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FG Baden-Württemberg Urteil v. - 1 K 2865/21

Gesetze: UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, UStG § 10 Abs. 1 S. 1, UStG § 10 Abs. 1 S. 2, UStG § 10 Abs. 1 S. 3, UStG § 10 Abs. 1 S. 6, SGB III § 111 Abs. 3 S. 1, SGB III § 111 Abs. 3 S. 2, SGB III § 178 Abs. 3, SGB III § 323 Abs. 2, MwStSystRL Art. 73, MwStSystRL Art. 79

Umsatzsteuerbarkeit der Aufstockungsbeträge zum bisherigen Gehalt, nicht aber der Abfindungen, die im Zusammenhang mit der Übertragung von Arbeitsverhältnissen auf Transfergesellschaften gezahlt werden

Leitsatz

1. Übernimmt der bisherige Arbeitgeber gegenüber einer Transfergesellschaft (mit Trägerzulassung im Sinne des § 178 Abs. 3 SGB III) in den ersten 12 Monaten nach Eintritt des Arbeitnehmers in die Transfergesellschaft die Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes von 60 % bzw. 67 % auf 80 % des bisherigen Nettogehalts je Arbeitnehmer und anschließend (d. h. nach Ablauf des Transferkurzarbeitergeldes) die gesamten Lohn- und Gehaltskosten einschließlich aller zusätzlichen Arbeitgeberkosten (sogenannte Remanenzkosten), so sind die von der Transfergesellschaft an den Alt-Arbeitgeber weiterbelasteten Remanenzkosten Teil des umsatzsteuerbaren Entgelts für eine Leistung der Transfergesellschaft an den Alt-Arbeitgeber. Insoweit ist unerheblich, dass die Transfergesellschaft die Remanenzkosten ohne Gewinnaufschlag als eine Art Aufwendungsersatz 1:1 an den Alt-Arbeitgeber weiterbelastet, dass sie keinen Einfluss auf die Höhe der Aufstockungsbeträge hat und dass bei der Abwicklung der Zahlungen ein Treuhänder zwischengeschaltet ist. Die weiterbelasteten Remanenzkosten sind für die Transfergesellschaft auch keine durchlaufenden Posten.

2. Die Leistung der Transfergesellschaft an den Alt-Arbeitgeber erschöpft sich nicht in der Durchführung der Personalverwaltung und der Lohn- und Gehaltsabrechnungen, sondern umfasst auch die Übernahme der Beschäftigungsverhältnisse. Die Überführung der Arbeitnehmer in eine „betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit” (im Streitfall: Klägerin als gesellschaftsrechtlich selbständige Transfergesellschaft im Sinne des § 111 Abs. 3 Satz 2 SGB III) ist nach § 111 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB III Bedingung für die Zahlung des Transferkurzarbeitergeldes und liegt im Interesse der Alt-Arbeitgeber, die andernfalls unter Beachtung der Vorgaben der Sozialauswahl betriebsbedingte Kündigungen aussprechen müssten.

3. Die Alt-Arbeitgeber werden durch den Übergang von Arbeitsverhältnissen auf Transfergesellschaften von den bisherigen Pflichten wie Lohnzahlung, Gewähren des Urlaubsanspruchs, Fortführung der betrieblichen Altersversorgung etc. befreit und können sich so am Markt besser positionieren, d. h. Sachmittel des abgebenden Unternehmens oder Teile hiervon ohne bestehende Arbeitsverhältnisse auf einen Dritten übertragen. Die Leistungsempfänger (Alt-Arbeitgeber) bringen die Remanenzkosten als weiteren Anreiz auf, um Arbeitnehmern den Übergang in die Transfergesellschaft schmackhaft zu machen.

4. Haben die Arbeitnehmer mit oder ohne Wechsel in die Transfergesellschaft zusätzlich einen Anspruch auf Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, der auch bei Übergang des Arbeitsverhältnisses in die Transfergesellschaft fortbesteht und der Höhe nach gestaffelt je nach Verweildauer in der Transfergesellschaft fällig wird, sobald der Arbeitnehmer die Transfergesellschaft verlässt, und übernimmt die Transfergesellschaft die Berechnung und Auszahlung der Abfindungszahlungen nur deshalb, weil sie nach dem Übergang der Arbeitsverhältnisse auf sie im Besitz der hierfür erforderlichen Daten ist, so gehören die Abfindungen bei der Transfergesellschaft als durchlaufende Posten nicht zum Entgelt.

Fundstelle(n):
DStR-Aktuell 2023 S. 8 Nr. 34
DStR-Aktuell 2024 S. 8 Nr. 12
UR 2024 S. 11 Nr. 1
UR 2024 S. 21 Nr. 1
CAAAJ-44059

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FG Baden-Württemberg, Urteil v. 16.03.2023 - 1 K 2865/21

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