Bernd Langenkämper, Falco Hänsch, Jens Wessels, Martin Hilbertz, Roland Ronig, Gerwin Schlegel

Liebhaberei im Steuerrecht

1. Aufl. 2022

ISBN der Online-Version: 978-3-482-02971-4

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Liebhaberei im Steuerrecht (1. Auflage)

I. Problemanalyse

Die Stromerzeugung mittels Fotovoltaikanlage hat nach wie vor große Bedeutung. Dies wird sich trotz stark gesunkener Einspeisevergütungen auf absehbare Zeit nicht wesentlich ändern, denn zugleich verringert sich der Anschaffungsaufwand durch die rückläufigen Preise der Solarmodule stetig. Außerdem wird die Eigennutzung des erzeugten Stroms weiter zunehmen. Aufgrund der stetig steigenden Energiepreise ist der Eigenverbrauch des Stroms bereits seit einiger Zeit wirtschaftlich rentabler, als diesen in vollem Umfang in das öffentliche Netz einzuspeisen. Daher rücken auch Batteriespeicher immer mehr in den Fokus der Anlagenbetreiber, da diese die Möglichkeit eröffnen, deutlich mehr Strom selbst zu verbrauchen. Hausbesitzer bzw. Anlagenbetreiber entscheiden über die Anschaffung einer Fotovoltaikanlage in der Regel aus ökologischer und ökonomischer Sicht. Um eine möglichst exakte ökonomische Beurteilung vornehmen zu können, sind genaue Kenntnisse der steuerlichen Rahmenbedingungen unerlässlich. Schon in der Vergangenheit haben wissenschaftliche Untersuchungen beispielhaft gezeigt, dass eine Investition in eine Fotovoltaikanlage, die aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht nicht vorteilhaft erscheint, durch Nutzung des Investitionsabzugsbetrags und der Sonderabschreibung nach § 7g EStG ggf. rentabel gestaltet werden kann.

1. Wirtschaftliches Umfeld

a) Allgemeines

Auch wenn die anfänglich sehr hohe Förderung seitens der Politik rückläufig ist, existieren weiterhin verschiedene Möglichkeiten, um Anlagenbetreiber finanziell zu unterstützen. Es handelt sich dabei insbesondere um folgende Förderinstrumente:

  • Ganz wesentlich ist die garantierte Einspeisevergütung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG). Danach erhält der Betreiber für das Jahr der Inbetriebnahme und die folgenden 20 Kalenderjahre eine festgelegte Vergütung für seinen erzeugten Strom.

  • Über die eigene Hausbank können ggf. zinsgünstige Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für die Anschaffung von Fotovoltaikanlagen in Anspruch genommen werden (vgl. z.B. KfW-Programm Erneuerbare Energien „Standard“, Stand 07/2021, www.kfw.de; das KfW-Programm Erneuerbare Energien „Speicher“ wurde zum eingestellt, ein Tilgungszuschuss ist daher nicht mehr möglich ). Unabhängig davon bieten einige Kreditinstitute noch eigene Förderprogramme bzw. günstige Finanzierungen.

  • Zudem bieten manche Städte und Gemeinden Zuschüsse aus kommunalen Mitteln zu den Herstellungskosten – diese sind allerdings stark rückläufig. Auch in einigen Bundesländern gibt es noch Förderprogramme, die jeweils unterschiedlich ausgestaltet sind.

  • In den ostdeutschen Bundesländern erhielten Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, der produktionsnahen Dienstleistungen und des Beherbergungsgewerbes u. U. Investitionszulage für die Anschaffung von Fotovoltaikanlagen, die bis Ende 2013 gekauft wurden.

b) Einspeisevergütungen nach dem EEG

Nach dem EEG sind Netzbetreiber verpflichtet, den Strom aus Solaranlagen abzunehmen und zu vergüten. Sie haben deswegen gesetzlich festgelegte Einspeisevergütungen an den Stromerzeuger zu entrichten. Das EEG ist seit dem Jahr 2000 in Kraft und wird fortlaufend geändert. Insbesondere erfolgt eine ständige Anpassung der Vergütungssätze (sog. Degression). Die Bundesnetzagentur veröffentlicht grundsätzlich quartalsweise die Summe der installierten Leistung aller geförderten Fotovoltaikanlagen, die der Ermittlung und Veröffentlichung der für das Folgequartal geltenden Vergütungssätze dienen. Aktuelle Übersichten können auf der Internetseite der Bundesnetzagentur eingesehen werden (www.bundesnetzagentur.de). Betreiber von Fotovoltaikanlagen sind nach dem EEG verpflichtet, die Stammdaten ihrer Anlage(n) im Marktstammdatenregister einzutragen. Die Marktstammdatenregisterverordnung ist am in Kraft getreten.

Hinweis:

Auch wenn kontinuierlich eine Absenkung der Einspeisevergütungen erfolgt, bleibt die finanzielle Planungssicherheit für den Anlagenbetreiber gewährleistet. Die gesetzlichen Kürzungen der Einspeisevergütung gelten nämlich nur für Anlagen, die nach dem jeweiligen Stichtag installiert und an das Netz gegangen sind. Das bedeutet: Für „Altanlagen” verändert sich die anfangs garantierte Höhe der Einspeisevergütung über den garantierten Zeitraum des Jahres der Inbetriebnahme und der folgenden 20 Jahre nicht.

c) Das Marktintegrationsmodell
aa) Förderfähige Strommenge

Am wurde das „Gesetz zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien”, die sog. PV-Novelle, im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und rückwirkend zum in Kraft gesetzt. Eine zentrale Änderung durch die PV-Novelle war die Einführung des sog. Marktintegrationsmodells. Demnach wird bei neuen Fotovoltaikanlagen an oder in Gebäuden oder Lärmschutzwänden mit einer installierten Leistung von mehr als 10 kW bis einschließlich einer installierten Leistung von einem MW nur noch 90 % der insgesamt in einem Kalenderjahr in der Anlage erzeugten Strommenge gefördert. Gleichzeitig wurde der Eigenverbrauchsbonus nach § 33 Abs. 2 EEG a. F. abgeschafft. Für Strom, der über diese förderfähige Strommenge erzeugt wird, besteht weder ein Anspruch auf die feste Einspeisevergütung noch auf die sog. Marktprämie.

Hinweis:

Die Marktprämie kann seit 2012 alternativ zu den Einspeisevergütungen vom Anlagebetreiber in Anspruch genommen werden, wenn dieser seinen Strom direkt vermarktet (vgl. § 34 ff. EEG).

bb) Ziel des Modells

Durch das Marktintegrationsmodell besteht ein Anreiz für die Anlagenbetreiber, den über die förderfähige Strommenge von 90 % hinaus erzeugten Strom selbst zu verbrauchen oder frei am Markt zu verkaufen. Damit sollen die Anlagenbetreiber nach dem Willen der Bundesregierung marktorientierter handeln und ihre Eigenverantwortung stärken. Sogleich soll das Instrument dazu führen, dass sich die Errichtung von Solaranlagen sowohl räumlich als auch in ihrer Dimensionierung stärker am Bedarf orientiert.

cc) Geltung

Das Marktintegrationsmodell gilt nur für Fotovoltaikanlagen, die

  • auf, an oder in Gebäuden oder Lärmschutzwänden errichtet worden sind,

  • eine installierte Leistung von mehr als 10 kW bis einschließlich einer installierten Leistung von einem MW haben und

  • nach dem in Betrieb genommen worden sind, sofern nicht besondere Übergangsregelungen greifen.

Präzisierung:

Dabei fand für Fotovoltaikanlagen, die nach dem und vor dem in Betrieb genommen worden sind, das neue Modell erst ab Anwendung. Das bedeutet, dass bei diesen Anlagen bis zum 100 % der erzeugten Strommenge nach dem EEG gefördert wurde und erst ab dem die Begrenzung der jährlich förderfähigen Strommenge auf 90 % erfolgte. Vollständig vom Marktintegrationsmodell ausgenommen werden damit sowohl kleine Fotovoltaikanlagen bis 10 kW als auch größere Fotovoltaikanlagen mit einer installierten Leistung von über einem MW und alle Fotovoltaikanlagen auf Freiflächen oder sonstigen baulichen Anlagen.

d) Das EEG 2014

Am ist eine weitere Reform des EEG in Kraft getreten. Mit dem neuen EEG 2014 änderte sich das System, nach dem Betreiber bisher Geld für Strom aus ihren Fotovoltaikanlagen erhalten haben. Der Wechsel vom alten System der Einspeisevergütung zur Direktvermarktung wird allerdings stufenweise vollzogen. Grundsätzlich wird dabei zwischen kleinen und mittleren Anlagen auf der einen und großen Anlagen auf der anderen Seite unterschieden. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber das Marktintegrationsmodell (siehe oben), bei dem Betreiber von Dachanlagen größer 10 bis 1.000 kW nur für max. 90 % der erzeugten Strommenge den normalen Einspeisetarif erhalten, für neue Anlagen wieder gestrichen. Abgeleitet aus der Streichung des Marktintegrationsmodells und der Einführung einer verpflichtenden Direktvermarktung werden somit „kleinere“ Anlagen wieder mit 100 % der erzeugten Strommenge vergütet.

aa) Kleine und mittlere Anlagen

Betreiber von neuen Fotovoltaikanlagen mit einer Leistung von höchstens 500 kW können weiterhin eine feste Einspeisevergütung erhalten. Ihr Strom wird wie bisher vom Netzbetreiber abgenommen, eingespeist und mit dem Tarif vergütet, der zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme gültig war. Ab dem Jahr 2016 ist die Obergrenze für die feste Einspeisevergütung auf 100 kW festgesetzt.

bb) Große Anlagen

Wer eine neue Fotovoltaikanlage mit einer Leistung von mehr als 500 kW (seit 2016 mehr als 100 kW) installiert, muss seinen Strom künftig selbst vermarkten und verkaufen.

Hinweis:

Für Fotovoltaikanlagen, die vor dem in Betrieb genommen wurden, ändert sich grundsätzlich nichts – der Bestandsschutz ist gewährleistet. Der produzierte Strom wird weiterhin so vergütet, wie zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme.

e) Das EEG 2017

Bislang gelten für die Betreiber von Fotovoltaikanlagen feste Fördersätze. Damit wurde der Markt der klimafreundlichen Stromproduktion nach Ansicht der Politik erfolgreich angekurbelt. Nun geht es dem Gesetzgeber darum, die Energiewende systematisch weiterzuentwickeln: mit mehr Wettbewerb, mehr Planbarkeit und mehr Kosteneffizienz. Diesen Paradigmenwechsel soll das EEG 2017 mit zwei wesentlichen Neuerungen bringen:

  1. Die Vergütung des erneuerbaren Stroms wird künftig über Ausschreibungen geregelt. Damit wird die Höhe der Förderung vom Markt und nicht länger staatlich festgelegt.

  2. Alle Solaranlagen bis einschließlich 750 kW fallen nicht unter die Ausschreibungspflicht. Künftige Betreiber von Fotovoltaikanlagen auf Einfamilienhäusern oder auf (nicht zu großen) gewerblichen Dächern können somit weiterhin eine feste Vergütung erhalten. Die Regeln dafür haben sich nicht geändert.

f) Mieterstrom ab 2017

Am ist das Gesetz zur Förderung von Mieterstrom und zur Änderung weiterer Vorschriften des EEG in Kraft getreten. Kernstück des Gesetzes ist die Einführung des. sog. Mieterstromzuschlags (vgl. § 19 Abs. 1 Nr. 3, § 21 Abs. 3 EEG 2017). Strom aus Fotovoltaikanlagen, die auf, an oder in einem Wohngebäude installiert sind, wird künftig auch dann direkt über das EEG gefördert, wenn er ohne Nutzung des Netzes von einem Mieter im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit dem Gebäude verbraucht wird. Ein Wohngebäude liegt auch dann noch vor, wenn mindestens 40 % der Flächen des Gebäudes dem Wohnen dienen. Deshalb ist auch die Belieferung eines Gewerbebetriebs in einem Gebäude ggf. möglich. Zudem kann auch eine Wohnungseigentümergemeinschaft die Anlage betreiben und den Strom an die Wohnungseigentümer liefern.

Hinweis:

Wird die Grenze von 500 MW neu installierte Anlagen pro Jahr erreicht, tritt ein Förderstopp ein (vgl. § 23b Abs. 3 EEG 2017 bzw. § 23c Abs. 3 EEG 2021).

g) Das Energiesammelgesetz ab 2019

Am ist das sog. Energiesammelgesetz in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist ein weiterer zielstrebiger, effizienter, netzsynchroner und zunehmend marktorientierter Ausbau der erneuerbaren Energien. Darüber hinaus soll die Planungs- und Rechtssicherheit verbessert und die Akzeptanz gesteigert werden. Das Energiesammelgesetz sieht u. a. Sonderausschreibungen für Solaranlagen in den Jahren 2019 bis 2021 vor. Ebenso wurde das Volumen für Innovationsausschreibungen angehoben. Überraschenderweise wurde auch die Fotovoltaikanlagen-Förderung angepasst. Der Gesetzgeber hat eine deutliche Senkung der Förderung für Fotovoltaikanlagen auf Gebäuden mit einer Leistung zwischen 40 und 750 kW beschlossen. Die Absenkung erfolgt in drei Stufen auf 8,90 ct/kWh. Die Höhe des Anspruchs auf Mieterstromzulage wird aus dem anzulegenden Wert abzüglich derzeit 8,5 ct/kWh ermittelt. Infolge der Absenkung des anzulegenden Werts wird auch der Abzugsbetrag auf 8 ct/kWh verringert.

Liebhaberei im Steuerrecht

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