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Fallgruppen zum häuslichen Arbeitszimmer im Veranlagungszeitraum 2020
Abzugsfähigkeit bei Homeoffice aufgrund der Covid-19-Pandemie
Aufgrund der Covid-19-Pandemie arbeitet erstmals ein Großteil der Arbeitnehmer im Homeoffice. Damit kommt auf die Regelung des häuslichen Arbeitszimmers ein Stresstest im Rahmen der Veranlagung für 2020 zu. Denn bereits zuvor sind die engen Voraussetzungen regelmäßig Streitpunkt mit der Finanzverwaltung in Einspruchs- und Klageverfahren. Es empfiehlt sich daher für Stpfl., Steuerberater und Finanzverwaltung, eine einheitliche Linie für die Vielzahl der kommenden Fälle zu finden. Der Beitrag untersucht auf Basis der aktuellen gesetzlichen Regelung, in welchen Fallgruppen ein beschränkter oder unbeschränkter Abzug nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG möglich ist und gibt Empfehlungen hinsichtlich der (alternativen) Abzugsmöglichkeiten und Beweisführung.
Jesgarzewski, Coronavirus und Homeoffice, NWB Online-Beitrag NWB WAAAH-45681
Sofern nachweislich kein Zugang zum anderen Arbeitsplatz besteht, sollten die Voraussetzungen für die (beschränkte) Abzugsfähigkeit des häuslichen Arbeitszimmers gegeben sein.
Daneben kann auch die Gesundheitsgefährdung ausschlaggebend für die Abzugsfähigkeit des häuslichen Arbeitszimmers sein.
Bei schädlicher privater Mitnutzung kann alternativ der allgemeine Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug sowie der (vorrangige) Abzug von Aufwendungen für Arbeitsmittel genutzt werden.
I. Voraussetzungen im Lichte der geänderten Situation
1. Vorbemerkungen
[i]Nolte, Häusliches Arbeitszimmer, Grundlagen NWB MAAAE-35006 Cremer, Arbeitszimmer, Anerkennung und Umfang des Betriebsausgabenabzugs, Lexikon NWB NAAAG-51016 Hallerbach, in: Kanzler/Kraft/Bäuml, EStG Kommentar, 5. Aufl. 2020, § 4 Rz. 725 NWB GAAAH-35427 Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG (i. V. mit § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG) sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung abzugsfähig, wenn „für die betriebliche und berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht“. Entscheidend wird im Veranlagungszeitraum 2020 daher regelmäßig sein, ob die vom Arbeitgeber oder Behörden angeordnete oder vereinbarte Homeoffice-Tätigkeit dazu führt, dass „kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht“. Unstreitig gegeben sein sollte dabei die Erforderlichkeit während der Covid-19-Pandemie. Dieses ungeschriebene Tatbestandsmerkmal liest jedoch ohnehin nur die Finanzverwaltung in die Norm hinein. Für den BFH ist es dagegen unerheblich, ob das Arbeitszimmer erforderlich ist.
Steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist in einem zweiten Schritt in der Gesamtbetrachtung der Tätigkeiten zu prüfen, ob der Mittelpunkt der Tätigkeit dem häuslichen Arbeitszimmer zuzuschreiben ist (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG).
2. Würdigung der einzelnen Fallgruppen
Grundsätzlich ist laut BFH das Direktionsrecht des Arbeitgebers zu beachten: Ein anderer Arbeitsplatz steht dann (nicht) zur Verfügung, wenn der Arbeitgeber dies entsprechend verfügt hat. Da kein gesetzlicher Anspruch besteht, von zu Hause aus zu arbeiten, muss eine Vereinbarung erfolgen. Die vertragliche Grundlage kann sich aus einer individuellen Vereinbarung, Betriebsvereinbarung oder auch einem Tarifvertrag ergeben. Um die Einordnung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und Satz 3 Halbsatz 2 EStG vorzunehmen, wird im Rahmen dieses Beitrags nachfolgend in Fallgruppen unterschieden: S. 418
2.1 Fallgruppe 1: Kein Zugang zum Arbeitsplatz (Sphäre des Arbeitgebers) – Homeoffice vereinbart
Der außerhäusliche Arbeitsplatz ist zeitweise für den Arbeitnehmer/Unternehmer nicht zugänglich, weil das Gebäude aufgrund behördlicher Anweisung (oder aufgrund der Schutzpflicht für Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber) geschlossen wurde.