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Die Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139c AO: Neue Last oder echte Entlastung?
Herausforderungen und praktische Fragestellungen
Seit November 2024 läuft die erstmalige Vergabe der Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.). Dieses Identifizierungsmerkmal eröffnet erhebliche Chancen zur Vereinfachung von Besteuerungs- und Verwaltungsverfahren und kann sowohl für die Verwaltung als auch für Unternehmen von Vorteil sein. Derzeit jedoch ist für viele Unternehmen, gerade auch aus dem KMU-Bereich, kein Nutzen zu erkennen. Stattdessen sind bürokratische und finanzielle Zusatzlasten zu befürchten. Der Beitrag beleuchtet ausgewählte Punkte.
Die W-IdNr. kann Verwaltung und Unternehmen deutlich entlasten und Prozesse effizienter machen.
Für viele Unternehmen, besonders KMU, sind aktuell jedoch vor allem bürokratische und finanzielle Zusatzlasten zu erwarten.
Der Nutzen hängt davon ab, ob die Verwaltung konsequent modernisiert, bestehende Nummernsysteme abbaut und praxisnahe Klarstellungen bietet.
Eine Kurzfassung des Beitrags finden Sie hier.
I. Ausgangslage
Bisher [i]Bis 31.12.2026 keine Pflicht zur Angabe der W-IdNr. in steuerlichen Erklärungsformularenist die Aufmerksamkeit in der Wirtschaftspraxis zum laufenden erstmaligen Rollout der Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.) vergleichsweise gering. Das mag (zumindest zum Teil) daran liegen, dass laut dem zuständigen Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) vorerst bis keine Pflicht zur Angabe der neuen Nummer in steuerlichen Erklärungsformularen besteht. Sobald aber die verpflichtende Anwendung näher rückt, wird vielen Unternehmen die erhebliche Bedeutung bewusst werden. Deshalb ist es wichtig, sich mit der Thematik bereits jetzt zu befassen. Im Folgenden wird neben Grundlagen auf ausgewählte praktische Fragen eingegangen und ein Ausblick gegeben.S. 733
II. Grundlagen
1. Rechtliche Grundlagen
Die Grundlage für die Zuteilung dauerhafter, unveränderlicher Identifikationsmerkmale wurde mit Einführung der §§ 139a bis 139d AO durch das Steueränderungsgesetz 2003 geschaffen. Während die Identifikationsnummer (IdNr., § 139b AO) für natürliche Personen zum eingeführt wurde, hat es bis 2024 und damit mehr als 20 Jahre gedauert, bis auch die Zuteilung der Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr., § 139c AO) für wirtschaftlich Tätige gestartet ist.
Am [i]Verordnung zur Vergabe steuerlicher Wirtschafts-Identifikationsnummern wurde die Verordnung zur Vergabe steuerlicher Wirtschafts-Identifikationsnummern (WIdV) nach Maßgabe von § 139d Nr. 2 AO erlassen. Zuständig für die Erteilung der Nummer ist das BZSt. Einzelheiten über die Vergabe und Mitteilung wurden mit Schreiben vom öffentlich bekanntgegeben. Weitere Informationen finden sich auf den Internet-Seiten von BMF und BZSt.
2. Betroffener Kreis der „wirtschaftlich Tätigen“
Die [i]Weite Auslegung des Begriffs „wirtschaftlich tätig“W-IdNr. wird an alle wirtschaftlich Tätigen in Deutschland vergeben. Umfasst sind Unternehmen aller Rechtsformen: Natürliche Personen, die wirtschaftlich tätig sind, juristische Personen (z. B. GmbHs, AGs) sowie Personenvereinigungen (z. B. Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften). Für natürliche Personen ist explizit erforderlich, dass sie „wirtschaftlich tätig sind“ (§ 139a Abs. 3 Nr. 1 AO). Dabei gilt laut Gesetzesbegründung eine weite Auslegung: Hiernach sind z. B. Unternehmer i. S. von § 2 Abs. 1 UStG und die zur Meldung nach § 28a SGB IV verpflichteten Arbeitgeber erfasst. Für die Unternehmereigenschaft gemäß § 2 Abs. 1 UStG ist es ohne Belang, ob die in Rede stehende Tätigkeit nach § 4 UStG steuerbefreit ist.
Juristische Personen sowie Personenvereinigungen gelten – anders als natürliche Personen – gemäß § 139a Abs. 3 Nr. 2 und 3 AO immer als wirtschaftlich Tätige, unabhängig von der im konkreten Einzelfall gegebenen Aktivität.