Online-Nachricht - Freitag, 28.01.2022

Umsatzsteuer | Schlussanträge zur umsatzsteuerlichen Organschaft II (EuGH)

Der EuGH hat die Schlussanträge der Generalanwältin Laila Medina in der Rs. C 269/20 "Finanzamt T", veröffentlicht. In dem Verfahren, das der V. Senat des BFH dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt hat, geht es – wie in dem Verfahren C-141/20 "Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie" (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 21.1.2022) um die Bestimmung der Mehrwertsteuergruppe als Steuerpflichtigen.

Hintergrund: Ungeklärt ist derzeit die Grundsatzfrage, ob die in der deutschen Organschaftsregelung vorgesehene Aufteilung in Organträger und Organgesellschaft mit unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist.

Sowohl der V. Senat als auch der XI. Senat des BFH haben hierzu in zwei Verfahren den EuGH zur Vorabentscheidung angerufen (, s. hierzu Brill, NWB 26/2020 S. 1902 und unsere Online-Nachricht v. 18.6.2020 mit Anmerkung Heidner) sowie , s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 26.3.2020 mit Anmerkung Nacke.

In ihren Schlussanträgen v. schlägt die Generalanwältin dem EuGH vor, die vom V. Senat des BFH zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

Frage 1:

Nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (Sechste Richtlinie) können Personen, die zwar rechtlich selbständig, aber durch finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, als eine Mehrwertsteuergruppe in Bezug auf die Verpflichtungen im Bereich der Mehrwertsteuer als ein Steuerpflichtiger behandelt werden.

Die oben genannte Bestimmung der Sechsten Richtlinie schließt jedoch nicht aus, dass jedes Mitglied dieser Mehrwertsteuergruppe weiterhin selbständiger Steuerpflichtiger ist.

Diese Bestimmung der Sechsten Richtlinie steht jedoch nationalen Vorschriften entgegen, die vorsehen, dass nur die herrschende Gesellschaft der Mehrwertsteuergruppe als der Steuerpflichtige der Mehrwertsteuergruppe bestimmt wird, während die anderen Mitglieder der Gruppe als nicht steuerpflichtig gelten.

Frage 2:

Aus der Antwort auf Frage 1 ergibt sich, dass eine Beantwortung der Frage 2 nicht erforderlich ist. Jedenfalls ist Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie auf die Hoheitstätigkeiten von S, d. h. auf ihre nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten, nicht anwendbar.

Hinweis:

Ob der EuGH dem Votum der Generalanwältin folgt, ist offen. Der Volltext der Schlussanträge ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht.

Quelle: EuGH online (il)

Fundstelle(n):
NWB MAAAI-02918