Kassenführung | Kein strukturelles Vollzugsdefizit bei bargeldintensiven Betrieben (BFH)
Im Jahr 2015 bestand hinsichtlich der Erfassung von Bareinnahmen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch bei sog. bargeldintensiven Betrieben mit offener Ladenkasse kein dem Gesetzgeber zuzurechnendes strukturelles Vollzugsdefizit (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Streitig ist, ob bezüglich der Erfassung von Bareinnahmen aus bargeldintensiven Geschäftsbetrieben (insbesondere im Bereich der Gastronomie) im Veranlagungszeitraum 2015 (Streitjahr) ein strukturelles Vollzugsdefizit vorlag und deshalb die erzielten Bareinnahmen nur teilweise der Besteuerung unterliegen.
Die Klägerin, eine im Jahr 2008 gegründete, zwischenzeitlich in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG tätige Personengesellschaft, betreibt mehrere Gaststätten und Hotelbetriebe. Insbesondere die Gaststätten gehören zum Bereich der sog. bargeldintensiven Geschäftsbetriebe.
Mit ihrer Sprungklage machte die Klägerin geltend, hinsichtlich der Erfassung von Bareinnahmen bei bargeldintensiven Betrieben liege ein strukturelles Vollzugsdefizit vor, das eine gleichmäßige Besteuerung aller Marktteilnehmer verhindere. Der Gesetzgeber habe dies zu verantworten. Die Besteuerung der von der Klägerin erzielten Bareinnahmen in vollem Umfang verstoße daher gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
Das FG wies die Klage ab ().
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:
Im Streitjahr bestand hinsichtlich der Erfassung von Bareinnahmen bei Einkünften aus Gewerbebetrieb (auch) bei bargeldintensiven Betrieben insbesondere im Bereich der Gastronomie kein dem Gesetzgeber zuzurechnendes strukturelles Vollzugsdefizit, das zur Nichtigkeit des § 15 EStG bezogen auf die Besteuerung des Betriebs der Klägerin hätte führen können.
Die ausführliche Begründung des FG ist zutreffend. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es der Klägerin im Revisionsverfahren allein (noch) um die Feststellung eines ihrer Ansicht nach gegebenen strukturellen Erhebungsdefizits bei Marktteilnehmern mit offener Ladenkasse im Vergleich zu solchen mit einer Registrierkasse geht. Trotz bestehender Probleme bei der Erhebung und Verifikation von Besteuerungsgrundlagen im Bereich der bargeldintensiven Geschäftsbetriebe, insbesondere in der Gastronomie, besteht im Streitjahr kein struktureller, dem Gesetzgeber zuzurechnender Erhebungsmangel.
Die Möglichkeiten zur Manipulation von Kassenaufzeichnungen stellen ein ernstzunehmendes Problem für den gleichmäßigen Steuervollzug dar; dies galt auch bereits im Streitjahr. Die Gleichheit im Belastungserfolg wurde aber durch die rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens - auch im Streitjahr - nicht prinzipiell verfehlt.
Vielmehr lag auch im Streitjahr selbst für bargeldintensive Betriebe im Bereich der Gastronomie eine normative Gestaltung vor, die gerade auf die Durchsetzung der pflichtbegründenden Steuernorm abzielt. Es bestand - anders als die Klägerin meint - auch im Streitjahr selbst für Betreiber einer offenen Ladenkasse ein angemessenes Entdeckungsrisiko bei Manipulationen. Ein etwa gleichwohl bestehendes Vollzugsdefizit im Bereich der bargeldintensiven Betriebe mit offener Ladenkasse lag im Streitjahr jedenfalls allein im Tatsächlichen und ist dem Gesetzgeber nicht zuzurechnen.
Auch wenn danach im Streitjahr kein strukturelles Vollzugsdefizit im Bereich der bargeldintensiven Betriebe mit offener Ladenkasse vorlag, entbindet dies den Gesetzgeber nicht von seiner Pflicht, die offensichtlich bestehenden tatsächlichen Vollzugsprobleme bei der Besteuerung von Betrieben mit offenen Ladenkassen insbesondere im Bereich der Gastronomie sorgsam zu beobachten und alsbald zu prüfen, ob die seit 2016 ergriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen zu einer Verbesserung des Vollzugs auch in diesem Bereich geführt haben. Bei der danach erforderlichen Evaluierung kann ggf. auch die fortschreitende Digitalisierung zu berücksichtigen sein.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
AAAAH-97181