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Online-Nachricht - Donnerstag, 02.06.2022

Umsatzsteuer | Steuerentstehung bei Vermittlungsleistungen (BFH)

Die Vereinbarung einer Ratenzahlung begründet keine Uneinbringlichkeit i.S. von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt und Verfahrensgang: Die Klägerin versteuert ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten. Sie erbrachte im Streitjahr 2012 eine steuerpflichtige Vermittlungsleistung an die T GmbH (GmbH) auf der Grundlage einer Honorarvereinbarung v. . Danach hatte die GmbH die Klägerin beauftragt, im Rahmen eines Grundstückskaufvertrages über ein Grundstück vermittelnd tätig zu werden. Als Gegenleistung war vereinbart, dass die Klägerin von der GmbH ein Honorar i. H. von 1.000.000 € zzgl. USt erhält. Das vereinbarte Honorar sollte in fünf Teilbeträgen von jeweils 200.000 € zzgl. USt gezahlt werden. Die Teilbeträge waren in einem Abstand von jeweils einem Jahr fällig und der erste Teilbetrag war am zu zahlen. In den Folgejahren erstellte die Klägerin Rechnungen mit Steuerausweis über die jeweiligen Teilbeträge zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, vereinnahmte und versteuerte dementsprechend.

Das FA ging davon aus, dass die Klägerin aufgrund der bereits im Streitjahr 2012 steuerpflichtig erbrachten Vermittlungsleistung das gesamte Vermittlungshonorar zu versteuern habe. Dem Einwand der Klägerin, dass sie in den Jahren 2013 bis 2018 noch weitere Vermarktungsleistungen zu erbringen hatte und dass eine jährliche Zahlung von 200.000 € unter der Bedingung geschuldet sei, dass das Projekt eine entsprechende Entwicklung nehme, folgte das FA ebenso wenig wie einer Ergänzungsvereinbarung v. , nach der ein sog. Leadmakler-Vermarktungsauftrag mit Erfolgshonorar zustande gekommen sei, nach dem der Auftragnehmer das vertragsgegenständliche Grundstück an den Auftraggeber vermittelt und das hierfür vom Auftraggeber entwickelte Gesamtprojekt durch aktive Begleitung der weiteren Vermarktung unterstützt habe.

Das FG der ersten Instanz gab der hiergegen gerichteten Klage überwiegend statt (). Es vertrat die Ansicht, dass das vereinbarte Entgelt zum großen Teil als uneinbringlich anzusehen sei.

Im Revisionsverfahren setzte der BFH das Verfahren mit aus und legte dem EuGH diverse Fragen zur Vorabentscheidung vor (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 23.7.2020). Der EuGH urteilte, dass weder Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL noch Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL auf Ratenzahlungsvereinbarungen anzuwenden seien ( „X-Beteiligungsgesellschaft“, s. hierzu Becker, ).

Die Richter des BFH hoben nunmehr das erstinstanzliche Urteil auf und wiesen die Sache an das FG zurück:

Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter im V. Senat des BFH:

Das Urteil ist die Nachfolgeentscheidung zum . Hier lohnt sich ein kleiner Ausflug in die Historie. Der EuGH hatte in seinem für die Vermittlung von Profifußballspielern entschieden, dass der Steueranspruch nicht bereits im Zeitpunkt der Vermittlung eintritt, wenn der Provisionsanspruch unter einer Bedingung – nämlich dem Fortbestand des Spielervertrages – steht. Dabei handelte es sich um eine sehr auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Entscheidung, in der der EuGH dem nationalen Gericht die Prüfung überlässt, ob eine Leistung zu den Leistungen zählt, die im Sinne von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass gibt. Der BFH hatte dies im nachvollziehbar dahingehend konkretisiert, dass dies der Fall ist, wenn eine Vermittlungsleistung nach der Dauerhaftigkeit des vermittelten Erfolges vergütet wird, die Leistung also über die bloße Leistungserbringung hinaus zu einem dauerhaften Erfolg führen muss, auf den sich die (aufeinanderfolgende) Vergütung gerade bezieht.

Dabei hätte es der BFH bewenden lassen sollen. Der ist mit der Frage, ob sich bei einer einmalig und nicht zeitraumbezogen erbrachten Leistung der Anlass zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen i.S. von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL bereits aus der Vereinbarung einer Ratenzahlung ergeben kann, über das Ziel hinaus geschossen. Denn bei Bejahung dieser Frage hätte die Sollbesteuerung zur Disposition der Vertragsparteien, die diese durch eine Ratenzahlungsvereinbarung hätten abbedingen können, zur Disposition gestanden.

Die gestellte Frage liegt nach dem Unionsrecht auch nicht wirklich nahe. Denn nach Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL gelten Abrechnungen oder Zahlungen jeweils als mit Ablauf des Zeitraums, auf den sie sich beziehen, bewirkt, wenn Lieferungen und Dienstleistungen zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben. D.h. die Lieferungen oder Dienstleistungen als solche müssen zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben. Die Modalitäten der Entgeltsvereinbarung haben damit nichts zu tun.

Der EuGH hat die Frage im Urteil zu Recht schmucklos dahingehend entschieden, dass Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL dahin auszulegen ist, dass eine in Raten vergütete einmalige Dienstleistung nicht in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fällt. Die anscheinend von ihm angestrebte Beschränkung der Sollbesteuerung hat der BFH unter dem Eindruck des EuGH-Urteils nunmehr im Urteil V R 37/21 (V R 16/19) aufgegeben. So ganz begeistert von der Entscheidung aus Luxemburg scheinen die Münchener Richter aber nicht zu sein, wenn sie in einem Nebensatz ein Tätigwerden des nationalen Gesetzgebers ins Spiel bringen.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
EAAAI-62736