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NWB Nr. 48 vom Seite 3375

Umsatzbesteuerung von Land- und Forstwirten nach der Änderung zum 1.1.2022

Darstellung und Einordnung des

Pia Potjans und Leonard Joost

[i] Eisele/Seitz/ Sterzinger/Vogt/Merx/Zens, Besteuerung der Land- und Forstwirtschaft, NWB Verlag, 11. Aufl. 2023. ISBN: 978-3-482-68251-3 Mit der deutlichen Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs der Durchschnittssatzbesteuerung für Land- und Forstwirte ergeben sich Übergangsproblematiken sowie neue Rechtsfragen, die die Finanzverwaltung mit einem neuen BMF-Schreiben (BStBl 2022 I S. 926) geklärt hat. Insbesondere die Haltung zum Vorsteuerabzug bleibt unverändert, jedoch zeichnet sich hierzu in der Rechtsprechung eine gegensätzliche Sichtweise ab.

I. Hintergrund

[i]Umsatzsteuerliche Pauschalbesteuerung gem. § 24 UStGDie umsatzsteuerliche Pauschalbesteuerung nach § 24 UStG ist eine speziell für Land- und Forstwirte konzipierte Regelung, um diese in erster Linie von Aufzeichnungs- und Erklärungspflichten zu entlasten. Abweichend von der regulären Umsatzbesteuerung gelten für Land- und Forstwirte andere Steuersätze und der Vorsteuerabzug entspricht regelmäßig der Höhe der eigentlich geschuldeten Umsatzsteuer, sodass diese Unternehmer im Ergebnis keine Umsatzsteuer an das Finanzamt zu entrichten haben.

[i]Einführung einer Umsatzgrenze von 600.000 € durch das JStG 2020Der für kleine Betriebe gedachte Entlastungszweck fand jedoch in § 24 UStG keine umsatzgrößenbezogene Eingrenzung, sodass die Inanspruchnahme sämtlichen Unternehmern mit einer land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit möglich war. Diese nach Auffassung der EU-Kommission dem eigentlichen Gesetzeszweck zu weitgehende Anwendung veranlasste den nationalen Gesetzgeber, den Anwendungsbereich durch das JStG 2020 (BGBl 2020 I S. 3096) mit Wirkung zum zu beschränken. Danach ist eine Inanspruchnahme des § 24 UStG nur Unternehmern möglich, deren Gesamtumsatz nicht mehr als 600.000 € pro Jahr beträgt. Übersteigt der Gesamtumsatz diese S. 3376Grenze, unterliegen die land- und forstwirtschaftlichen Umsätze ab dem nachfolgenden Kalenderjahr der Regelbesteuerung.

[i]Potjans/Joost, NWB 41/2021 S. 3032Mit (BStBl 2022 I S. 926) hat die Finanzverwaltung nun ihr Verständnis zur Gesetzesänderung veröffentlicht. Zentrale Bestandteile sind die zutreffende Bestimmung des maßgeblichen Gesamtumsatzes und einer etwaigen Grenzüberschreitung sowie welche Auswirkungen, z. B. hinsichtlich der Aufzeichnungspflichten, sich hieraus ergeben. Der vorliegende Beitrag stellt diese kurz dar und ordnet sie anschließend ein, wobei zugleich die vom BMF in diesem Zuge aufgegriffenen Fragen zu einer Unternehmenstransaktion im Rahmen des § 24 UStG behandelt werden. Abschließend erfolgt neben einem Exkurs auf den Fortgang zu der durch den Wechsel des Besteuerungsregimes aufgeworfenen Frage zum Vorsteuerabzug bzw. dessen Berichtigung (vgl. dazu bereits Potjans/Joost, NWB 41/2021 S. 3032) noch ein Ausblick auf die jüngst erfolgte Änderung.

II. Ermittlung der Umsätze

1. Gesamtumsatz des vorangegangenen Kalenderjahres i. S. des § 19 Abs. 3 UStG

[i]Gesamtumsatz des vorangegangenen JahresDie gesetzliche Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs der Besteuerung nach Durchschnittssätzen für Land- und Forstwirte sieht in § 24 Abs. 1 Satz 1 UStG vor, dass der Gesamtumsatz des Unternehmers i. S. des § 19 Abs. 3 UStG im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 € betragen darf. Diese Bestimmung lehnt sich durch den Gesetzesverweis an die Berechnungsmethode beim umsatzsteuerlichen Kleinunternehmer an. Hierbei ist die Betrachtung jedoch auf das vorangegangene Kalenderjahr beschränkt, sodass eine maßgebliche Umsatzprognose für das laufende Kalenderjahr entfällt. Folglich kann der Land- und Forstwirt die Besteuerung nach § 24 UStG auch in Anspruch nehmen, wenn die Grenze im laufenden Jahr überschritten wird, jedoch nicht im entscheidenden vorangegangenen. Die Besteuerung nach den allgemeinen Regelungen ist dann erst in dem der Überschreitung folgenden Kalenderjahr vorzunehmen. Die Aussage in Abschnitt 24.1a Abs. 1 Satz 3 UStAE, wonach eine Versteuerung nach den allgemeinen Regeln bereits unmittelbar bei Überschreiten des Grenzwerts von 600.000 € erfolgen müsse, ist insoweit missverständlich. Zudem führt in Anlehnung an die Rechtsprechung zu § 19 UStG das Überschreiten des Grenzwerts nicht dazu, dass das Optionsrecht nach § 24 Abs. 4 UStG ausgeübt wurde und auf die pauschalierte Besteuerung dauerhaft verzichtet wird (Abschnitt 24.1a Abs. 1 Satz 13 UStAE; vgl. , NWB FAAAH-66881). Betragen die Umsätze in einem Kalenderjahr weniger als der Grenzwert, ist ohne Ausübung der Option nach § 24 Abs. 4 UStG im folgenden Kalenderjahr wieder nach § 24 Abs. 1 UStG zu besteuern.

2. Grundsatz der Einheitlichkeit des Unternehmens

[i]Summe der steuerbaren Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ...Die Berechnung stellt im Sinne des Grundsatzes der Einheitlichkeit des Unternehmens (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG) auf die gesamte unternehmerische Tätigkeit des Land- und Forstwirts ab und steht nicht im Widerspruch zu § 24 Abs. 3 UStG, der den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb für Zwecke des § 24 UStG abtrennt, aber nicht das umsatzsteuerliche Unternehmen zerteilt. Folglich sind für die Bestimmung der maßgeblichen Umsätze sämtliche nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Umsätze einzubeziehen, auch wenn diese nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des § 24 Abs. 2 UStG fallen. [i]... abzüglich bestimmter steuerfreier Umsätze gem. § 19 Abs. 3 UStG Dazu gehören auch Hilfs- und Nebengeschäfte (z. B. Veräußerung von Anlagevermögen, s. Abschnitt 24.1a Abs. 1 Satz 2 UStAE) sowie den entgeltlichen Umsätzen gleichgestellte Tatbestände des § 3 Abs. 1b und 9a UStG. Ausgenommen sind S. 3377nur bestimmte steuerfreie Umsätze entsprechend der Aufzählung in § 19 Abs. 3 UStG (z. B. Vermietungsumsätze gem. § 4 Nr. 12 UStG).

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