Zu § 4 Nr. 21 UStG
4.21.2. Nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen [1]
(1) 1Für die Annahme eines Schul- und Bildungszwecks ist entscheidend, dass die Leistungen nicht nur der bloßen Freizeitgestaltung dienen. 2Veranstaltungen und Kurse, die von ihrer Zielsetzung auf bloße Freizeitgestaltung gerichtet sind, sind von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG ausgeschlossen (vgl. BFH-Urteile vom 27. 9. 2007, V R 75/03, BStBl 2008 II S. 323, vom 24. 1. 2008, V R 3/05, BStBl 2012 II S. 267, und vom 28. 5. 2013, XI R 35/11, BStBl II S. 879). 3Eine solche Zielsetzung ist anzunehmen, wenn die Veranstaltung lediglich den organisatorischen Rahmen für eine Gelegenheit zum Ausüben einer Freizeitaktivität bietet, wie z. B. animierte Tanzabende, eine bloße Produktherstellung (u. a. das Töpfern einer Vase, die Fertigstellung eines Adventskranzes) oder das bloße Ausüben einer Tätigkeit (u. a. Kochen, Kalligraphieren). 4Ob die erbrachten Unterrichtsleistung den Charakter einer Veranstaltung hat, die lediglich den Rahmen für eine Gelegenheit zum Ausüben einer Freizeitaktivität („bloße Freizeitgestaltung“) bietet, kann nur im jeweiligen Einzelfall entschieden werden. 5Die bloße Möglichkeit, während einer solchen Veranstaltung erlernte Fähigkeiten oder Kenntnisse auch beruflich nutzen zu können, nimmt einer solchen Veranstaltung nicht den Charakter einer Freizeitaktivität (vgl. BFH-Urteil vom 22. 1. 2025, XI R 9/22, BStBl II S. XXX [2]). 6Eine Freizeitaktivität liegt nicht vor, wenn sich Schulungsangebote an Personen richten, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, z. B. Kurse zur Ausbildung von Schöffen oder Übungsleitern. 7Erziehungsleistungen an Kinder und Jugendliche, wie insbesondere altersgerechte Sprach- und Wissensvermittlung, Angebote von Musik-, Kunst- und Bewegungserziehung sowie die Vermittlung von sozialen Kompetenzen und Werten (insbesondere im Bereich des Erlernens elementarer Grundfähigkeiten), können aber nach § 4 Nr. 23 Satz 1 Buchstabe a UStG steuerfrei sein.
(2) 1Die Lieferungen von Lehr-, Lern- und Verbrauchsmaterial dienen nicht unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck. 2Sie sind nur insoweit steuerfrei, als es sich um einen eng verbundenen Umsatz (siehe Abschnitt 4.21.1 Abs. 15 bis 17) oder um Nebenleistungen (siehe Abschnitt 3.10) handelt. 3Eine Nebenleistung liegt in diesen Fällen vor, wenn das den Lehrgangsteilnehmern überlassene Lehr-, Lern- und Verbrauchsmaterial inhaltlich den Unterricht ergänzt und zum Einsatz im Unterricht bestimmt ist.
(3) 1Leistungen, die sich auf die Unterbringung und Verpflegung von Schülern beziehen, dienen dem Schul- und Bildungszweck im Regelfall nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar (BFH-Urteil vom 17. 3. 1981, VIII R 149/76, BStBl II S. 746). 2Es liegt auch im Grundsatz keine eng verbundene Leistung (siehe Abschnitt 4.21.1 Abs. 15 bis 17) oder Nebenleistung zu einer steuerfreien Leistung vor (vgl. BFH-Urteil vom 7. 10. 2010, V R 12/10, BStBl 2011 II S. 303). 3Diese Leistungen sind aber unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 UStG steuerfrei.
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XAAAD-54581
1Anwendungsregelung: Abschnitt 4.21.2 neu gefasst durch BMF v. 24. 10. 2025 – III C 3 - S 7179/00054/001/094. Die Grundsätze dieser Regelung sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. 12. 2024 erbracht wurden bzw. erbracht werden. Für Umsätze, die vor dem 1. 1. 2028 ausgeführt wurden bzw. werden, wird es für das Besteuerungsverfahren nicht beanstandet, wenn der Unternehmer weiterhin seine Leistung hiervon abweichend entsprechend den Regelungen der Abschnitte 4.21.1 bis 4.21.5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses in der am 31. 12. 2024 geltenden Fassung als umsatzsteuerpflichtig bzw. umsatzsteuerfrei behandelt.
Die vorherige Fassung des Abschnitts 4.21.2 lautete:
„4.21.2. Ergänzungsschulen
und andere allgemein bildende oder berufsbildende Einrichtungen
(1) 1Zu den allgemein bildenden oder
berufsbildenden Einrichtungen gehören u. a. auch Fernlehrinstitute,
Fahrlehrerausbildungsstätten, Heilpraktiker-Schulen, Kurse zur Erteilung von
Nachhilfeunterricht für Schüler und Repetitorien, die Studierende auf
akademische Prüfungen vorbereiten. 2Zum Begriff der
allgemein bildenden Einrichtung wird auf das
Urteil des BVerwG vom 3. 12.
1976, VII C 73.75,
BStBl 1977 II S. 334, hingewiesen.
3Berufsbildende Einrichtungen sind Einrichtungen, die
Leistungen erbringen, die ihrer Art nach den Zielen der Berufsaus- oder
Berufsfortbildung dienen. 4Sie müssen spezielle
Kenntnisse und Fertigkeiten vermitteln, die zur Ausübung bestimmter beruflicher
Tätigkeiten notwendig sind (BFH-Urteil vom 18.
12. 2003, V R 62/02,
BStBl 2004 II S. 252).
5Auf die Rechtsform des Trägers der Einrichtung kommt
es nicht an. 6Es können deshalb auch natürliche
Personen oder Personenzusammenschlüsse begünstigte Einrichtungen betreiben,
wenn neben den personellen auch die organisatorischen und sächlichen
Voraussetzungen vorliegen, um einen Unterricht zu
ermöglichen.
(2) 1Der Unternehmer ist Träger einer
Bildungseinrichtung, wenn er selbst entgeltliche Unterrichtsleistungen
gegenüber seinen Vertragspartnern (z. B. Schüler, Studenten, Berufstätige oder
Arbeitgeber) anbietet. 2Dies erfordert ein
festliegendes Lehrprogramm und Lehrpläne zur Vermittlung eines
Unterrichtsstoffs für die Erreichung eines bestimmten Lehrgangsziels sowie
geeignete Unterrichtsräume oder -vorrichtungen. 3Der
Betrieb der Bildungseinrichtung muss auf eine gewisse Dauer angelegt sein.
4Die Einrichtung braucht im Rahmen ihres Lehrprogramms
keinen eigenen Lehrstoff anzubieten. 5Daher reicht es
aus, wenn sich die Leistung auf eine Unterstützung des Schul- oder
Hochschulangebots bzw. auf die Verarbeitung oder Repetition des von der Schule
angebotenen Stoffs beschränkt. 6Die Veranstaltung
einzelner Vorträge oder einer Vortragsreihe erfüllt dagegen nicht die
Voraussetzungen einer Unterrichtsleistung.
7Unschädlich ist jedoch die Einbindung von Vorträgen
in ein Lehrprogramm für die Befreiung der Unterrichtsleistungen des Trägers der
Bildungseinrichtung. 8Die Unterrichtsleistungen können auch parallel zu bzw. anstelle der „Vor-Ort“-Veranstaltung als interaktiver Live-Stream in Echtzeit angeboten werden. 9Dagegen sind bloße Streaming-Angebote eines aufgezeichneten Unterrichts oder Onlineübungen und Onlineklausuren mit automatisiert generierter Rückmeldung, wie sie zum Beispiel mit Lern-Apps oder auf Lernplattformen bereitgestellt werden, von der Steuerbefreiung ausgeschlossen.
(3) 1Die Vorbereitung auf einen Beruf
umfasst die berufliche Ausbildung, die berufliche Fortbildung und die
berufliche Umschulung; die Dauer der jeweiligen Maßnahme ist unerheblich (vgl.
Artikel 44
MwStVO). 2Dies sind unter anderem
Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung im Sinne von
§ 45 SGB III
mit Ausnahme von
§ 45 Abs.
4 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 7 SGB III, Weiterbildungsmaßnahmen
entsprechend den Anforderungen der §§
179,
180 SGB
III, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen (einschließlich der Berufsvorbereitung
und der blindentechnischen und vergleichbaren speziellen Grundausbildung zur
beruflichen Eingliederung von Menschen mit Behinderung) im Sinne von
§ 112 SGB
III sowie berufsvorbereitende, berufsbegleitende bzw.
außerbetriebliche Maßnahmen nach §§
48,
130 SGB
III, §§
51,
53 SGB III,
§§
75,
76 SGB III
bzw.
§ 49 SGB
III, die von der BA und – über
§ 16 SGB II
– den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach §§
6,
6a SGB II
gefördert werden. 3Mit ihrer Durchführung beauftragen
die BA und die Träger der Grundsicherung für
Arbeitsuchende nach §§
6,
6a SGB II in
manchen Fällen gewerbliche Unternehmen oder andere Einrichtungen, z. B.
Berufsverbände, Kammern, Schulen, anerkannte Werkstätten für behinderte
Menschen, die über geeignete Ausbildungsstätten verfügen.
4Es ist davon auszugehen, dass die genannten
Unternehmen und andere Einrichtungen die von der BA und
den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach §§
6,
6a SGB II
geförderten Ausbildungs-, Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen im Rahmen
einer berufsbildenden Einrichtung im Sinne des
§ 4 Nr. 21 Buchstabe a
UStG erbringen.
(3a) 1Die nach
§ 43
AufenthG erbrachten Leistungen (Integrationskurse) dienen
als Maßnahme der Eingliederung in den Arbeitsmarkt dem Erwerb ausreichender
Kenntnisse der deutschen Sprache. 2Diese Maßnahmen
fallen daher unter die Steuerbefreiung des
§ 4 Nr. 21 Buchstabe a
UStG, wenn sie von einem vom Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge zur Durchführung der Integrationskurse zugelassenen Kursträger
erbracht werden.
(4) 1Die Aufgaben der
Integrationsfachdienste (§§ 192 ff. SGB IX) entsprechen in Teilbereichen den in
§ 45 SGB III
genannten Tätigkeiten, gehen jedoch insgesamt darüber hinaus.
2Da eine Trennung der einzelnen Aufgaben nicht möglich
ist, kommt eine Steuerbefreiung nach
§ 4 Nr. 21
UStG für die Leistungen der Integrationsfachdienste
insgesamt nicht in Betracht; auf die Ausführungen in Abschnitt 4.16.5 Abs. 7
und 8 wird hingewiesen.
(5) 1Eine Einrichtung, die Unterricht für
das Erlernen des Umgangs mit Computern erteilt (z. B. Grundkurse für die
Erstellung von Textdokumenten), erbringt unmittelbar dem Schul- und
Bildungszweck dienende Leistungen. 2Sie kann somit die
Voraussetzungen des
§ 4 Nr. 21
UStG erfüllen.
(6) 1Fahrschulen können grundsätzlich nicht
als allgemein bildende oder berufsbildende Einrichtungen beurteilt werden
(BFH-Urteil vom 14. 3. 1974, V R
54/73,
BStBl II S. 527). 2Eine
Steuerfreiheit der Umsätze nach
§ 4 Nr. 21
UStG kann aber insoweit in Betracht kommen, als
Fahrschulen Lehrgänge zur Ausbildung für die Fahrerlaubnis der Klassen C, CE,
D, DE, D1, D1E, T und L durchführen, da diese Leistungen in der Regel der
Berufsausbildung dienen. 3Eine Fahrerlaubnis der
Klassen C, CE, D, DE, D1 und D1E darf nur erteilt werden, wenn der Bewerber
bereits die Fahrerlaubnis der Klasse B besitzt oder die Voraussetzungen für
deren Erteilung erfüllt hat (§ 9 Fahrerlaubnis-Verordnung).
4Eine Steuerbefreiung kommt deshalb auch in Betracht,
wenn der Fahrschüler im Rahmen seiner Ausbildung zeitgleich neben den Klassen C
und CE die Fahrerlaubnis der Klasse B erwerben möchte; die Ausbildungsleistung,
die auf die Klasse B entfällt, ist aber steuerpflichtig.
5Als Lehrgang ist die dem einzelnen Fahrschüler
gegenüber erbrachte Leistung anzusehen. 6Bei
Fahrschulen gelten als Bescheinigung im Sinne des
§ 4 Nr. 21 Buchstabe a
Doppelbuchstabe bb UStG für den Nachweis, dass sie
ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten:
– die nach dem 31. 12. 2017 erteilte Fahrschulerlaubnis (§ 26 Abs. 1 FahrlG) in den Fahrlehrerlaubnisklassen CE und DE oder
– die vor dem 1. 1. 2018 ausgestellte Fahrschulerlaubnisurkunde, die zur Ausbildung zum Erwerb der Fahrerlaubnis der
Klasse 2 bzw. 3 (ausgestellt bis zum 31. 12. 1998) bzw. der
Fahrerlaubnisklassen C, CE, D, DE, D1, D1E, T und L (ausgestellt ab Januar
1999) berechtigt oder
– bei Fahrschulen, die bei
Inkrafttreten des FahrlG alter Fassung bestanden und die Fahrschulerlaubnis somit nach § 69 FahrlG als erteilt gilt, eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde,
welche die Angabe enthält, dass die Fahrschulerlaubnis für die Ausbildung zum
Erwerb der Klasse 2 berechtigt.
7Die Anerkennung von Fahrschulen als berufsbildende Einrichtungen nach § 4 Nr. 21
Buchstabe a Doppelbuchstabe bb erstreckt sich auch auf Lehrgänge zum Erwerb der
Grundqualifikation nach § 2 Abs. 1 BKrFQG, der beschleunigten Grundqualifikation
nach § 2 Abs. 2 BKrFQG sowie die in § 5 BKrFQG vorgeschriebenen
Weiterbildungskurse. 8Bei nach § 9 Abs. 2 BKrFQG anerkannten Ausbildungsstätten gilt die durch eine
nach Landesrecht zuständige Behörde erfolgte staatliche Anerkennung als
Ausbildungsstätte im Sinne von § 9 Abs. 1 BKrFQG ebenfalls als Bescheinigung im
Sinne des § 4 Nr. 21 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb UStG. 9Unter
die Steuerbefreiung fallen auch die Leistungen von Fahrschulen, die zur
Ausbildung gegenüber Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehren, der nach
Landesrecht anerkannten Rettungsdienste und der technischen Hilfsdienste sowie
des Katastrophenschutzes erbracht werden und zum Führen von Einsatzfahrzeugen
bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 7,5 t
berechtigen.
(7) 1Eine „Jagdschule“, die
Schulungen zur Vorbereitung auf die Jägerprüfung durchführt, ist keine
allgemein bildende oder berufsbildende Einrichtung im Sinne des
§ 4 Nr. 21
UStG. 2Eine Steuerbefreiung nach
dieser Vorschrift kommt daher nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 18. 12. 2003, V R
62/02,
BStBl 2004 II S.
252).
(8) 1Ballett- und Tanzschulen können als
allgemein bildende oder berufsbildende Einrichtungen beurteilt werden.
2Eine Steuerfreiheit der Umsätze von Ballett- und
Tanzschulen nach
§ 4 Nr. 21
UStG kommt insoweit in Betracht, als vergleichbare
Leistungen in Schulen erbracht werden und die Leistungen nicht der bloßen
Freizeitgestaltung dienen. 3Steuerfrei können demnach
insbesondere Kurse der tänzerischen Früherziehung und Kindertanzen für Kinder
ab 3 Jahren und klassischer Ballettunterricht sein.
4Unter Kurse, die von ihrer Zielsetzung auf reine
Freizeitgestaltung gerichtet sind, fallen z. B. Kurse, die sich an Eltern von
Schülern richten, um die Wartezeit während des Unterrichts der Kinder sinnvoll
zu nutzen, Kurse für Senioren oder Kurse für allgemein am Tanz interessierte
Menschen (vgl.
BFH-Urteil vom 24. 1. 2008, V R
3/05,
BStBl 2012 II S. 267).
5Kurse für allgemein am Tanz interessierte Menschen
können z. B. spezielle Hochzeits- und Crashkurse
sein.“
2Anm. der Red.: BStBl II-Fundstelle wird nach dem Erscheinen im BStBl II ergänzt.