Zu § 15 UStG (§§ 35 bis 43 UStDV)
15.3. Vorsteuerabzug bei Zahlungen vor Ausführung der Umsätze
(1) 1Der Vorsteuerabzug bei Zahlungen vor Ausführung des (Eingangs-)Umsatzes (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG) setzt voraus, dass
2Der Vorsteuerabzug kommt für den Voranmeldungs- bzw. Besteuerungszeitraum in Betracht, in dem erstmalig beide Voraussetzungen erfüllt sind. 3Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aus Rechnungen über Lieferungen, auf die eine Anzahlung geleistet wurde, ist, dass alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands, d. h. der künftigen Lieferung, bereits bekannt und somit insbesondere die Gegenstände der Lieferung zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind (vgl. , BStBl 2007 II S. 340, vgl. Abschnitt 14.8 Abs. 4 Satz 2).
(2) [1] 1Hat ein Unternehmer, der von der Steuerbefreiung nach § 19 Abs. 1 oder 4 UStG zur Regelbesteuerung übergeht, bereits vor dem Übergang Zahlungen für einen nach dem Übergang an ihn bewirkten Umsatz geleistet, ist der Vorsteuerabzug vor Ausführung des Umsatzes (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG) nicht möglich. 2Der Übergang stellt jedoch eine Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 15a UStG zu diesem Zeitpunkt dar, weshalb unter den dortigen Voraussetzungen und unter Beachtung der Bagatellgrenzen des § 44 UStDV eine Vorsteuerberichtigung zu Gunsten des Unternehmers möglich ist. 3Umgekehrt ist bei einem Übergang von der Regelbesteuerung zur Steuerbefreiung nach § 19 Abs. 1 oder 4 UStG ein zuvor nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG vorgenommener Vorsteuerabzug zum Zeitpunkt des Übergangs unter den Voraussetzungen des § 15a UStG und unter Beachtung der Bagatellgrenzen des § 44 UStDV zu Lasten des Unternehmers zu berichtigen.
(3) Für den Vorsteuerabzug bei Zahlungen vor Ausführung des Umsatzes ist es ohne Bedeutung, ob die vor Ausführung des Umsatzes geleistete Zahlung das volle Entgelt oder nur einen Teil des Entgelts einschließt.
(4) 1Ist der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag höher als die Steuer, die auf die Zahlung vor der Umsatzausführung entfällt, kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 UStG nur der Steuerbetrag abgezogen werden, der in der im Voraus geleisteten Zahlung enthalten ist. 2Das gilt auch, wenn vor der Ausführung des Umsatzes über die gesamte Leistung abgerechnet wird, die Gegenleistung aber in Teilbeträgen gezahlt wird. 3In diesen Fällen hat daher der Unternehmer den insgesamt ausgewiesenen Steuerbetrag auf die einzelnen Teilbeträge aufzuteilen.
1Der Unternehmer hat bereits im Januar eine Gesamtrechnung für einen im Juli zu liefernden Gegenstand über 100 000 € zuzüglich gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer in Höhe von 19 000 €, insgesamt 119 000 €, erhalten. 2Er leistet in den Monaten März, April und Mai Anzahlungen von jeweils 23 800 €. 3Die Restzahlung in Höhe von 47 600 € überweist er einen Monat nach Ausführung des Umsatzes.
4Der Unternehmer kann für die Voranmeldungszeiträume März, April und Mai den in der jeweiligen Anzahlung enthaltenen Steuerbetrag von 3 800 € als Vorsteuer abziehen. 5Die in der Restzahlung von 47 600 € enthaltene Vorsteuer von 7 600 € kann für den Voranmeldungszeitraum Juli (zum Zeitpunkt der Umsatzausführung) abgezogen werden.
(5) 1Aus einer Endrechnung (§ 14 Abs. 5 Satz 2 UStG) kann der Leistungsempfänger nur den Steuerbetrag als Vorsteuer abziehen, der auf die verbliebene Restzahlung entfällt. 2Das Gleiche gilt bei der Abrechnung mit Gutschriften. 3Ein höherer Vorsteuerabzug ist auch dann nicht zulässig, wenn in der Endrechnung die im Voraus gezahlten Teilentgelte und die darauf entfallenden Steuerbeträge nicht oder nicht vollständig abgesetzt wurden (vgl. Abschnitt 14.8 Abs. 10). 4Sind die Rechnungen oder Gutschriften für die im Voraus geleisteten Zahlungen im Zusammenhang mit der Erteilung der Endrechnung widerrufen oder zurückgenommen worden, ist aus der Endrechnung ebenfalls nur der auf die Restzahlung entfallende Steuerbetrag als Vorsteuer abziehbar (vgl. Abschnitt 14.8 Abs. 9).
(6) Für Anzahlungen, bei denen erst im Zeitpunkt der Leistungserbringung der Leistungsempfänger die Voraussetzungen als Steuerschuldner nach Maßgabe des § 13b UStG erfüllt, vgl. Abschnitt 13b.12 Abs. 3 Sätze 3 und 4.
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XAAAD-54581
1Anwendungsregelung: Abs. 2 neu gefasst durch BMF v. 10. 11. 2025 – III C 2 - S 7300/00080/004/019. Die Grundsätze dieser Regelung sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn sich ein Unternehmer in einer bis zum 10. 11.
2025 abgegebenen Umsatzsteuererklärung auf die bis zum 10. 11. 2025 gültige Fassung
von Abschnitt 15.3 Abs. 2 UStAE beruft. In diesen Fällen sind ggf. in einer Umsatzsteuererklärung
für ein späteres Kalenderjahr die Vorsteuern entsprechend zu berücksichtigen.
Die vorherige Fassung des Abs. 2 lautete:
„(2) Hat ein Kleinunternehmer, der von der Steuerbefreiung nach § 19 Abs. 1
oder 4
UStG zur allgemeinen Besteuerung übergegangen ist, bereits vor dem Übergang Zahlungen
für einen nach dem Übergang an ihn bewirkten Umsatz geleistet, kann er den
Vorsteuerabzug vor Ausführung des Umsatzes (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3
UStG) in der Voranmeldung für den ersten Voranmeldungszeitraum nach dem
Übergang zur allgemeinen Besteuerung geltend machen.“