NWB Nr. 45 vom Seite 3393

Es spielt keine Rolle, wer angefangen hat

Claudia Kehrein | Redakteurin | nwb-redaktion@nwb.de

Zum ersten Jahrestag

Nicht jeder Streit endet erfahrungsgemäß mit einer Aussöhnung – dies gilt sowohl für private als auch berufliche Auseinandersetzungen. Die Frage danach, wer angefangen hat, spielt für die Beteiligten dabei in Konfliktfällen oft eine große Rolle und die Antwort darauf kann tatsächlich weitreichende Folgen haben. So auch in einem Fall vor dem Finanzgericht Münster. Dieses hatte sich in einer aktuellen Entscheidung damit auseinanderzusetzen, ob bzw. inwieweit beide Streitparteien – Arbeitnehmer und Arbeitgeber – zur Entstehung des Konflikts beigetragen haben, der zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses und damit verbunden der Zahlung einer Abfindung geführt hat. Im konkreten Fall ist der Arbeitnehmer, der ein Jahr vor dem Renteneintritt stand und seit Jahren eine tarifliche Höhergruppierung forderte, von sich aus auf den Arbeitgeber zugegangen und hat diesem den Abschluss eines Auflösungsvertrags angetragen. Das Finanzgericht hatte zu klären, inwiefern dies der Annahme einer nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geforderten Konfliktsituation als Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Tarifbegünstigung der Abfindungszahlung entspricht. Auch wenn die Antwort des Finanzgerichts steuerzahlerfreundlich ausgefallen ist, ist dies dennoch kein Freibrief für Arbeitnehmer, eine auf ihre Initiative hin erwirkte Abfindung dem ermäßigten Tarif unterwerfen zu können, worauf hinweist.

Jede Menge Streitpotenzial bot bekanntlich – und bietet nach wie vor – das genau vor einem Jahr am verkündete Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. So scheiterte zuletzt ein „gleich lautender“ Anwendungserlass am Veto Bayerns, das einige Inhalte des (nun lediglich „koordinierten“) Ländererlasses so nicht mittragen wollte. Den ersten Jahrestag nehmen wir zum Anlass, gemeinsam mit Viskorf, bis Mitte 2015 Vizepräsident des Bundesfinanzhofs und Vorsitzender Richter des u. a. für die Erbschaft- und Schenkungsteuer zuständigen II. Senats, einen Blick in die Zukunft zu wagen. Ob der Streit insbesondere um die Verschonungsregelungen schon bald eine neue Stufe erreicht und dann mit einer weiteren verfassungsrechtlichen Überprüfung der erbschaftsteuerrechtlichen Vorschriften zu rechnen ist? Das Interview lesen Sie auf .

Mit den typischerweise in der Praxis auftretenden Berechnungsanforderungen setzen sich auseinander. Der Musterfall veranschaulicht die erhebliche Komplexität, die mit den neuen erbschaftsteuerlichen Begünstigungsregeln bei der Übertragung einer Beteiligung an einer Personengesellschaft einhergeht.

Beste Grüße

Claudia Kehrein

Fundstelle(n):
NWB 2017 Seite 3393
NWB LAAAG-60868