Sog. Rücklagenmanagement zur "Mobilisierung" von Körperschaftsteuerguthaben nicht rechtsmissbräuchlich
Leitsatz
1. Wird im Falle einer sog. doppelten Untätigkeit im zeitlichen Zusammenhang mit einem Untätigkeitseinspruch beim FA eine Untätigkeitsklage bei Gericht erhoben und ergeht daraufhin zunächst ein Steuerbescheid und anschließend eine (abweisende) Einspruchsentscheidung, kann die Untätigkeitsklage als Anfechtungsklage fortgeführt werden (Abgrenzung zum Senatsurteil vom I R 74/02, BFH/NV 2006, 19).
2. Die „Mobilisierung” von Körperschaftsteuerguthaben im Wege eines sog. Rücklagenmanagements und dessen modellmäßige Verwirklichung in Teilschritten zunächst durch kreditfinanzierten Erwerb eines sog. Vorzugsgeschäftsanteils (von bis zu 0,29 v.H.) am Stammkapital einer Kapitalgesellschaft mit hohen Gewinnrücklagen zu einem über dem Nominalwert liegenden Kaufpreis und anschließender Beschlussfassung einer disquotalen, durch ein Mehrstimmrecht abgesicherten Vorabausschüttung ist nicht rechtsmissbräuchlich. Der Anteilserwerb ist auch nicht in ein Darlehensverhältnis umzudeuten.
Gesetze: AO 1977 § 42AO 1977 § 347 Abs. 1 Satz 2EStG 1997 § 6 Abs. 1 Nr. 2EStG 1997 § 20 Abs. 1 Nrn. 1 und 3, Abs. 2aEStG 1997 § 36 Abs. 2 Nr. 3FGO § 46
Instanzenzug: (EFG 2006, 205) (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die steuerliche Anerkennung eines sog. Rücklagenmanagements zur Realisierung von Körperschaftsteuerguthaben im Zusammenhang mit dem Systemwechsel vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren und hierbei zur Vermeidung des Verlusts von Körperschaftsteuerguthaben (vgl. zu diesem Gestaltungsmodell z.B. Schwedhelm/ Binnewies, Der Betrieb —DB— 2001, 503; Roser, GmbH-Rundschau —GmbHR— 2000, 1189). Das Streitjahr ist 2000.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG mit kalenderjahrentsprechendem Wirtschaftsjahr, die mit Vertrag vom in der Rechtsform der GmbH gegründet worden und mit Umwandlungsbeschluss vom mit steuerlicher Wirkung zum zu Buchwerten in die heutige Rechtsform umgewandelt worden ist. Ihr Unternehmensgegenstand besteht im Erwerb und im Halten von Beteiligungen an anderen Kapitalgesellschaften, insbesondere mit Sitz in Nordrhein-Westfalen, sowie in der Verwaltung eigenen Vermögens. Persönlich haftende Gesellschafterin war im Streitjahr die A-GmbH, Kommanditistin die B-GmbH & Co. KG, an welcher —als Kommanditisten in Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie als Gesellschafter der Komplementär-GmbH— mit je 50 v.H. der Anteile B und S beteiligt waren; B und S fungierten zugleich als Geschäftsführer.
B und S waren mittelbar ebenfalls zu je 50 v.H. an sieben Schwestergesellschaften der Klägerin mit identischem Unternehmensgegenstand beteiligt, die ebenfalls in der Rechtsform der GmbH gegründet und mit steuerlicher Wirkung zum in GmbH & Co. KG umgewandelt worden sind. Zusammen mit diesen Schwestergesellschaften schloss die Klägerin am mit der M-Bank einen Vertrag über die Vermittlung von neu auszugebenden Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften. Nach diesem Vertrag sollte der M-Bank für jede vermittelte Beteiligung im Rahmen des Projektes „Rücklagenmanagement” eine Provision von 16 v.H. des von der Klägerin bzw. ihren Schwestergesellschaften für die jeweilige Beteiligung entrichteten Kaufpreises zustehen. Die Provision sollte mit bestandskräftiger Veranlagung der die Provisionen jeweils schuldenden Gesellschaft zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer fällig werden.
Am erteilte die M-Bank der Klägerin und ihren Schwestergesellschaften eine später auf 3 Mrd. DM erhöhte Kreditzusage über 1 Mrd. DM für den Erwerb der neu auszugebenden Beteiligungen und die damit zusammenhängenden Kosten. Die Bereitstellung der Gelder sollte jeweils objektbezogen erfolgen und die Vorlage des entsprechenden Zeichnungsscheines erfordern. Die noch nicht verwendeten Valuten waren auf Festgeldkonten der M-Bank anzulegen. Die Rückführung des Kredites sollte aus erwarteten Gewinnausschüttungen der Kapitalgesellschaften sowie aus von der Klägerin in diesem Zusammenhang vereinnahmten Steuererstattungen erfolgen. Als Sicherheiten sollten die erworbenen Geschäftsanteile an den Kapitalgesellschaften und die Festgeldguthaben aus den nicht in Anspruch genommenen Valuten der M-Bank verpfändet werden. Veränderungen der Gesellschafterverhältnisse der kreditnehmenden Gesellschaften sollten der Zustimmung der M-Bank bedürfen. Zudem verpflichteten sich die Klägerin und ihre Schwestergesellschaften, die Kapitalgesellschaften, an denen die Beteiligung erfolgen sollte, spätestens mit der Eigenkapitaleinlage unwiderruflich anzuweisen, Gewinnausschüttungen auf das für die Klägerin bzw. für ihre Schwestergesellschaften bestehende Konto bei der M-Bank zu überweisen. Auch Steuererstattungen aus dem Projekt „Rücklagenmanagement” sollten bis zur vollständigen Rückführung des Kredites ausschließlich und unwiderruflich über die Konten bei der M-Bank abgewickelt werden.
Im Oktober bzw. November 2000 erwarb die Klägerin 25 Geschäftsanteile an unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen GmbH, die über Rücklagen aus versteuerten und thesaurierten Gewinnen verfügten; die Rücklagen hatten nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1999) ungemildert der Körperschaftsteuer unterlegen. Die Anteile der bisherigen Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaften befanden sich in deren Betriebsvermögen oder stellten bei diesen wesentliche Beteiligungen i.S. von § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997) dar.
Die Klägerin beteiligte sich an den 25 Gesellschaften in der Weise, dass die Altgesellschafter im Rahmen einer Gesellschafterversammlung zunächst eine Kapitalerhöhung zum Zwecke der Schaffung eines sog. Vorzugsgeschäftsanteils im Umfang von 0,0001 v.H. bis 0,29 v.H. des Stammkapitals der Beteiligungsgesellschaften beschlossen, einen erheblich über dem Nominalwert der Stammeinlage liegenden Ausgabepreis für den neuen Geschäftsanteil festlegten und die Klägerin zur Zeichnung der Vorzugsgeschäftsanteile zuließen. Zudem beschlossen die Altgesellschafter, dass die neuen Stammeinlagen als Vorzugsgeschäftsanteile vorbehaltlich des § 30 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) einen genau bezifferten Gewinnanteil (jeweils ca. 93,3 v.H. des von der Klägerin zu entrichtenden Ausgabepreises) aus dem Bilanzgewinn der Gesellschaft bzw. als Zwischendividende erhalten sollten, der bis zu einem bestimmten Termin im Dezember 2000 (spätester vereinbarter Termin: ) an die Klägerin ausgeschüttet werden sollte. Bis zu der Beschlussfassung über die Ausschüttung des Vorzugsgewinnanteils gewährte der jeweilige Vorzugsgeschäftsanteil nach den vertraglichen Vereinbarungen für sämtliche Gesellschafterbeschlüsse die Mehrheit der Stimmen, für die Zeit nach der Beschlussfassung vermittelte der Geschäftsanteil eine Stimm- und Gewinnberechtigung entsprechend seinem Anteil am Stammkapital der Beteiligungsgesellschaft. Für die Dauer des Bestehens des Mehrstimmrechts sollten alle Beschlüsse mit Ausnahme der Beschlüsse über Ausschüttungen der Mehrheit von drei Vierteln aller abgegebenen Stimmen bedürfen. Entsprechend diesen Beschlüssen wurden die Satzungen der Beteiligungsgesellschaften geändert. Im Anschluss an die Gesellschafterversammlungen übernahm die Klägerin jeweils die neuen Geschäftsanteile an den GmbH. Die Kapitalerhöhungen wurden in der Folge zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet und im Handelsregister eingetragen.
Der Ausgabepreis für die Vorzugsgeschäftsanteile war an der Höhe der erwarteten Vorzugsdividende bemessen. Er belief sich regelmäßig auf ca. 75 v.H. der Summe aus Vorzugsdividende und anrechenbarer Körperschaftsteuer. Verhandlungen über die Höhe des Ausgabepreises fanden zwischen den Beteiligungsgesellschaften und der Klägerin bzw. zwischen der die Beteiligungen vermittelnden M-Bank und den betreffenden Beteiligungsgesellschaften nicht statt. Für die Beteiligungsgesellschaften bestand nur die Möglichkeit, den vorgeschlagenen Ausgabepreis zu akzeptieren oder auf eine Teilnahme am Projekt „Rücklagenmanagement” zu verzichten. Für die von der Klägerin übernommenen Vorzugsgeschäftsanteile von nominal 195,58 DM bis 6 180,86 DM entrichtete die Klägerin im Oktober und November 2000 Ausgabepreise zwischen 700 000 DM und 600 Mio. DM. Die Summe der Ausgabepreise für die 25 Vorzugsgeschäftsanteile von nominal 36 195,47 DM belief sich auf 1 074 460 000 DM. Die von der Klägerin für die Vermittlung der Beteiligungen an die M-Bank zu entrichtenden Provisionen betrugen insgesamt 171 913 440 DM. Die Ausgabepreise wurden von den Beteiligungsgesellschaften in Höhe des Agios (also der Differenz zwischen Ausgabepreis und Nominalwert des Geschäftsanteils) in die Kapitalrücklage eingestellt.
Im Dezember 2000 entrichteten die Beteiligungsgesellschaften, nachdem sie (in den Monaten November und Dezember 2000) entsprechende Gewinnverteilungsbeschlüsse über die Verwendung der Bilanzgewinne bzw. Gewinnvorträge gefasst hatten, an die Klägerin die in den Satzungsbestimmungen bezifferten Vorzugsdividenden in Höhe von insgesamt 738 286 233,08 DM (= 1 002 765 653,61 DM abzüglich Kapitalertragsteuer in Höhe von 250 691 393,40 DM und Solidaritätszuschlag in Höhe von 13 788 027,13 DM). Die Zahlungen wurden unmittelbar auf das Konto der Klägerin bei der M-Bank überwiesen und dort zur teilweisen Ablösung der gegenüber der M-Bank bestehenden Verbindlichkeiten verwendet. Zum wies die Klägerin gegenüber der M-Bank noch eine Darlehensverbindlichkeit in Höhe von 349 700 625,89 DM aus.
Die am für einen Ausgabepreis von 600 Mio. DM (angefallene Provision: 96 Mio. DM) übernommene Beteiligung an einer der Beteiligungsgesellschaften, der Y-GmbH, veräußerte die Klägerin am nach Ausschüttung der Vorzugsdividende von 559 999 800 DM für einen nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Preis von 1 000 DM an eine ihrer Schwestergesellschaften. Die Veräußerung erfolgte deshalb, weil die bisherigen Gesellschafter der Y-GmbH sich entschlossen hatten, die Gesellschaft zum Ende des Jahres 2000 formwechselnd in eine Kommanditgesellschaft umzuwandeln, und die Klägerin den Altgesellschaftern die Höhe der an die M-Bank entrichteten Vermittlungsprovision für ihre Beteiligung nicht offenbaren wollte. Die am erworbene Beteiligung an einer weiteren der Beteiligungsgesellschaften, der X-GmbH, veräußerte die Klägerin auf Drängen der bisherigen Gesellschafter, die wegen der Beteiligung der Klägerin an der Gesellschaft steuerliche Risiken befürchteten, am zu einem Kaufpreis von 3 100 DM an die X-GmbH.
Die Klägerin behandelte die Ausgabepreise für die Vorzugsgeschäftsanteile in Höhe von insgesamt 1 074 460 000 DM zuzüglich der an die M-Bank zu entrichtenden Provisionen in Höhe von insgesamt 171 913 440 DM als Anschaffungskosten für die Beteiligungen. Die Bruttodividenden (Vorzugsdividenden lt. Satzungen zuzüglich der darauf entfallenden anrechenbaren Körperschaftsteuer) in Höhe von insgesamt 1 432 522 328,16 DM erfasste sie als Beteiligungserträge. Zudem nahm sie in der auf den aufgestellten Übertragungsbilanz ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibungen auf die Beteiligungen in Höhe von insgesamt 1 245 934 440 DM vor; in der Übertragungsbilanz zum waren die (nach dem Verkauf der Beteiligung an der Y-GmbH) verbliebenen 24 Beteiligungen im Nominalwert von insgesamt 35 217,55 DM noch mit einem Buchwert von insgesamt 438 000 DM ausgewiesen. Auf dieser Grundlage wies die Klägerin in der Übertragungsbilanz zum einen Jahresüberschuss in Höhe von 81 142 444 DM aus.
Am reichte die Klägerin die Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr bei dem seinerzeit zuständigen Finanzamt (FA O) ein. Sie erklärte auf der Grundlage des zum ermittelten Jahresüberschusses ein zu versteuerndes Einkommen von 147 531 717 DM und machte anrechenbare Körperschaftsteuer in Höhe von 429 756 675 DM, anrechenbare Kapitalertragsteuer in Höhe von 250 691 393 DM, anrechenbare Zinsabschläge in Höhe von 394 237 DM und anrechenbare Solidaritätszuschläge zur Kapitalertragsteuer und zu den Zinsabschlägen in Höhe von 13 809 710 DM geltend. Den sich danach ergebenden Erstattungsanspruch in Höhe von 605 144 353 DM hatte die Klägerin ausweislich einer dem FA vorgelegten Abtretungsanzeige in Höhe eines Betrages von 557 880 000 DM an die M-Bank abgetreten.
Das FA O wies mit Schreiben vom darauf hin, dass es beabsichtige, den Sachverhalt abweichend von der Erklärung der Klägerin nach Maßgabe des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom (BStBl I 2001, 47) zu beurteilen.
Nachdem die Klägerin in der Folgezeit mehrfach die Durchführung der Veranlagung zur Körperschaftsteuer gemäß ihrer Erklärung angemahnt hatte, legte sie am beim FA O Untätigkeitseinspruch ein. Am setzte das FA O daraufhin die Körperschaftsteuer auf 0 DM fest. Eine Anrechnung von Körperschaftsteuer, Kapitalertragsteuer, Zinsabschlag und Solidaritätszuschlag wurde weitestgehend nicht vorgenommen. Die anschließenden Einsprüche wies der Beklagte und Revisionskläger (das FA) mit Entscheidung vom zurück. Vorangegangen war eine am erhobene Untätigkeitsklage der Klägerin. Im Laufe dieses Klageverfahrens hatte das FA am geänderte Steuerbescheide erlassen.
Diesen geänderten Steuerbescheiden lagen die Ergebnisse einer in der Zeit vom bis zum durchgeführten Außenprüfung zugrunde. Danach wurden die als Ausschüttungen an die Klägerin bezeichneten Zahlungen der Beteiligungsgesellschaften nicht als Gewinnausschüttungen i.S. von § 8 Abs. 1 KStG 1999 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 sowie Abs. 3 und § 15 EStG 1997 angesehen. Die von der Klägerin erfassten Beteiligungserträge seien deswegen außer Ansatz zu lassen, die Ausgabepreise für die Vorzugsgeschäftsanteile von insgesamt 1 074 460 000 DM in Höhe des die Nominalwerte der Beteiligungen (36 195 DM) übersteigenden Betrages von 1 074 423 805 DM (abzüglich der an die Klägerin entrichteten Nettodividenden in Höhe von insgesamt 738 286 223 DM) als Darlehensforderungen der Klägerin und die der M-Bank geschuldeten Provisionen in Höhe von 171 913 440 DM als sofort abzugsfähiger Aufwand zu erfassen. Zudem sei —mit Ausnahme des auf Festgeldanlagen der Klägerin entfallenden Zinsabschlages— keine Anrechnung von Körperschaftsteuer, Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag vorzunehmen. Schließlich ermittelte das FA einen Ertrag aus der Veräußerung des Geschäftsanteils an der Y-GmbH in Höhe von 22 DM. Der auf dieser Grundlage errechnete Jahresfehlbetrag wurde der Besteuerung zugrunde gelegt.
Das Finanzgericht (FG) Münster hat demgegenüber über die mit einem Anfechtungsantrag fortgeführte Untätigkeitsklage durch Zwischenurteil vom 9 K 5138/02 K (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2006, 205) festgestellt, dass die Klägerin im Streitjahr gewerbliche Einkünfte i.S. von § 8 Abs. 1 und 2 KStG 1999 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nrn. 1 und 3, Abs. 3 und § 15 EStG 1997 aus den 25 Beteiligungen erzielt habe. Das FG widerspricht damit in der Sache dem Hessischen FG, welches in einem Parallelverfahren betreffend die sieben Schwestergesellschaften der Klägerin zu deren Lasten entschieden hat (Urteil vom 4 K 2223/02, 4 K 3171/02, 4 K 3173-3177/02, EFG 2005, 1587).
Seine dagegen gerichtete Revision stützt das FA auf Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet.
1. Die gegen die —später durch Bescheide vom geänderten— Steuerbescheide vom als Anfechtungsklage fortgeführte Untätigkeitsklage (§ 46 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) ist statthaft. Es fehlt nicht an einem ordnungsmäßigen Vorverfahren, nachdem das FA auf den zuvor erhobenen Untätigkeitseinspruch gemäß § 347 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zunächst die Steuerbescheide vom und sodann die Einspruchsentscheidung vom erlassen hat (vgl. abgrenzend zu dieser Verfahrensrechtslage Senatsurteil vom I R 74/02, BFH/NV 2006, 19, m.w.N.).
2. Die Vorinstanz hat die Klage auch zutreffend als begründet angesehen.
a) Die Beteiligungsgesellschaften haben im Streitjahr an die Klägerin aufgrund ordnungsmäßiger Beschlüsse Gewinne ausgeschüttet. Diese Gewinne sind der Klägerin als Anteilseignerin zuzurechnen (§ 20 Abs. 2a EStG 1997) und wurden von ihr gemäß § 20 Abs. 1 Nrn. 1 und 3, Abs. 3, § 15 EStG 1997 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999 als gewerbliche Einkünfte vereinnahmt.
b) Die Annahme des FA, bei den Gewinnausschüttungen handele es sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise um Darlehensrückzahlungen, werden von den —den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO)— tatrichterlich getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht getragen; die vereinnahmten Bezüge gründen sich danach vielmehr allein in der Stellung der Klägerin als Anteilseignerin der Beteiligungsgesellschaften.
aa) Das folgt zunächst in formaler und materieller Hinsicht aus den zwischen den beteiligten Unternehmen getroffenen Vereinbarungen als Kaufverträge. Weder Wortlaut dieser Vereinbarungen noch deren inhaltliche Ausgestaltung —die fehlende Verzinsung des geleisteten Kapitals trotz einer Belastung der Klägerin mit Refinanzierungszinsen und Provisionen, die ebenfalls fehlende Sicherheitsgestellung, das Fehlen von Rückzahlungsmodalitäten und vor allem auch das Fehlen einer gleichhohen Rückzahlungsverpflichtung bei einem Ausgabepreis für die Anteile von 100 v.H. und einer Sonderdividende von lediglich zirka 93 v.H.— rechtfertigen die Annahme, dass die Sonderdividenden in Wirklichkeit Darlehensrückzahlungen wären.
bb) Letzteres erschließt sich ebenso wenig aus wirtschaftlichen Erwägungen. Der Klägerin ging es nach den Feststellungen des FG darum, Beteiligungen an den Beteiligungsgesellschaften zu erwerben. Der Umstand, dass die Klägerin bei Entrichtung der Ausgabepreise für die Vorzugsgeschäftsanteile im Oktober und November 2000 wegen des ihr in den Gesellschafterversammlungen der Beteiligungsgesellschaften bis zur Beschlussfassung über die Vorzugsdividenden jeweils zustehenden Mehrstimmrechts mit großer Sicherheit davon ausgehen konnte, in Form der Sonderdividenden und der Körperschaftsteueranrechnung Leistungen in (mindestens) gleicher Höhe zurück zu erhalten, ändert daran nichts. Die Vorinstanz weist zutreffend darauf hin, dass sich eine derartige „Mobilisierung” von Körperschaftsteuerguthaben nach Maßgabe des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens in vielfacher Weise erreichen lässt, die sämtlich im Anrechnungssystem angelegt und die seitens des Bundesfinanzhofs (BFH) wiederholt unbeanstandet geblieben sind; auf die einschlägige Rechtsprechung ist zu verweisen (vgl. z.B. zum sog. Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren Senatsurteil vom I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43; zum sog. Leg-ein-Hol-zurück-Verfahren Senatsurteil vom I R 25/00, BFHE 196, 485, BStBl II 2003, 923 sowie —ausdrücklich als probate und kautelarjuristisch sogar gebotene Ausweggestaltung zur Vermeidung von Vermögensnachteilen— Senatsurteil vom I R 107/04, BFHE 210, 256, BStBl II 2005, 884, sowie zur sog. Anteilsrotation —aus Sicht der Gesellschaft— , BFHE 181, 490, BStBl II 1998, 90; vom I R 48/97, BFHE 196, 128, und —aus Sicht des Gesellschafters— , BFH/NV 2004, 925). Für die im Streitfall gewählte Gestaltungsvariante eines Anteilserwerbs mit mehrstimmrechtsgesicherter inkongruenter Gewinnausschüttung verhält es sich nicht anders. Dass die Klägerin sich nur mit geringen Nominalanteilen an den Beteiligungsgesellschaften beteiligt hat, und dass die Ausgabepreise für diese Anteile nicht am Unternehmenswert der Beteiligungsgesellschaften, sondern an der Höhe der erwarteten Vorzugsdividenden bemessen wurden, rechtfertigt die Umqualifizierung in ein Darlehensverhältnis nicht. Das FG weist auch insoweit zutreffend darauf hin, dass die Orientierung eines Preises an erwarteten Gewinnansprüchen üblich ist.
cc) Die Klägerin hat von den Altgesellschaftern der Beteiligungsgesellschaften keine Gewinnansprüche oder Gewinnbezugsrechte als —schuldrechtliche— Gegenleistung für das aufgewandte Kapital erworben (s. zu dieser Möglichkeit z.B. BMF-Schreiben in BStBl I 2001, 47; Groh, DB 2000, 1433; Paus, Finanz-Rundschau 2000, 197). Für eine entsprechende Annahme bietet der festgestellte Sachverhalt ebenfalls keinen Anhaltspunkt. Das FG hat im Gegenteil festgestellt, dass über die Sonderdividenden erst nach dem jeweiligen Anteilserwerb beschlossen worden ist und dass es an Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den Altgesellschaftern über eine entsprechende Beschlussfassung fehle. Folglich standen der Klägerin beim Anteilserwerb auch keine Rechtsansprüche auf die Dividenden (und auf die latent vorhandenen Körperschaftsteuerguthaben der Beteiligungsgesellschaften) zu, sondern nur die faktische Erwartung entsprechender Gesellschafterbeschlüsse. Im Einzelnen nimmt der Senat dazu auf die umfangreichen und zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz (unter II.5.b bb aaa ff. des Urteils) Bezug.
c) Schließlich gibt der festgestellte Sachverhalt keine Veranlassung, von einem Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 auszugehen, der es rechtfertigen würde, die Sonderausschüttungen der Beteiligungsgesellschaften an die Klägerin in die Rückzahlung von Darlehen umzudeuten.
aa) Der Senat hat es, wie erwähnt, prinzipiell nicht beanstandet, wenn Beteiligungserträge im Rahmen des sog. Leg-ein-Hol-zurück-Verfahrens oder des sog. Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahrens erwirtschaftet werden, um auf diese Weise die Anrechnung von Körperschaftsteuerguthaben oder auch die Nutzung von Verlustpotentialen zu erwirken (Urteile in BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43; in BFHE 196, 485, BStBl II 2003, 923). Er hat es gleichermaßen als unproblematisch angesehen, wenn unter einander fremden Dritten —wie dies im Streitfall gegeben ist— zu diesem Zweck Sachverhalte in einer Weise gestaltet werden, die in der Praxis unter dem Schlagwort der sog. Anteilsrotation behandelt werden, nämlich durch Neutralisierung der Gewinnausschüttung mittels Teilwertabschreibung auf die „leergeschüttete” Beteiligung einerseits und durch Schaffung von Anrechnungsüberhängen im Wege der Körperschaftsteueranrechnung andererseits (z.B. Urteile in BFHE 181, 490, BStBl II 1998, 90; in BFHE 196, 128). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.
Zwar betrafen jene Entscheidungen durchweg die Ebene der ausschüttenden Gesellschaft, nicht —wie aber im Streitfall— jene des Gesellschafters (vgl. aber auch BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 925). Es entspricht auch gefestigter Rechtsprechung, dass ein und derselbe Vorgang in der Person eines Beteiligten als Gestaltungsmissbrauch beurteilt werden kann, in der Person des anderen dagegen nicht (vgl. Senatsurteil in BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43; BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 925). Bezogen auf die vorliegend zu beurteilenden tatsächlichen Gegebenheiten wirkt sich diese Rechtsfolgenunterscheidung jedoch nicht aus. Denn Grund für die Rechtsprechung zur „Mobilisierung” von Körperschaftsteuerguthaben (oder zur Nutzung von Verlustpotentialen) war der Umstand, dass sowohl die Anrechnung der Körperschaftsteuer nach Maßgabe von § 49 KStG 1999 i.V.m. § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1997 als auch die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung nach Maßgabe von § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1997 in Einklang mit der Regelungslage und der Regelungskonzeption stehen. Beides kann deswegen grundsätzlich nicht missbräuchlich sein. Es ist dies allenfalls dann, wenn sich einer der Beteiligten infolge jener Gestaltung einen Steuervorteil erkauft, der ihm nach den der Regelungskonzeption zugrunde liegenden Wertungen nicht zusteht (BFH-Urteile in BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43; in BFH/NV 2004, 925). Um derartige Gestaltungen geht es hier indes nicht: Einen wirtschaftlichen (Liquiditäts-)Vorteil und damit im Ergebnis einen Steuervorteil aus der in Rede stehenden Gestaltung haben allein die Beteiligungsgesellschaften, ggf. auch deren Altgesellschafter, gezogen, da sie den (vorübergehenden) Verlust anrechenbarer Körperschaftsteuer (nach Maßgabe der §§ 36 ff. KStG 1999) verhindert und dafür einen Kaufpreis erzielt haben. Bei der Klägerin ist ein Steuervorteil indes nicht eingetreten, sondern lediglich ein wirtschaftlicher Erfolg, der auf ihr Angebot zur Anteilsübertragung und dessen (wenn auch modellhafte) Umsetzung zurückzuführen ist. Die wirtschaftlichen Interessenlagen unterscheiden sich also voneinander, auch wenn die wechselseitigen Vorteile die Beteiligten veranlasst haben mögen, in der geschehenen Weise miteinander zu kontrahieren.
Solche wirtschaftlichen Effekte einer Gestaltung im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit sind aus steuerlicher Sicht auch dann hinzunehmen, wenn —wie vom FA vermutet wird, vom FG aber ausdrücklich nicht bestätigt worden ist— die Klägerin tatsächlich die Anteile nur wegen der ins Auge gefassten Sonderausschüttungen erworben hätte. Dem Erwerber von Kapitalanteilen ist es unbenommen, Anteile zum Zwecke einer dauerhaften Kapitalanlage zu erwerben —wovon das FG im Streitfall im Übrigen für die Klägerin und vom FA unbeanstandet ausgeht—, ebenso gut aber auch zum Zwecke einer kurzfristigen Gewinnausschüttung. Einen Missbrauchsvorwurf rechtfertigt das Letztere nicht (anders Hessisches FG, Urteil in EFG 2005, 1587 —gleichfalls zu dem hier in Streit stehenden Gestaltungskonzept betreffend Schwestergesellschaften der Klägerin—).
Ein solcher Vorwurf folgt auch nicht daraus, dass „durch diese Gestaltung vorhandenes Körperschaftsteuerguthaben auf die Ebene der Gesellschafter (...) verlagert wird, ohne dass dieser 'Beteiligungsertrag' durch den Veräußerer in Form eines Veräußerungsgewinns versteuert würde” (so aber Hessisches FG, Urteil in EFG 2005, 1587). Es gibt keinen Rechtsgrundsatz, der es geböte, dass vorhandene Anrechnungsguthaben nur den Altgesellschaftern zugute kommen dürften; ausschlaggebend ist allein, wem die Anteile im Ausschüttungszeitpunkt wirtschaftlich zuzurechnen sind (vgl. § 20 Abs. 2a EStG 1997). Ebenso wenig gibt es einen Rechtsgrundsatz, wonach die Besteuerung beim Erwerber (und neuem Anteilseigner) von jener beim Veräußerer (und altem Anteilseigner) abhängig wäre. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass die erwünschte und zur Vermeidung von Vermögensnachteilen sogar gebotene (vgl. Senatsurteil in BFHE 210, 256, BStBl II 2005, 884) „Mobilisierung” der Körperschaftsteuerguthaben sich gemeinhin nur erreichen ließ, wenn genügend Liquidität vorhanden war. Genau das aber wurde aus Sicht der Beteiligungsgesellschaften durch die hier gewählte Gestaltung (in Form der wirtschaftlichen Weiterleitung der von der M-Bank herrührenden Geldmittel) sichergestellt (zutreffend Roser, GmbHR 2000, 1189). Dass sich dieses Ziel ggf. auch durch Ausreichung von Darlehensmitteln an die Beteiligungsgesellschaften hätte erreichen lassen, widerspricht dem nicht; es gibt unter den gegebenen Umständen keinen Grund, den verwirklichten Sachverhalt gegen einen alternativ denkbaren Sachverhalt auszutauschen, nur weil sich dieser für die Beteiligungsgesellschaften als steuerlich ungünstiger dargestellt hätte. Das Steuergesetz wird infolge des gewählten Gestaltungswegs nicht durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten umgangen; es wird lediglich genutzt, um die erstrebten wirtschaftlichen Ergebnisse zu optimieren und einem andernfalls drohenden Verlust der Körperschaftsteuerguthaben entgegenzuwirken.
bb) Die letzteren Erwägungen (unter 2.c aa) treffen im Ergebnis und jedenfalls unter einander Fremden gleichermaßen auf den von den Beteiligten gewählten Gestaltungsweg über die sog. inkongruente, nicht quotal an der Höhe der gehaltenen Gesellschaftsanteile ausgerichteten Gewinnausschüttung zu. Eine solche Ausschüttung steht in Einklang mit den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben (vgl. § 60 Abs. 1 des Aktiengesetzes, § 29 Abs. 3 GmbHG) sowie den —geänderten— Satzungen der Beteiligungsgesellschaften im Streitfall. Sie ist deswegen prinzipiell und auch unter den spezifischen Gegebenheiten des Streitfalles steuerlich anzuerkennen, nach denen die Klägerin —neben den ihr fremden Altgesellschaftern— in den Zeitpunkten der Sonderausschüttungen lediglich sog. Zwerganteile an den Beteiligungsgesellschaften hielt und kein Anlass für die Annahme besteht, dass die Altgesellschafter den Neugesellschaftern mittels der disquotalen Ausschüttung ohne angemessenen Ausgleich etwas verdeckt zuwenden wollten (vgl. Senatsurteil in BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43; , BFHE 135, 31, BStBl II 1982, 248; vom VIII R 128/84, BFHE 170, 511, BStBl II 1993, 594, 600; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG/UmwStG, § 8 KStG Rz. 113a; Wassermeyer in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 Rdnr. C 43a; s. auch Dötsch in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 27 KStG 1999 Rz. 130a; Blumers/Beinert/Witt, Deutsches Steuerrecht 2002, 565; anders wohl BMF-Schreiben in BStBl I 2001, 47; s. auch Groh, DB 2000, 1433).
3. Weitere tragfähige Einwendungen gegen das —umfassend begründete— Urteil der Vorinstanz hat das FA nicht vorgebracht, so dass der Senat es für gerechtfertigt hält, im Übrigen auf dieses Urteil zu verweisen.
4. Das Zwischenurteil des FG war sonach in vollem Umfang zu bestätigen. Die Sache wird zur Entscheidung durch Endurteil an das FG zurückverwiesen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BB 2006 S. 2345 Nr. 43
BB 2006 S. 2620 Nr. 48
BFH/NV 2006 S. 2207 Nr. 11
DB 2006 S. 18 Nr. 12
DB 2006 S. 2327 Nr. 43
DB 2007 S. 16 Nr. 27
DStR 2006 S. 1938 Nr. 43
DStRE 2006 S. 1432 Nr. 22
DStZ 2006 S. 752 Nr. 22
EStB 2006 S. 412 Nr. 11
FR 2007 S. 34 Nr. 1
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AAAAC-17021