BGH Beschluss v. - IV ZR 299/22

Deckungsklage gegen die Vollkaskoversicherung nach Kfz-Unfall: Abrechnung nach Quotenvorrecht; Leistungsgrenze des Kaskoversicherers

Gesetze: § 86 Abs 1 VVG, Nr A.2.6 AKB, Nr A.2.7 AKB, § 249 BGB, §§ 249ff BGB

Instanzenzug: LG Passau Az: 3 S 70/21vorgehend AG Passau Az: 16 C 785/21

Gründe

1I. Die Parteien streiten über die Höhe der Versicherungsleistung aus einer vom Kläger bei der Beklagten gehaltenen Kfz-Versicherung.

2Der Kläger ist Halter des mit einer Selbstbeteiligung von 1.000 € bei der Beklagten vollkaskoversicherten Fahrzeugs, das bei einem Verkehrsunfall am beschädigt wurde. Dem Versicherungsvertrag liegen "Allgemeine Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB)", Stand , (im Folgenden: AKB) zugrunde. Diese bestimmen unter anderem:

Was versteht man unter Totalschaden, Wiederbeschaffungswert und Restwert?

Reparatur

…"

3In einem Rechtsstreit des Klägers gegen den Unfallgegner und dessen Haftpflichtversicherer wurden die Haftung des Unfallgegners mit 40 % festgesetzt und bei der Berechnung des Schadens am Fahrzeug des Klägers Nettoreparaturkosten in Höhe von 7.002,04 €, ein unfallbedingter Minderwert des Fahrzeugs von 250 € sowie Sachverständigenkosten für ein vom Kläger eingeholtes Schadengutachten von 727,33 € zugrunde gelegt, ferner ein Nutzungsausfall von 180 € und eine Pauschale von 25 €. Der Haftpflichtversicherer zahlte auf diese Positionen insgesamt 3.273,75 €, wovon ein Teilbetrag von 3.110,13 € auf Reparaturkosten, Minderwert und Sachverständigenkosten entfiel.

4Der Kläger ließ sein Fahrzeug in Eigenregie instand setzen; eine Rechnung darüber legte er nicht vor. Die Beklagte, deren Eintrittspflicht dem Grunde nach unstreitig ist, zahlte an den Kläger 3.362,48 €, wobei sie einen Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs von 9.564,80 € und Sachverständigenkosten für das Schadengutachten von 727,33 € zugrunde legte und hiervon einen Restwert von 4.688 € sowie Leistungen des Haftpflichtversicherers des Unfallgegners von 2.241,65 € in Abzug brachte.

5Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung weiterer 1.809,39 € sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, jeweils nebst Zinsen, verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, die Abrechnung der Beklagten berücksichtige sein Quotenvorrecht nicht. Außerdem sei der in Ansatz gebrachte Restwert unzutreffend; dieser belaufe sich laut dem von ihm eingeholten Schadengutachten auf lediglich 3.900 €.

6Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von 514,32 € und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 159,93 €, jeweils nebst Zinsen, verurteilt. Das weitergehende Rechtsmittel hat es zurückgewiesen.

7Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 992,44 € und weiterer vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten von 380,57 €, jeweils nebst Zinsen.

8II. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich unter Berücksichtigung der Regeln des Quotenvorrechts für den Kläger ein weiterer Anspruch in Höhe von 514,32 €.

9Der Umfang der (maximalen) Entschädigungspflicht der Beklagten ergebe sich aus den dem Vertrag zugrunde liegenden AKB. Da der Pkw des Klägers in Eigenregie repariert worden sei, seien die von der Beklagten grundsätzlich zu erstattenden Reparaturkosten auf den Wiederbeschaffungsaufwand begrenzt, der hier 4.876,80 € (9.564,80 € - 4.688 €) betrage. Für seine von der Beklagten substantiiert bestrittene Behauptung, dass nur ein Restwert in Höhe von 3.900 € erzielbar gewesen wäre, sei vom Kläger in erster Instanz kein Beweis angeboten worden, was sich, da er die Beweislast hierfür trage, zu seinen Lasten auswirke; daher sei der von der Beklagtenseite angegebene Restwert der Berechnung zugrunde zu legen. Das im Berufungsverfahren angebotene Sachverständigengutachten sei wegen Verspätung nicht zu erholen. Die vereinbarte Selbstbeteiligung von 1.000 € sei bei der grundsätzlichen Berechnung des Leistungsanspruchs gegenüber der Beklagten in Abzug zu bringen, da sich für den Kaskoversicherer dessen Leistungsgrenze aus seinem maximalen vertraglichen Leistungsversprechen ergebe. Von den vom Kaskoversicherer zu begleichenden 3.876,80 € (4.876,80 € - 1.000 €) sei grundsätzlich nicht die gesamte Leistung des Haftpflichtversicherers in Höhe von 3.273,75 € in Abzug zu bringen, da hier das Quotenvorrecht nicht berücksichtigt würde. Quotenbevorrechtigt seien die restlichen Reparaturkosten inklusive Selbstbeteiligung, die Wertminderung und Sachverständigenkosten. Grundsätzlich stünden dem Kläger damit quotenbevorrechtigt 4.102,57 € und weitere 40 % aus den nicht kongruenten Positionen, also 82 €, und damit insgesamt 4.184,57 € zu. Nur der Betrag, um den die quotenbevorrechtigten Positionen hinter der Leistung des Haftpflichtversicherers (3.273,75 €) zurückblieben, stehe dem Kaskoversicherer zu und sei von den von ihm zu begleichenden 3.876,80 € in Abzug zu bringen. Nachdem die Summe der kongruenten Positionen 3.273,75 € übersteige, sei kein Abzug von den vom Kaskoversicherer zu begleichenden 3.876,80 € zu machen. Der Anspruch gegen die Beklagte betrage daher 3.876,80 €, dies stelle auch die Leistungsgrenze der Beklagten dar. Hier-auf habe die Beklagte 3.362,48 € gezahlt, so dass sich ein Restanspruch in Höhe von 514,32 € ergebe. Nur als Verzugsschaden seien die vorgerichtlichen Anwaltskosten zu ersetzen. Die Regeln des Quotenvorrechts spielten hier keine Rolle.

10III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht vor, und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).

111. Das Berufungsgericht hat die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO mit der Begründung zugelassen, die Sache habe eine über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung, nachdem es sich bei der Abrechnung von Kfz-Unfällen und die in diesem Zusammenhang gegebenenfalls zu berücksichtigenden Regeln des Quotenvorrechts um ein Massengeschäft handele und die Frage der maximalen Leistungspflicht eines Vollkaskoversicherers in vielen weiteren Fällen ebenfalls von Bedeutung sein dürfte, insbesondere beim sog. "umgekehrten Quotenvorrecht". Hieraus ergibt sich kein Zulassungsgrund. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

12a) Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann, oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren und ein Tätigwerden des Bundesgerichtshofs erforderlich machen (vgl. , BGHZ 159, 135 unter 1 a [juris Rn. 6] m.w.N.). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen unter anderem dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (Senatsbeschluss vom - IV ZR 201/20, VersR 2022, 1266 Rn. 17 m.w.N.). Für die hier in Streit stehende Frage der maximalen Leistungspflicht eines Vollkaskoversicherers im Zusammenhang mit einem Unfallschaden bei vorrangiger Inanspruchnahme des gegnerischen Haftpflichtversicherers sind solche Unklarheiten nicht ersichtlich. Ebenso wenig lässt sich erkennen, dass der Frage bereits wegen ihres Gewichts für die beteiligten Verkehrskreise grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. dazu , NJW 2003, 3765 unter II [juris Rn. 2]).

13b) Aus denselben Gründen ist eine höchstrichterliche Entscheidung auch nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO zur Rechtsfort-bildung geboten. Der Zulassungsgrund deckt sich weitgehend mit dem der Grundsatzbedeutung und setzt ebenso wie dieser zunächst eine Vielzahl von künftigen vergleichbaren Fällen voraus (Senatsbeschluss vom - IV ZB 41/02, VersR 2004, 55 unter 2 [juris Rn. 13] m.w.N.). Es ist weder konkret dargelegt noch sonst ersichtlich, dass der Fall in diesem Sinne eine verallgemeinerungsfähige rechtliche Frage aufwirft, für deren rechtliche Beurteilung eine richtungsweisende Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. Senatsbeschluss vom aaO m.w.N.).

14c) Auch sonst sind keine Zulassungsgründe ersichtlich, insbesondere legt die Revision - wie im Folgenden aufgezeigt wird - keine unter dem Aspekt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulassungsrelevante (vgl. BVerfG NJW 2007, 3418 Rn. 19 m.w.N.) Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG dar.

152. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht ist - auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen - zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger gegen die Beklagte keine über deren Leistungsgrenze von 3.876,80 € hinausgehende Entschädigungsleistung zusteht.

16a) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass, nachdem der Kläger die Reparatur seines Fahrzeugs nicht durch eine Rechnung belegen kann, die Versicherungsleistung nach A.2.7.1 Buchst. b AKB unabhängig davon, ob ein bedingungsgemäßer Totalschaden vorliegt, auf die Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswertes des versicherten Fahrzeugs begrenzt ist (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 105/20, r+s 2021, 389 Rn. 14). Dagegen erinnert die Revision auch nichts.

17b) Soweit sie beanstandet, das Berufungsgericht habe seiner Berechnung des Wiederbeschaffungsaufwands zu Unrecht einen Restwert des versicherten Fahrzeugs von 4.688 € zugrunde gelegt, ohne über die Behauptung des Klägers, der Restwert betrage lediglich 3.900 €, Beweis zu erheben, ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Entgegen der von der Revision insoweit erhobenen Rüge hat das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG nicht dadurch verletzt, dass es auf das erst in der Berufungsinstanz erfolgte Beweisangebot des Klägers die Erhebung von Sachverständigenbeweis zum Restwert nach § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgelehnt hat.

18aa) Die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe eines Entschädigungsanspruchs in der Kfz-Kaskoversicherung trifft grundsätzlich den Versicherungsnehmer (vgl. Senatsbeschluss vom - IV ZR 9/22, r+s 2023, 303 Rn. 20 m.w.N.). Dem Kläger hätte daher der Nachweis oblegen, dass bei der fiktiven Bestimmung des Restwertes seines beschädigten Fahrzeugs im Rahmen von A.2.7.1 Buchst. b AKB auf dem insoweit maßgeblichen regionalen Markt für den Aufkauf solcher Fahrzeuge am Sitz des Versicherungsnehmers (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 105/20, r+s 2021, 389 Rn. 23 ff.) nur ein niedrigerer Veräußerungswert zu erzielen war als die von der Beklagten in ihrer Entschädigungsberechnung in Ansatz gebrachten 4.688 €. Beweis dafür hat der Kläger erstinstanzlich trotz gerichtlichen Hinweises nicht angetreten, sondern den von der Beklagten ihrer Abrechnung zugrunde gelegten Restwert allein deshalb aus Rechtsgründen als nicht maßgeblich angesehen, weil er zum Zeitpunkt der Übermittlung des Restwertangebots bereits mit der Reparatur begonnen hatte. Soweit der Kläger zweitinstanzlich erstmals die Behauptung aufgestellt hat, der von der Beklagten ihrer Abrechnung zugrunde gelegte Restwert beruhe auf einem überregionalen Angebot, welches höher sei als das von ihm zugrunde gelegte regional höchste, und hierfür Beweis durch Sachverständigengutachten angetreten hat, hat er damit ein neues Angriffsmittel vorgebracht (vgl. nur Heßler in Zöller, ZPO 34. Aufl. § 531 Rn. 21). Dieses hat das Berufungsgericht zu Recht für gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht mehr berücksichtigungsfähig gehalten.

19bb) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein Grund für die Zulassung des neuen Angriffsmittels gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht daraus, dass bereits das Amtsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum behaupteten Restwert von 3.900 € prozessrechtswidrig unterlassen hat. Zwar trifft es zu, dass der Tatrichter auch ohne entsprechenden Parteiantrag gehalten sein kann, ein Sachverständigengutachten einzuholen, wo seine eigene Sachkunde nicht ausreicht, um schlüssig vorgetragene und wirksam bestrittene bzw. von Amts wegen zu prüfende Tatsachen festzustellen (, VersR 2021, 988 Rn. 12 m.w.N.). Durch die Möglichkeit, nach § 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO von Amts wegen ein Sachverständigengutachten einzuholen, sind die Parteien aber nicht von ihrer Darlegungs- und Beweislast befreit. Dementsprechend ist ein Tatrichter, dem die erforderliche Sachkunde zur Beurteilung einer Fachwissen voraussetzenden Frage fehlt und der davon absehen will, von Amts wegen sachverständige Hilfe in Anspruch zu nehmen, grundsätzlich nur gehalten, die beweisbelastete Partei auf die Notwendigkeit eines Beweisantrags nach § 403 ZPO hinzuweisen (vgl. , NJW-RR 2019, 719 Rn. 18 m.w.N.; vgl. auch Senatsbeschluss vom - IV ZR 181/14, r+s 2015, 405 Rn. 16 m.w.N.). Es ist daher regelmäßig nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Tatrichter von der amtswegigen Einholung eines Sachverständigengutachtens absieht, nachdem er der beweisbelasteten Partei gemäß § 139 ZPO Gelegenheit gegeben hat, Beweis anzutreten und diese daraufhin - wie hier - keinen Beweisantrag stellt (OLG München NJW-RR 2014, 1123 unter B I 3 b [juris Rn. 8]; OLG Frankfurt NJW-RR 1993, 169, 170; Stadler in Musielak/Voit, ZPO 20. Aufl. § 144 Rn. 4; Jäckel, Das Beweisrecht der ZPO 3. Aufl. Rn. 70; vgl. auch aaO Rn. 19). Besondere Gründe, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, zeigt die Revision nicht auf.

20c) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht ferner zu dem Ergebnis gelangt, dass bei einer nachträglichen Inanspruchnahme des Kaskover-sicherers von dessen Entschädigungsleistung aufgrund des nach allgemeiner Ansicht auch hier zugunsten des Versicherungsnehmers eingreifenden Quotenvorrechts die vom gegnerischen Haftpflichtversicherer geleisteten Zahlungen nicht insgesamt, sondern nur in Höhe des Betrages in Abzug zu bringen sind, um den die quotenbevorrechtigten Schadens-positionen und der Haftungsanteil des Unfallgegners an den nicht kongruenten Positionen hinter der Leistung des Unfallgegners zurückbleiben (vgl. nur Maier in MünchKomm-VVG, 2. Aufl. 420. Kaskoversicherung Rn. 241; ders. in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 19. Aufl. § 86 VVG Rn. 40 f.; Stomper in Halm/Kreuter/Schwab, AKB-Kommentar 2. Aufl. A.2.5.8 AKB 2015 Rn. 40). Auch bei einer Abrechnung unter Berücksichtigung des Quotenvorrechts ist die Leistungsgrenze des Kaskoversicherers allerdings der Betrag, den er bei bedingungsgemäßer Inanspruchnahme aufwenden müsste (Thom in Janeczek/Roth, Verkehrsrecht 5. Aufl. § 5 Rn. 591; Schulz, NJW 2021, 2944 Rn. 16 f.; siehe auch Maier in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung aaO Rn. 36). Dementsprechend ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Entschädigungsleistung der Beklagten auf den Wiederbeschaffungsaufwand abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung begrenzt ist.

21Anders als die Revision meint, hat das Quotenvorrecht des Versicherungsnehmers nicht zur Folge, dass die Leistungsgrenze des Kaskoversicherers bei dessen nachträglicher Inanspruchnahme ohne Abzug einer Selbstbeteiligung zu bestimmen ist. Zwar ist in der Kaskoversicherung anerkannt, dass der Versicherungsnehmer bei Vereinbarung einer Selbstbeteiligung den sich daraus ergebenden Nachteil nicht zu tragen hat, wenn er den Schaden nicht oder zumindest nicht allein verursacht hat (vgl. , r+s 2010, 105 Rn. 13). Demgemäß wird vom Rechtsübergang nach § 86 VVG nur der um die Selbstbeteiligung verringerte Haftpflichtanspruch erfasst, so dass dem Versicherungsnehmer das Quotenvorrecht auch in Höhe seiner Selbstbeteiligung verbleibt (vgl. , BGHZ 47, 308, 311 [juris Rn. 9]; Maier in Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung 19. Aufl. A.2 AKB Rn. 902). Das führt aber lediglich dazu, dass der Kaskoversicherer bei vorrangiger Inanspruchnahme des gegnerischen Haftpflichtversicherers die Differenz zu dessen Leistungen hinsichtlich der quotenbevorrechtigten Schadenspositionen, zu denen alle von der "versicherten Gefahr" der Kaskoversicherung erfassten unmittelbaren Sachschäden (vgl. , BGHZ 82, 338 unter II 2 a [juris Rn. 15 f.]; vom - III ZR 76/56, BGHZ 25, 340 unter 2 c [juris Rn. 21]) und damit insbesondere auch Reparatur- und Wiederbeschaffungskosten in Höhe der Selbstbeteiligung gehören, bis zur eigenen vertraglichen Leistungsgrenze zu erstatten hat, nicht hingegen darüber hinaus. Für den Kaskoversicherer gilt insoweit nichts anderes als für den Schädiger, für den das Quotenvorrecht des Geschädigten ebenfalls nicht dazu führt, dass er insgesamt mehr zu zahlen hat, als seinem Mitverursachungsanteil entspricht (vgl. , r+s 2017, 494 Rn. 22 m.w.N.).

22d) Es ist schließlich aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht lediglich auf der Grundlage eines Gegenstandswerts von 514,32 € errechnete vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten unter Verzugsgesichtspunkten als erstattungsfähig angesehen hat. Entgegen der Auffassung der Revision kommt es in diesem Zusammenhang auf die Frage, ob Rechtsanwaltskosten für die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den Kaskoversicherer grundsätzlich quotenbevorrechtigte kongruente Schadenspositionen darstellen, nicht entscheidungserheblich an. Denn die Beklagte hat - wie ausgeführt - vertragliche Leistungen nur bis zur eigenen Leistungsgrenze zu erbringen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:310523BIVZR299.22.0

Fundstelle(n):
LAAAJ-44902