Online-Nachricht - Donnerstag, 01.12.2022

Umsatzsteuer | EuGH entscheidet zur Organschaft II

Der EuGH hat zur Vorlagefrage der V. Senats des BFH in der Sache "Finanzamt T" entschieden ().

Sachverhalt und Verfahrensgang: Der V. Senat des BFH hat dem EuGH u.a. die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG für die Mitgliedstaaten vorgesehene Ermächtigung, in ihrem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln, in der Weise auszuüben ist,

  1. dass die Behandlung als ein Steuerpflichtiger bei einer dieser Personen erfolgt, die Steuerpflichtige für alle Umsätze dieser Personen ist oder in der Weise,

  2. dass die Behandlung als ein Steuerpflichtiger zwingend - und damit auch unter Inkaufnahme erheblicher Steuerausfälle - zu einer von den eng miteinander verbundenen Personen getrennten Mehrwertsteuergruppe führen muss, bei der es sich um eine eigens für Mehrwertsteuerzwecke zu schaffende fiktive Einrichtung handelt (, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 18.6.2022 sowie Brill, NWB 26/2020 S. 1902).

Hierzu führten die Richter des EuGH weiter aus:

  • Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt, zum einzigen Steuerpflichtigen einer Gruppe von Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, den Organträger dieser Gruppe zu bestimmen, wenn dieser in der Lage ist, seinen Willen bei den anderen Mitgliedern dieser Gruppe durchzusetzen, und unter der Voraussetzung, dass diese Bestimmung nicht zur Gefahr von Steuerverlusten führt.

  • Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass im Fall einer Einheit, die die einzige Steuerpflichtige einer Gruppe von Personen ist, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, und die zum einen wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, für die sie der Steuer unterliegt, und zum anderen Tätigkeiten im Rahmen der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben, für die sie gemäß Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie nicht als mehrwertsteuerpflichtig gilt, die Erbringung einer Dienstleistung im Zusammenhang mit dieser hoheitlichen Tätigkeit durch ein Mitglied dieser Gruppe nicht gemäß Art. 6 Abs. 2 Buchst. b dieser Richtlinie besteuert werden darf.

Hinweis:

Nachricht aktualisiert am : Eine erste Einschätzung zu den Entscheidungen können Sie in dem Blog-Beitrag unseres Autoren Robert Hammerl nachlesen.

Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht.

Quelle: "Finanzamt T", EuGH online (il)

Fundstelle(n):
UAAAJ-27808