Online-Nachricht - Donnerstag, 23.07.2020

Umsatzsteuer | EuGH-Vorlage zur Steuerentstehung (BFH)

Dem EuGH werden zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Hierbei geht es insbesondere um die Steuerentstehung einer Vermittlungsleistung, die in Raten gezahlt wird (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL lautet: "Geben Lieferungen von Gegenständen, die nicht die Vermietung eines Gegenstands oder den Ratenverkauf eines Gegenstands im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe b betreffen, und Dienstleistungen zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass, gelten sie jeweils als mit Ablauf des Zeitraums bewirkt, auf den sich diese Abrechnungen oder Zahlungen beziehen."

Art. 90 lautet MwStSystRL: "(1) Im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes wird die Steuerbemessungsgrundlage unter den von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert. (2) Die Mitgliedstaaten können im Falle der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung von Absatz 1 abweichen."

Sachverhalt: Die Klägerin versteuert ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten. Sie erbrachte im Streitjahr 2012 eine steuerpflichtige Vermittlungsleistung an die T GmbH (GmbH) auf der Grundlage einer Honorarvereinbarung v. . Danach hatte die GmbH die Klägerin beauftragt, im Rahmen eines Grundstückskaufvertrages über ein Grundstück vermittelnd tätig zu werden. Als Gegenleistung war vereinbart, dass die Klägerin von der GmbH ein Honorar i. H. von 1.000.000 € zzgl. USt erhalte. Das vereinbarte Honorar sollte in fünf Teilbeträgen von jeweils 200.000 € zzgl. USt gezahlt werden. Die Teilbeträge waren in einem Abstand von jeweils einem Jahr fällig und der erste Teilbetrag war am zu zahlen. Zur Erfüllung der Honorarzahlungen eine Sicherheit zu leisten. In den Folgejahren erstellte die Klägerin Rechnungen mit Steuerausweis über die jeweiligen Teilbeträge zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, vereinnahmte und versteuerte entsprechend der Vereinnahmung.

Der BFH fragte:

  • Ergibt sich bei einer einmalig und daher nicht zeitraumbezogen erbrachten Dienstleistung der Anlass zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen i.S. von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL bereits aus der Vereinbarung einer Ratenzahlung?

  • Hilfsweise bei Verneinung der ersten Frage: Ist von einer Nichtbezahlung i.S. von Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL auszugehen, wenn der Steuerpflichtige bei der Erbringung seiner Leistung vereinbart, dass diese in fünf Jahresraten zu vergüten ist und das nationale Recht für den Fall der späteren Zahlung eine Berichtigung vorsieht, durch die die vorherige Minderung der Steuerbemessungsgrundlage nach dieser Bestimmung wieder rückgängig gemacht wird?

Anmerkung von Dr. Hans-Hermann Heidner, Richter im V. Senat des BFH:

Der Vorlagebeschluss V R 16/19 gehört zu den Vorabentscheidungsersuchen, über deren Notwendigkeit man geteilter Meinung sein kann. Der EuGH hatte in seinem Urteil „baumgarten sports & more“ v. - C 548/17 (EU:C:2018:970) für die Vermittlung von Profifussballspielern entschieden, dass der Steueranspruch nicht bereits im Zeitpunkt der Vermittlung eintritt, wenn der Provisionsanspruch unter einer Bedingung – nämlich dem Fortbestand des Spielervertrages – steht. Dabei handelt es sich um eine sehr auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Entscheidung, in der der EuGH dem nationalen Gericht die Prüfung überlässt, ob eine Leistung zu den Leistungen zählt, die im Sinne von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass gibt. Der BFH hatte dies im Folgeurteil zum Urteil „baumgarten sports & more“ (V R 8/19 (V R 51/16)) nachvollziehbar dahingehend konkretisiert, dass dies der Fall ist, wenn eine Vermittlungsleistung nach der Dauerhaftigkeit des vermittelten Erfolges vergütet wird, die Leistung also über die bloße Leistungserbringung hinaus zu einem dauerhaften Erfolg führen muss, auf den sich die (aufeinanderfolgende) Vergütung gerade bezieht. Vielleicht hätte man es dabei belassen und den vom EuGH eingeräumten Entscheidungsspielraum ausschöpfen sollen. Die nun im Beschluss V R 16/19 gestellte Frage, ob sich bei einer einmalig und nicht zeitraumbezogen erbrachten Leistung der Anlass zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen i.S. von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL bereits aus der Vereinbarung einer Ratenzahlung ergeben kann, zielt auf den Fortbestand der Sollbesteuerung, die dem BFH offenbar Unbehagen bereitet. Denn bei Bejahung dieser Frage stünde die Sollbesteuerung zur Disposition der Vertragsparteien, die diese durch eine Ratenzahlungsvereinbarung abbedingen könnten. Die gestellte Frage liegt nach dem Unionsrecht nicht wirklich nahe. Denn nach Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL gelten Abrechnungen oder Zahlungen jeweils als mit Ablauf des Zeitraums, auf den sie sich beziehen, bewirkt, wenn Lieferungen … und Dienstleistungen zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben. D.h. die Lieferungen oder Dienstleistungen als solche müssen zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen Anlass geben. Die Modalitäten der Entgeltsvereinbarung hat damit aber eigentlich nichts zu tun.

Quelle: , NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB OAAAH-54050