Anfall des Formaldehydbonus bei Veränderungen an einer Biogasanlage - Formaldehydbonus
Leitsatz
Formaldehydbonus
Ein Anspruch auf erhöhte Vergütung bei Einhaltung der Formaldehydgrenzwerte ("Formaldehydbonus") kann auch nach Inbetriebnahme einer Biogasanlage entstehen, wenn der Betreiber an ihr Veränderungen vornimmt, die erstmals zu einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit führen.
Gesetze: § 27 Abs 5 EEG 2009, § 547 Nr 6 ZPO, § 551 Abs 3 S 1 Nr 2 ZPO
Instanzenzug: Az: 2 U 104/21vorgehend Az: 24 O 145/20
Tatbestand
1Die Klägerin begehrt von der beklagten Netzbetreiberin die Zahlung des sogenannten Formaldehydbonus nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz 2009.
2Seit dem betreibt die Klägerin eine Biogasanlage (nachfolgend Hofanlage), die unter anderem aus einem Blockheizkraftwerk besteht (nachfolgend BHKW 1). Da die Leistung des BHKW 1 zunächst gedrosselt war und die Hofanlage daher keine Feuerungswärmeleistung von einem Megawatt erreichte, war bei Inbetriebnahme keine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erforderlich. Die Inbetriebnahme einer zweiten Biogasanlage (nachfolgend Satellitenanlage) mit dem BHKW 2 erfolgte am . Auch die Satellitenanlage bedurfte wegen zu geringer Feuerungswärmeleistung zunächst keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
3Am wurde das BHKW 2 durch das BHKW 3 ersetzt. Dadurch erreichte die Satellitenanlage eine Feuerungswärmeleistung von über einem Megawatt. Am wurde auch die Feuerungswärmeleistung der Hofanlage durch Entdrosselung des BHKW 1 auf über ein Megawatt erhöht. Genehmigungen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz lagen jeweils vor. Am bei beiden Anlagen vorgenommene Abgasmessungen ergaben, dass die Formaldehydgrenzwerte jeweils eingehalten wurden. Die entsprechenden Bescheinigungen der zuständigen Behörde übersandte die Klägerin im Dezember 2013 an die Beklagte. Am wurde das zwischenzeitlich eingelagerte BHKW 2 zu der Hofanlage hinzugebaut. Auch in den Folgejahren bescheinigte die zuständige Behörde, dass die Verbrennungsmotoren der Biogasanlagen die gesetzlichen Anforderungen zur Begrenzung der Formaldehydemissionen erfüllten. Die Klägerin legte der Beklagten die Bescheinigungen jeweils fristgerecht vor.
4Die Klägerin hat für den in das Netz der Beklagten eingespeisten Strom die gesetzliche Mindestvergütung gemäß § 16 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EEG in der Fassung vom (nachfolgend EEG 2009) erhalten. Die Beklagte hat der Klägerin ab dem zunächst auch den sogenannten Formaldehydbonus gemäß § 27 Abs. 5 Satz 1 EEG 2009 gezahlt.
5Ab Dezember 2015 stellte sie jedoch die Zahlung des Formaldehydbonus für die Hofanlage und ab Januar 2016 für die Satellitenanlage ein. Die Beklagte geht infolge der Entscheidung des , WM 2015, 1347) davon aus, dass jedenfalls bis Dezember 2016 kein Anspruch auf den Formaldehydbonus besteht. Sie erklärte die Aufrechnung mit von ihr behaupteten Rückzahlungsansprüchen gegen die im November 2015 und März bis Dezember 2016 fälligen Zahlungen auf die der Höhe nach unstreitige gesetzliche Mindestvergütung der Klägerin und behielt für beide Anlagen daher im November 2015 11.636,02 €, in den Monaten März bis November 2016 jeweils 10.030 € und im Dezember 2016 9.970,47 € der Mindestvergütung, insgesamt 111.876,49 € ein.
6Die Parteien haben in Bezug auf einen von der Beklagten mit einem anderen Anlagenbetreiber geführten Rechtsstreit für die Hofanlage am und erneut - unter Ersetzung der ersten Vereinbarung - am , sowie für die Satellitenanlage am Musterprozessvereinbarungen geschlossen. Danach sollte geklärt werden, ob auch solche Anlagen, die erst infolge einer nachträglichen Erweiterung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, den Formaldehydbonus beanspruchen können. § 1 der Vereinbarungen lautet jeweils:
"Soweit eine Klärung der beschriebenen Rechtsfrage im Fall der Anlage der [B] beim Landgericht […], rechtskräftig nach Durchlaufen aller Rechtsmittelinstanzen sowie gegebenenfalls einer Verfassungsbeschwerde erfolgt, soll das Ergebnis auch zwischen den Parteien Anwendung finden.
Eine Übertragung auf den Fall der Parteien soll dann nicht gelten, wenn eine Entscheidung ohne Beantwortung der beschriebenen Rechtsfrage ergeht, z.B. wenn der Auszahlungsanspruch aus anderen Gründen begründet ist oder eine Entscheidung aufgrund verpasster Fristen oder ähnliches ergeht, die nicht auf die Parteien übertragbar ist."
7Für den Zeitraum vom bis November 2019 nehmen die Parteien wegen der jedenfalls ab dem geltenden Neufassung von § 100 Abs. 2 Satz 4 bis 7 EEG durch Art. 1 Nr. 49 Buchst. b cc, Art. 15 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Kraft-Wärme-Koppelungsgesetzes, des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften vom (nachfolgend Energiesammelgesetz; die entsprechende Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nachfolgend EEG 2017) übereinstimmend an, dass ein Anspruch auf den Formaldehydbonus für beide Anlagen besteht. Der Anspruch sollte nach § 100 Abs. 2 Satz 5 und 7 EEG 2017 erst nach einer entsprechenden beihilferechtlichen Genehmigung der Europäischen Kommission fällig werden. Da diese nicht vorlag, zahlte die Beklagte den Formaldehydbonus für den ab dem eingespeisten Strom erst, nachdem Satz 5 und 7 durch Art. 3 Nr. 4 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen vom mit Wirkung zum aufgehoben worden waren.
8Mit ihrer am erhobenen Klage verlangt die Klägerin unter Bezugnahme auf eine Aufstellung ihrer ausstehenden Forderungen für den Zeitraum von Juli 2013 bis (Anlage K 11), sowie unter Angabe der für beide Anlagen jeweils für den Zeitraum von Januar 2013 bis Dezember 2019 angegebenen Einspeisewerte zum einen Zahlung der im November 2015 und von März bis Dezember 2016 aufgrund der Aufrechnung von der Beklagten einbehaltenen Vergütung und zum anderen Zahlung des Formaldehydbonus ab Erweiterung der Anlagen bis zur erstmaligen Abgasmessung, mithin vom (Satellitenanlage) beziehungsweise (Hofanlage) bis zum , sowie ferner für den Zeitraum ab der Einstellung der Zahlungen durch die Beklagte bis zum nebst Zinsen. Der von ihr in beiden Instanzen gestellte Zahlungsantrag in Höhe von 172.640,79 € entspricht dem Betrag, der in der Anlage K 11 als am ausstehend angegeben ist. Die Klägerin macht ferner Zinsen als Hauptforderung wegen des ab dem geschuldeten und (erst) am und gezahlten Formaldehydbonus, sowie außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten geltend.
9Das Landgericht hat der Klage wegen der auf die Hofanlage für den Zeitraum zwischen dem und dem entfallenden Ansprüche in Höhe von 64.626,03 € sowie eines Teils der Nebenforderungen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es hat die Höhe des Anspruchs auf den Formaldehydbonus aufgrund der in der Klage angegebenen Einspeisewerte ermittelt, die in den Monaten Februar 2016 bis Dezember 2016 von den in der Anlage K 11 angegebenen Werten teilweise nach oben, insgesamt aber in Höhe von 1.330,68 € nach unten abweichen.
10In der Berufungsinstanz hat die Beklagte, die ihren Klageabweisungsantrag insgesamt weiterverfolgt hat, erklärt, dass die vom Landgericht für Februar 2016 bis Dezember 2016 ausgeurteilten Beträge - sofern der Anspruch dem Grunde nach bestehe - der Höhe nach zutreffend seien. Auch die Klägerin hat mit der Berufung die abgewiesenen Ansprüche weiterverfolgt und dabei an ihrem erstinstanzlich gestellten Antrag festgehalten. Das Berufungsgericht hat das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert. Es hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 65.807,99 € - entsprechend dem auf die Hofanlage für den Zeitraum vom bis nach übereinstimmender Berechnung der Parteien entfallenden Formaldehydbonus - nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 11.636,02 € - entsprechend dem Einbehalt aus November 2015 für beide Anlagen - ab dem , aus den auf den Formaldehydbonus für die Hofanlage für die Monate Januar bis Juni 2016 entfallenden Beträgen jeweils ab dem ersten Tag des Folgemonats und aus einem Betrag von 24.328,17 € ab Rechtshängigkeit, beziehungsweise Zinsen von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus den auf den Formaldehydbonus für die Monate Juni bis Dezember 2016 entfallenden Beträgen jeweils ab dem ersten Tag des Folgemonats und zur Zahlung von 5.039 € vorgerichtlicher Anwaltskosten nebst Zinsen verurteilt.
11Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Parteien ihre zuletzt gestellten Anträge weiter, soweit ihnen das Berufungsgericht nicht entsprochen hat.
Gründe
12Die nur teilweise zulässige Revision der Klägerin hat überwiegend, die zulässige Revision der Beklagten hat nur in geringem Umfang Erfolg.
13I. Das Berufungsgericht hat als streitgegenständlich angesehen die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Bonuszahlungen vom bis und von Dezember 2015 bis Dezember 2016 (Hofanlage), vom bis und für 2016 (Satellitenanlage), sowie die nach Grund und Höhe unstreitigen Vergütungsansprüche gemäß § 16 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EEG für November 2015 und März bis Dezember 2016 mit den aus der Anlage K 11 ersichtlichen Beträgen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, Anspruchsgrundlage für die Bonuszahlung sei § 27 Abs. 5 EEG 2009. § 100 Abs. 2 Satz 4 und 5 EEG 2017 sei nicht anwendbar, weil diese am erlassene Vorschrift zwar rückwirkend zum in Kraft getreten sei, ihr jedoch keine weitergehende Rückwirkung zukomme.
14Durch nachträgliche bauliche Änderungen an der Anlage entstehe ein Anspruch auf den Formaldehydbonus nur dann, wenn diese gemäß § 21 Abs. 1 EEG 2009 zu einem Neubeginn der Vergütungsdauer nach Absatz 2 der Vorschrift führten. Eine bloße Erneuerung der Anlage im Sinn von § 21 Abs. 3 EEG 2009 begründe dagegen keinen Anspruch. Die Entdrosselung der Hofanlage stelle keine Änderung gemäß § 21 Abs. 1 EEG 2009 dar und habe nicht zu einem Neubeginn der Vergütungsdauer geführt. An den Zubau des BHKW 2 am knüpfe aber eine neue Vergütungsdauer an, so dass auch für die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit auf den Zeitpunkt des Zubaus abzustellen sei. Dabei komme es nicht darauf an, dass nur für den neu eingebauten Generator ein gesonderter Vergütungszeitraum zu laufen beginne. Es sei auch unerheblich, dass das BHKW 2 bereits am in Betrieb genommen worden sei. Denn die Vergütungsregelung gemäß § 27 Abs. 5 EEG 2009 sei nach dem Wortlaut anlagenbezogen. Daher sei auch bei einem gebrauchten Blockheizkraftwerk auf den Zeitpunkt des Zubaus abzustellen. Ab der Messung am , durch die die Einhaltung der Grenzwerte nachgewiesen worden sei, sei ein Anspruch auf den Formaldehydbonus gegeben.
15Für die Satellitenanlage bestehe dagegen kein Anspruch. Für die Hofanlage entfalte das Musterverfahren zwar nach der übereinstimmenden Auffassung der Parteien und des Landgerichts, der sich der Berufungssenat anschließe, keine Bindungswirkung. Hinsichtlich der Satellitenanlage seien die Parteien aber an die Entscheidung im Musterverfahren gebunden. Danach werde der Bonus nur für Anlagen gewährt, die zum maßgeblichen Zeitpunkt der Inbetriebnahme immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig gewesen seien. Der nachträgliche Eintritt der Genehmigungsbedürftigkeit begründe keinen Anspruch. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Austausch des Blockheizkraftwerks einschließlich des Generators als eine über § 21 Abs. 3 EEG 2009 hinausgehende Erweiterung der Anlage anzusehen sei. Denn in diesem Fall läge die Inbetriebnahme einer neuen Anlage vor, deren Vergütung sich nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz 2012 richte. Danach sei ein Formaldehydbonus nicht vorgesehen.
16II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nur teilweise stand.
171. Die Revision der Klägerin ist unzulässig, soweit mit ihr nach dem Inhalt des Rechtsmittelantrags die Zuerkennung von Zinsen als Hauptforderung aus verschiedenen Beträgen für verschiedene Zeiträume vom bis zum weiterverfolgt wird.
18a) Zwar ist die Klägerin insoweit durch das Urteil des Berufungsgerichts beschwert. Das Berufungsgericht hat die Klage wegen der genannten Zinsansprüche mit der Folge einer Beschwer der Klägerin abgewiesen und ist nicht lediglich im Sinn des § 321 ZPO unvollständig.
19aa) Das Berufungsgericht hat die Zinsansprüche übergangen. Die erstinstanzliche Verurteilung wegen der Zinsen aus einem Teilbetrag für den Monat November 2017 sowie aus den Zahlungsbeträgen von Dezember 2017 bis November 2019 für die jeweils beantragten Zeiträume findet weder beim Referat der landgerichtlichen Entscheidung noch in der Begründung Erwähnung, obwohl die Klägerin das erstinstanzliche Urteil, soweit ihr günstig, verteidigt und an ihrem weitergehenden Antrag auch in der Berufung festgehalten hat. Da das Berufungsgericht ausgeführt hat, beide Berufungen seien zulässig, kann es auch nicht davon ausgegangen sein, dass ihm die Ansprüche nicht angefallen sind.
20bb) Das Berufungsgericht hat die Zinsansprüche nach dem umfassenden Wortlaut seiner Urteilsformel abgewiesen. Es hat das landgerichtliche Urteil abgeändert, die Klage im Übrigen abgewiesen und die weitergehende Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin ist daher insoweit formell beschwert (vgl. , NJW-RR 2010, 19 Rn. 1 bis 17). Das Versäumnis des Berufungsgerichts erschöpfte sich nicht in der Unvollständigkeit der Entscheidung.
21b) Die Revision hat diesen Mangel, der einen absoluten Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 6 ZPO darstellt (vgl. Jacobs in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 547 Rn. 25; Krüger in MünchKommZPO, 6. Aufl., § 547 Rn. 16), aber nicht gerügt. Sie greift die Klageabweisung und Zurückweisung der Berufung wegen der von ihr als Hauptanspruch geltend gemachten Zinsansprüche für die oben genannten Zeiträume nicht an. Auch ein absoluter Revisionsgrund kann nur im Rahmen einer statthaften und auch im Übrigen zulässigen Revision geltend gemacht werden; insbesondere bedarf es einer gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO ausreichend begründeten Rüge (vgl. , RuS 2019, 177 Rn. 8). Die Revisionsbegründung befasst sich aber lediglich mit den Zahlungsansprüchen bis zum und dem Zinsbeginn der auf diese bezogenen und als Nebenansprüche geltend gemachten Verzugszinsen. Zu den als Hauptanspruch geltend gemachten Zinsen aus den ab dem angefallenen Bonusansprüchen enthält sie keine Ausführungen. Auch wenn sich der notwendige Umfang des Revisionsangriffs nach der Ausführlichkeit der Begründung des angefochtenen Urteils richtet (vgl. , VersR 2000, 1127 [juris Rn. 5]), muss ein Angriff aber jedenfalls vorliegen.
222. Die Revision der Klägerin ist begründet, soweit das Berufungsgericht ihre Ansprüche auf den Formaldehydbonus für den von der Hofanlage vom bis nebst Zinsen und den von der Satellitenanlage vom bis zum eingespeisten Strom nebst Zinsen verneint hat. Hinsichtlich der Ansprüche für den von beiden Anlagen vor dem eingespeisten Strom sowie der von der Klägerin über die ausgeurteilten Verzugszinsen hinaus verlangten Zinsen ist sie unbegründet.
23a) Die Klägerin hat die wegen mangelnder Bestimmtheit des Klageantrags gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestehenden Bedenken in der Revisionsverhandlung ausgeräumt (siehe , BGHZ 189, 56 Rn. 9, 13 - TÜV I; Urteil vom - VI ZR 481/17, NJW 2019, 1669 Rn. 8 mwN). Sie hat klargestellt, dass - soweit der Zahlungsantrag (172.640,79 €) hinter dem in der Anlage K 11 genannten und am ausstehenden Betrag (174.262,07 €) zurückbleibt - ein Betrag von 1.330,68 € auf die zwischen den Parteien für die Monate Februar bis Dezember 2016 konsentierten Fehlbeträge und der restliche Differenzbetrag auf die ältesten geltend gemachten Forderungen, also die für die Satellitenanlage für Juli und August 2013 - in dieser Reihenfolge - geltend gemachten Beträge entfällt. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang für die Monate März, April und Juni 2016 höhere als die beantragten Beträge zugesprochen hat, ist ein etwaiger - grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigender - Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO jedenfalls dadurch geheilt worden, dass die Klägerin in der Berufungsinstanz die Zurückweisung der Berufung beantragt und damit in zulässiger Weise ihr Begehren erweitert hat (vgl. , NJW-RR 1990, 997, 998 [juris Rn. 23]; vom - IX ZR 188/90, NJW-RR 1991, 1125 [juris Rn. 27]; Beschluss vom - VI ZR 304/21, juris Rn. 6).
24b) Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Formaldehydbonus für den von der Hofanlage vom bis eingespeisten Strom nebst Zinsen nicht verneint werden.
25aa) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass sich der Anspruch der Klägerin auf den Formaldehydbonus für die Hofanlage aufgrund der Übergangsregelungen in § 100 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EEG n.F., § 100 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2021 und § 100 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 10 Buchst. c EEG 2017, § 100 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. c EEG 2014 aus § 27 Abs. 1 und 5 EEG 2009 ergibt, da die Hofanlage vor dem in Betrieb genommen worden ist (vgl. , juris Rn. 41; Günther in Baumann/Gabler/Günther, EEG, 2019, § 100 Rn. 2, 36 f.; Gordalla in BeckOK EEG, Stand , § 100 Rn. 2 sowie Stand , § 100 Rn. 2 f.). Rechtsfehlerhaft meint es aber, dass ein Bonusanspruch nach § 27 Abs. 5 EEG 2009 nur dann besteht, wenn es durch eine Erweiterung der Anlage gemäß § 21 Abs. 1 bis 3 EEG 2009 zu einem Neubeginn der in § 21 Abs. 2 EEG 2009 geregelten, an die Inbetriebnahme anknüpfenden zwanzigjährigen Vergütungsdauer kommt.
26(1) Gemäß § 27 Abs. 5 EEG 2009 erhöht sich für Strom aus nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlagen, die durch anaerobe Vergärung gewonnenes Gas (Biogas) einsetzen, die Grundvergütung um jeweils 1,0 Cent pro Kilowattstunde, wenn die durch Verwaltungsvorschrift geregelten Formaldehydgrenzwerte eingehalten werden und dies durch eine Bescheinigung der zuständigen Behörde nachgewiesen wird. Der Formaldehydbonus dient dazu, die Kosten auszugleichen, die durch Investitionen in technische Einrichtungen zur Einhaltung der Formaldehydgrenzwerte entstehen und die nicht in der Grundvergütung abgebildet sind (Beschlussempfehlung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften, BT-Drucks. 16/9477 vom , S. 26, 30; siehe , WM 2015, 1347 Rn. 24, 35). Der Wortlaut der Vorschrift ist weder als dynamische Verweisung auf eine (jeweilige) Genehmigungsbedürftigkeit noch dahin zu verstehen, dass es auf den Erzeugungszeitpunkt des Stroms ankommt. Er ist vielmehr für unterschiedliche Auslegungen zur zeitlichen Anknüpfung einer Genehmigungsbedürftigkeit offen (BGH, WM 2015, 1347 Rn. 19).
27(2) Tritt nach dem Beginn der zwanzigjährigen Vergütungsdauer, die gemäß der Regelung in § 21 Abs. 1 und 2 EEG 2009 ab dem Zeitpunkt zu laufen begann, an dem der Generator erstmals Strom ausschließlich aus Erneuerbaren Energien erzeugt und in das Netz eingespeist hat, eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit ein, ohne dass sich an der Anlage selbst oder dem Verhalten des Anlagebetreibers etwas ändert, bleibt der Vergütungsanspruch unberührt (BGH, WM 2015, 1347 Rn. 33). Das ergibt sich aus der Einordnung der in § 27 Abs. 5 EEG 2009 geregelten Zusatzvergütung in die Vergütungssystematik des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2009. Danach ist die Zusatzvergütung derart an die in § 27 Abs. 1 EEG 2009 geregelte Grundvergütung gekoppelt, dass der nachträgliche Eintritt der Genehmigungsbedürftigkeit aufgrund einer bloßen Veränderung der Rechtslage nicht zum Entstehen und der nachträgliche Wegfall der Genehmigungsbedürftigkeit nicht zum Entfallen des Anspruchs auf die Zusatzvergütung führt (ebenda Rn. 33). Der Bundesgerichtshof hat dies unter anderem damit begründet, dass ein Anlagenbetreiber, der die von ihm geplante und in Betrieb genommene Biomasseanlage auf eine Erfüllung der mit der Genehmigungsbedürftigkeit verbundenen immissionsschutzrechtlichen Anforderungen ausgelegt sowie damit einhergehende Mehrkosten auf sich genommen hat, den Formaldehydbonus entgegen dem Sinn und Zweck des Gesetzes allein aufgrund einer Entscheidung des Gesetz- oder Verordnungsgebers, eine zunächst gegebene Genehmigungsbedürftigkeit nunmehr an veränderte Merkmale zu knüpfen und damit die erteilte Genehmigung zum Erlöschen zu bringen, wieder verlöre. Der Anlagenbetreiber wäre noch nicht einmal in der Lage, eine fortdauernde Gewährung dieses Vergütungsbestandteils durch Maßnahmen zu beeinflussen, die auch künftig eine Einhaltung der Grenzwerte und damit eine Erfüllung der immissionsschutzrechtlichen Anforderungen sicherstellen (BGH, WM 2015, 1347 Rn. 35).
28(3) Bisher höchstrichterlich nicht entschieden ist demgegenüber, ob ein Anspruch auf den Formaldehydbonus auch nach Inbetriebnahme der Anlage entsteht, wenn der Anlagenbetreiber an der Anlage Veränderungen vornimmt, die (erstmals) zu einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit führen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist das zu bejahen, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob die Veränderungen gemäß § 21 EEG 2009 einen Neubeginn der Vergütungsdauer bewirken. Zwar ist der Wortlaut des § 27 Abs. 5 EEG 2009 - wie bereits dargestellt - offen. Die Vorschrift ist aber nach ihrem Sinn und Zweck sowie der Systematik des Gesetzes dahin auszulegen, dass ein Anspruch auf den Formaldehydbonus in diesem Fall auch noch nach der Inbetriebnahme der Anlage entstehen kann, wenn die Voraussetzungen des § 27 Abs. 5 EEG 2009 erfüllt sind.
29(a) Der Entstehung von Bonusansprüchen, die durch technische sowie bauliche Änderungen an der Anlage begründet werden, steht nicht die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom angestellte systematische Erwägung entgegen, dass sich der Formaldehydbonus aus Gründen der Investitionssicherheit nach dem Zeitpunkt des erstmaligen Anfalls der Grundvergütung richten müsse (BGH, WM 2015, 1347 Rn. 27 ff.). Insbesondere besteht anders als in der vom Bundesgerichtshof bereits entschiedenen Fallkonstellation nicht die Gefahr, dass der Anlagenbetreiber den Wegfall des einmal entstandenen Anspruchs auf den Formaldehydbonus ohne eigenes Zutun allein aufgrund einer Änderung der Rechtslage zu gewärtigen hat. Ob er Veränderungen an der Anlage vornimmt, die zum Wegfall der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit führen, hat er selbst in der Hand.
30(b) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Parallelität der Vergütungsansprüche mit den Bonusansprüchen dadurch gewährleistet, dass der gesamte in einer Anlage erzeugte Strom bei nachträglichen Veränderungen an das zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage geltende Vergütungsregime gekoppelt ist. Nach den maßgeblichen Übergangsregelungen der § 100 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EEG n.F., § 100 Abs. 1 Nr. 1 EEG 2021, § 100 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 10 Buchst. c EEG 2017, § 100 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. c EEG 2014 findet zwar das Vergütungsregime der §§ 19, 20 und 27 EEG 2009 auf die vor dem in Betrieb genommenen Bestandsanlagen weiterhin Anwendung. Das gilt aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht für § 21 EEG 2009. Auch für vor dem in Betrieb genommene Bestandsanlagen beginnt der Vergütungszeitraum gemäß § 22 Satz 2 EEG 2014, § 25 EEG 2017, § 25 Abs. 1 EEG 2021 und 2023 in Verbindung mit den genannten Übergangsregelungen einheitlich mit der Inbetriebnahme der Anlage (Hennig/Ekardt in Frenz/Müggenborg/Cosack/Hennig/Schomerus, EEG, 5. Aufl., § 25 Rn. 7; Salje, EEG, 8. Aufl., § 25 Rn. 14 ff.; Günther in Baumann/Gabler/Günther, EEG, 2019, § 100 Rn. 2, 30). Das Vergütungsregime für den (gesamten) Strom, der mit einer solchen Bestandsanlage erzeugt wird, richtet sich daher stets nach den zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage geltenden Regelungen, unabhängig davon, ob nach der Inbetriebnahme Veränderungen an der Anlage vorgenommen worden sind (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts, BT-Drucks. 18/1304 vom , S. 128 f.; überholt daher , NVwZ 2014, 313 Rn. 59 mit Anmerkung Vollprecht EnWZ 2014, 122; Loibl, ZNER 2014, 152, 157; siehe auch Empfehlung der Clearingstelle EEG vom - 2012/19, Austausch und Versetzen von Anlagen und Anlagenteilen (außer PV und Wasserkraft) im EEG 2009 und EEG 2012, Rn. 150 ff., 157; Clearingstelle EEG/KWKG, Votum vom - 2018/47, Rn. 73, 74; Votum vom - 2017/44, EnWZ 2018, 285 Rn. 50 unter 2.2.3). Dies entspricht der nach dem klaren Wortlaut des weiterhin geltenden § 20 EEG 2009 ebenfalls anlagenbezogenen Regelung für die Absenkungen von Vergütungen und Boni (Vollprecht EnWZ 2014, 122, 125). Es kommt folglich nicht darauf an, welcher Art die Veränderung an der Anlage ist, solange die neu hinzugefügten Teile nach dem geltenden weiten Anlagebegriff (vgl. BGH, NVwZ 2014, 313 Rn. 18 ff.) Teil der bestehenden Anlage werden.
31(c) Eine Auslegung dahin, dass ein Anspruch auf den Formaldehydbonus auch dann entsteht, wenn die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit durch Anlagenänderungen nach Inbetriebnahme eintritt, entspricht auch Sinn und Zweck des § 27 Abs. 5 EEG 2009. Denn in einem solchen Fall ist - anders als in der Fallgestaltung, die der Entscheidung des zugrunde lag (aaO) - die Annahme gerechtfertigt, dass die Einhaltung der Formaldehydgrenzwerte entweder auf bereits anfänglichen Investitionen oder auf Investitionen beruht, die im Zuge der Änderungen erfolgt sind. Da der Formaldehydbonus diese Kosten ausgleichen soll (BT-Drucks. 16/9477, S. 26; siehe auch Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes, des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energierechtlicher Vorschriften, BR-Drucks. 563/18 (Beschluss) vom , S. 23 f.), ist dem Anlagenbetreiber in diesem Fall nach Sinn und Zweck der Vorschrift der Bonus zu gewähren.
32bb) Danach besteht ein Anspruch auf den Formaldehydbonus für den (gesamten) von der Hofanlage eingespeisten Strom ab dem Zeitpunkt, an dem durch ihre Entdrosselung die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit begründet wurde und die Einhaltung der Formaldehydgrenzwerte nachgewiesen war (dazu unten Rn. 42 bis 44). Es kommt daher nicht auf die zwischen den Parteien streitige Frage an, ob der Regelung in § 100 Abs. 2 Satz 4 EEG 2017, wonach § 27 EEG 2009 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass der Anspruch nach § 27 Abs. 5 EEG 2009 auch dann besteht, wenn die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit erst nach der ersten Inbetriebnahme der Anlage und nicht allein aufgrund einer Änderung der Rechtslage entsteht, über den hinaus rückwirkend auch auf die hier streitgegenständlichen Zeiträume anzuwenden ist, und, sofern dies zu bejahen sein sollte, ob es sich dabei um eine unzulässige echte Rückwirkung handelt. Denn es ist auch nach einer etwaigen rückwirkenden Neuregelung der Fachgerichtsbarkeit aufgegeben, den Inhalt der alten Rechtslage durch Auslegung zu klären. Die weitere, insbesondere - wie hier - höchstrichterliche Auslegung durch die Fachgerichte kann dabei ergeben, dass die Norm gerade so zu verstehen ist, wie es der Gesetzgeber nachträglich festgestellt wissen wollte (, BVerfGE 135, 1 [juris Rn. 58]). So liegt es hier. § 27 Abs. 5 EEG 2009 ist im Sinne der gesetzgeberischen Klarstellung auszulegen, ohne dass es dabei auf § 100 Abs. 2 Satz 4 EEG 2017 und die Frage ankommt, ob der Regelung Rückwirkung innewohnt (vgl. auch , NVwZ-RR 2022, 533 Rn. 38 mwN).
33c) Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann ein Anspruch auf den Formaldehydbonus für die Satellitenanlage vom bis nebst Zinsen nicht verneint werden. Die Klageabweisung ist wegen dieser Ansprüche auch nicht aus anderen Gründen richtig, § 561 ZPO.
34aa) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht angenommen, es sei bei seiner Entscheidung über die von der Klägerin für die Satellitenanlage geltend gemachten Zahlungsansprüche aufgrund der Musterprozessvereinbarung für die Satellitenanlage an die Annahme gebunden, dass der Eintritt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit nach Inbetriebnahme der Anlage grundsätzlich keinen Anspruch auf den Formaldehydbonus begründen könne.
35(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Auslegung einer Individualerklärung allerdings grundsätzlich den Tatsachengerichten vorbehalten. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind, wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen worden ist oder die Auslegung auf mit der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht (st. Rspr., siehe etwa , NJW 2023, 1567 Rn. 71 mwN; vom - II ZR 76/21, NJW 2023, 1513 Rn. 18), und ob der Tatrichter die beiderseitige Interessenlage ausreichend berücksichtigt hat (, WM 2013, 2121 Rn. 36 mwN).
36(2) Einer Prüfung anhand dieses Maßstabs hält die Auslegung des Berufungsgerichts nicht stand. Das Berufungsgericht hat wesentlichen Auslegungsstoff außer Acht gelassen. Es hat übergangen, dass sich die Rechtslage nach Abschluss der Musterprozessvereinbarung für die Satellitenanlage und seiner eigenen Entscheidung im Musterprozess vom (2 U 129/17), aber vor den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs wesentlich geändert hat. Bevor der Bundesgerichtshof am über die Nichtzulassungsbeschwerde und am (VIII ZR 167/18, juris) über die Anhörungsrüge der dortigen Klägerin entschieden hat, ist § 100 Abs. 2 Satz 4 bis 7 EEG 2017 in Kraft getreten. Damit sowie mit der Begründung des , juris) setzt sich das Berufungsgericht nicht auseinander. Es geht ferner davon aus, dass die Klägerin die Bindung an die Musterprozessvereinbarung nicht in Frage stelle, obwohl sie sich ausweislich des im Urteil wiedergegebenen Berufungsvorbringens gegen die bereits vom Landgericht angenommene Bindung an das Musterverfahren gewandt und auf die Begründung des ausdrücklich hingewiesen hat.
37(3) Eine Auseinandersetzung mit den durch § 100 Abs. 2 Satz 4 bis 7 EEG 2017 eingetretenen Rechtsänderungen und der Begründung des wäre aber geboten gewesen. Die Parteien wollten - was der Senat selbst feststellen kann, da weitere Erkenntnisse nicht zu erwarten sind - die Bindung nur für den Fall erreichen, dass die zwischen ihnen streitige Rechtsfrage letztinstanzlich geklärt wird. Das ergibt sich klar aus § 1 der Musterprozessvereinbarung für die Satellitenanlage. Nach § 1 Satz 2 der Vereinbarung sollte eine Übertragung auf den Fall der Parteien nicht gelten, "wenn eine Entscheidung ohne Beantwortung der relevanten Rechtsfrage ergeht", beispielsweise "wenn (…) eine Entscheidung aufgrund verpasster Fristen oder ähnliches ergeht, die nicht auf die Parteien übertragbar ist". Danach sollte es darauf ankommen, ob die zwischen den Parteien streitige Rechtsfrage inhaltlich letztinstanzlich geklärt worden war. Nur dies entsprach auch dem beiderseitigen Interesse der Parteien (§§ 133, 157 BGB).
38(4) Das Berufungsgericht durfte daher nicht bei der bloßen Feststellung stehen bleiben, dass sein eigenes Berufungsurteil im Musterverfahren rechtskräftig geworden sei. Diese formale Sichtweise, auf die auch die Beklagte im Revisionsverfahren abgehoben hat, greift aufgrund der Umstände des vorliegenden Falls zu kurz. Sie trägt nicht die Annahme einer letztverbindlichen inhaltlichen Klärung der streitigen Rechtsfrage, weil sie die Rechtsänderung und die Entscheidung des außer Acht lässt. Die Frage, ob § 27 Abs. 5 EEG 2009 auch dann Anwendung findet, wenn eine bereits bestehende Anlage erweitert wird und erst dadurch eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbedürftigkeit entsteht, wurde bei Berücksichtigung dieser Umstände im Musterverfahren inhaltlich nicht entschieden. Der Bundesgerichtshof ging davon aus, dass die Rechtsfrage durch die gesetzliche Neuregelung geklärt sei. Er hat aus diesem Grund einen Zulassungsgrund verneint (Beschluss vom - VIII ZR 167/18, juris Rn. 10) und dabei lediglich auf die Neuregelung abgestellt. Offen blieb indes die Frage, ob bereits nach § 27 Abs. 5 EEG 2009 ein Bonusanspruch begründet war.
39bb) Das Berufungsurteil ist in Bezug auf die Abweisung des Anspruchs auf den Formaldehydbonus für den vom bis durch die Satellitenanlage eingespeisten Strom auch nicht aus anderen Gründen richtig.
40(1) Zwar ist - worauf das Berufungsgericht zutreffend hinweist - § 27 EEG 2012 anzuwenden, wenn der Austausch des BHKW 2 durch das BHKW 3 dazu geführt hätte, dass eine neue und am erstmals in Betrieb genommene Anlage entstanden wäre (vgl. Salje, EEG, 8. Aufl., § 25 Rn. 22; Heinlein/Mansour/Weitenberg in Baumann/Gabler/Günther, EEG, 2019, § 25 Rn. 18; Wust in BeckOK EEG, Stand , § 25 Rn. 12). Eine sogenannte Satellitenanlage ist ein "abgesetztes" Blockheizkraftwerk, das an die gleiche Gaserzeugungsanlage wie ein in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Gaserzeugungsanlage angeschlossenes Blockheizkraftwerk angeschlossen, aber betriebstechnisch und räumlich hinreichend abgegrenzt und daher rechtlich selbständig ist. Es ist aus diesem Grund möglich, dass das Blockheizkraftwerk als solches die (gesamte) Anlage darstellt und sein Austausch daher zum Entstehen einer neuen Anlage mit neuem Inbetriebnahmedatum führt (vgl. , NVwZ 2014, 313 Rn. 50; LG Frankfurt (Oder), BeckRS 2019, 28762 Rn. 14 ff.; siehe auch Lamy/Altrock ZUR 2016, 73, 82 f.; Vollprecht, EnWZ 2014, 122, 124; Empfehlung der Clearingstelle EEG vom - 2012/19, Austausch und Versetzen von Anlagen und Anlagenteilen (außer PV und Wasserkraft) im EEG 2009 und EEG 2012, Nr. 4, Rn. 107, 108, 133 bis 135). Ein Anspruch auf den Formaldehydbonus bestünde in diesem Fall nicht, weil ein solcher Anspruch in § 27 EEG 2012 nicht vorgesehen ist.
41(2) Feststellungen dazu, ob durch die Installation des BHKW 3 gemäß § 3 Nr. 5 EEG 2012 eine neue Anlage entstanden ist, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Diese sind aber erforderlich. Entgegen der Ansicht der Klägerin stünde ihr beim Entstehen einer neuen Anlage am auch dann kein Anspruch auf den Formaldehydbonus gemäß § 27 Abs. 5 EEG 2009 zu, wenn § 100 Abs. 2 Satz 4 bis 7 EEG 2017 Rückwirkung auch für den Zeitraum vor dem zukäme. Denn das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2009 fände in diesem Fall auf die Satellitenanlage von vornherein keine Anwendung.
42d) Entgegen der Ansicht der Revision der Klägerin hat sie keinen Anspruch auf den Formaldehydbonus im Zeitraum vor der ersten Messung am , mithin für den von der Hofanlage ab und für den von der Satellitenanlage ab eingespeisten Strom nebst den dafür geltend gemachten Zinsen. Sie hat die Einhaltung der Formaldehydgrenzwerte für diese Zeiträume nicht gemäß § 27 Abs. 5 EEG nachgewiesen.
43aa) Durch die Bescheinigung der zuständigen Behörde vom wird verbindlich festgestellt, dass die dem Emissionsminimierungsgebot der TA Luft entsprechenden Formaldehydgrenzwerte eingehalten werden (, juris Rn. 30). Da der Nachweis für die Einhaltung der Formaldehydgrenzwerte nach dem Wortlaut des Gesetzes nur mittels der behördlichen Bescheinigung geführt werden kann, stellt sie eine (formelle) tatbestandliche Vergütungsvoraussetzung dar (OVG Münster, aaO, juris Rn. 32 mwN). Der Anspruch auf Zahlung der Vergütung nach § 27 Abs. 5 Satz 1 EEG 2009 besteht mithin erst ab dem Zeitpunkt, für den die zuständige Behörde die Einhaltung der Formaldehydgrenzwerte bescheinigt hat.
44bb) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass dies der in den Bescheinigungen angegebene Zeitpunkt der Messung ist. Für den aus beiden Anlagen eingespeisten Strom kann ein Anspruch auf den Formaldehydbonus daher aus Rechtsgründen frühestens am entstanden sein. Dem Einwand der Klägerin, die Messung sage nichts darüber aus, ob die Grenzwerte nicht schon zu einem früheren Zeitpunkt eingehalten wurden, ist schon deshalb kein Erfolg beschieden, weil es für die früheren Zeiträume an der (formell) erforderlichen Bescheinigung fehlt. Gleiches gilt auch für ihren Vortrag, es sei nicht nachvollziehbar, dass für den Zeitraum zwischen zwei Messungen die unveränderte Einhaltung der Grenzwerte angenommen werde, dies aber nicht für die Zeit vor der ersten Messung gelte. Im Übrigen hat die Klägerin auch keinen übergangenen Vortrag dahin aufgezeigt, dass die Grenzwerte vor dem eingehalten worden sind (vgl. , WM 2015, 1347 Rn. 20). Da der Anspruch auf den Formaldehydbonus für den gesamten von der Hofanlage eingespeisten Strom nach dem Ausgeführten bereits am entstanden ist, kommt es auf den von der Revision als übergangen gerügten Vortrag der Klägerin, die Grenzwerte seien am und erneut am eingehalten worden, in diesem Zusammenhang nicht an.
45e) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Verzugszinsen. Der Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe das Vorliegen einer Zahlungsaufstellung gemäß § 286 Abs. 3 Satz 1 BGB zu Unrecht verneint, greift nicht durch.
46aa) Diese Vorschrift enthält neben der in § 286 Abs. 1 BGB geregelten Mahnung einen weiteren, den Verzug des Schuldners auslösenden Tatbestand. Dabei stellt der Zugang einer Rechnung oder Zahlungsaufstellung jedoch nur - neben der Fälligkeit der Entgeltforderung - die Voraussetzung für den Beginn einer 30-tägigen Frist dar, nach deren Ablauf der Schuldner spätestens in Verzug gerät, sofern er die Forderung nicht beglichen hat. Die Rechnung dient der textlichen Fixierung einer vom Gläubiger geltend gemachten Entgeltforderung und muss erkennen lassen, in welcher Höhe der jeweilige Betrag für welche Leistung verlangt wird, um eine sachgerechte Überprüfung zu ermöglichen (, NJW 2009, 3227 Rn. 10 f.).
47bb) Entgegen der Ansicht der Klägerin reicht es danach nicht für das Vorliegen einer Zahlungsaufstellung, dass der Beklagten die Stromeinspeisedaten im Wege der Fernablesung elektronisch übermittelt werden. Schon nach dem klaren Wortlaut handelt es sich bei einer solchen bloßen Datenübermittlung nicht um eine Zahlungsaufstellung, weil die übermittelten Stromeinspeisewerte keine Entgeltforderung darstellen. Dass auf ihrer Grundlage eine Entgeltforderung berechnet werden kann, wie das Landgericht angenommen hat, mag sein. Diese Berechnung stellt aber den notwendigen Bearbeitungsschritt dar, der gemäß § 286 Abs. 3 BGB für das Erstellen einer Rechnung oder Zahlungsaufstellung vom Gläubiger - hier der Klägerin - zu leisten wäre (Grüneberg in Grüneberg, BGB, 83. Aufl., § 286 Rn. 28; Ernst in MünchKommBGB, 9. Aufl., § 286 Rn. 102, 104, 107; Schulte-Nölke in Dauner-Lieb/Langen, BGB, 4. Aufl., § 286 Rn. 54; Dornis in BeckOGK, Stand , § 286 BGB Rn. 208 f.).
48cc) Soweit sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch auf die Vorschrift des § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB gestützt hat, wonach eine Mahnung entbehrlich ist, wenn der sofortige Eintritt des Verzugs aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist, ist weder dargetan noch ersichtlich, welche besonderen Gründe den sofortigen Verzugseintritt im vorliegenden Fall rechtfertigen sollten.
493. Nach dem zur Revision der Klägerin Ausgeführten ist die Revision der Beklagten nur in geringem Umfang wegen eines Teils des Zinsanspruchs begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf den Formaldehydbonus für den durch die Hofanlage vom bis eingespeisten Strom bejaht. Soweit die Beklagte demgegenüber unter Berufung auf das , aaO Rn. 59) meint, bei der Berechnung der Höhe des Formaldehydbonus sei die sich gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 5 EEG 2009 für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme des BHKW 2 ergebende Degression zugrunde zu legen, trifft das - wie oben dargelegt - nicht zu (siehe oben Rn. 30). Das Berufungsurteil war allerdings aus Rechtsgründen insoweit aufzuheben, als es Verzugszinsen für die im November 2015 einbehaltenen Vergütungsansprüche für den von der Satellitenanlage eingespeisten Strom in Höhe von 5.239,93 € gewährt. Ob die Beklagte mit der Zahlung dieses Betrags durch die Mahnung vom gemäß § 286 Abs. 1 BGB in Verzug geraten war, kann erst beurteilt werden, wenn über die Berechtigung ihrer Aufrechnung mit den Rückforderungsansprüchen wegen des für die Satellitenanlage gezahlten Formaldehydbonus entschieden ist.
504. Aus dem gleichen Grund konnte das Berufungsurteil auch wegen der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten keinen Bestand haben und war daher auf die Revisionen der Parteien aufzuheben. Für die Frage, aus welchem Gegenstandswert die Gebühren zu berechnen sind, kommt es auf die Höhe der (berechtigten) Zahlungsansprüche an, über die noch nicht abschließend entschieden ist.
51III. Das Berufungsurteil war danach in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben. Insoweit ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:250624UXIIIZR10.22.0
Fundstelle(n):
UAAAJ-72679