Bernd Langenkämper, Falco Hänsch, Jens Wessels, Martin Hilbertz, Roland Ronig, Gerwin Schlegel

Liebhaberei im Steuerrecht

1. Aufl. 2022

ISBN der Online-Version: 978-3-482-02971-4

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Liebhaberei im Steuerrecht - Stand: Juli 2022 (1. Auflage)

I. Problemanalyse

1. Einführung in die Liebhaberei

a) Allgemeine Liebhabereigrundsätze

Auch negative Einkünfte sind prinzipiell steuerlich zu berücksichtigen und führen regelmäßig zu einer Minderung der Einkommensteuer. Einkommensteuerbare positive oder negative Einkünfte kann jedoch nur erzielen, wer mit Gewinnerzielungsabsicht handelt. Liegt eine Gewinnerzielungsabsicht vor, sind grundsätzlich auch Verluste steuerlich anzuerkennen.

Hinweis:

In der Praxis ist die Feststellung der (fehlenden) Gewinnerzielungsabsicht sehr streitanfällig und oftmals Gegenstand finanzgerichtlicher Verfahren.

Bei fehlender Gewinnerzielungsabsicht handelt es sich um eine sog. Liebhaberei. Die Liebhaberei führt zu einem Verlustabzugsverbot. Liebhabereibetriebe sind daher steuerlich irrelevant.

Hinweis:

Auch wenn die Tätigkeit des Steuerpflichtigen ertragsteuerlich als Liebhaberei angesehen wird, können die Umsätze aus dem Liebhabereibetrieb dennoch der Umsatzsteuer unterliegen. Denn für die Unternehmereigenschaft i. S. des Umsatzsteuerrechts ist eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG).

Als Liebhaberei ist eine Betätigung eines Steuerpflichtigen zu verstehen, die ohne die Absicht, Gewinne zu erzielen, ausgeübt wird. In diesen Fällen ist die Betätigung des Steuerpflichtigen nicht primär auf die Erzielung positiver Einkünfte ausgerichtet. Vielmehr wird sie aus persönlichen Gründen oder aufgrund persönlicher Neigungen des Steuerpflichtigen betrieben oder aufrechterhalten. Eine Liebhaberei kann entweder bereits zu Beginn der Tätigkeit vorliegen oder bei Wegfall einer Einkunftserzielungsabsicht im Laufe der Zeit eintreten. Umgekehrt ist es auch möglich, dass ein Übergang von einem Liebhabereibetrieb zu einem Erwerbsbetrieb erfolgt.

Hinweis:

Der Liebhabereibegriff ist gesetzlich nicht definiert. Es handelt sich um einen durch die Rechtsprechung entwickelten Rechtsbegriff.

Bei Liebhabereibetrieben liegt keine wirtschaftlich relevante, auf die Erzielung von positiven Einkünften gerichtete Tätigkeit vor. Negative Einkünfte können in diesen Fällen nicht mit positiven Einkünften anderer Einkunftsquellen ausgeglichen werden. Als Indiz für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht gelten mehrjährige, über die Anlaufphase hinausgehende Verluste und die Feststellung, dass ein Betrieb nach Wesensart und Betriebsführung objektiv nicht geeignet ist, in seiner derzeitigen Form nachhaltig Gewinne zu erzielen.

Beispiele:
  • Eine Pferdezucht als Nebentätigkeit mit wenigen Pferden und nur geringer Fläche;

  • Vercharterung eines eigenen Motor- oder Segelboots;

  • Betrieb einer Obstplantage (Kiwi-Zucht), deren Erträge wirtschaftlich nicht ins Gewicht fallen.

Hinweis:

Auch bei den Überschusseinkünften (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und sonstigen Einkünften) sind Verluste grundsätzlich nur bei bestehender Einkünfteerzielungsabsicht steuerlich anzuerkennen.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Grundsätze zur Liebhaberei und die damit verbundene Nichtabzugsfähigkeit von Verlusten aus Liebhabereibetrieben in mehreren Beschlüssen bestätigt. Zudem hat das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der vorläufigen Steuerfestsetzung bei ungewisser Gewinnerzielungsabsicht verworfen.

Liebhaberei im Steuerrecht

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