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BBK Nr. 3 vom Seite 122

Insolvenzprophylaxe mittels Finanz- und Liquiditätsplanung

Aufstellung und Analyse eines Finanzplans anhand eines Praxisbeispiels

Prof. Dr. Mathias Graumann

Die Insolvenz markiert häufig das Ende der Unternehmenstätigkeit. Eine frühzeitige Insolvenzprophylaxe ist deshalb von zentraler Bedeutung. „Frühzeitig“ impliziert einen Zeitpunkt, an dem noch wirksame Gegensteuerungsmaßnahmen ergriffen werden können. In diesem Rahmen berechtigt der Tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit den Schuldner, Insolvenz zu beantragen mit dem Ziel, wirksame Gegensteuerungsmaßnahmen zu ergreifen. Ein entsprechender Nachweis muss auf Basis der Finanz- und Liquiditätsplanung geführt werden. In diesem Beitrag werden die Anforderungen des einschlägigen IDW S 11 mit den allgemeinen betriebswirtschaftlichen Grundlagen an die Finanz- und Liquiditätsplanung verbunden und synoptisch dargestellt sowie mögliche Handlungsoptionen des Finanzmanagements aufgezeigt.

Kernaussagen
  • Der Finanz- und Liquiditätsplanung kommt im Rahmen der Insolvenzprophylaxe eine überragende Bedeutung zu.

  • Sie erfordert dabei eine Simultanplanung, da alle sonstigen betrieblichen Teilpläne in diese einfließen und Änderungen jeglichen Teilplans eine Änderung der Finanzplanung bedingen.

I. Einführung in die Insolvenztatbestände

In [i]Insolvenztatbestände: Zahlungsunfähigkeit und ÜberschuldungDeutschland wurden 2024 rund 22.400 Unternehmensinsolvenzen verzeichnet, rund 25 % mehr als im Vorjahr. Die Insolvenzspirale dreht sich immer schneller, die Schäden und Arbeitsplatzverluste sind enorm. Die traditionellen Insolvenztatbestände stellen dabei die Zahlungsunfähigkeit (Mangel an Zahlungsmitteln, § 17 Abs. 2 InsO) und die Überschuldung (Mangel an Eigenkapital, § 19 Abs. 2 InsO) dar. S. 123

Bei drohender Zahlungsunfähigkeit hat der Schuldner die Möglichkeit, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen (§ 18 Abs. 1 InsO). Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist hierfür ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen (§ 18 Abs. 2 InsO).

§ 18 InsO [i]Rechtzeitige Ergreifung wirksamer Sanierungsmaßnahmen zielt darauf ab, durch eine frühzeitige Verfahrenseröffnung und Einschränkungen der Gläubigerrechte im Insolvenzfall die Fortführungschancen insolvenzgefährdeter Unternehmen zu steigern. Dem Schuldner wird ermöglicht, bei einer sich absehbar abzeichnenden Insolvenz rechtzeitig wirksame Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen. Ihm werden Anreize geschaffen, frühzeitig den Insolvenzantrag zu stellen, bevor die Sanierungsbemühungen durch einen Drittantrag oder eine gesetzliche Antragspflicht gestört werden. Ein Eigenantrag empfiehlt sich vor allem, wenn ein aussichtsreicher außergerichtlicher Vergleich an der fehlenden Zustimmung einzelner Gläubiger gescheitert ist.

Häufig [i]Vorbereitung einer Sanierung geht der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsfähigkeit mit einem Antrag im Rahmen des sogenannten Schutzschirmverfahrens nach § 270b InsO einher. Diese Anträge werden mehrheitlich auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit gestützt. Ziel dessen ist die Vorbereitung einer Sanierung, wobei das Unternehmen vor einem Zugriff seiner Gläubiger geschützt ist, jedoch die Sanierungsfähigkeit glaubhaft gemacht werden muss.

Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner in einem bestimmten Prognosezeitraum nicht in der Lage ist, alle Verbindlichkeiten unter Beachtung ihrer jeweiligen Fälligkeit zu erfüllen. So ist die von der Rechtsprechung für die Zahlungsunfähigkeit entwickelte 10 %-Schwelle für die Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit aufgrund der Länge des bis zu mehreren (in der Regel ein bis zwei) Jahren andauernden Prognosezeitraums nicht anwendbar. Demgegenüber beträgt der Zeitraum für die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit lediglich drei Wochen.

Der [i]Feststellung auf Basis eines Finanz- und Liquiditätsplans Schuldner muss den Nachweis erbringen, dass es sich nicht um eine bloße Zahlungsstockung handelt. Aus diesem Grund ist zu belegen, dass sowohl die bereits bestehenden Verbindlichkeiten auf Basis ihrer Fristigkeiten als auch absehbar künftig eingegangene Verbindlichkeiten aus den zu erwartenden Einnahmen nicht gedeckt werden können. Demnach kann drohende Zahlungsunfähigkeit regelmäßig nur auf Basis eines Finanz- und Liquiditätsplans festgestellt werden. Somit werden erhöhte Anforderungen an die Dokumentation der finanziellen Lage von Unternehmen gestellt.

II. Bedeutung des Finanzplans für die Insolvenzprävention

1. Standard IDW S 11

Der die Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit konkretisiert. Die höchstrichterliche Rechtsprechung stellt klar, dass die Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit auf Basis eines Finanzplans bzw. mehrerer aufeinanderfolgender Plan-Finanzstatus zulässig ist. Der mit Stand vom neugefasste Standard IDW S 11 „Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen“ greift die aktuellen Regelungen auf und legt das Vorgehen zur Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit dar. S. 124

Die [i]Eintritt der Zahlungsunfähigkeit muss wahrscheinlicher sein als deren Vermeidung Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit impliziert eine Zukunftsprognose. Nach der Gesetzesbegründung impliziert der Begriff „voraussichtlich“, dass der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher sein muss als deren Vermeidung. Nach IDW S 11, Tz. 13 ff. ist ein Unternehmen dann zahlungsunfähig, wenn der Finanzplan zeigt, dass

  • gegenwärtig fällige Verbindlichkeiten über einen Zeitraum von drei Wochen hinaus nicht mehr bedient werden können (eingetretene Zahlungsunfähigkeit), oder

  • in Zukunft mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wesentliche, nicht behebbare Liquiditätsunterdeckungen auftreten werden (drohende Zahlungsunfähigkeit).

Preis:
€15,00
Nutzungsdauer:
30 Tage

Seiten: 13
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