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Merkblatt über die steuerlichen Beistandspflichten der Notare auf dem Gebiet der Grunderwerbsteuer, der Erbschaftsteuer, der Schenkungsteuer und der Ertragsteuern

Stand: Mai 2020

Bezug:

Vorbemerkungen

Aus Gründen der Übersichtlichkeit berücksichtigt dieses Merkblatt nur die wesentlichen gesetzlichen Regelungen.

Geschlechterspezifische Bezeichnungen werden aus Vereinfachungsgründen lediglich in der männlichen Form verwendet.

Das Merkblatt steht als PDF-Datei zum Download auf der Internetseite des Thüringer Finanzministeriums unter www.finanzamt.thueringen.de > Service > Steuern Aktuell zur Verfügung.

Teil A Grunderwerbsteuer

1. Maßgebende Vorschriften

Die steuerlichen Anzeigepflichten und sonstigen Beistandspflichten der Notare ergeben sich aus folgenden Vorschriften in der jeweils gültigen Fassung:

2. Zuständiges Finanzamt

2.1

Die Anzeigen sind grundsätzlich an das Finanzamt zu übersenden, in dessen Bezirk das Grundstück/der wertvollste Teil des Grundstücks liegt (§ 18 Absatz 5, § 17 Absatz 1 Satz 1 GrEStG).

Für den Bereich des Freistaates Thüringen ist für die Verwaltung der Grunderwerbsteuer das Finanzamt Suhl für alle Finanzämter Thüringens zuständig (§ 6c Thüringer Finanzamts- Zuständigkeitsverordnung).

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Anschrift:
Finanzamt Suhl
Karl-Liebknecht-Straße 4
98527 Suhl
2.2

Ein bundesweites Verzeichnis der örtlich zuständigen Finanzämter steht auf der Internetseite des Bundeszentralamts für Steuern unter www.bzst.bund.de > Service > Behördenwegweiser > Finanzamtsuche zur Verfügung.

Darüber hinaus steht ein bundesweites Finanzamtsverzeichnis - nach Bundesländern sortiert - unter www.bzst.de >Service >Behördenwegweiser > Finanzverwaltung der Länder zur Verfügung.

2.3

Die Anzeigen sind an das für die Besteuerung zuständige Finanzamt (Belegenheitsfinanzamt) zu richten, d.h. an das Finanzamt, in dessen Bezirk das Grundstück oder der wertvollste Teil des Grundstücks liegt (§ 17 Absatz 1 Satz 1 GrEStG),

2.3.1

Liegt ein Grundstück in den Bezirken von Finanzämtern verschiedener Bundesländer oder werden in einem Rechtsvorgang mehrere, in den Bezirken verschiedener Grunderwerbsteuer-Finanzämter liegende Grundstücke zu einem Gesamt(kauf)preis veräußert, so werden die Besteuerungsgrundlagen nach § 17 Absatz 2 GrEStG durch das Finanzamt (Feststellungsfinanzamt) gesondert festgestellt, in dessen Bezirk der wertvollste Grundstücksteil oder das wertvollste Grundstück oder der wertvollste Bestand an Grundstücksteilen oder Grundstücken liegt.

2.3.2

Die Besteuerungsgrundlagen werden gemäß § 17 Absatz 3 Satz 1 GrEStG gesondert festgestellt

  • bei Grundstückserwerben durch Umwandlungen aufgrund eines Bundes- oder Landesgesetzes durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung des Erwerbers befindet, sowie

  • in den Fällen des § 1 Absatz 2a, 3 und 3a GrEStG durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung der Gesellschaft befindet,

wenn ein außerhalb des Bezirks dieser Finanzämter liegendes Grundstück oder ein auf das Gebiet eines anderen Bundeslandes sich erstreckender Teil eines im Bezirk dieser Finanzämter liegenden Grundstücks betroffen wird.

2.3.3

Befindet sich die Geschäftsleitung nicht im Geltungsbereich des GrEStG und werden in verschiedenen Finanzamtsbezirken liegende Grundstücke oder in verschiedenen Ländern liegende Grundstücksteile betroffen, so stellt das nach § 17 Absatz 2 GrEStG (siehe Tz. 2.3.1) zuständige Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen gesondert fest (§ 17 Absatz 3 Satz 2 GrEStG).

2.3.4

Die Anzeige ist dem für die gesonderte Feststellung zuständigen Finanzamt zu übersenden.

2.3.5

Eine gesonderte Feststellung findet z. B. nicht statt, wenn in einem Tauschvertrag Grundstücke in verschiedenen Finanzamtsbezirken wechselseitig übertragen werden. Der Vorgang ist jedem beteiligten Finanzamt anzuzeigen.

3. Anzeigepflichtige Rechtsvorgänge

3.1

Die Notare haben dem zuständigen Finanzamt - schriftlich nach bundeseinheitlichen Vordruck (sog. Veräußerungsanzeige) - alle unmittelbar oder mittelbar ein inländisches Grundstück betreffenden Rechtsvorgänge anzuzeigen, die sie beurkunden oder über die sie eine Urkunde entworfen und darauf eine Unterschrift beglaubigt haben, insbesondere

3.1.1

Kaufverträge und andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen (z.B. Tauschverträge, Übergabeverträge, Einbringungsverträge, Auseinandersetzungsverträge, Schenkungsverträge, Verträge hinsichtlich gemischter Schenkungen);

3.1.2

Vorverträge, Optionsverträge, Kauf- und Verkaufsangebote, Annahme von Kaufs- und Verkaufsangeboten, Ausübung von Optionen bzw. Vor- und Wiederverkaufsrechte sowie Treuhandverträge. Die Einräumung eines Vorkaufsrechts ist nicht anzeigepflichtig;

3.1.3

Auflassungen, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet (z.B. Heimfall eines Erbbaurechts zur Übertragung auf den Grundstückseigentümer);

3.1.4

Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruchs oder der Rechte aus einem Meistgebot begründen;

3.1.5

Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Kaufangebot oder auf Abtretung der Rechte aus einem Angebot zum Abschluss eines anderen Vertrags, kraft dessen die Übereignung verlangt werden kann, begründen;

3.1.6

Abtretungen eines der unter Tz. 3.1.4 und 3.1.5 bezeichneten Rechte, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Abtretung der Rechte begründet;

3.1.7

Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem Anderem rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten (z.B. Begründung und Auflösung von Treuhandverhältnissen, Wechsel des Treugebers, Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag zum Erwerb, Erteilung einer Verkaufsvollmacht);

3.1.8

Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile einer Gesellschaft (Kapitalgesellschaft, Personengesellschaft, Gesellschaft bürgerlichen Rechts) begründen, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein Grundstück gehört;

3.1.9

der Übergang von unter Tz. 3.1.8 von Anteilen einer Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übertragung begründet;

3.1.10

die Übertragung eines Anteils an einem Nachlass (Erbteilübertragungen), zu dem ein Grundstück oder ein Anteil an einem anderen Nachlass gehört, der ein Grundstück enthält;

3.1.11

Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz (Verträge über Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung), sofern dadurch Grundbesitz auf einen anderen Rechtsträger übergeht.

3.1.11

Verträge, die mit dem Grundstücksveräußerungsvertrag eine rechtliche Einheit bilden, unabhängig davon, ob sie in derselben oder einer anderen Niederschrift beurkundet worden sind, sowie Verträge, die in sonstiger Hinsicht mit dem Grundstücksveräußerungsvertrag im Wege einer Verknüpfungsabrede rechtlich verbunden sind (z.B. Treuhandverträge, Bauverträge, Generalunternehmerverträge, Baubetreuungsverträge).

3.2

Eine Anzeige ist auch zu erstatten über:

3.2.1

Anträge auf Berichtigung des Grundbuchs, die der Notar beurkundet oder über die er eine Urkunde entworfen und darauf eine Unterschrift beglaubigt hat, wenn der Antrag darauf gestützt wird, dass der Grundstückseigentümer gewechselt hat (§ 18 Absatz 1 Nr. 2 GrEStG);

3.2.2

Eine Anzeige ist auch über nachträgliche Änderungen oder Berichtigungen eines in den Tz. 3.1.1 bis 3.2.1 aufgeführten Vorgangs zu erstatten (§ 18 Absatz 1 Nr. 4 GrEStG). Änderung in diesem Sinne ist auch die Vertragsaufhebung oder die Ausübung eines Rücktrittsrechts durch eine Vertragspartei.

3.3

Die Anzeigen sind auch dann zu erstatten, wenn der Rechtsvorgang von der Besteuerung ausgenommen ist (§ 18 Absatz 3 Satz 2 GrEStG) bzw. nach den bestehenden Verwaltungsanweisungen eine Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinne von § 22 GrEStG nicht zu erteilen ist. Die Anzeigepflicht besteht auch dann, wenn die Wirksamkeit des Rechtsvorgangs vom Eintritt einer Bedingung, vom Ablauf einer Frist oder von einer Genehmigung abhängt (§ 18 Absatz 3 Satz 1 GrEStG).

3.4

In den Fällen der Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist die Urkundsperson zwar der Verpflichtung enthoben, im Einzelfall zu ermitteln, ob ein Steuertatbestand erfüllt ist, nicht jedoch von der Anzeigepflicht selber. Wird das zu Grunde liegende Rechtsgeschäft erst nach Einreichung der Anzeige beim Finanzamt rechtswirksam, ist dieser Sachverhalt dem Finanzamt gesondert anzuzeigen.

3.5

Als Grundstück sind Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts (auch Miteigentumsanteile, noch nicht vermessene Teilflächen), das Wohnungseigentum und das Teileigentum anzusehen.

Erbbaurechte, Gebäude auf fremdem Boden und dinglich gesicherte Sondernutzungsrechte im Sinne des § 15 WEG und des § 1010 BGB stehen den Grundstücken gleich (§ 2 Absatz 2 GrEStG). Die Anzeigepflicht bezieht sich deshalb auch auf solche Rechtsvorgänge (z.B. Verpflichtung zur Bestellung eines Erbbaurechts, Abtretung eines Anspruchs auf Bestellung eines Erbbaurechts, vorzeitige Aufhebung eines Erbbaurechts).

4. Form und Inhalt der Anzeigen

4.1

Die Anzeigen sind schriftlich nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erstatten (§ 18 Absatz 1 Satz 1 GrEStG). Hierfür steht der Vordruck „Veräußerungsanzeige“ als ausfüllbares PDF-Dokument zum Herunterladen auf der Internetseite des Thüringer Finanzministeriums (https://finanzamt.thueringen.de/service/aktuell/) zur Verfügung.

4.2

Alle Angaben, die nach § 20 GrEStG in der Anzeige enthalten sein müssen (insbesondere steuerliche Identifikationsnummer gemäß § 139b AO oder die Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139c AO des Veräußerers und des Erwerbers) sind in den Vordrucken bereits berücksichtigt.

Da eine Durchschrift der „Veräußerungsanzeige“ als Unbedenklichkeitsbescheinigung (§ 22 GrEStG) Verwendung findet, ist ein vollständiges Ausfüllen des Anzeigepflichtigen unerlässlich. Um zeitaufwendige Rückfragen durch das Finanzamt und gegebenenfalls Beanstandungen durch das Grundbuchamt zu vermeiden, wird empfohlen, den Anzeigevordruck sorgfältig auszufüllen.

4.3

Der Anzeige ist eine Abschrift der Urkunde über den Rechtsvorgang, den Antrag, den Beschluss oder die Entscheidung beizufügen (§ 18 Absatz 1 Satz 2 GrEStG). Ein bloßer Verweis auf die beiliegende Urkunde ist nicht ausreichend.

4.4

Die Anzeige ist auch zu erstatten, wenn der Rechtsvorgang von der Besteuerung ausgenommen ist (§ 18 Absatz 3 Satz 2 GrEStG).

4.5

Bei der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen besteht für den Notar bezüglich des Vorhandenseins von Grundstücken, die der Gesellschaft grunderwerbsteuerlich unmittelbar oder mittelbar zuzurechnen sind, eine Erkundungspflicht. Eine besondere Nachforschungspflicht besteht nicht, so dass er sich im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht auf die Angaben der Beteiligten beschränken kann.

4.6

Eine elektronische Übermittlung der Anzeige ist derzeit noch unzulässig (§ 22a Satz 3 GrEStG).

5. Frist für die Anzeige

Die Anzeige ist innerhalb von zwei Wochen nach der Beurkundung oder der Unterschriftsbeglaubigung oder der Bekanntgabe der Entscheidung zu erstatten, und zwar auch dann, wenn die Wirksamkeit des Rechtsvorganges vom Eintritt einer Bedingung, vom Ablauf einer Frist oder von einer Genehmigung abhängt (§ 18 Absatz 3 Satz 1 GrEStG). Bei einem entsprechenden Sachverhalt ist dieser dem Finanzamt gegebenenfalls gesondert mitzuteilen.

6. Absendevermerk des Notars; Aushändigung der Urkunden an Beteiligte; Empfangsbestätigung des Finanzamts

6.1

Auf der Urschrift der Urkunde, bei Urschriftsbeglaubigungen auf der zurückbehaltenen beglaubigten Abschrift, ist das Absenden der Anzeige zu vermerken (§ 18 Absatz 4 GrEStG).

6.2

Notare dürfen Urkunden, die einen anzeigepflichtigen Vorgang betreffen, den Beteiligten erst aushändigen und Ausfertigungen oder beglaubigte Abschriften den Beteiligten erst erteilen, wenn sie die Anzeigen in allen Teilen vollständig an das Finanzamt abgesandt haben (§ 21 GrEStG).

6.3

Eine Empfangsbestätigung des Finanzamts über den Erhalt der Urkunde erfolgt nicht.

Teil B Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer

1. Maßgebende Vorschriften

Die steuerlichen Anzeigepflichten und sonstigen Beistandspflichten der Notare ergeben sich aus den folgenden Vorschriften in der jeweils gültigen Fassung:

  • § 34 ErbStG ,§§ 7 und 8 ErbStDV vom (BGBl I 1998 S. 2658), zuletzt geändert durch Artikel 18 des Gesetzes zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVG) vom (BGBl I 2015 S. 1042),§ 102 Absatz 4 AO.

2. zuständiges Finanzamt

Die Anzeigen der unter das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz fallenden Rechtsvorgänge sind an das für die Verwaltung der Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständige Finanzamt zu richten., Zuständig ist nach § 35 ErbStG das Finanzamt, in dessen Bezirk der Erblasser oder Schenker, hilfsweise der Erwerber, seinen letzten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Für den Bereich des Freistaats Thüringen ist ausschließlich das Finanzamt Gotha zuständig.


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Anschrift:
Finanzamt Gotha
Reuterstraße 2a
99867 Gotha

3. Anzeigepflichtige Rechtsvorgänge

3.1

Die Notare haben dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt diejenigen Beurkundungen, Zeugnisse und Anordnungen anzuzeigen, die für die Festsetzung einer Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) von Bedeutung sein können (§ 34 ErbStG).

Es sind insbesondere anzuzeigen:

  • Erbauseinandersetzungen,

  • Schenkungen und Schenkungsversprechen,

  • Zweckzuwendungen,

  • Rechtsgeschäfte, die zum Teil oder der Form nach entgeltlich sind, bei denen aber Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine Schenkung oder Zweckzuwendung unter Lebenden vorliegt (§ 8 Absatz 2 ErbStDV).

3.2

Um dem Finanzamt in jedem Fall die Prüfung der Steuerpflicht zu ermöglichen, sind Rechtsgeschäfte stets schon dann anzuzeigen, wenn nur eine Vermutung für eine freigebige Zuwendung besteht. Dies gilt insbesondere für:

3.2.1

Grundstücksüberlassungsverträge oder die Übertragung sonstiger Vermögensgegenstände zwischen Eheleuten, Lebenspartnern, Eltern und Kindern oder sonstigen Angehörigen (in Frage kommen z.B. Teilschenkungen in der Form von Veräußerungsverträgen, wenn das Entgelt unter dem Verkehrswert des veräußerten Gegenstandes liegt oder als Gegenleistung ein Wohn- und Verpflegungsrecht usw. eingeräumt wird);

3.2.2

die Vereinbarung der Gütergemeinschaft (§ 1415 BGB, § 7 LPartG) hinsichtlich der Bereicherung, die ein Ehegatte oder Lebenspartner erfährt;

3.2.3

Zuwendungen unter Eheleuten oder Lebenspartnern, wenn als Rechtsgrund auf die Ehe oder Lebenspartnerschaft Bezug genommen wird (sog. unbenannte oder ehebedingte Zuwendungen);

3.2.4

vorgezogene Erbregelungen und Geschäfte, welche

  • die vorzeitige Befriedigung von Pflichtteilsansprüchen oder Anwartschaften auf eine Nacherbfolge,

  • die Abfindung für die Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses oder für den Verzicht auf einen entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für einen Erbverzicht,

  • die entgeltliche Übertragung der Anwartschaftsrechte von Nacherben zum Gegenstand haben;

3.2.5

die Beteiligung naher Angehöriger an einem Unternehmen (Familiengesellschaft - OHG, KG usw.);

3.2.6

die Übertragung von GmbH-Anteilen oder anderen Anteilen an anderen Kapitalgesellschaften, insbesondere unter Angehörigen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein etwaiges Entgelt unter dem gemeinen Wert (Verkehrswert) des Geschäftsanteils liegt;

3.2.7

die Bestellung von Hypotheken oder sonstigen Grundpfandrechten und deren Abtretung zu Gunsten naher Angehöriger, falls der Schuldgrund nicht einwandfrei ersichtlich ist;

3.2.8

Leistungen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern (z.B. verdeckte Einlagen, Kapitalerhöhungen gegen zu geringes oder zu hohes Aufgeld);

3.2.9

Zuwendungen und dergleichen an Personen, die nach Angaben der Beteiligten jahrelang im Geschäft oder im Haushalt ohne oder gegen zu geringes Entgelt Dienste geleistet haben.

3.3

Soweit Notaren die Geschäfte des Nachlassgerichts übertragen worden sind, haben sie nach § 7 Absatz 1 i. V. m. Absatz 5 ErbStDV auch dem für die Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt beglaubigte Abschriften folgender Verfügungen und Schriftstücke zu übersenden:

  • eröffnete Verfügungen von Todes wegen mit einer Mehrausfertigung der Niederschrift über die Eröffnungsverhandlung,

  • Erbscheine,

  • Testamentsvollstreckerzeugnisse,

  • Zeugnisse über die Fortsetzung von Gütergemeinschaften,

  • Beschlüsse über die Einleitung oder Aufhebung einer Nachlasspflegschaft oder Nachlassverwaltung,

  • beurkundete Vereinbarungen über die Abwicklung von Erbauseinandersetzungen.

3.4

Im Einzelnen ergeben sich die Anzeigepflichten und die anzeigepflichtigen Rechtsvorgänge aus den §§ 1, 3, 4, 7, 8 und 34 ErbStG sowie den §§ 7 und 8 ErbStDV. Zu beachten ist, dass nach § 7 Absatz 4 ErbStG die Steuerpflicht einer Schenkung nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass sie zur Belohnung oder unter einer Auflage gemacht oder in die Form eines lästigen Vertrages gekleidet worden ist.

3.5

Von Anzeigen kann abgesehen werden, wenn die Annahme berechtigt ist, dass außer Hausrat einschließlich Wäsche und Kleidungsstücken im Wert von höchstens 12.000 € nur noch anderes Vermögen im reinen Wert von höchstens 20.000 € vorhanden oder Gegenstand der Schenkung ist (§ 7 Absatz 4 Nr. 1 und § 8 Absatz 3 ErbStDV).

4. Form und Inhalt der Anzeigen

4.1

Erbschaft- und Schenkungsteuervorgänge sind durch Übersendung einer beglaubigten Abschrift der Urkunde, die der Notar aufgenommen oder die er entworfen und auf der er eine Unterschrift beglaubigt hat, mitzuteilen. Die beglaubigten Abschriften der in § 7 Absatz 1 ErbStDV genannten Verfügungen und Schriftstücke sind jeweils mit einem Vordruck nach Muster 5 der ErbStDV zu übersenden. Die in § 8 Absatz 1 und 2 ErbStDV genannten Urkunden über eine Schenkung oder eine Zweckzuwendung unter Lebenden sind mit einem Vordruck nach Muster 6 der ErbStDV einzureichen(§ 7 Absatz 1 und § 8 Absatz 1 ErbStDV). Die genannten Vordrucke werden nicht von der Finanzverwaltung zur Verfügung gestellt, sondern sind von den Anzeigepflichtigen selbst aufzulegen. Es ist darauf zu achten, dass bei der Übersendung der beglaubigten Abschriften gleichzeitig auch die für die Erbschaftsteuer / Schenkungsteuer erheblichen Umstände mitgeteilt werden, soweit sie sich nicht schon aus dem Inhalt der Beurkundung ergeben, insbesondere:

  • Name, Geburtstag, Identifikationsnummer gem. § 139b AO, letzter Wohnsitz, Todestag und Sterbeort des Erblassers und Nummer des Sterberegisters;

  • Name, Geburtstag, Identifikationsnummer gem. § 139b AO und Anschrift des Schenkers, der Erwerber und der sonstigen Beteiligten;

  • Verwandtschafts- und Schwägerschaftsverhältnis des Erwerbers zum Erblasser oder Schenker;

  • Zusammensetzung und Wert des Nachlasses oder der Zuwendung;

  • der letzte Einheitswert bzw. Grundbesitzwert bei Grundbesitz;

  • der der Kostenrechnung zugrunde gelegte Wert.

Der Notar ist verpflichtet, die Beteiligten über diese Umstände zu befragen, soweit er hierzu keine eigenen Kenntnisse besitzt.

Bei Schenkungen und Zweckzuwendungen unter Lebenden ist er jedoch verpflichtet, die Beteiligten über das persönliche Verhältnis (Verwandtschaftsverhältnis) des Erwerbers zum Schenker und den Wert der Zuwendung zu befragen. Näheres über die mitzuteilenden Umstände ergibt sich aus § 7 Absatz 2 und 3 und § 8 Absatz 1 ErbStDV sowie aus den Mustern 5 (zu § 7 ErbStDV) und 6 (zu § 8 ErbStDV).

4.2

Bei Erbauseinandersetzungen oder Grundstücksüberlassungsverträgen ist insbesondere dafür zu sorgen, dass sich aus der Beurkundung oder Mitteilung ergibt, auf wessen Namen die den Gegenstand der Auseinandersetzung oder Übertragung bildenden Grundstücke im Grundbuch eingetragen sind und welchen Wert sie im Einzelnen haben. Bei Bezugnahme auf frühere Erbfälle genügt nicht nur die Angabe des Datums und Geschäftszeichens des Erbscheins, sondern es sind darüber hinaus in der Urkunde noch anzugeben oder mitzuteilen: der Todestag, der letzte Wohnsitz und Sterbeort des Erblassers sowie die Namen seiner Erben und die auf diese nach dem Erbschein entfallenden Erbteile.

4.3

Eine elektronische Übermittlung der Anzeigen ist ausgeschlossen (§ 7 Absatz 1 Satz 2 und § 8 Absatz 1 Satz 2 ErbStDV).

5. Frist für die Anzeigen, steuerfreie Rechtsvorgänge

5.1

Die Anzeigen sind unverzüglich nach der Beurkundung oder der Unterschriftsbeglaubigung zu erstatten, und zwar auch dann, wenn die Wirksamkeit des Erwerbsvorgangs vom Eintritt einer Bedingung, vom Ablauf einer Frist oder von einer Genehmigung abhängt.

5.2

Die Anzeige ist auch dann zu erstatten, wenn der Vorgang von der Besteuerung ausgenommen ist.

6. Absendevermerk des Notars; Empfangsbestätigung des Finanzamts

Bei Absendung der Anzeige ist auf der Mitteilung oder Anzeige zu vermerken:

  • der Absendetag,

  • das Finanzamt / die Finanzämter, an welche/s die Anzeige übermittelt wurde (§ 7 Absatz 1 und 5 sowie § 8 Absatz 1 und 4 ErbStDV).

Es ergeht keine Empfangsbestätigung des Finanzamts über den Erhalt der Anzeige.

Teil C Ertragsteuern

1. Maßgebende Vorschriften

Die steuerlichen Anzeigepflichten und sonstigen Beistandspflichten der Notare ergeben sich aus § 54 EStDV in der jeweils gültigen Fassung.

2. Zuständiges Finanzamt

Die unter § 54 EStDV fallenden Urkunden sind dem Finanzamt zu übersenden, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung oder der Sitz der Kapitalgesellschaft befindet, an der die betreffenden Anteile bestehen (Zuständigkeitsregelung nach § 20 AO).

3. Anzeigepflichtige Rechtsvorgänge

Dem zuständigen Finanzamt ist Anzeige über alle auf Grund gesetzlicher Vorschrift aufgenommenen oder beglaubigten Urkunden zu erstatten, die die Gründung, Kapitalerhöhung oder -herabsetzung, Umwandlung oder Auflösung von Kapitalgesellschaften oder die Verfügung über Anteile an Kapitalgesellschaften zum Gegenstand haben. Gleiches gilt für Dokumente, die im Rahmen einer Anmeldung einer inländischen Zweigniederlassung einer Kapitalgesellschaft mit Sitz im Ausland zur Eintragung in das Handelsregister einzureichen sind (§ 54 Absatz 1 EStDV).

Hierunter fallen nicht die Fälle der Beglaubigung einer Abschrift (§ 39 BeurkG) oder der Beglaubigung einer Unterschrift (§ 40 BeurkG).

Verfügungen über Anteile an Kapitalgesellschaften durch Anteilseigner, die keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und deshalb nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, sind zusätzlich bei dem Finanzamt anzuzeigen, das bei Beendigung einer zuvor bestehenden unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des Anteilseigners oder - bei unentgeltlichem Erwerb - dessen Rechtsvorgängers nach § 19 AO (Wohnsitzfinanzamt) für die Besteuerung des Anteilseigners zuständig war (§ 54 Absatz 4 EStDV).

4. Form und Inhalt der Anzeigen

Anzeigepflichtige Vorgänge werden mitgeteilt durch Übersendung einer beglaubigten Abschrift der Urkunde, die der Notar aufgenommen oder beglaubigt hat. Die Steuernummer, unter der die Kapitalgesellschaft beim Finanzamt geführt wird, soll auf der Abschrift vermerkt werden (§ 54 Absatz 2 Satz 2 EStDV).

5. Frist für die Anzeigen, steuerfreie Rechtsvorgänge

Die Anzeige ist binnen von zwei Wochen, von der Aufnahme oder Beglaubigung der Urkunde abgerechnet, zu erstatten (§ 54 Absatz 2 Satz 1 EStDV). Den Beteiligten dürfen die Urschrift, eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschriften der Urkunde erst ausgehändigt werden, wenn die Abschrift der Urkunde an das Finanzamt abgesandt ist (§ 54 Absatz 3 EStDV).

Die Anzeige ist auch dann zu erstatten, wenn der Vorgang von der Besteuerung ausgenommen ist.

6. Absendevermerk des Notars; Empfangsbestätigung des Finanzamts

Die Absendung der Anzeige ist auf der zurückbehaltenen Urschrift der Urkunde oder auf einer zurückbehaltenen Abschrift zu vermerken (§ 54 Absatz 2 Satz 3 ErbStDV).

Eine Empfangsbestätigung des Finanzamts über den Erhalt der Urkunde ist im EStG und in der EStDV nicht vorgesehen.

Teil D Anzeigepflicht bei mehrfacher Steuerpflicht

Derselbe Rechtsvorgang kann für mehrere Steuern Bedeutung haben, z.B.:

  • Erbauseinandersetzung und Vermögensübergabe über Grundstücke: für Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) und Grunderwerbsteuer

  • Grundstücksschenkung unter Auflage und die gemischte Grundstücksschenkung: für Grunderwerbsteuer und Schenkungsteuer

  • unentgeltliche oder teilweise unentgeltliche Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften: für Grunderwerbsteuer (§ 1 Absatz 3 GrEStG), Schenkungsteuer und Ertragsteuern

  • Umwandlung einer Kapitalgesellschaft: für Ertragsteuern und Grunderwerbsteuer

  • Kapitalerhöhung oder -herabsetzung gegen ein zu hohes oder zu geringes Aufgeld: für Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) und Ertragsteuern

  • Kapitalerhöhung oder -herabsetzung: für Grunderwerbsteuer und Ertragsteuern

In diesen Fällen ist der Rechtsvorgang jedem Finanzamt anzuzeigen, das für die Verwaltung einer der in Betracht kommenden Steuern zuständig ist. Sind mehrere Stellen desselben Finanzamts zuständig, ist entsprechend zu verfahren.

Dem Anzeigeerfordernis des § 18 Absatz 1 Nr. 1 GrEStG ist nicht genügt, wenn die Urkunde über den Erwerbsvorgang statt an die Grunderwerbsteuerstelle an die Körperschaftsteuerstelle des Finanzamts gesandt wird und dort verbleibt (vgl. ).

www.finanzen.thueringen.de

Herausgeber:
Thüringer Finanzministerium
Ludwig-Erhard-Ring 7
99099 Erfurt

FinMin Thüringen v. - S 2244/ S 3745/ S 4445

Fundstelle(n):
YAAAH-50850