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Lexikon - Stand: 09.02.2024

Geschäftsveräußerung im Ganzen

Karl-Hermann Eckert

Eine Übersichtsseite zu den Stichwörtern des Kontierungslexikons finden Sie hier: NWB LAAAE-91155.

Zusammenfassung

Seit dem unterliegt die Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht mehr der Umsatzsteuer. Dies war unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung auch zu begrüßen, da es regelmäßig zu Schwierigkeiten gekommen war, die Bemessungsgrundlage zutreffend zu ermitteln, ohne dass es zu einem Steueraufkommen geführt hätte, da der Erwerber die Umsatzsteuer wieder als Vorsteuer geltend machen konnte.

Der Beitrag stellt die Grundsätze der Geschäftsveräußerung im Ganzen dar und weist auf die Gefahren einer Fehlbeurteilung hin. Anhand von Beispielen wird auf die zutreffende Buchung hingewiesen, um den Erfordernissen der Finanzverwaltung gerecht zu werden.

1. Welche Konten werden im SKR 03 oder 04 benötigt?

1.1 SKR 03


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1200
Bank
1400
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
1570
Abziehbare Vorsteuer
1576
Abziehbare Vorsteuer 19 %
2720
Erträge aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens
4760
Verkaufsprovisionen
8337
Erlöse aus Leistungen, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b UStG schuldet

1.2 SKR 04


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1200
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen
1400
Abziehbare Vorsteuer
1406
Abziehbare Vorsteuer 19 %
1800
Bank
4337
Erlöse aus Leistungen, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer nach § 13b UStG schuldet
4900
Erträge aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens
6770
Verkaufsprovisionen

2. Rechtsgrundlagen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

3. Wie wird kontiert?

3.1 Allgemeine Grundsätze

Nach § 1 Abs. 1a UStG unterliegen Umsätze nicht der Umsatzsteuer, die im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen an einen anderen Unternehmer ausgeführt werden. Sie sind nicht steuerbar. Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt dann vor, wenn ein ganzes Unternehmen oder ein in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführter Betrieb an einen anderen Unternehmer entgeltlich oder unentgeltlich veräußert/übertragen oder in eine Gesellschaft eingebracht wird.

Folgende Merkmale beschreiben eine Geschäftsveräußerung im Ganzen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Nr.
Tatbestandsmerkmale nach § 1 Abs. 1a UStG
Weitere Hinweise
1.
Es muss ein Unternehmen oder ein gesondert geführter Betrieb vorliegen.
2.
Das Unternehmen oder der gesondert geführte Betrieb muss mit seinen wesentlichen Grundlagen übertragen/veräußert werden.
3.
Die Übertragung oder Veräußerung kann entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen.
4.
Der Erwerber muss Unternehmer sein.
5.
Der Erwerber muss die Absicht haben, das Unternehmen fortzuführen.

Abb. 1: Tatbestandsmerkmale der Geschäftsveräußerung im Ganzen

Hinweis:

Eine Gesamtübersicht über die Tatbestandsmerkmale der Geschäftsveräußerung im Ganzen enthält die , S 7100b Karte 1, DStR 2021 S. 1821.

3.2 Übertragung eines Unternehmens

Ein Unternehmen wird im Ganzen übertragen, wenn die übertragenen Vermögensgegenstände ein hinreichendes Ganzes bilden, um dem Erwerber die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten unternehmerischen Tätigkeit zu ermöglichen. Dabei sind im Rahmen einer Gesamtwürdigung die Art der übertragenen Vermögensgegenstände und der Grad der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit zwischen den vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten zu berücksichtigen.

Auch die Übertragung eines einzelnen Grundstücks kann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen sein, vorausgesetzt, es handelt sich um ein Vermietungsobjekt. Bei der Übertragung von nur teilweise vermieteten Grundstücken liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, wenn die nicht genutzte Fläche zur Vermietung bereitsteht und die Vermietungstätigkeit vom Erwerber für wesentliche Flächen fortgesetzt wird.

Die Übertragung eines leerstehenden Gebäudes ist hingegen keine Geschäftsveräußerung im Ganzen.

Hinweis:

Für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen ist es nicht erforderlich, dass der Veräußerer seine unternehmerische Tätigkeit beenden muss.

Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen kann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen sein, wenn der Gesellschaftsanteil Teil einer eigenständigen Einheit ist, die eine selbständige wirtschaftliche Betätigung ermöglicht, und diese Tätigkeit vom Erwerber fortgeführt wird.

3.3 Gesondert geführter Betrieb

Die Übertragung eines gesondert geführten Betriebes innerhalb des gesamten Unternehmens des Veräußerers schließt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht aus. Voraussetzung ist, dass der Erwerber den Betrieb als selbständiges wirtschaftliches Unternehmen ohne nennenswerten finanziellen Aufwand fortführen kann.

Entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung ist es nicht mehr notwendig, dass der übertragene Betrieb im Unternehmen des Veräußerers organisatorisch selbständig war. Danach kann bei einem Vermietungsunternehmen grundsätzlich jedes vermietete Grundstück als selbständiger Unternehmensteil angesehen werden, da der Erwerber ohne größeren Aufwand die bisherige Vermietungstätigkeit des Veräußerers fortführen kann.

Hinweis:

Liegt ertragsteuerrechtlich eine Teilbetriebsveräußerung nach § 16 EStG vor, kann regelmäßig auch umsatzsteuerrechtlich von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen ausgegangen werden.

3.4 Wesentliche Grundlagen

Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen setzt voraus, dass die wesentlichen Grundlagen veräußert oder übertragen werden. Was im Einzelnen eine wesentliche Betriebsgrundlage ist, richtet sich nach dem jeweiligen Einzelfall zum Zeitpunkt der Übertragung. Diese Einzelfallbetrachtung macht es unter Umständen schwierig, eine zutreffende rechtliche Würdigung zu treffen.

Hinweise zu Übertragungsvorgängen, die von der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung unter dem Begriff der wesentlichen Grundlagen subsumiert wurden, enthält der Abschnitt 1.5 Abs. 3 bis 5 UStAE.

Beispiele

Es kann von einer Übertragung der wesentlichen Grundlagen auch dann ausgegangen werden, wenn ein notwendiges Betriebsgrundstück nicht auf den Erwerber übertragen wird, sondern langfristig oder auf unbestimmte Zeit an den Erwerber verpachtet wird. Auch ist es nicht notwendig, dass die wesentlichen Grundlagen in einem Akt übertragen werden, sondern sie können zeitlich versetzt übertragen werden, wenn ein enger sachlicher Zusammenhang erkennbar ist.

Die Übertragung des Inventars einer Gaststätte ist auch dann eine nicht der Umsatzsteuer unterliegende Geschäftsveräußerung, wenn der Erwerber mit dem übertragenen Inventar die Gaststätte dauerhaft fortführen kann und selbst über die zur Fortführung der Tätigkeit erforderliche Immobilie verfügt, weil er diese von einem Dritten gepachtet hat.

3.5 Entgeltlich oder unentgeltlich

Die Vorschrift des § 1 Abs. 1a UStG erfasst auch den Tatbestand der unentgeltlichen Übertragung, z. B. im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge. Insoweit entfällt eine Besteuerung als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG oder § 3 Abs. 9a UStG.

3.6 Erwerber

Der Erwerber muss Unternehmer i. S. des § 2 UStG sein. Unschädlich ist, ob der Erwerber ggf. eine Organgesellschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist. Ebenso ist es unerheblich, ob der erwerbende Unternehmer erst mit dem Erwerb des Unternehmens seine unternehmerische Tätigkeit beginnt.

3.7 Fortführung des Unternehmens

Der erwerbende Unternehmer muss das Unternehmen fortführen. Hierbei ist es unerheblich, ob der Erwerber den Namen des übernommenen Unternehmens fortführt oder nicht. Ebenso kann der Erwerber den erworbenen Geschäftsbetrieb in seinem Zuschnitt ändern oder modernisieren. Bei einer mehrstufigen Übertragung muss die Fortführung nur dem Grunde nach, nicht aber auch höchstpersönlich beim jeweiligen Erwerber vorliegen.

Ist Gegenstand der Geschäftsveräußerung im Ganzen ein Vermietungsunternehmen, muss der Erwerber die Fortsetzung der Vermietungstätigkeit beabsichtigen. Eine nachhaltige Vermietungstätigkeit ist widerlegbar anzunehmen, wenn die Vermietungsdauer mindestens sechs Monate betragen hat. Eine Veräußerung eines Grundstücks ohne Übergang eines Miet- oder Pachtvertrages ist keine Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG.

Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks führt zu einer nicht umsatzsteuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen, wenn der Erwerber durch den mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in bestehende Mietverträge vom Veräußerer ein Vermietungsunternehmen übernimmt. Das gilt auch dann, wenn der Veräußerer ein Bauträger ist, der ein Gebäude erworben, saniert, weitgehend vermietet und sodann veräußert hat, falls im Zeitpunkt der Veräußerung infolge einer nachhaltigen Vermietungstätigkeit beim Veräußerer ein Vermietungsunternehmen vorliegt, das vom Erwerber fortgeführt wird. Eine anfängliche, weiter bestehende und dem Unternehmenszweck entsprechende Absicht eines Bauträgers, das Objekt wieder zu verkaufen, steht einer nachhaltigen Vermietungstätigkeit i. S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG nicht zwingend entgegen.

Beabsichtigt der Erwerber das Vermietungsobjekt zu eigenen wirtschaftlichen Zwecken ohne Fortführung der Vermietung zu nutzen, liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. Eine (partielle) Geschäftsveräußerung i. S. des § 1 Abs. 1a UStG liegt jedoch vor, soweit der Erwerber das zunächst vom Veräußerer gepachtete – teilweise eigenbetrieblich genutzte und teilweise untervermietete – Grundstück nach dem Erwerb durch eigene abgeschlossene Mietverträge weiterhin teilweise vermietet.

Im Zusammenhang mit der Übertragung eines Geschäftshauses hat der BFH entschieden, dass es nicht schädlich für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen ist, wenn der Erwerber die Verpachtung nur hinsichtlich eines Teils des Gebäudes fortführt. Die Geschäftsveräußerung im Ganzen beschränkt sich dann auf diesen Teil. Dies gilt unabhängig davon, ob der verpachtete Gebäudeteil „zivilrechtlich selbständig“ ist oder nicht.

Hinweis:

Wird das Unternehmen nicht fortgeführt, sondern abgewickelt oder zerschlagen, liegt keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vor.

3.8 Rechtsfolgen

Liegt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, tritt nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG der erwerbende Unternehmer an die Stelle des veräußernden Unternehmers.

3.8.1 Rechtsfolgen beim Veräußerer
3.8.1.1 Nichtsteuerbarkeit

Die vom Veräußerer an den Erwerber ausgeführten Umsätze im Rahmen der Geschäftsveräußerung im Ganzen sind nicht steuerbar. Werden hierbei einzelne Wirtschaftsgüter nicht auf den Erwerber übertragen, sondern anderweitig verwertet (z. B. durch Überführung in das Privatvermögen des Veräußerers), sind diese Umsätze grundsätzlich steuerbar und ggf. auch steuerpflichtig.

3.8.1.2 Vorsteuerabzug

Entstehen im Zusammenhang mit der Veräußerung vorsteuerbehaftete Aufwendungen, können diese Vorsteuern unter den Voraussetzungen des § 15 UStG in Abzug gebracht werden. Sie sind der bisherigen unternehmerischen Tätigkeit zuzuordnen. Daher können auch Vorsteuern für solche Umsätze in Abzug gebracht werden, die – wenn sie außerhalb der Geschäftsveräußerung ausgeführt würden – umsatzsteuerfrei wären, z. B. eine Grundstücksveräußerung.

Der Vorsteuerausschluss nach § 15 Abs. 2 UStG richtet sich ausschließlich nach dem bisherigen Umfang der unternehmerischen Tätigkeit.

Hinweis:

Eine zur Gründung einer Kapitalgesellschaft errichtete Personengesellschaft (sog. Vorgründungsgesellschaft), die nach Gründung der Kapitalgesellschaft die bezogenen Leistungen in einem Akt gegen Entgelt an diese veräußert und andere Ausgangsumsätze von vornherein nicht beabsichtigt hatte, ist zum Abzug der Vorsteuer für den Bezug von Dienstleistungen und Gegenständen ungeachtet dessen berechtigt, dass die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Maßgebend sind insoweit die beabsichtigten Umsätze der Kapitalgesellschaft.

3.8.1.3 Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG

Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen schließt die Anwendung des § 15a UStG beim Veräußerer aus. Der Berichtigungszeitraum wird nicht unterbrochen und stellt keine Änderung der Verhältnisse i. S. des § 15a Abs. 2 UStG dar, weil der Erwerber nach § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG an die Stelle des Veräußerers tritt. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs findet beim Veräußerer nicht statt.

Hinweis:

Der Veräußerer ist nach § 15a Abs. 10 Satz 2 UStG verpflichtet, dem Erwerber die für die mögliche Durchführung der Berichtigung erforderlichen Angaben zu machen.

3.8.2 Rechtsfolgen beim Erwerber
3.8.2.1 Rechtsnachfolge

Der Erwerber tritt bezüglich der erworbenen Wirtschaftsgüter in die Rechtsstellung des Veräußerers ein. Der Betriebserwerber ist als Rechtsnachfolger des Veräußerers anzusehen. Aus einer Geschäftsveräußerung i. S. des § 1 Abs. 1a UStG ergibt sich keine Gesamtrechtsnachfolge.

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