BGH Beschluss v. - 4 StR 381/23

Instanzenzug: LG Bochum Az: II-2 KLs 17/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs, Betrugs in neun Fällen, versuchten Betrugs in vier Fällen sowie wegen Urkundenfälschung in 71 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Urkundenfälschung in den Fällen III.2.4., Tat-Nr. 53., 54., 59. bis 61., 63., 64., 66. bis 68., 73. bis 78., 82. und 85. der Urteilsgründe hat keinen Bestand, weil Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

3a) Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte zwischen 2011 und 2018 gefälschte, angeblich von ausländischen Kfz-Versicherern herrührende Dokumente, in denen jeweils in Bezug auf einen bestimmten Kunden bestätigt wurde, dass dieser über einen näher bezeichneten Zeitraum ein dort versichertes Fahrzeug schadenfrei geführt habe. Die Bescheinigungen legten die Käufer dann – wie von allen Beteiligten von vornherein beabsichtigt – bei verschiedenen deutschen Fahrzeugversicherern vor, um eine entsprechend vergünstigte Schadensfreiheitsklasse zu erlangen. In den vorgenannten Fällen geschah dies in der Zeit vom bis .

4b) Die Verjährungsfrist für Taten nach § 267 Abs. 1 StGB beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Ihr Lauf begann gemäß § 78a Satz 1 StGB jeweils mit der Tatbeendigung. Diese war hier spätestens mit der Vorlage der gefälschten Bestätigungen bei dem jeweiligen deutschen Versicherer eingetreten (vgl. Rn. 3). Der Senat versteht die nicht näher erläuterte tabellarische Übersicht in den Urteilsgründen dahin, dass mit den dort aufgelisteten Tatzeiten die Zeitpunkte ebendieser Vorlagen gemeint sind; denn nur so ergibt die in einem der Fälle in der Spalte der Tatzeiten enthaltene Angabe „storniert“ Sinn.

5c) Hiervon ausgehend war die Verjährungsfrist in den vorgenannten Fällen daher bereits bei Anklageerhebung abgelaufen. Eine rechtzeitige Unterbrechung ist nicht eingetreten.

6aa) Der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bochum vom und der am selben Tag von dem Amtsgericht erlassene Haftbefehl vermochten sie nicht herbeizuführen, weil sie sich nur auf Betrugsdelikte und nicht auf den Vorwurf der Urkundenfälschung beziehen.

7bb) Die erste Handlung, die den Lauf der Verjährungsfrist unterbrechen konnte, war gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 StGB der Erlass des (weiteren) Haftbefehls des Amtsgerichts Bochum vom (Bl. 248 ff. der Beiakte 35 Js 122/19). Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB in den Fällen III.2.4., Tat-Nr. 53., 54., 59. bis 61., 64., 66. bis 68., 73. bis 78., 82. und 85. der Urteilsgründe jedoch bereits abgelaufen, so dass diese Taten verjährt sind. In dem Fall III.2.4., Tat-Nr. 63. der Urteilsgründe, in dem die Kammer eine Tatzeit nicht festzustellen vermochte („storniert“), ist der Senat unter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes (vgl. , NStZ-RR 2008, 42) von einer Tatbegehung noch vor dem ausgegangen, so dass auch hinsichtlich dieser Tat Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

8d) Der Eintritt der Verjährung begründet ein Verfolgungshindernis, das von Amts wegen zu beachten ist ( Rn. 3). Insoweit ist das Urteil aufzuheben und das Verfahren gemäß § 206a Abs. 1 StPO einzustellen. Zudem hat der Senat den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO abgeändert.

92. In den übrigen Fällen liegt demgegenüber kein Verfolgungshindernis vor. Der Erörterung bedarf insoweit nur die von der Strafkammer als Fall III.2.2. (1) der Urteilsgründe festgestellte Betrugstat, bei der der Angeklagte mittäterschaftlich eine unberechtigte Zahlung des Kfz-Haftpflichtversicherers nach einem fingierten Verkehrsunfall bewirkte.

10Die Verjährungsfrist für Taten des § 263 Abs. 1 StGB beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 StGB). Der für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebliche Zeitpunkt der Beendigung ist beim vollendeten Betrug mit Erlangung des letzten vom Tatvorsatz umfassten Vermögensvorteils gegeben ( Rn. 4). Ausdrückliche Feststellungen zum Datum der Zahlung des Versicherers hat die Strafkammer in dem Fall III.2.2. (1) der Urteilsgründe nicht getroffen. Den von ihr angeführten Beweiserwägungen kann allerdings entnommen werden, dass der Auszahlung Abrechnungen vom und vom zugrunde lagen. Der Senat schließt deshalb aus, dass die Versicherungsleistungen bereits vor dem ausgezahlt wurden, so dass bis dahin keine Beendigung eingetreten war. Der Lauf der Verjährungsfrist wurde daher gemäß § 78c Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 StGB durch den Haftbefehl und den Durchsuchungsbeschluss des in denen die Tat konkret bezeichnet ist (jeweils als „Tat 4“), rechtzeitig unterbrochen.

113. Trotz der Änderung des Schuldspruchs hat die Gesamtfreiheitsstrafe Bestand. Der Senat schließt aus, dass die Strafkammer bei zutreffender rechtlicher Würdigung der Verfolgungsverjährung auf eine geringere Gesamtstrafe erkannt hätte. Denn neben der Einsatzstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe bleiben 66 weitere Einzelstrafen zwischen neun Monaten und einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe bestehen. Darüber hinaus ist auch die strafschärfende Berücksichtigung verjährter Taten zulässig (vgl. Rn. 4; Beschluss vom – 5 StR 423/19 Rn. 8; Urteil vom – 2 StR 581/91, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 19).

124. Im Übrigen hat die revisionsrechtliche Prüfung des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Quentin                                  Bartel                                  Maatsch

                      Scheuß                           Momsen-Pflanz

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:130224B4STR381.23.0

Fundstelle(n):
ZAAAJ-61579