Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
Wegfall der Abzinsung von Verbindlichkeiten gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG
Praktische Anwendungsfälle der Neuregelung
Es hat für einige Überraschung gesorgt, dass der Gesetzgeber mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz die verpflichtende Abzinsung von unverzinslichen Verbindlichkeiten aufgehoben hat. Die Neuregelung ist zwingend für Wirtschaftsjahre zu beachten, die nach dem enden, also bei kalenderjahrgleichem Wirtschaftsjahr zum . Gleichwohl bleiben Fälle, in denen eine Abzinsung vorzunehmen ist. Interessant – und im Einzelnen schwierig – ist das vom Gesetzgeber vorgesehene Wahlrecht zur rückwirkenden Anwendung der Neuregelung.
Lukas/Steiner, Abzinsung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen in der steuerlichen und handelsrechtlichen Gewinnermittlung, Grundlagen, NWB FAAAH-13890
Was ist neu bei der Abzinsung von Verbindlichkeiten?
Welchen Anwendungsbereich hat die Neuregelung?
Wie funktioniert die Rückwirkung?
I. Die bisherige Abzinsungsregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG
1. Steuerliches Abzinsungsgebot
[i]Eggert, Wegfall des Abzinsungsgebots für Verbindlichkeiten, BBK 12/2022 S. 561, NWB GAAAI-62812 Nach der bisherigen Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG waren Verbindlichkeiten im Grundsatz mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Davon waren Verbindlichkeiten ausgenommen,
deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate betrug,
die verzinslich waren oder
die auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhten.
Bei Erfüllung dieser Kriterien unterlagen auch Gesellschafter- und Angehörigendarlehen dem Abzinsungsgebot.
2. Ausweis unrealisierter Gewinne
Während die Zugangsbewertung von Schulden (Verbindlichkeiten) im Grundsatz erfolgsneutral ist (z. B. bei Darlehen: Geld an Darlehensverbindlichkeit), führte die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Abzinsung zum Ausweis unrealisierter Gewinne ( day one gain). Dieser wurde in den folgenden Veranlagungszeiträumen durch Aufzinsung rückgängig gemacht, so dass es zu einer Phasenverschiebung kam und die Besteuerung vorgezogen wurde. Dies wurde allgemein damit gerechtfertigt, dass sich die Leistungsfähigkeit des Schuldners eines zinslosen Kredits erhöht, da er das Geld jetzt erhält und es später zurückzahlen muss. Die Abzinsung bewirkte faktisch die Vorwegnahme des eingesparten Zinsaufwands für die gesamte Laufzeit.