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infoCenter (Stand: November 2021)

Der Treuhänder bei der Publikumsgesellschaft

Dr. Hansjörg Haack, LL.M.

Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.

I. Definition des Treuhänders bei der Publikumsgesellschaft

Soll bei einer Publikumsgesellschaft der Kapitalanleger als Gesellschafter aus der Gesellschaft herausgehalten werden, so bedient sich die Praxis eines Treuhänders. Dabei ist allein der Treuhänder (in der Regel eine juristische Person, z. B. eine Bank) im Außenverhältnis Kommanditist. Auf den Treuhänder werden alle Anlegerinteressen übertragen. Der Treuhänder zieht die Beiträge der Kommanditisten ein und bringt sie in eigenem Namen als Einlage in die Publikumsgesellschaft ein. Die Kapitalanleger selbst sind nicht Gesellschafter, sondern als Treugeber mit dem Treuhänder durch Treuhandvereinbarungen in Form von Geschäftsbesorgungsverträgen rechtlich verbunden. Die Gesellschafter sind über den Treuhänder mittelbar an der Gesellschaft beteiligt. Die Treugeber, also die Kapitalanleger, bilden zusammen mit dem Treuhandkommanditisten in aller Regel eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Form einer Innengesellschaft.

Eine andere Variante, durch die verhindert wird, dass die einzelnen Kapitalanleger ihre Kontroll- und sonstigen Gesellschafterrechte einzeln ausüben, ist die sog. unechte Treuhand. In diesem Fall werden die Kapitalanleger direkt als Kommanditisten an der KG beteiligt und deren Rechte auf ein Aufsichtsgremium übertragen, welches die Aufgabe hat, alle Kommanditisten zu vertreten. Auch über die unechte Treuhand werden somit die Rechte der Kommanditisten weitgehend beschnitten.

II. Unechte Treuhand

Bei der unechten Treuhand werden die einzelnen Kapitalanleger direkt als Gesellschafter (in aller Regel als Kommanditisten) an der Publikumsgesellschaft beteiligt. Aus Praktikabilitätsgründen und im Interesse einer funktionierenden Gesamtorganisation werden ihre Kontroll- und sonstigen Gesellschafterrechte auf ein besonderes Gremium bzw. einen Treuhänder übertragen. Nur über das besondere Gremium (Kommanditistenausschuss, Aufsichtsrat, Beirat) können die einzelnen Anleger ihre Kontroll- und sonstigen Gesellschafterrechte wahrnehmen. Der Treuhänder muss bei der unechten Treuhand noch nicht einmal Gesellschafter der Publikumsgesellschaft sein. Die unechte Treuhand bei Publikumsgesellschaften geht auf eine frühe Rechtsprechung des BGH zurück, wonach selbst umfassende Vertreterklauseln in einem Gesellschaftsvertrag einer Personenhandelsgesellschaft als wirksam angesehen wurden. In dem seinerzeit vom BGH entschiedenen Fall lag ein KG-Gesellschaftsvertrag zugrunde, nach dem die nach dem Tode eines Gesellschafters als Kommanditisten eintretenden Erben ihre Gesellschafterrechte nur durch einen gemeinsamen Vertreter wahrnehmen durften (sog. Vertreterklausel). Der BGH befand in seiner Entscheidung, dass durch diese Vertreterklausel zwar eine Beschränkung der Gesellschafterrechte erfolge, diese aber keine Entrechtung der Kommanditisten darstellen würde. Der BGH hielt letztlich die Vertreterklausel für wirksam und ebnete damit den Weg zur unechten Treuhand bei Publikumsgesellschaften.

III. Echte Treuhand

In weitaus stärkerem Maße als bei der unechten Treuhand werden die Kapitalanleger im Rahmen der echten Treuhand aus der Publikumsgesellschaft herausgehalten. Sie wirft daher in der Praxis auch wesentlich mehr Probleme auf als die unechte Treuhand.

1. Stellung des Treuhänders

Bei der echten Treuhand wird der Kommanditanteil an der Publikumsgesellschaft entweder von vornherein treuhänderisch begründet oder aber an einen Treuhänder abgetreten. Letztendlich ist allein der Treuhänder mit allen Rechten und Pflichten Gesellschafter. Der Treugeber ist hingegen nur wirtschaftlich an der Publikumsgesellschaft beteiligt.

Wichtig:

Der Treuhänder muss von der Geschäftsführung der Publikumsgesellschaft unabhängig sein. Nur in diesem Fall kann er die Interessen der Treugeber pflichtgemäß wahrnehmen. Entspricht die Stellung des Treuhänders nicht diesen Voraussetzungen, muss dieser Umstand im Prospekt offengelegt werden. Anderenfalls entstehen Kündigungsrechte und Schadensersatzansprüche der Kapitalanleger.

Der Treuhänder kann aus wichtigem Grund mit Mehrheitsbeschluss abberufen werden.



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