BFH Beschluss v. - II B 58/05

Schenkweise übertragener Miteigentumsanteil an Grundstück

Leitsatz

Der Grundbesitzwert eines schenkweise übertragenen Miteigentumsanteils an einem Grundstück ist nach § 138 Abs. 5 BewG gesondert festzustellen. Dabei wird der Grundbesitzwert des zugewendeten ideellen Bruchteils am Grundstück ermittlungstechnisch über eine Bewertung des ganzen Grundstücks und eine Aufteilung des dabei ermittelten Werts nach den Eigentumsquoten festgestellt. Diese Bewertungsmethode für ideelle Grundstücksanteile gilt nicht nur, wenn das ganze Grundstück nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG auf der Grundlage der von den Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwerte bewertet wird, sondern auch dann, wenn der Steuerpflichtige nach § 146 Abs. 7 BewG einen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks nachgewiesen hat. Solche unüblichen Verkäufe von einzelnen Miteigentumsanteilen entsprechen nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr und können daher bei der Bewertung nach § 9 Abs. 2 BewG nicht berücksichtigt werden. Bei einer Veräußerung des Gesamtobjekts wirkt sich das Bruchteilseigentum hingegen nicht negativ auf den erzielbaren Kaufpreis aus.

Gesetze: BewG § 9 Abs. 2, § 146

Instanzenzug:

Gründe

I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) erhielt mit notariell beurkundetem Vertrag vom von ihrer Mutter einen Hälfteanteil an einem bebauten Grundstück geschenkt. Der andere Hälfteanteil an dem Grundstück gehört ihrem Vater.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) stellte mit Bescheid vom den der Schenkungsteuer zugrunde zu legenden Wert des auf die Antragstellerin übertragenen Grundstücksanteils auf die Hälfte des durch Sachverständigengutachten gemäß § 146 Abs. 7 des Bewertungsgesetzes (BewG) nachgewiesenen gemeinen Werts des gesamten Grundstücks von 595 000 €, also auf 297 500 € fest. Das FA folgte auch im Einspruchsverfahren nicht der dem Sachverständigengutachten entsprechenden Ansicht der Antragstellerin, der Wert des Grundstücksanteils betrage lediglich 250 000 €. Der Sachverständige hatte dazu ausgeführt, der Verkehrswert einer Grundstückshälfte unterschreite in der Regel die Hälfte des Gesamtverkehrswerts, da ein Erwerber nicht uneingeschränkt über das Objekt verfügen könne. Die Aufhebung der Gemeinschaft könne zwar im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens erreicht werden. Dieses Verfahren sei aber mit einem erheblichen Aufwand an Zeit und Kosten verbunden. Dies rechtfertige im Streitfall einen Abschlag von 15 v.H. auf den rechnerischen Anteil am gesamten Grundstückswert. Über die Klage ist noch nicht entschieden.

Den Antrag der Antragstellerin, die Vollziehung des angefochtenen Feststellungsbescheids auszusetzen, soweit der festgestellte Grundstückswert 250 000 € überschreitet, lehnten FA und Finanzgericht (FG) ab. Das FG vertrat die Auffassung, für die Ermittlung des Anteilswerts sei der Wert des gesamten Grundstücks quotal aufzuteilen. Der Nachweis eines niedrigeren Verkehrswerts sei nur für ein ganzes Grundstück, nicht aber für ideelle Grundstücksteile zulässig.

Mit der vom FG ausdrücklich zugelassenen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren beim FG gestellten Aussetzungsantrag weiter.

Das FA beantragt, die Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, als unzulässig zu verwerfen.

Die Beschwerdeschrift genüge nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen. Da das FG die Zulassung der Beschwerde nicht begründet habe, hätte die Antragstellerin darlegen müssen, auf welchen Revisionsgrund sie ihre Beschwerde stützen wolle, und dies entsprechend begründen müssen. Die Beschwerde sei im Übrigen auch unbegründet.

II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Ihre Statthaftigkeit ergibt sich aus der Zulassung durch das FG (§ 128 Abs. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—). An diese Zulassung ist der Bundesfinanzhof (BFH) in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 3 FGO gebunden (Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 128 FGO Tz. 38; Bergkemper in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 128 FGO Rz. 108).

Die Beschwerde hat auch den erforderlichen Mindestinhalt. Die Antragstellerin hat ihr Begehren deutlich gemacht und begründet. Einen „Revisionsgrund” brauchte sie entgegen der Auffassung des FA nicht anzuführen. Eine Beschwerdebegründung ist abgesehen von der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision (§ 116 Abs. 3 FGO) gesetzlich nicht vorgeschrieben (vgl. Seer, a.a.O., § 129 FGO Tz. 9 ff.; Bergkemper, a.a.O., § 129 FGO Rz. 8 ff.).

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

Es bestehen bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel i.S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO, dass das FA zu Recht als Grundstückswert des der Antragstellerin geschenkten Grundstücksanteils die Hälfte des durch Sachverständigengutachten nachgewiesenen gemeinen Werts des ganzen Grundstücks festgestellt hat. Wie der (BFHE 207, 48, BStBl II 2005, 19) entschieden hat, ist der Grundbesitzwert eines schenkweise übertragenen Miteigentumsanteils an einem Grundstück nach § 138 Abs. 5 BewG gesondert festzustellen. Dabei wird der Grundbesitzwert des zugewendeten ideellen Bruchteils am Grundstück ermittlungstechnisch über eine Bewertung des ganzen Grundstücks und eine Aufteilung des dabei ermittelten Werts nach den Eigentumsquoten festgestellt.

Diese Bewertungsmethode für ideelle Grundstücksanteile gilt nicht nur, wenn, wie in dem dem angeführten BFH-Urteil zugrunde liegenden Fall, das ganze Grundstück nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG auf der Grundlage der von den Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwerte bewertet wird, sondern auch dann, wenn der Steuerpflichtige wie im Streitfall nach § 146 Abs. 7 BewG einen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks nachgewiesen hat. Diese Vorschrift lässt nach ihrem Wortlaut nicht den zusätzlichen Nachweis zu, dass ein Miteigentumsanteil an einem so bewerteten Grundstück weniger wert sei als es dem rechnerischen Anteil am gemeinen Wert des gesamten Grundstücks entspricht. Sie kann auch nicht über den Wortlaut hinaus so ausgelegt werden, dass ein derartiger Nachweis zulässig sei. Dem steht § 9 Abs. 2 BewG entgegen. Danach wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

Nicht mit einem Wohnungs- oder Teileigentum nach dem Wohnungs-eigentumsgesetz verbundene Miteigentumsanteile an Grundstücken werden vergleichsweise selten als solche verkauft. Üblich ist es hingegen, im Miteigentum nach Bruchteilen stehende Grundstücke als Gesamtobjekt zu veräußern. Es fehlt daher an empirisch belegten Marktdaten, die eine Wertkürzung über das Maß des Bruchteils vom Gesamtwert hinaus in finanzmathematisch fassbarer Weise begründen (Zimmermann/Heller, Der Verkehrswert von Grundstücken, 2. Aufl. 1999, S. 108). Solche unüblichen Verkäufe von einzelnen Miteigentumsanteilen entsprechen nicht dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr und können daher bei der Bewertung nach § 9 Abs. 2 BewG nicht berücksichtigt werden. Bei einer Veräußerung des Gesamtobjekts wirkt sich das Bruchteilseigentum hingegen nicht negativ auf den erzielbaren Kaufpreis aus. Dies ist für die Bewertung entscheidend.

Das FA hat danach zu Recht als der Schenkungsteuer zugrunde zu legenden Wert des der Antragstellerin geschenkten Miteigentumsanteils die Hälfte des nachgewiesenen gemeinen Werts des gesamten Grundstücks festgestellt.

Fundstelle(n):
BBV-Kurznachricht Nr. 11/2005 S. 7
BFH/NV 2005 S. 1980 Nr. 11
AAAAB-61247