BGH Urteil v. - 3 StR 65/24

Instanzenzug: LG Osnabrück Az: 18 KLs 13/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten von den Tatvorwürfen der sexuellen Nötigung und der exhibitionistischen Handlungen wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus abgelehnt. Gegen das Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf Verfahrens- und Sachbeanstandungen gestützten Revision. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.

2Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

31. Der im Sudan geborene, kognitiv erheblich eingeschränkte und des Deutschen nicht mächtige Angeklagte kam im Jahre 2014 im Alter von 19 Jahren nach Deutschland. Nach einem kurzen Aufenthalt in einer Flüchtlingsunterkunft wurde er obdachlos und bewegte sich in der H.            aner Drogenszene. Es folgten Verurteilungen zu Geldstrafen wegen Leistungserschleichung, Besitzes von Betäubungsmitteln und Betruges.

4Spätestens seit dem Jahr 2018 leidet der Angeklagte an einer Schizophrenie. Nachdem er eine junge Frau durch das Entblößen seines Geschlechtsteils belästigt hatte, wurde er in die Psychiatrie eingewiesen, wo er von Mai bis Juli 2018 - zuletzt freiwillig - blieb. Im Krankenhaus drängte er eine Pflegerin in ein Badezimmer und fasste ihr oberhalb ihrer Kleidung in den Schritt. Das deshalb eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.

5In den Folgejahren fiel der Angeklagte durch aggressives Betteln, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und die Maskenpflicht, Diebstahl sowie Unterschlagung auf. Es ergingen drei weitere Geldstrafen und eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten gegen ihn, die er verbüßte. Im Juli 2020 leistete er morgens gegen 5 Uhr nahe einer U-Bahn-Station den Aufforderungen zweier Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes keine Folge und versuchte vergeblich, sie mit Fäusten und seinem Gürtel in das Gesicht zu schlagen. Deshalb und wegen illegalen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland wurde er zu einer - ebenfalls verbüßten - Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Bei zwei Kurzaufenthalten in der Psychiatrie im März 2021 und Januar 2022 nahmen die behandelnden Ärzte den Angeklagten als intoxikiert, desorientiert und verlangsamt wahr. Im Juli 2022 erging eine Geldstrafe gegen ihn, weil er in der Öffentlichkeit mit der Hand in der Hose masturbiert hatte und dabei von zwei Zeuginnen gesehen worden war. In den Monaten vor den hiesigen Taten lebte er weiterhin in der Obdachlosen- und Drogenszene und reagierte bei mehreren Platzverweisen unauffällig.

62. An einem Nachmittag im April 2023 sprach der Angeklagte im Eingangsbereich eines Blumenladens eine Kundin an, zog seine Jogginghose herunter und „präsentierte“ ihr in sexuell motivierter Absicht seinen Penis. Die Frau wandte sich ab und ging zu ihrem Lebensgefährten. Der Vorfall war ihr unangenehm, beschäftigte sie aber nicht weiter. Strafantrag stellte sie nur auf Anraten der Polizei.

7Unmittelbar im Anschluss berührte der Angeklagte mit seinem entblößten und nunmehr halb erigierten Glied kurzzeitig mehrfach das bekleidete Gesäß einer weiteren Kundin. Dies bemerkten die Frau und ihre 14-jährige Tochter, die erschrak. Ein männlicher Zeuge pfiff laut und sprach den Angeklagten an, woraufhin dieser seine Hose hochzog und „seelenruhig“ davonging. Die Zeuginnen fühlten sich nach dem Vorfall kaum und jedenfalls nicht nachhaltig beeinträchtigt.

8In der anschließenden Untersuchungshaft kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung mit einem unter anderem wegen eines Gewaltdelikts inhaftierten Mitinsassen, deren Anlass und genauer Verlauf das Landgericht nicht hat aufklären können. Beide Kontrahenten erlitten Verletzungen. Das gegen den Angeklagten eingeleitete Verfahren wurde eingestellt. In der ab August 2023 angeordneten vorläufigen Unterbringung nach § 126a StPO verbesserte sich der psychische Zustand des Angeklagten unter neuroleptischer Medikation. Hier verhielt er sich unauffällig.

93. Das Landgericht hat das Geschehen vor dem Blumenladen rechtlich als exhibitionistische Handlungen gemäß § 183 Abs. 1 StGB und „sexuelle Nötigung“ nach § 177 Abs. 1 und 2 Nr. 3 StGB gewürdigt. Es ist davon ausgegangen, „dass die Fähigkeiten des Angeklagten, das Unrecht seiner Taten einzusehen und sein Verhalten an einer etwaigen Unrechtseinsicht auszurichten, vollständig aufgehoben waren“, und hat ihn deshalb freigesprochen.

10Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus hat die Strafkammer abgelehnt, weil von dem Angeklagten keine erheblichen rechtswidrigen Taten im Sinne des § 63 StGB zu erwarten seien. Er werde infolge seines Zustands zwar weiterhin Straftaten begehen. Diese würden von ihrem Schweregrad jedoch den angeklagten Delikten und den strafrechtlichen Vorbelastungen entsprechen, die die Strafkammer allesamt nicht als derart gravierend eingestuft hat, dass sie die Unterbringung zu rechtfertigen vermögen.

II.

11Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

121. Beide erhobenen Verfahrensbeanstandungen dringen nicht durch.

13a) Die Aufklärungsrüge, mit der die Staatsanwaltschaft bemängelt, das Landgericht habe nicht die beiden Sicherheitsmitarbeiter vernommen, die der Angeklagte im Juli 2020 zu schlagen versuchte, genügt bereits nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO und ist deshalb unzulässig. Das Rügevorbringen lässt weder hinreichend erkennen, welches konkrete, rechtlich relevante Beweisergebnis die Vernehmung ergeben hätte, noch, warum sich eine Befragung der Zeugen für die Strafkammer aufgedrängt haben sollte (vgl. zu diesem Erfordernis etwa , juris Rn. 18 mwN). Das Landgericht hat das Urteil, mit dem der Angeklagte wegen versuchter Körperverletzung zulasten der Sicherheitsmitarbeiter zu einer Einzelfreiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt worden war, in der Hauptverhandlung verlesen und die darin geschilderten näheren Tatumstände seinen Feststellungen zugrunde gelegt. Anhaltspunkte dafür, dass die Vernehmung der Zeugen zusätzliche relevante Erkenntnisse offenbart hätte, hat die Staatsanwaltschaft ebenso wenig mitgeteilt wie deren ladungsfähige Anschriften (vgl. hierzu , juris Rn. 6 mwN).

14b) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts verfängt auch die Aufklärungsrüge nicht, nach der das Landgericht die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte zu den Geschehnissen in der psychiatrischen Unterbringung im Sommer 2018 hätte beiziehen und die Krankenpflegerin vernehmen müssen, die der Angeklagte dort in ein Badezimmer drängte und im Schritt berührte. Die Revision rügt insoweit eine Verletzung von § 244 Abs. 2 StPO, weil sich aus der Ermittlungsakte erschlossen hätte, „dass der Angeklagte die Pflegerin … unter einem Vorwand in den Duschbereich der Fachklinik … lockte, ihr dort den Rückweg versperrte, sie mit beiden Armen umschlang und festhielt und ihr mit beiden Händen von vorne und von hinten fest in ihren bekleideten Schambereich griff und er sie erst losließ, als ihre Kollegin … auf ihre Hilferufe hin den Duschbereich betrat und sich erkundigte, was los sei.“

15Die Rüge ist unbegründet, weil sich die Strafkammer zu dieser Beweiserhebung ebenfalls nicht hat gedrängt sehen müssen. Die Aufklärungspflicht zwingt das Gericht zwar grundsätzlich, jedem Beweismittel nachzugehen, bei dem nach der konkreten Sachlage die sinnvolle Möglichkeit besteht, dass es zu einer Änderung des Beweisergebnisses führen kann. Sie geht aber nicht so weit, dass auch Beweismittel zugezogen werden müssen, bei denen diese Möglichkeit zwar gedanklich abstrakt nicht völlig auszuschließen ist, die nach den bekannten Maßstäben aber keine vernünftigen Anhaltspunkte dafür bieten, dass sie das bisher gewonnene Beweisergebnis tatsächlich in Frage stellen könnten (, juris Rn. 11; LR/Becker, StPO, 27. Aufl., § 244 Rn. 49 mwN).

16Gemessen daran war die Strafkammer vorliegend nicht gehalten, jede einzelne Vordelinquenz des Angeklagten umfassend (nach-) zu ermitteln. Zu den über fünf Jahre zurückliegenden Vorgängen in der Psychiatrie hat ihr eine ausführliche ärztliche Stellungnahme aus der Klinik vorgelegen, die sie in der Hauptverhandlung verlesen hat. Der Übergriff auf die Pflegerin wird darin nur am Rande erwähnt. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft das damalige Ermittlungsverfahren gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt. Beide Umstände haben zum maßgeblichen Urteilszeitpunkt keine gesteigerte Erheblichkeit des Vorfalls und damit keine besondere Bedeutung für die Erforschung der Wahrheit im Sinne des § 244 Abs. 2 StPO nahegelegt. Dass die Staatsanwaltschaft nach der hiesigen Urteilsverkündung die Ermittlungsakte zu dem Vorfall mit der Pflegekraft eingesehen und daraus nachträglich die in die Rüge eingeflossenen Erkenntnisse erlangt hat, vermag eine Aufklärungspflicht der Strafkammer nicht zu begründen.

172. Die materiellrechtliche Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat ebenfalls keinen Rechtsfehler aufgedeckt. Der Erörterung bedarf angesichts der Ausführungen der Staatsanwaltschaft in ihrer Revisionsbegründung lediglich das Folgende:

18a) Gegen die Feststellung der Strafkammer, der Angeklagte habe bei den Taten ohne Schuld gehandelt, ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Das Landgericht hat tragfähig begründet, dass die Einsichtsfähigkeit des Angeklagten aufgrund einer krankhaften seelischen Störung nach § 20 StGB aufgehoben war.

19Die Beurteilung der Schuldfähigkeit eines Angeklagten ist Aufgabe des Tatgerichts, das - erforderlichenfalls mit der Hilfe eines Sachverständigen - eine Gesamtwürdigung aller wesentlichen objektiven und subjektiven Umstände vorzunehmen hat (vgl. etwa , juris Rn. 4 f.). Für die revisionsrechtliche Nachprüfung gilt, dass die auf Tatsachen gestützte Überzeugung des Tatgerichts zur Schuldfähigkeit des Angeklagten vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen ist. Es kann nur eingreifen, wenn diese auf fehlerhaften Vorstellungen und Erwägungen beruht, etwa das Tatgericht einen unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt zu Grunde gelegt, die Beweise nicht erschöpfend gewürdigt, ohne ausreichende Tatsachengrundlage Schlüsse gezogen - etwa anerkanntermaßen nicht aussagekräftige Indizien herangezogen - oder gegen gesicherte naturwissenschaftliche Erfahrungssätze verstoßen hat (st. Rspr.; s. etwa , juris Rn. 13 mwN).

20Ein derartiger Rechtsfehler ist hier nicht ersichtlich. Mit dem Sachverständigen ist die Strafkammer nach einer Gesamtabwägung davon ausgegangen, dass der Angeklagte die Taten aufgrund einer chronifizierten, vorrangig hebephrenen Schizophrenie beging. Diese Erkrankung führe dazu, dass er nicht zwischen Recht und Unrecht unterscheiden könne. Zur Begründung hat die Strafkammer darauf abgehoben, dass der Angeklagte unter schweren formalgedanklichen Störungen leide. Er sei desorientiert und lebe fern der Realität in seiner „eigenen Welt“. Er wirke abgelenkt, eine Unterhaltung mit ihm sei nicht möglich. In Gesprächssituationen bleibe er passiv und antriebslos. Er lächele an unpassenden Stellen vor sich hin und führe Selbstgespräche, zeige aber keine Reaktionen, Emotionen und Empathie. Hinzu komme eine deutlich reduzierte intellektuelle Ausstattung; er habe das Funktionsniveau eines Kindes. Insgesamt zeige er kein Unrechtsbewusstsein und sei unfähig, aus Bestrafung zu lernen. Das Krankheitsbild werde durch den Drogenkonsum verstärkt. Nach alldem hat die Strafkammer tragfähig begründet, dass ihm kognitiv eine Differenzierung zwischen erlaubt und unerlaubt nicht möglich sei.

21Im vorliegenden Fall stößt es nicht auf durchgreifende Bedenken, dass sich das Landgericht an mehreren Stellen des Urteils auch zur Steuerungsfähigkeit des Angeklagten verhalten hat. Der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt ausreichend erkennen, dass die Strafkammer zwischen Einsichts- und Steuerungsfähigkeit differenziert (s. zu diesem Erfordernis etwa , juris Rn. 25 mwN) und nicht verkannt hat, dass bei einer aufgehobenen Unrechtseinsicht für eine Bewertung der Steuerungsfähigkeit an sich kein Raum mehr ist (st. Rspr.; s. etwa , R&P 2023, 242 Rn. 6 mwN).

22b) Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft ist auch der Symptomcharakter der Taten belegt. In den Urteilsgründen ist hierzu ausgeführt, die Krankheit habe sich gerade dadurch geäußert, dass der Angeklagte „am helligten Tag“ vor Fremden sein Glied entblößte, anstatt insoweit auf Rückzugsmöglichkeiten zu achten. Hinter diesem Verhalten stehe keine Logik, es sei von der Realität losgelöst gewesen. Damit hat das Landgericht hinreichend dargetan, dass die Taten auf die Erkrankung und nicht auf normalpsychologisch zu erklärende Eigenschaften und Verhaltensweisen zurückzuführen sind (vgl. zu diesem Erfordernis etwa , juris Rn. 7 mwN).

23c) Schließlich ist gegen die vom Landgericht getroffene Gefährlichkeitsprognose nichts zu erinnern.

24Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB kommt nur in Betracht, wenn eine Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat(en) ergibt, dass von ihm infolge seines fortdauernden Zustands mit einer Wahrscheinlichkeit höheren Grades erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Die notwendige Prognose ist auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung der Persönlichkeit des Täters, seines Vorlebens und der von ihm begangenen Anlasstaten zu entwickeln und hat sich darauf zu erstrecken, ob und welche rechtswidrigen Taten von dem Täter infolge seines Zustands drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist (Häufigkeit, Rückfallfrequenz) und welches Gewicht den bedrohten Rechtsgütern zukommt. Neben der konkreten Krankheits- und Kriminalitätsentwicklung sind die auf die Person des Täters und seine konkrete Lebenssituation bezogenen Risikofaktoren einzustellen, die eine individuelle krankheitsbedingte Disposition zur Begehung von Straftaten jenseits der Anlasstaten belegen können (st. Rspr.; s. etwa , juris Rn. 14 mwN).

25An diesen Anforderungen gemessen, erweist sich die der Gefahrenprognose zugrundeliegende Abwägung der Strafkammer als rechtsfehlerfrei, der Angeklagte werde mit hoher Wahrscheinlichkeit in der bisherigen Frequenz weiterhin Straftaten begehen, allerdings keine als erheblich im Sinne des § 63 StGB einzuordnenden.

26Zu diesem Ergebnis ist die Strafkammer mit dem Sachverständigen aufgrund einer Gesamtwürdigung der festgestellten Umstände gelangt. Sie hat namentlich die chronifizierte, unbehandelte schwere Erkrankung des Angeklagten, die fehlende Krankheits- und Unrechtseinsicht sowie die Lebensumstände mit mangelnden Sprachkenntnissen ohne festen Wohnsitz und soziale Bindungen in den Blick genommen. Außerdem hat sie Anzahl und Qualität der Vorbelastungen gewürdigt, die sie jeweils im unteren Schwerebereich verortet hat. Hinsichtlich der Sexualdelikte hat sie dies unter anderem damit begründet, dass der Angeklagte keine Gewalt anwendete, auf die abwehrende Reaktion der Frauen jeweils von ihnen abließ und sich entfernte sowie keines der Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder gefährdet worden sei. Die sexuelle Nötigung zulasten der Krankenpflegerin habe sich vor über fünf Jahren in der Ausnahmesituation einer laufenden Unterbringung ereignet, der sexuelle Übergriff im Blumengeschäft die Erheblichkeitsschwelle des § 184h Nr. 1 StGB nur geringfügig überschritten. Aus der versuchten Körperverletzung zulasten der Sicherheitsmitarbeiter und der tätlichen Auseinandersetzung mit dem Mitinsassen in der Untersuchungshaft hat das Landgericht nicht den Schluss gezogen, der Angeklagte gefährde krankheitsbedingt Leib und Leben Dritter. Die übrigen Straftaten hat es insgesamt als ungenügend für die Begründung der Unterbringung nach § 63 StGB gewürdigt.

27In einer Gesamtbetrachtung hat die Strafkammer zudem eine Steigerung der deliktischen Frequenz oder eine Aggravation über die vielen Jahre trotz unbehandelter Krankheit nicht zu erkennen vermocht. In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen ist sie vor diesem Hintergrund zu der Überzeugung gelangt, dass besondere Umstände, welche die Erwartung rechtfertigten, der Angeklagte werde zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten begehen (§ 63 Satz 2 StGB), nicht vorliegen und eine Unterbringung des Angeklagten in einer psychiatrischen Anstalt auch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstieße.

28Gegen diese mögliche und tatsachenfundierte Würdigung ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Zwar können exhibitionistische Handlungen und andere unterschwellige Sexualdelikte eine Unterbringung nach § 63 StGB nach den Umständen des Einzelfalls durchaus rechtfertigen. Eine Gefahr erheblicher Straftaten liegt insbesondere nahe, wenn zu besorgen ist, dass der Täter auf Kinder zugehen wird (vgl. , NStZ 2008, 92; Urteil vom - 1 StR 463/18, juris Rn. 23 ff.). Dies hat das Landgericht jedoch im Blick gehabt und ausgeführt, dass Kinder bisher in keinem Fall betroffen waren. Dass eine 14-Jährige die Tat im Blumengeschäft beobachtet habe, sei Zufall und nicht vom Angeklagten intendiert gewesen.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:110724U3STR65.24.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-74489