Track 15 | Außergewöhnliche Belastungen: Bei Kinderwunschbehandlungen kommt es nicht auf den Familienstand an
Track 15 | Künstliche Befruchtung
Kosten für die künstliche Befruchtung einer alleinstehenden 40 Jahre alten Frau können nach einem aktuellen Urteil des FG Münster zu außergewöhnlichen Belastungen führen. Es komme nicht darauf an, dass die Frau verheiratet ist oder in einer festen Beziehung lebt. Anzuerkennen sind auch die Aufwendungen für eine Samenspende, da diese mit der Behandlung eine untrennbare Einheit bildet.
Die Aufwendungen einer alleinstehenden Frau für eine Kinderwunschbehandlung sind als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. – Diese steuerzahlerfreundliche Entscheidung des FG Münster [1] ist rechtskräftig geworden. Die Verwaltung hat die vom Finanzgericht zugelassene Revision nicht eingelegt.
Bei einer 40 Jahre alten Frau, die zu ihrem Beziehungsstatus keine Angaben machte, wurde eine krankheitsbedingte Unfruchtbarkeit festgestellt. In ihrer Einkommensteuererklärung machte sie die Kosten für eine Kinderwunschbehandlung i. H. von rund 12.000 € als außergewöhnliche Belastungen geltend. Darin waren auch die Aufwendungen für eine Samenspende enthalten. Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung mit der Begründung ab, dass solche Kosten nur bei verheirateten oder in einer festen Beziehung lebenden Frauen abzugsfähig seien.
Die Klage hatte in vollem Umfang Erfolg. Das Gericht hat die gesamten Aufwendungen für die Kinderwunschbehandlung als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Die Unfruchtbarkeit der Klägerin stelle einen Krankheitszustand dar und sei nicht auf ihr Alter zurückzuführen. In der heutigen Zeit seien Schwangerschaften von Frauen über 40 nicht ungewöhnlich. Anzuerkennen sind auch die Aufwendungen für die Samenspende, da diese mit der Behandlung eine untrennbare Einheit bildet. [2]
Ausdrücklich stellten die Richter aus Westfalen fest: Der Familienstand ist unerheblich. Es kommt nicht darauf an, dass die Frau verheiratet ist oder in einer festen Beziehung lebt. Entscheidend ist allein, dass die Behandlung in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird.
Martin Hilbertz hat das Urteil des FG Münster zum Anlass genommen, in einer Kommentierung für das NWB-Heft [3] die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und einiger weiterer Finanzgerichte zusammenzufassen. Mehr dazu in der NWB Datenbank.
Fundstelle(n):
Steuern mobil 11/2020
NAAAH-60445