BGH Beschluss v. - IX ZB 80/02

Leitsatz

[1] Aufgrund des Zivilprozeßreformgesetzes ist auch in Verfahren nach der Konkursordnung gegen Beschwerdeentscheidungen des Landgerichts nur noch die Rechtsbeschwerde möglich. Diese Rechtsbeschwerde richtet sich nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO n.F., nicht nach § 7 InsO.

Gesetze: KO § 73 Abs. 3; ZPO Fassung § 574 Abs. 1 Nr. 2; InsO § 7

Instanzenzug: AG Bergheim

Gründe

I.

Der weitere Beteiligte ist der Verwalter im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin. Er hat zugleich mit der Einreichung des Schlußberichts beantragt, seine Vergütung nebst Barauslagen zuzüglich 16 % Umsatzsteuer (= 8.742,86 €) festzusetzen. Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat dem weiteren Beteiligten auf die Vergütung nur den halben Umsatzsteuersatz zugebilligt (= 4.047,62 €). Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten hat das zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die - nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten vom , die mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom begründet worden ist.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.

1. Nach der Neufassung des Beschwerderechts durch das Zivilprozeßreformgesetz vom (BGBl. I S. 1887, 1902 ff) ist der Zugang zum Bundesgerichtshof ausschließlich in den Fällen des § 574 Abs. 1 ZPO statthaft (, ZInsO 2002, 371; Ullmann WRP 2002, 593, 599). Danach muß die Rechtsbeschwerde entweder ausdrücklich im Gesetz eröffnet (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder durch das Beschwerdegericht zugelassen worden sein (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Keiner dieser Fälle ist im Streitfall gegeben.

a) Die Statthaftigkeit des zweiten Rechtsmittels ergibt sich nicht aus § 73 Abs. 3 KO.

Der Gesetzgeber hat in der Begründung zu § 574 ZPO deutlich gemacht, daß mit der Einführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens die Vorschriften über die sofortige weitere Beschwerde generell ersetzt werden sollen. Die Rechtsbeschwerde tritt an die Stelle der bisherigen weiteren Beschwerde und beseitigt auf diese Weise die für unnötig gehaltene dritte Tatsacheninstanz, die nach altem Recht in einigen wenigen Fällen (z.B. § 793 Abs. 2 ZPO) gegen Beschwerdeentscheidungen des Landgerichts eröffnet wurde (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 116). Anzeichen dafür, daß § 73 Abs. 3 KO in seinem verbliebenen beschränkten Anwendungsbereich anders als der für die Einzelzwangsvollstreckung geltende § 793 Abs. 2 ZPO a.F. weitergelten solle, sind im Gesetzgebungsverfahren nicht hervorgetreten. Hätte der Gesetzgeber trotz der beschlossenen generellen Abschaffung der sofortigen weiteren Beschwerde für die der Zivilprozeßordnung unterliegenden Verfahren eine weitere Anwendung des § 568 ZPO a.F. im Konkursverfahren gewollt, so hätte dies als Ausnahmeregelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung - auch zur sachlichen Zuständigkeit - bedurft. Da eine solche Übergangsregelung unterblieben ist, muß auch im Anwendungsbereich des älteren § 73 Abs. 3 KO von der Ersetzung der sofortigen weiteren Beschwerde durch die Rechtsbeschwerde neuen Rechts ausgegangen werden (wie hier OLG Celle ZInsO 2002, 434, 436; Pape ZInsO 2002, 249, 250).

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann § 7 InsO in der Fassung des Zivilprozeßreformgesetzes auf den Streitfall weder unmittelbar noch entsprechend angewendet werden.

aa) Bis zum Inkrafttreten des Zivilprozeßreformgesetzes entsprach es einhelliger Meinung, daß § 7 InsO in der damals geltenden Fassung keine Bedeutung für den Rechtsmittelzug in Konkurssachen alten Rechts hatte (vgl. Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 73 KO Anm. 4 b; HK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 7 Rn. 3). Gegen Entscheidungen des Erstbeschwerdegerichts war die sofortige weitere Beschwerde allein nach Maßgabe der § 73 Abs. 3 KO, § 568 Abs. 2 ZPO a.F. statthaft, weil nach der Übergangsregelung des Art. 103 Satz 1 EGInsO die Vorschriften der Konkursordnung auf Konkursverfahren, die vor dem beantragt worden sind, weiter anzuwenden sind.

Durch die Übergangsregelung soll vermieden werden, daß auf ein Insolvenzverfahren und seine Wirkungen teils das alte Konkursrecht, teils das neue Insolvenzrecht anzuwenden ist. Wegen der grundlegenden Neuerungen der Reform des Insolvenzrechts sowohl in verfahrensrechtlicher wie auch in materieller Hinsicht hat es der Gesetzgeber für die am bereits anhängigen Konkurse bei der ausschließlichen Anwendung des bisherigen Rechts belassen (vgl. BT-Drucks. 12/3803 S. 116; siehe ferner HK-InsO/Landfermann aaO Art. 103, 104 Rn. 3). Dieser bereits der Gesetzesbegründung zugrundeliegende Leitgedanke der Übergangsregelung ist im Gesetzgebungsverfahren auf Vorschlag des Rechtsausschusses durch die Einführung der Formulierung "und deren Wirkungen" weiter verstärkt worden, um eine umfassende Anwendung der bisherigen gesetzlichen Vorschriften sicherzustellen (vgl. BT-Drucks. 12/7303 S. 118).

bb) An dieser Grundentscheidung des Gesetzgebers hat die Neufassung des Rechtsbeschwerderechts durch das Zivilprozeßreformgesetz nichts geändert. Insbesondere liegt keine system- oder rechtsstaatswidrige Verkürzung des Rechtswegs in Konkurssachen alten Rechts gegenüber Insolvenzsachen vor, die eine entsprechende Anwendung des § 7 InsO geböte.

Das Fehlen einer weiteren Beschwerdemöglichkeit trägt dem Anliegen des Zivilprozeßreformgesetzes Rechnung, die Rechtsbeschwerde nur für bestimmte Bereiche der Rechtsordnung gesetzlich vorzusehen und sie im übrigen - auch zur Entlastung des Bundesgerichtshofs - von der nicht nachprüfbaren Zulassungsentscheidung durch das Beschwerdegericht abhängig zu machen (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 116). Der durch die Verkürzung des Rechtsmittelzuges erzielte Beschleunigungseffekt widerspricht - wie der Senat unter Hinweis auf § 121 VerglO zu § 20 GesO bereits entschieden hat (vgl. , ZIP 1996, 2174, 2175) - weder Art. 3 Abs. 1 noch Art. 19 Abs. 4 GG oder der aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten staatlichen Justizgewährungspflicht. Es ist ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, daß es ein verfassungsrechtlich gesichertes Recht auf (gesetzlich nicht vorgesehene) Rechtsmittel gegen gerichtliche Entscheidungen nicht gibt (vgl. BVerfGE 65, 76, 90; 87, 48, 61; 89, 381, 390; 96, 27, 39). Für die im Streitfall hieraus folgende Ungleichbehandlung verfahrensrechtlicher Fragen in der Insolvenzordnung einerseits und der Konkursordnung andererseits gibt es hinreichend gewichtige Gründe, die insbesondere darin bestehen, daß es sich bei der Insolvenzordnung um ein junges Rechtsgebiet handelt, welches verstärkt klärungsbedürftige Grundsatzfragen aufwirft, während dies bei der Abwicklung der Übergangsfälle nach der Konkursordnung nicht in diesem Maße zu erwarten ist. Im übrigen befindet sich die Regelung des Beschwerderechtszuges bezüglich der konkursrechtlichen Altfälle im Einklang mit der Einzelzwangsvollstreckung, für die ebenfalls keine dem § 7 InsO vergleichbare Regelung geschaffen worden ist (vgl. § 793 ZPO n.F.), obwohl nach § 793 Abs. 2 ZPO a.F. die sofortige weitere Beschwerde - entsprechend § 73 Abs. 3 KO - grundsätzlich eröffnet war.

2. Die Sache ist zur Endentscheidung reif. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine nachträgliche Zulassung der Revision durch eine Ergänzung des Berufungsurteils gemäß § 321 ZPO nicht möglich (BGHZ 20, 188, 191 f; 44, 395, 397; 78, 22, 23; zustimmend MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl. § 546 Rn. 50; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 543 Rn. 15; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 21. Aufl. § 546 Rn. 19). Die Erwägungen treffen grundsätzlich in gleicher Weise für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu.

Der weitere Beteiligte hat auch keinen Ergänzungsantrag gestellt. Daß die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Beschlusses des Landgerichts gemäß § 319 ZPO vorlägen (vgl. BGHZ 78, 22, 23) macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend.

Fundstelle(n):
BB 2002 S. 2410 Nr. 47
TAAAC-00083

1Nachschlagewerk: ja; BGHZ: nein; BGHR: nein