500 € an den Leistenden gezahlt.

84Der Steuerabzug ist auch vorzunehmen, wenn sich im Rahmen der Aufrechnung Hauptforderung und Gegenforderung in gleicher oder annähernd gleicher Höhe gegenüberstehen.

7. Entlastung aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen

85Auch in Fällen, in denen die Bauleistung von einem nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Leistenden erbracht wird, unterliegt die Gegenleistung dem Steuerabzug. Dies gilt selbst dann, wenn die im Inland erzielten Einkünfte des Leistenden nach einem Doppelbesteuerungsabkommen in der Bundesrepublik Deutschland nicht besteuert werden dürfen (§ 48d Absatz 1 Satz 1 EStG). Das Gleiche gilt, wenn die Gegenleistung aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens vom Steuerabzug freigestellt oder der Steuerabzug nach einem niedrigeren Steuersatz vorzunehmen ist. Unberührt bleibt jedoch der Anspruch des Leistenden auf völlige oder teilweise Erstattung des Abzugsbetrags; die Erstattung erfolgt auf Antrag durch das Finanzamt, das nach § 20a AO für die Besteuerung des nicht unbeschränkt steuerpflichtigen Leistenden zuständig ist.

8. Anrechnung des Steuerabzugsbetrags

86Das Finanzamt rechnet den Abzugsbetrag auf die vom Leistenden zu entrichtenden Steuern an. Voraussetzung ist, dass der Abzugsbetrag einbehalten und angemeldet wurde (§ 48c Absatz 1 EStG). Zur Prüfung dieser Voraussetzung hat der Leistende auf Verlangen des Finanzamtes die vom Leistungsempfänger gemäß § 48a Absatz 2 EStG erteilten Abrechnungsbelege vorzulegen.

Steuerabzugsbeträge, die auf Bauleistungen beruhen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeführt wurden und vor der Insolvenzeröffnung durch den Leistungsempfänger an das Finanzamt gezahlt wurden, sind auf Steuern anzurechnen, die vor Eröffnung des Verfahrens begründet wurden (Insolvenzforderungen nach § 38 InsO). Bei der Anrechnung ist die Reihenfolge des § 48c Absatz 1 EStG zu beachten. Sofern sich danach keine Anrechnungsmöglichkeiten ergeben, sind die verbliebenen Beträge mit anderen Insolvenzforderungen aufzurechnen (§ 94 InsO).

Steuerabzugsbeträge, die auf Bauleistungen beruhen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeführt wurden und nach der Insolvenzeröffnung durch den Leistungsempfänger an das Finanzamt gezahlt wurden, sind an die Insolvenzmasse auszukehren (, BStBl 2003 II S. 716).

Für die Anrechnung ist zum Schutz des Leistenden grundsätzlich nicht Voraussetzung, dass der angemeldete Betrag auch abgeführt wurde. Im Hinblick auf § 48c Absatz 3 EStG hat das Finanzamt vor der Anrechnung jedoch festzustellen, ob der Leistungsempfänger den angemeldeten Abzugsbetrag abgeführt hat. Ist dies nicht der Fall, ist vom Finanzamt durch weitere Sachverhaltsermittlungen zu klären, ob Anhaltspunkte für einen Missbrauch des Abzugsverfahrens gegeben sind.

Ist ein Abzugsbetrag vom Leistungsempfänger einbehalten, aber nicht angemeldet und abgeführt worden, wird der Abzugsbetrag beim Leistenden angerechnet, wenn der Leistende seinem Finanzamt die entsprechende Abrechnung im Sinne des § 48a Absatz 2 EStG vorlegt und der Leistungsempfänger durch Haftungsbescheid oder eine Steuerfestsetzung nach § 167 Absatz 1 AO in Anspruch genommen worden ist. Bis dahin ist eine Stundung der dem Steuerabzugsverfahren unterliegenden fälligen Steuern des Leistenden nach § 222 AO nicht zulässig. Ggf. kommen die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung gemäß § 258 AO in Betracht.

Für die Anrechnung gilt folgende zwingende Reihenfolge:

  1. auf die nach § 41a Absatz 1 EStG vom Leistenden einbehaltene und angemeldete Lohnsteuer,

  2. auf die vom Leistenden zu entrichtenden Vorauszahlungen auf die Einkommen oder Körperschaftsteuer,

  3. auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Besteuerungs- oder Veranlagungszeitraums, in dem die Leistung erbracht worden ist, und

  4. auf die vom Leistenden selbst nach dem Steuerabzugsverfahren bei Bauleistungen anzumeldenden und abzuführenden Abzugsbeträge.

Die Anrechnung nach § 48c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG kann nur für Vorauszahlungszeiträume innerhalb des Besteuerungs- oder Veranlagungszeitraums erfolgen, in dem die Bauleistung erbracht worden ist. Außerdem darf die Anrechnung auf Vorauszahlungen nicht zu einer Erstattung führen. Anrechnungen nach § 48c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 4 EStG sind nur bis zur Veranlagung zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Jahres, in dem die Bauleistung erbracht wurde, möglich.

Eine Anrechnung gemäß § 48c EStG ist auch im Fall der Inanspruchnahme des Leistungsempfängers durch Festsetzungsbescheid nach § 167 Absatz 1 Satz 1 AO oder durch Haftungsbescheid möglich. Der Leistungsempfänger zahlt in jedem Fall für Rechnung des Bauleistenden.

87Soweit nach Anrechnung auf die Beträge nach § 48c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG ein Guthaben verbleibt, kann dieses nur auf die Vorauszahlungen angerechnet werden, die für den Veranlagungszeitraum der Leistungserbringung festgesetzt wurden oder werden. Der übersteigende Betrag kann erst auf die veranlagte Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Veranlagungszeitraumes angerechnet werden, in dem die Leistung erbracht wurde. Bis zum Abschluss der Veranlagung dieses Veranlagungszeitraumes kann eine Erstattung der Steuer nicht erfolgen. Das Erstattungsverfahren nach § 48c Absatz 2 EStG bleibt hiervon unberührt.

Leistung in diesem Sinne ist nicht die Gegenleistung im Sinne von § 48 Absatz 3 EStG, sondern die Bauleistung nach § 48 Absatz 1 Satz 3 EStG. Die Bauleistung ist in dem Zeitpunkt erbracht, in dem sie abgeschlossen und nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung die Ergebnisrealisierung eingetreten ist. Hiervon ist allgemein auszugehen, wenn das fertige Werk an den Leistungsempfänger übergeben und von diesem abgenommen wurde. Dass die Anrechnung des Abzugsbetrages erst im Veranlagungszeitraum der Gewinnrealisierung möglich ist, entspricht dem Sicherungscharakter des Steuerabzugsbetrages, der erst im Jahr der Gewinnrealisierung beim Leistenden zur Steueranrechnung zur Verfügung stehen soll. Eine Anrechnung auf Teilleistungen kann ausnahmsweise in vorhergehenden Veranlagungszeiträumen in Betracht kommen, wenn sich ein Großbauwerk über mehrere Jahre erstreckt und wenn der Leistende von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht hat, aufgrund von Teilabrechnungen und Teilabnahmen eine Teilgewinnrealisierung vorzunehmen.

Bei mehreren lohnsteuerlichen Betriebsstätten kann der Leistende die Reihenfolge der Anrechnung der Lohnsteuer entsprechend § 225 Absatz 1 AO bestimmen.

88Sind Personengesellschaften Leistende, erfolgt die Anrechnung im Sinne des § 48c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 EStG bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer der Gesellschafter. Die Anrechnung auf Vorauszahlungen nach § 48c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 EStG erfolgt, wenn der zur Vertretung der Gesellschaft Berechtigte (§ 34 Absatz 1 AO) dem Finanzamt mitteilt, in welchem Verhältnis die Anrechnung zu erfolgen hat. Die Mitteilung hat den Beteiligungsverhältnissen zu entsprechen. Ausnahmsweise können andere Kriterien berücksichtigt werden, wenn sie betrieblich begründet sind. Die Anrechnung auf die veranlagte Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Besteuerungs- oder Veranlagungszeitraums nach § 48c Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 EStG erfolgt bei den Gesellschaftern nach dem Gewinnverteilungsschlüssel der Gesellschaft. Bei Unstimmigkeiten zwischen den Gesellschaftern über die Höhe ihrer Anteile am Anrechnungsvolumen ist eine gesonderte und einheitliche Feststellung der Steuerabzugsbeträge nach § 180 Absatz 5 Nummer 2 AO durchzuführen; diese Feststellung kann mit der Gewinnfeststellung nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a AO verbunden werden.

Die Ausführungen zu den Personengesellschaften gelten in gleicher Weise auch für Arbeitsgemeinschaften.

89Ist eine Organgesellschaft einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft Leistender im Sinne des § 48 Absatz 1 EStG, wird der Steuerabzug nach § 48c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3 EStG bei der Organgesellschaft angerechnet. Dies gilt auch im Fall einer körperschaftsteuerlichen Organschaft mit der Folge, dass der Steuerabzug ggf. nur nach § 48c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG angerechnet werden kann.

9. Erstattungsverfahren

90Verbleiben nach der Anrechnung gemäß § 48c Absatz 1 EStG Abzugsbeträge, die bis zum Abschluss der Veranlagung zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Jahres, in dem die Bauleistung erbracht wurde, nicht angerechnet werden konnten und für die eine Aufrechnung nach § 226 AO nicht in Betracht kommt, werden sie dem Leistenden erstattet.

91Auf Antrag des Leistenden erstattet das nach § 20a AO zuständige Finanzamt dem Leistenden mit Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz außerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes den Abzugsbetrag (§ 48c Absatz 2 EStG). Voraussetzung ist, dass der Leistende nicht zur Abgabe von Lohnsteueranmeldungen verpflichtet ist und eine Veranlagung zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer beim Leistenden oder seinen Gesellschaftern nicht in Betracht kommt oder glaubhaft gemacht wird, dass im Veranlagungszeitraum keine zu sichernden Steueransprüche entstehen werden. Wird die Erstattung beantragt, weil nach dem Doppelbesteuerungsabkommen die Gegenleistung im Inland nicht zu besteuern ist, hat der Leistende durch eine Bestätigung der für ihn im Ausland zuständigen Steuerbehörde nachzuweisen, dass er dort ansässig ist (§ 48d Absatz 1 Satz 4 EStG).

92Der Antrag auf Erstattung gemäß Rn. 91 ist nach amtlich vorgeschriebenem Muster zu stellen, und zwar bis spätestens zum Ablauf des zweiten Kalenderjahres, das auf das Jahr folgt, in dem der Abzugsbetrag angemeldet worden ist. Ist in einem Doppelbesteuerungsabkommen eine längere Frist eingeräumt, so ist diese Frist maßgebend.

93Erfolgt der Steuerabzug unberechtigt, (z. B. weil keine Bauleistung gegeben ist oder weil ein Steuerabzug trotz Vorlage einer gültigen Freistellungsbescheinigung vorgenommen wurde), ist der an das Finanzamt abgeführte Betrag gemäß § 37 Absatz 2 AO durch das für die Besteuerung des Leistenden zuständige Finanzamt an den anmeldenden Leistungsempfänger zu erstatten, nachdem dieser eine entsprechend berichtigte Anmeldung abgegeben hat (vgl. AEAO zu § 37, Nummer 2, 2. Absatz). Der Leistende kann alternativ zivilrechtlich gegen einen unberechtigten Steuerabzug vorgehen.

10. Sperrwirkung gegenüber § 160 AO, § 42d Absatz 6 und 8 sowie § 50a Absatz 7 EStG

94Ist der Leistungsempfänger seiner Verpflichtung zur Anmeldung und Abführung des Steuerabzugsbetrags nachgekommen oder hat ihm eine im Zeitpunkt der Gegenleistung gültige Freistellungsbescheinigung vorgelegen, sind § 160 Absatz 1 Satz 1 AO, § 42d Absatz 6 und 8 EStG sowie § 50a Absatz 7 EStG nicht anzuwenden. Es entfällt somit hinsichtlich der betroffenen Gegenleistung die Versagung des Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzugs.

95Hat ein Steuerpflichtiger einen Steuerabzugsbetrag angemeldet und abgeführt oder hat ihm eine Freistellungsbescheinigung vorgelegen, obwohl keine Bauleistung im Sinne des § 48 Absatz 1 EStG vorlag, ist § 48 Absatz 4 EStG bzw. § 48b Absatz 5 EStG nicht anzuwenden. Bei Arbeitnehmerüberlassung ist auch die Inanspruchnahme als Entleiher nach § 42d Absatz 6 und 8 EStG dann nicht ausgeschlossen.

96Das Steuerabzugsverfahren geht der Abzugsanordnung nach § 50a Absatz 7 EStG als Spezialregelung vor. Die Anordnung dieses Steuerabzugs ist daher bei Bauleistungen ausgeschlossen.

11. Zuständiges Finanzamt

97Für den Steuerabzug im Zusammenhang mit Bauleistungen ist das Finanzamt des Leistenden zuständig. Ist der Leistende eine natürliche Person, so ist dies das Wohnsitzfinanzamt (§ 19 AO). An die Stelle des Wohnsitzes tritt der inländische gewöhnliche Aufenthalt, wenn der leistende Unternehmer über keinen Wohnsitz verfügt (vgl. § 19 AO). Ist der Leistende eine Personengesellschaft mit Geschäftsleitung bzw. eine Körperschaft mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland, ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung befindet (vgl. § 20 AO). Findet für eine Arbeitsgemeinschaft keine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen statt (§ 180 Absatz 4 AO), ist für den Steuerabzug das Finanzamt zuständig, das für die Umsatzsteuer zuständig ist.

98Hat der leistende Unternehmer seinen Wohnsitz im Ausland bzw. das leistende Unternehmen (Körperschaft oder Personenvereinigung) den Sitz oder die Geschäftsleitung im Ausland, besteht eine zentrale Zuständigkeit im Bundesgebiet (vgl. § 20a Absatz 1 Satz 1 AO in Verbindung mit § 21 Absatz 1 Satz 2 AO und der Umsatzsteuerzuständigkeitsverordnung (UStZustV)). Dies gilt auch, wenn eine natürliche Person zusätzlich im Inland einen weiteren Wohnsitz hat. Zuständigkeitsvereinbarungen sind unter den Voraussetzungen des § 27 AO zulässig. Dies gilt auch für die Verwaltung der Lohnsteuer. Demzufolge kann ein im Ausland ansässiges Bauunternehmen im Inland nur eine lohnsteuerliche Betriebsstätte haben.

Daher sind die in der UStZustV genannten Finanzämter für die Besteuerung der inländischen Umsätze und des im Inland steuerpflichtigen Einkommens des Leistenden, für die Verwaltung der Lohnsteuer der Arbeitnehmer des Leistenden, für die Anmeldung und Abführung des Steuerabzugs nach § 48 EStG, für die Erteilung oder Ablehnung von Freistellungsbescheinigungen und für die Anrechnung oder Erstattung des Steuerabzugs nach § 48c EStG zuständig.

Die zentrale Zuständigkeit gilt auch für die Einkommensbesteuerung der Arbeitnehmer ausländischer Bauunternehmen, die im Inland tätig werden und ihren Wohnsitz im Ausland haben, dabei ist für die zentrale Zuständigkeit der Wohnsitzstaat des jeweiligen Arbeitnehmers maßgeblich (vgl. § 1 Arbeitnehmer-Zuständigkeitsverordnung-Bau).

Bei Personengesellschaften ist das zentrale Finanzamt auch für die gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 18 Absatz 1 Nummer 2 AO zuständig. Das zentrale Finanzamt ist ferner gemäß § 48a Absatz 3 Satz 4 EStG für den Erlass eines Haftungsbescheides nach § 42d Absatz 6 EStG zuständig.

99Im Fall des Zuständigkeitswechsels haben die abgebenden Finanzämter die aufnehmenden Finanzämter auf anhängige Rechtsbehelfsverfahren und Anträge nach § 361 AO, §§ 69 und 114 FGO aufmerksam zu machen und bei anhängigen Klage- und Revisionsverfahren und anhängigen Nichtzulassungsbeschwerden das Finanzgericht zu informieren.

Anhängige Einspruchs- und Klageverfahren sind vom nunmehr zuständigen Finanzamt fortzuführen. Auf die Grundsätze des (BStBl 1995 I S. 664), wird hingewiesen.

100Einspruchs- und Klageverfahren wegen streitiger Entleiherhaftung sind von dem Finanzamt fortzuführen, das nach § 20a Absatz 2 AO für den Verleiher zuständig ist (§ 42d Absatz 6 Satz 9 EStG). Sind die Leistungen von Verleihern unterschiedlicher Nationalität Gegenstand eines Haftungsverfahrens (Altfälle), so führt das Finanzamt das Rechtsbehelfsverfahren fort, das für den Verleiher mit dem in der Summe höchsten Haftungsbetrag zuständig ist.

101Der Zuständigkeitswechsel betrifft auch die Zuständigkeit der Prüfungsdienste (Amtsbetriebsprüfung, Großbetriebsprüfung, Umsatzsteuersonderprüfung, Lohnsteuer-Außenprüfung). Die örtlich zuständigen Finanzämter beauftragen das Finanzamt, in dem das zu prüfende Unternehmen überwiegend tätig wird oder seine Geschäftsleitung unterhält, mit der Außenprüfung (§ 195 Satz 2 AO).

12. Anwendung

102Dieses Schreiben ersetzt die BStBl 2002 I S. 1399; vom , BStBl 2003 I S. 431 und vom , BStBl 2004 I S. 862.

Anhang:

§ 101 Absatz 2 SGB III:

1 Ein Betrieb des Baugewerbes ist ein Betrieb, der gewerblich überwiegend Bauleistungen auf dem Baumarkt erbringt. 2 Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. 3 Ein Betrieb, der überwiegend Bauvorrichtungen, Baumaschinen, Baugeräte oder sonstige Baubetriebsmittel ohne Personal Betrieben des Baugewerbes gewerblich zur Verfügung stellt oder überwiegend Baustoffe oder Bauteile für den Markt herstellt, sowie ein Betrieb, der Betonentladegeräte gewerblich zur Verfügung stellt, ist kein Betrieb des Baugewerbes.

§ 1 Baubetriebe-Verordnung

(1) […]

(2) Betriebe und Betriebsabteilungen im Sinne des Absatzes 1 sind solche, in denen insbesondere folgende Arbeiten verrichtet werden:

  1. Abdichtungsarbeiten gegen Feuchtigkeit;

  2. Aptierungs- und Drainierungsarbeiten, wie zum Beispiel das Entwässern von Grundstücken und urbar zu machenden Bodenflächen, einschließlich der Grabenräumungs- und Faschinierungsarbeiten, des Verlegens von Drainagerohrleitungen sowie des Herstellens von Vorflut- und Schleusenanlagen;

    2a. Asbestsanierungsarbeiten an Bauwerken und Bauwerksteilen;

  3. Bautrocknungsarbeiten, das sind Arbeiten, die unter Einwirkung auf das Gefüge des Mauerwerks der Entfeuchtung dienen, auch unter Verwendung von Kunststoffen oder chemischen Mitteln sowie durch Einbau von Kondensatoren;

  4. Beton- und Stahlbetonarbeiten einschließlich Betonschutz- und Betonsanierungsarbeiten sowie Armierungsarbeiten;

  5. Bohrarbeiten;

  6. Brunnenbauarbeiten;

  7. chemische Bodenverfestigungen;

  8. Dämm-(Isolier-)Arbeiten (das sind zum Beispiel Wärme-, Kälte-, Schallschutz-, Schallschluck-, Schallverbesserungs-, Schallveredelungsarbeiten) einschließlich Anbringung von Unterkonstruktionen sowie technischen Dämm-(Isolier-) Arbeiten, insbesondere an technischen Anlagen und auf Land-, Luft- und Wasserfahrzeugen;

  9. Erdbewegungsarbeiten, das sind zum Beispiel Wegebau-, Meliorations-, Landgewinnungs-, Deichbauarbeiten, Wildbach- und Lawinenverbau, Sportanlagenbau sowie Errichtung von Schallschutzwällen und Seitenbefestigungen an Verkehrswegen;

  10. Estricharbeiten, das sind zum Beispiel Arbeiten unter Verwendung von Zement, Asphalt, Anhydrit, Magnesit, Gips, Kunststoffen oder ähnlichen Stoffen;

  11. Fassadenbauarbeiten;

  12. Fertigbauarbeiten: Einbauen oder Zusammenfügen von Fertigbauteilen zur Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken; ferner das Herstellen von Fertigbauteilen, wenn diese zum überwiegenden Teil durch den Betrieb, einen anderen Betrieb desselben Unternehmens oder innerhalb von Unternehmenszusammenschlüssen - unbeschadet der Rechtsform - durch den Betrieb mindestens eines beteiligten Gesellschafters zusammengefügt oder eingebaut werden; nicht erfasst wird das Herstellen von Beton-fertigteilen, Holzfertigteilen zum Zwecke des Errichtens von Holzfertigbauwerken und Isolierelementen in massiven, ortsfesten und auf Dauer eingerichteten Arbeitsstätten nach Art stationärer Betriebe; § 2 Nr. 12 bleibt unberührt;

  13. Feuerungs- und Ofenbauarbeiten;

  14. Fliesen-, Platten- und Mosaik-Ansetz- und Verlegearbeiten;

    14a. Fugarbeiten an Bauwerken, insbesondere Verfugung von Verblendmauerwerk und von Anschlüssen zwischen Einbauteilen und Mauerwerk sowie dauerelastische und dauerplastische Verfugungen aller Art;

  15. Glasstahlbetonarbeiten sowie Vermauern und Verlegen von Glasbausteinen;

  16. Gleisbauarbeiten;

  17. Herstellen von nicht lagerfähigen Baustoffen, wie zum Beispiel Beton- und Mörtelmischungen (Transportbeton und Fertigmörtel), wenn mit dem überwiegenden Teil der her-gestellten Baustoffe die Baustellen des herstellenden Betriebs, eines anderen Betriebs desselben Unternehmens oder innerhalb von Unternehmenszusammenschlüssen - unbeschadet der Rechtsform - die Baustellen des Betriebs mindestens eines beteiligten Gesellschafters versorgt werden;

  18. Hochbauarbeiten;

  19. Holzschutzarbeiten an Bauteilen;

  20. Kanalbau-(Sielbau-)Arbeiten;

  21. Maurerarbeiten;

  22. Rammarbeiten;

  23. Rohrleitungsbau-, Rohrleitungstiefbau-, Kabelleitungstiefbauarbeiten und Bodendurchpressungen;

  24. Schachtbau- und Tunnelbauarbeiten;

  25. Schalungsarbeiten;

  26. Schornsteinbauarbeiten;

  27. Spreng-, Abbruch- und Enttrümmerungsarbeiten; nicht erfasst werden Abbruch- und Abwrackbetriebe, deren überwiegende Tätigkeit der Gewinnung von Rohmaterialien oder der Wiederaufbereitung von Abbruchmaterialien dient;

  28. Stahlbiege- und -flechtarbeiten, soweit sie zur Erbringung anderer baulicher Leistungen des Betriebes oder auf Baustellen ausgeführt werden;

  29. Stakerarbeiten;

  30. Steinmetzarbeiten;

  31. Straßenbauarbeiten, das sind zum Beispiel Stein-, Asphalt-, Beton-, Schwarzstraßenbauarbeiten, Pflasterarbeiten aller Art, Fahrbahnmarkierungsarbeiten; ferner Herstellen und Aufbereiten des Mischguts, wenn mit dem überwiegenden Teil des Mischguts der Betrieb, ein anderer Betrieb desselben Unternehmens oder innerhalb von Unternehmenszusammenschlüssen - unbeschadet der Rechtsform - der Betrieb mindestens eines beteiligten Gesellschafters versorgt wird;

  32. Straßenwalzarbeiten;

  33. Stuck-, Putz-, Gips- und Rabitzarbeiten einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern;

  34. Terrazzoarbeiten;

  35. Tiefbauarbeiten;

  36. Trocken- und Montagebauarbeiten (z. B. Wand- und Deckeneinbau und -verkleidungen) einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern;

  37. Verlegen von Bodenbelägen in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen;

  38. Vermieten von Baumaschinen mit Bedienungspersonal, wenn die Baumaschinen mit Bedienungspersonal zur Erbringung baulicher Leistungen eingesetzt werden;

    38a. Wärmedämmverbundsystemarbeiten;

  39. Wasserwerksbauarbeiten, Wasserhaltungsarbeiten, Wasserbauarbeiten (z. B. Wasserstraßenbau, Wasserbeckenbau, Schleusenanlagenbau);

  40. Zimmerarbeiten und Holzbauarbeiten, die im Rahmen des Zimmergewerbes ausgeführt werden;

  41. Aufstellen von Bauaufzügen.

(3) Betriebe und Betriebsabteilungen im Sinne des Absatzes 1 sind auch

  1. Betriebe, die Gerüste aufstellen,

  2. Betriebe des Dachdeckerhandwerks.

(4) Betriebe und Betriebsabteilungen im Sinne des Absatzes 1 sind ferner diejenigen des Garten- und Landschaftsbaus, in denen folgende Arbeiten verrichtet werden:

  1. Erstellung von Garten-, Park- und Grünanlagen, Sport- und Spielplätzen sowie Friedhofsanlagen;

  2. Erstellung der gesamten Außenanlagen im Wohnungsbau, bei öffentlichen Bauvorhaben, insbesondere an Schulen, Krankenhäusern, Schwimmbädern, Straßen-, Autobahn-, Eisenbahn-Anlagen, Flugplätzen, Kasernen;

  3. Deich-, Hang-, Halden- und Böschungsverbau einschließlich Faschinenbau;

  4. ingenieurbiologische Arbeiten aller Art;

  5. Schutzpflanzungen aller Art;

  6. Drainierungsarbeiten;

  7. Meliorationsarbeiten;

  8. Landgewinnungs- und Rekultivierungsarbeiten.

(5) Betriebe und Betriebsabteilungen im Sinne des Absatzes 1 sind von einer Förderung der ganzjährigen Beschäftigung durch das Saison-Kurzarbeitergeld ausgeschlossen, wenn sie zu einer abgrenzbaren und nennenswerten Gruppe gehören, bei denen eine Einbeziehung nach den Absätzen 2 bis 4 in der Schlechtwetterzeit nicht zu einer Belebung der wirtschaftlichen Tätigkeit oder zu einer Stabilisierung der Beschäftigungsverhältnisse der von saisonbedingten Arbeitsausfällen betroffenen Arbeitnehmer führt.

§ 2 Baubetriebe-Verordnung

Die ganzjährige Beschäftigung wird nicht gefördert insbesondere in Betrieben

  1. des Bauten- und Eisenschutzgewerbes;

  2. des Betonwaren und Terrazzowaren herstellenden Gewerbes, soweit nicht in Betriebsabteilungen nach deren Zweckbestimmung überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 ausgeführt werden;

  3. der Fassadenreinigung;

  4. der Fußboden- und Parkettlegerei;

  5. des Glaserhandwerks;

  6. des Installationsgewerbes, insbesondere der Klempnerei, des Klimaanlagenbaues, der Gas-, Wasser-, Heizungs-, Lüftungs- und Elektroinstallation, sowie des Blitzschutz- und Erdungsanlagenbaus;

  7. des Maler- und Lackiererhandwerks, soweit nicht überwiegend Bauleistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 und 2 ausgeführt werden;

  8. der Naturstein- und Naturwerksteinindustrie und des Steinmetzhandwerks;

  9. der Nassbaggerei;

  10. des Kachelofen- und Luftheizungsbaues;

  11. der Säurebauindustrie;

  12. des Schreinerhandwerks sowie der holzbe- und -verarbeitenden Industrie einschließlich der Holzfertigbauindustrie, soweit nicht überwiegend Fertigbau-, Dämm- (Isolier-), Trockenbau- und Montagebauarbeiten oder Zimmerarbeiten ausgeführt werden;

  13. des reinen Stahl-, Eisen-, Metall- und Leichtmetallbaus sowie des Fahrleitungs-, Freileitungs-, Ortsnetz- und Kabelbaus;

  14. und Betrieben, die Betonentladegeräte gewerblich zur Verfügung stellen.

BMF v. - IV C 8 - S 2272/19/10003 :002


Fundstelle(n):
BStBl 2022 I Seite 1229
DB 2022 S. 1936 Nr. 33
FR 2022 S. 898 Nr. 19
IStR 2022 S. 648 Nr. 17
UAAAJ-18013