BMF - IV A 4 -S 0062 - 11/02 BStBl 2002 I S. 639

Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)

Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung v. (BStBl 1998 I S. 630), der zuletzt durch das - (BStBl 2002 I S. 64) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. Die Regelung zu § 122 wird wie folgt geändert:

a) Nr. 1.7 wird wie folgt gefasst:

”1.7 Übermittlung an Bevollmächtigte

1.7.1 Der einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe erteilte Auftrag zur Erstellung und Einreichung der Steuererklärungen schließt in der Regel seine Bestellung als Empfangsbevollmächtigter nicht ein ( BStBl 1981 II S. 3). Aus der Mitwirkung eines Steuerberaters bei der Steuererklärung folgt daher nicht, dass die FinBeh einen Steuerbescheid dem Steuerberater zu übermitteln hat. Dasselbe gilt in Bezug auf die anderen zur Hilfe in Steuersachen befugten Personen und Vereinigungen (§§ 3,4 StBerG).

1.7.2 Es liegt im Ermessen des FA, ob es einen Steuerbescheid an den Stpfl. selbst oder an dessen Bevollmächtigten bekannt gibt (§ 122 Abs. 1 Satz 3). Zur Ausübung des Ermessens gilt Folgendes:

Hat der Stpfl. dem FA ausdrücklich mitgeteilt, dass er seinen Vertreter auch zur Entgegennahme von Steuerbescheiden ermächtigt, sind diese grundsätzlich dem Bevollmächtigten bekannt zu geben ( BStBl 2001 II S. 86). Dies gilt auch, wenn der Stpfl. dem FA eine Vollmacht vorgelegt hat, nach der der Bevollmächtigte berechtigt ist, für den Stpfl. ”rechtsverbindliche Erklärungen” entgegen zu nehmen ( BStBl 2001 II S. 463). Nur dann, wenn im Einzelfall besondere Gründe gegen die Bekanntgabe des Steuerbescheids an den Bevollmächtigten sprechen, kann der Steuerbescheid unmittelbar dem Stpfl. bekannt gegeben werden. Derartige besondere Gründe können auch technischer Natur sein.

Fehlt es an einer ausdrücklichen Benennung eines Empfangsbevollmächtigten, hat das FA aber bisher Verwaltungsakte dem Vertreter des Stpfl. übermittelt, so darf es sich nicht in Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten setzen und sich bei gleichliegenden Verhältnissen ohne ersichtlichen Grund an den Stpfl. selbst wenden (vgl. BStBl III S. 327, und v. , BStBl III S. 389). In diesen Fällen ist jedoch eine schriftliche Vollmacht nachzufordern.

Die im ESt-Erklärungsvordruck erteilte Empfangsvollmacht gilt nur für Bescheide des betreffenden Veranlagungszeitraums. Dagegen entfaltet die im Erklärungsvordruck zur gesonderten und einheitlichen Feststellung erteilte Empfangsvollmacht nicht lediglich Wirkung für das Verfahren des entsprechenden Feststellungszeitraums, sondern ist solange zu beachten, bis sie durch Widerruf entfällt ( EFG 1998 S. 7).

Ein während eines Klageverfahrens ergehender Änderungsbescheid ist i. d. R. dem Prozessbevollmächtigten bekannt zu geben ( BStBl 1994 II S. 806, und v. , BStBl 1998 II S. 266).

1.7.3 Wird ein Verwaltungsakt dem betroffenen Stpfl. bekannt gegeben und hierdurch eine von ihm erteilte Bekanntgabevollmacht zugunsten seines Bevollmächtigten ohne besondere Gründe nicht beachtet, wird der Bekanntgabemangel durch die Weiterleitung des Verwaltungsaktes an den Bevollmächtigten geheilt. Die Frist für einen außergerichtlichen Rechtsbehelf beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Bevollmächtigte den Verwaltungsakt nachweislich erhalten hat ( BStBl 1989 II S. 346).

1.7.4 Wegen der Zustellung an Bevollmächtigte vgl. Nr. 3.3.

1.7.5 Hat der Stpfl. einen Bevollmächtigten benannt, bleibt die Vollmacht so lange wirksam, bis der FinBeh ein Widerruf zugeht (§ 80 Abs. 1). Die Wirksamkeit einer Vollmacht ist nur dann auf einen Besteuerungszeitraum oder einen einzelnen Bearbeitungsvorgang begrenzt, wenn dies ausdrücklich in der Vollmacht erwähnt ist oder sich aus den äußeren Umständen ergibt (z. B. bei Einzelsteuerfestsetzungen); vgl. aber auch Nr. 1.7.2.

1.7.6 Wendet sich die FinBeh aus besonderem Grund an den Beteiligten selbst (z. B. um ihn um Auskünfte zu bitten, die nur er selbst als Wissensträger geben kann, oder um die Vornahme von Handlungen zu erzwingen), so soll der Bevollmächtigte unterrichtet werden (§ 80 Abs. 3 Satz 3).”

b) Nr. 3.1 Abs. 2 wird wie folgt gefasst:

”Anweisungen zum Zustellungsverfahren enthalten die im Anhang des AO-Handbuchs abgedruckten Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Verwaltungszustellungsgesetz v. (BStBl 1966 I S. 969), geändert durch Allgemeine Verwaltungsvorschrift v. (BStBl 1973 I S. 220).”

c) Nr. 3.1.1 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

”Soll ein Verwaltungsakt mit PZU zugestellt werden, sind § 3 VwZG sowie die dort angeführten Vorschriften der §§ 177 bis 181 ZPO zu beachten.”

d) In Nr. 4.4.1 Satz 4 wird die Angabe ”Nr. 1.7.4” durch die Angabe ”Nr. 1.7.3” ersetzt.

e) Nr. 4.5.1 wird wie folgt gefasst.

”4.5.1 Nach § 9 VwZG gilt ein Schriftstück, dessen formgerechte Zustellung (Nr. 1.8.3) nicht nachgewiesen werden kann oder das unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugestellt, in dem es der Empfangsberechtigte nachweislich erhalten hat. Dies gilt auch dann, wenn durch die Zustellung eine Klagefrist in Lauf gesetzt wird (z. B. in Fällen der behördlich angeordneteten förmlichen Zustellung einer Einspruchsentscheidung).”

2. Die Regelung zu § 127 wird wie folgt gefasst:

”Zu § 127 - Folgen von Verfahrens- und Formfehlern:

1. Die Vorschrift gilt nur für die gesetzgebundenen Verwaltungsakte. Sie verhindert, dass der Stpfl. die Aufhebung eines Steuerbescheids allein deshalb beanspruchen kann, weil der FinBeh bei der Steuerfestsetzung ein Verfahrensfehler (z. B. unterlassene Anhörung) oder ein Formfehler (z. B. fehlende Begründung) unterlaufen ist oder weil die FinBeh Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht beachtet hat. Die Vorschrift ist auch anwendbar, wenn die Besteuerungsgrundlagen für einen Steuerbescheid geschätzt worden sind ( BStBl 1987 II S. 412, v. , BFH/NV 1998 S. 416, und v. , BStBl 1999 II S. 382, sowie BFH/NV 2000 S. 165). Sie ist nicht anwendbar bei Verletzung der Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit ( BStBl 1993 II S. 649).

2. § 127 gilt nicht für Ermessensentscheidungen ( BStBl 1992 II S. 43, v. , BStBl 1999 II S. 697, und v. , BFH/NV 1999 S. 585). Wenn diese mit einem Verfahrens- oder Formfehler behaftet sind, der nicht geheilt werden kann (§ 126), müssen sie aufgehoben und - nach erneuter Ausübung des Ermessens - nochmals erlassen werden, falls der Beteiligte rechtzeitig einen Rechtsbehelf eingelegt hat. Dies gilt nur dann nicht, wenn der mit dem Rechtsbehelf gerügte Fehler die Entscheidung durch die zuständige FinBeh unter keinen Umständen beeinflusst haben kann ( BStBl 1986 II S. 169).

3. Wird ein GewSt-Messbescheid vor einer örtlich unzuständigen FinBeh erlassen, ist der Bescheid im Hinblick auf die Bindungswirkung für den GewSt-Bescheid der Gemeinde (§ 184 Abs. 1 Satz 2 i. V. mit § 182 Abs. 1) auf Anfechtung hin aufzuheben ( BStBl 1985 II S. 607). Ein Bescheid über die gesonderte Feststellung, der unter Verletzung der in § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b herangezogenen Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit ergangen ist, muss aufgehoben werden, weil die Verletzung der §§ 18, 19 in der gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b getroffenen Zuordnung ein nicht heilbarer Rechtsfehler ist ( BStBl 1987 II S. 195, und v. , BStBl 1999 II S. 691).”

3. Nr. 3 der Regelung zu § 162 wird wie folgt gefasst:

”3. Wegen der nur eingeschränkten Offenlegung der Verhältnisse von Vergleichsbetrieben seihe Nr. 4.5 zu § 30.”

4. Nr. 4 der Regelung zu § 163 wird aufgehoben; die bisherige Nr. 5 wird neue Nr. 4.

5. Die Regelung zu § 171 wird wie folgt gefasst:

”Zu § 171 - Ablaufhemmung:

1. Die Ablaufhemmung schiebt das Ende der Festsetzungsfrist hinaus. Die Festsetzungsfrist endet in diesen Fällen meist nicht - wie im Normalfall - am Ende, sondern im Laufe eines Kj. Wegen der Fristberechnung Hinweis auf § 108.

2. Eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 setzt voraus, dass der Stpfl. vor Ablauf der Festsetzungsfrist einen Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Korrektur einer Steuerfestsetzung stellt. Anträge auf Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163 oder 227 hemmen den Fristablauf nicht nach § 171 Abs. 3; eine Billigkeitsentscheidung nach § 163 bewirkt aber als Grundlagenbescheid eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 (vgl. dazu BStBl 2001 II S. 178).

Die Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklärung kann für sich allein eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 grundsätzlich nicht herbeiführen ( BStBl 1992 II S. 124, und BFH/NV 1995 S. 756). Dies gilt hinsichtlich einer USt-Erklärung auch dann, wenn mit ihr ein Anspruch auf Auszahlung eines Überschusses geltend gemacht wird ( BFH/NV 1996 S. 1).

3. Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird durch den Beginn einer Außenprüfung (vgl. zu § 198, Nrn. 1 und 2) hinausgeschoben (§ 171 Abs. 4). Die Ablaufhemmung tritt nicht ein, wenn eine zugrunde liegende Prüfungsanordnung unwirksam ist ( BStBl 1988 II S. 165, und v. , BFH/NV 1993 S. 279). Eine Außenprüfung hemmt den Ablauf der Festsetzungsfrist nur für Steuern, auf die sich die Prüfungsanorndung erstreckt ( BStBl 1991 II S. 824, und v. , BStBl II S. 338). Wird die Außenprüfung später auf bisher nicht einbezogene Steuern ausgedehnt, ist die Ablaufhemmung nur wirksam, soweit vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Prüfungsanordnung erlassen (vgl. zu § 196, Nr. 5) und mit der Außenprüfung auch insoweit ernsthaft begonnen wird ( BStBl 1994 II S. 377). Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird auch gehemmt, wenn die Prüfungsanordnung entweder angefochten und die Vollziehung ausgesetzt oder auf Antrag des Stpfl. der Beginn der Außenprüfung verschoben wurde ( BStBl 1989 II S. 76, v. , BStBl 1989 II S. 483, und v. , BStBl 1999 II S. 4).

4. Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 5 bei Ermittlungen der Steuerfahndung (Zollfahndung) umfasst - anders als im Fall des § 171 Abs. 4 - nicht den gesamten Steueranspruch; vielmehr tritt die Hemmung nur in dem Umfang ein, in dem sich die Ergebnisse der Ermittlungen auf die festzusetzende Steuer auswirken ( BStBl 1999 II S. 478).

5. Bei einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 1 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres, nachdem die FinBeh von der Beseitigung der Ungewissheit Kenntnis erhalten hat (§ 171 Abs. 8 Satz 1). Bei einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren, nachdem die FinBeh von der Beseitigung der Ungewissheit Kenntnis erlangt hat (§ 171 Abs. 8 Satz 2). Die Ablaufhemmung beschränkt sich dabei auf den für vorläufig erklärten Teil der Steuerfestsetzung.

Eine Ungewissheit, die Anlass für eine vorläufige Steuerfestsetzung war, ist beseitigt, wenn die Tatbestandsmerkmale für die endgültige Steuerfestsetzung feststellbar sind. ”Kenntnis” i. S. des § 171 Abs. 8 verlangt positive Kenntnis der FinBeh von der Beseitigung der Ungewissheit, ein ”Kennen-müssen” von Tatsachen steht der Kenntnis nicht gleich ( BStBl 1993 II S. 5).

6. Nach § 171 Abs. 10 Satz 1 wird der Ablauf der Festsetzungsfrist für eine Folgesteuer im Ausmaß der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids gehemmt, soweit und solange der Grundlagenbescheid in offener Feststellungsfrist noch zulässig ergehen oder korrigiert werden kann (vgl. BStBl 2000 II S. 173, m. w. N.). Die Festsetzungsfrist für den Folgebescheid läuft daher im Umfang der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids solange nicht ab, als die Festsetzungsfrist für den Grundlagenbescheid noch nicht abgelaufen ist. Sie endet nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheides. Der Zeitpunkt des Zugangs der verwaltungsinternen Mitteilung über den Grundlagenbescheid bei der für den Erlass des Folgebescheids zuständigen Fin-Beh ist für die Fristbestimmung ebenso unbeachtlich wie der Zeitpunkt, an dem der Grundlagenbescheid unanfechtbar geworden ist.

Die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung eines Grundlagenbescheids steht dem Erlass eines geänderten Grundlagenbescheids gleich. Sie setzt daher die Zwei-Jahresfrist des § 171 Abs. 10 Satz 1 in Lauf. Dies gilt auch dann, wenn der Vorbehalt der Nachprüfung hinsichtlich des Grundlagenbescheids aufgehoben wird, ohne dass eine sachliche Änderung des Grundlagenbescheids erfolgt ( BFH/NV 1995 S. 943). Soweit ein Folgebescheid den nunmehr endgültigen Grundlagenbescheid noch nicht berücksichtigt hat, muss er selbst dann nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 korrigiert werden, wenn der Vorbehalt der Nachprüfung des Grundlagenbescheids aufgehoben wurde, ohne dass eine sachliche Änderung des Grundlagenbescheids erfolgt. Ein Grundlagenbescheid, der einen gleichartigen, dem Inhaltsadressaten wirksam bekannt gegebenen Steuerverwaltungsakt in seinem verbindlichen Regelungsgehalt aber lediglich wiederholt, bewirkt keine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 ( BStBl 2001 II S. 471).

Auch die Änderung eines Grundlagenbescheides durch Einspruchsentscheidung oder Gerichtsentscheidung setzt die Zwei-Jahresfrist des § 171 Abs. 10 Satz 1 in Lauf. Dagegen setzt eine Einspruchs- oder Gerichtsentscheidung, die einen Grundlagenbescheid lediglich bestätigt, keine neue Zwei-Jahresfrist in Lauf ( a.a.O.).

Die Festsetzungsfrist für einen Folgebescheid läuft nach § 171 Abs. 10 Satz 2 nicht ab, solange der Ablauf der Festsetzungsfrist des von der Bindungswirkung nicht erfassten Teils der Steuer aufgrund einer Außenprüfung nach § 171 Abs. 4 gehemmt ist. Diese Regelung ermöglicht es, die Anpassung des Folgebescheids an einen Grundlagenbescheid (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und die Auswertung der Ergebnisse der Außenprüfung zusammenzufassen.

Da die Festsetzungsverjährung auch für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gilt (vgl. vor §§ 169 bis 171, Nr. 2), ist für die Entscheidung, ob eine gesonderte Feststellung durchgeführt oder geändert werden kann, die Frage der Verjährung der von der Feststellung abhängigen Steuern nicht zu prüfen. Ist die Feststellungsfrist bereits abgelaufen, die Steuerfestsetzung in einem Folgebescheid aber noch zulässig, so gilt § 181 Abs. 5.

7. § 171 Abs. 14 verlängert die Festsetzungsfrist bis zum Ablauf der Zahlungsverjährung für die Erstattung von rechtsgrundlos gezahlten Steuern. Die FinBeh kann daher Steuerfestsetzungen, die wegen Bekanntgabemängeln unwirksam waren oder deren wirksame Bekanntgabe die Fin-Beh nicht nachweisen kann (vgl. § 122 Abs. 2 Halbsatz 2), noch nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist nachholen, soweit die Zahlungsverjährungsfrist für die bisher beleisteten Zahlungen noch nicht abgelaufen ist (vgl. BStBl 2001 II S. 430).”

6. Nr. 8 Abs. 5 Satz 2 der Regelung vor §§ 172-177 wird wie folgt gefasst:

”Sieht das Gesetz einen unwiderruflichen Antrag vor (vgl. z. B. § 5a Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG), wird die Willenserklärung bereits mit ihrem Zugang beim FA wirksam und kann von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zurückgenommen oder widerrufen werden (vgl. BStBl 1995 II S. 410); Ausnahme: Anfechtung nach § 119 ff. BGB”.

7. Die Regelung zu § 172 wird wie folgt gefasst:

”Zu § 172 - Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden:

1. Die Vorschrift gilt nur für Steuerbescheide, nicht für Haftungs-, Duldungs- und Aufteilungsbescheide (vgl. vor §§ 130, 131).

2. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a lässt die schlichte Änderung eines Steuerbescheids zugunsten des Stpfl. unter der Voraussetzung zu, dass der Stpfl. vor Ablauf der Einspruchsfrist die Änderung beantragt oder ihr zugestimmt hat. Der Antrag auf schlichte Änderung bedarf keiner Form. Anträge, die nicht schriftlich gestellt werden, sind aktenkundig zu machen. Nicht ausdrücklich als Einspruch bezeichnete, vor Ablauf der Einspruchsfrist schriftlich vorgetragenene Änderungsbegehren des Stpfl. können regelmäßig als schlichte Änderungsanträge behandelt werden, wenn der Antragsteller eine genau bestimmte Änderung des Steuerbescheids beantragt und das FA dem Begehren entsprechen will. Anderenfalls ist ein Einspruch anzunehmen, da der Einspruch die Rechte des Stpfl. umfassender und wirkungsvoller wahrt als der bloße Änderungsantrag. Hat der Stpfl. sich für den Rechtsbehelf des Einspruchs entschieden, so überlagert der förmliche Rechtsbehelf einen etwaigen daneben gestellten Antrag auf schlichte Änderung des Steuerbescheids (vgl. BStBl 1995 II S. 353).

Das FA darf den Steuerbescheid aufgrund eines schlichten Änderungsantrags nur in dem Umfang zugunsten des Stpfl. ändern, als der Stpfl. vor Ablauf der Einspruchsfrist eine genau bestimmte Änderung beantragt hat ( BStBl 1994 II S. 439, und v. , BStBl 2000 II S. 283). Es genügt nicht, dass ein auf Änderung des Bescheids lautender allgemeiner Antrag des Stpfl. erst nach Ablauf der Einspruchsfrist konkretisiert wird. Auch eine Erweiterung des Änderungsbegehrens ist nach Ablauf der Einspruchsfrist nicht mehr möglich (zur Erweiterung eines Einspruchsantrags siehe zu § 367, Nr. 3). Der Antragsteller kann allenfalls nach Ablauf der Einspruchsfrist die Begründung eines rechtzeitig gestellten Änderungsantrags nachholen, ergänzen oder austauschen, soweit hierdurch der durch den ursprünglichen Änderungsantrag festgelegte Änderungsrahmen nicht überschritten wird.

An das (fristgerechte) Vorbringen des Stpfl. ist das FA gebunden. Es kann die Steuerfestsetzung nicht in vollem Umfang erneut überprüfen und ggf. verbösern. Mit der beantragten Änderung nicht in sachlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehende materielle Fehler der Steuerfestsetzung können aber ggf. über § 177 berichtigt werden.

Aussetzung der Vollziehung (§ 361) ist aufgrund eines schlichten Änderungsantrags nicht zulässig, allenfalls ist Stundung (§ 222) möglich.

3. Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a kann ein Steuerbescheid zu Ungunsten des Stpfl. aufgehoben oder geändert werden, wenn dieser der Aufhebung oder Änderung zustimmt oder er diese Korrektur beantragt hat. Die Anzeige eines Stpfl. nach § 153 stellt noch keine Zustimmung zu einer Änderung der Steuerfestsetzung zu seinen Ungunsten i. S. des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a dar; ggf. kommt aber eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 in Betracht. Empfangsbedürftige Willenserklärungen unterliegen den Auslegungsregelungen der §§ 133, 157 BGB. Entscheidend ist, wie der Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert der Erklärung verstehen muss (vgl. BStBl 2001 II S. 162, und v. , BStBl 2001 II S. 86).

4. § 172 Abs. 1 Satz 2 bestimmt, dass auch ein durch Einspruchsentscheidung bestätigter oder geänderter Verwaltungsakt nach den Vorschriften der § 129, 164, 165, 172ff. sowie nach entsprechenden Korrekturnormen in den Einzelsteuergesetzen (vgl. vor §§ 172-177, Nr. 3) korrigiert werden darf. Gleiches gilt für einen im Einspruchsverfahren ergehenden Abhilfebescheid (z. B. nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a).

5. Nach § 172 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 ist eine schlichte Änderung auch dann möglich, wenn der zu ändernde Bescheid bereits durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist. Der Änderungsantrag muss vor Ablauf der Klagefrist gestellt worden sein, nach Ablauf dieser Frist ist er unzulässig. Die Wirkungen einer nacgh § 364b Abs. 2 gesetzten Ausschlussfrist dürfen allerdings durch eine schlichte Änderung nicht unterlaufen werden (§ 172 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2).

6. Zum Einspruchsverfahren gegen Entscheidungen über die schlichte Änderung vgl. zu § 347, Nr. 2.”

8. Die Regelung zu § 174 wird wie folgt gefasst:

”Zu § 174 - Widerstreitende Steuerfestsetzungen:

1. Die Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, Vorteile und Nachteile auszugleichen, die sich durch Steuerfestsetzungen ergeben haben, die inhaltlich einander widersprechen. Sie bietet insoweit die gesetzliche Grundlage für die Änderung einer oder beider Festsetzungen (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d).

2. Nach § 174 Abs. 1 ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, wenn ein bestimmter Sachverhalt mehrfach zu Ungunsten eines oder mehrerer Stpfl. berücksichtigt worden ist, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen. Hierbei kann es sich um Fälle handeln, in denen z. B. dieselbe Einnahme irrtümlich verschiedenen Stpfl., verschiedenen Steuern oder verschiedenen Besteuerungszeiträumen zugeordnet worden ist. Auch die Fälle, in denen mehrere FÄ gegen denselben Stpfl. für dieselbe Steuer und denselben Besteuerungszeitraum Steuerbescheide erlassen haben, fallen hierunter.

Der fehlerhafte Steuerbescheid ist in den Fällen des § 174 Abs. 1 nur auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Hat der Stpfl. fälschlich nur einen Antrag auf Änderung des rechtmäßigen Steuerbescheides gestellt, ist der Antrag allgemein als Antrag auf Beseitigung der widerstreitenden Festsetzung zu behandeln. Die Antragsfrist (§ 174 Abs. 1 Satz 2) ist eine gesetzliche Frist i. S. des § 110. Über den fristgerecht gestellten Antrag kann auch noch nach Ablauf der Jahresfrist entschieden werden.

3. § 174 Abs. 2 regelt in entsprechender Anwendung des § 174 Abs. 1 die Fälle, dass ein bestimmter Sachverhalt mehrfach zu Gunsten eines oder mehrerer Stpfl. berücksichtigt worden ist. Die Änderung des fehlerhaften Steuerbescheides ist von Amts wegen vorzunehmen. Eine Änderung nach § 174 Abs. 2 ist nicht auf den Fall der irrtümlichen Doppelberücksichtigung eines bestimmten Sachverhalts beschränkt, sie kommt auch bei bewusst herbeigeführten widerstreitenden Steuerfestsetzungen in Betracht (vgl. BStBl 1996 II S. 148).

Unter den Begriff des Antrages oder einer Erklärung des Stpfl. i. S. dieser Vorschrift fallen auch formlose Mitteilungen und Auskünfte außerhalb des Steuererklärungsvordrucks (vgl. BStBl 1997 II S. 170) sowie für den Beteiligten von Dritten abgebene Erklärungen (z. B. im Rahmen des § 80 Abs. 1 und 4, § 200 Abs. 1).

4. § 174 Abs. 3 erfasst die Fälle, in denen bei einer Steuerfestsetzung ein bestimmter Sachverhalt in der erkennbaren Annahme nicht berücksichtigt worden ist, dass der Sachverhalt nur Bedeutung für eine andere Steuer, einen anderen Besteuerungszeitraum oder einen anderen Stpfl. habe. Dieser andere Bescheid muss nicht notwendigerweise schon erlassen worden sein oder später erlassen werden (vgl. BStBl 2001 II S. 743). Der Anwendung des § 174 Abs. 3 steht auch nicht entgegen, dass die FinBeh in der (erkennbaren) Annahme, ein bestimmter Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen, zunächst überhaupt keinen Steuerbescheid erlässt ( BFH/NV 1997 S. 89).

Die Annahme, der bestimmte Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu erfassen, muss für den Stpfl. erkennbar und für die Nichtberücksichtigung kausal geworden sein. Die Erkennbarkeit ist gegeben, wenn der Stpfl. die (später als fehlerhaft erkannte) Annahme des FA auch ohne entsprechenden Hinweis aus dem gesamten Sachverhaltsablauf allein aufgrund verständiger Würdigung des fehlerhaften Bescheids erkennen konnte ( BStBl 1985 II S. 283, und BFH/NV 1999 S. 449). An der Kausalität fehlt es dagegen, wenn die Nichtberücksichtigung darauf beruht, dass das FA von dem bestimmten Sachverhalt gar keine Kenntnis hatte oder annahm, dieser Sachverhalt sei - jetzt und auch später - ohne stl. Bedeutung ( a.a.O.).

Beispiel:

Die FinBeh hat bei der Festsetzung der ESt am 31.12. entstandene Aufwendungen nicht zum Abzug als Sonderausgaben zugelassen, weil sie der Auffassung war, dass die Sonderausgaben erst im nächsten VZ abzugsfähig seien (§ 11 Abs. 1 Satz 2 EStG). Stellt sich die Annahme später als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhaltes unterblieben ist, insoweit, trotz etwa eingetretener Bestandskraft noch geändert werden, zeitlich jedoch nur bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung laufenden Festsetzungsfrist.

Die irrige Annahme, der Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen, muss von dem für die Steuerfestsetzung zuständigen Amtsträger gemacht worden sein (vgl. a.a.O.).

5. § 174 Abs. 4 ergänzt die Regelung des § 174 Abs. 3 um die Fälle, in denen eine Steuerfestsetzung auf Antrag oder im Rechtsbehelfsverfahren zu Gunsten des Stpfl. geändert worden ist. Der Änderung nach § 174 Abs. 4 steht nicht entgegen, dass der gleiche Sachverhalt sowohl in dem zu Gunsten des Stpfl. geänderten Steuerbescheid als auch in dem zu ändernden Bescheid stl. zu berücksichtigen ist (vgl. BStBl 1997 II S. 647).

Beispiele:

a) Die FinBeh hat einen Veräußerungsgewinn bei der Festsetzung der ESt erfasst. Der Stpfl. macht im Rechtsbehelfsverfahren mit Erfolg geltend, dass der Veräußerungsgewinn erst im folgenden VZ zu berücksichtigen sei. Unter den Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 kann die Erfassung des Veräußerungsgewinnes in dem folgenden VZ nachgeholt werden, auch wenn die hierfür maßgebliche Steuerfestsetzung bereits unanfechtbar geworden ist oder die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war.

b) Der Stpfl. erreicht wegen eines in einem VZ erzielten Einnahmeüberschusses eine geänderte Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht und damit die Berücksichtigung des WK-Überschusses in den angefochtenen Steuerbescheiden. Das FA kann den bisher unberücksichtigt gebliebenen Einnahmeüberschuss nachträglich durch Änderung des für diesen VZ bestandskräftig gewordenen Steuerbescheides nach § 174 Abs. 4 erfassen (vgl. a.a.O.).

6. Nach § 174 Abs. 4 i. V. mit Abs. 5 können zur Richtigstellung einer irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts steuerrechtliche Folgerungen auch zu Lasten eines bereits bestandskräftig beschiedenen Dritten gezogen werden. Dritter ist, wer im ursprünglichen Bescheid nicht als Inhaltsadressat angegeben war (zum Begriff des ”Dritten” vgl. BStBl 1995 II S. 764).

Der Erlass oder die Änderung eines Steuerbescheids gegenüber dem Dritten setzt voraus, dass dieser vor Ablauf der Festsetzungsfrist für den gegen ihn gerichteten Steueranspruch zu dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, hinzugezogen oder beigeladen worden ist ( BFH/NV 2001 S. 137). Die FinBeh muss daher die Hinzuziehung eines in Betracht kommenden Dritten rechtzeitig vornehmen oder im finanzgerichtlichen Verfahren dessen Beiladung durch rechtzeitige Antragstellung veranlassen (zum Antrag auf Beiladung vgl. BStBl 1989 II S. 314). § 174 Abs. 5 Satz 2 ist selbst Rechtsgrundlage für die Beteiligung des Dritten, ohne dass die Voraussetzungen des § 360 Abs. 3 und des § 60 FGO vorliegen müssen (vgl. BFH/NV 1995 S. 87). Schon die Möglichkeit, dass ein Steuerbescheid wegen irrtümlicher Beurteilung eines Sachverhalts aufzuheben oder zu ändern ist und hieraus Folgen für einen Dritten zu ziehen sind, rechtfertigt die Hinzuziehung des Dritten ( BFH/NV 1996 S. 453, v. , BFH/NV 1996 S. 524 und v. , BFH/NV 1999 S. 156).

Eine Hinzuziehung oder Beiladung kommt grundsätzlich nicht mehr in Betracht, wenn gegenüber dem Dritten im Zeitpunkt der beabsichtigten Hinzuziehung oder Beiladung die Festsetzungsfrist für den gegen ihn gerichteten Steueranspruch bereits abgelaufen ist (vgl. BStBl 1993 II S. 817). Hat der Dritte aber durch eigene verfahrensrechtliche Initiativen auf die Änderung oder die Aufhebung des fehlerhaften Bescheides hingewirkt, kann er auch noch nach Ablauf der Festsetzungsfrist hinzugezogen oder beigeladen werden (vgl. BStBl 1994 II S. 327); es reicht aber nicht aus, dass der Dritte den Widerstreit von Steuerfestsetzungen lediglich kennt.

Weil sich die Frage, welches die ”richtigen stl. Folgerungen” sind, verbindlich im Ausgangsverfahren entscheidet (vgl. BStBl 1988 II S. 404, und v. , BFH/NV 1989 S. 482) und der Dritte durch die Ausgangsentscheidung beschwert ist (vgl. BStBl 1981 II S. 101), muss ihm die Möglichkeit eröffnet sein, sich im Ausgangsverfahren rechtliches Gehör zu verschaffen und auf das Verfahren dort Einfluss zu nehmen. Korrekturbescheide und abschließende Entscheidungen müssen auch dem Dritten bekannt gegeben werden, damit auch dieser die Möglichkeit hat, hiergegen Rechtsbehelf einzulegen ( BStBl II S. 605, und v. , BFH/NV 1996 S. 195). Eine Entscheidung durch Abhilfebescheid (§ 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a), durch die es einer Einspruchsentscheidung nicht mehr bedarf, wahrt die Rechte des Hinzugezogenen nur, wenn sie seinem Antrag der Sache nach entspricht oder wenn ihr zustimmt ( a.a.O., v. , BFH/NV 1993 S. 74 und v. , BStBl 1993 II S. 817).

Eine Hinzuziehung oder Beiladung des Dritten ist nur dann entbehrlich, wenn er Verfahrensbeteiligter i. S. des § 359 AO oder § 57 FGO war oder durch eigene verfahrensrechtliche Initiativen auf die Änderung oder Aufhebung des fehlerhaften Steuerbescheides hingewirkt hat ( a.a.O., und v. , BFH/NV 1996 S. 798).

7. § 174 Abs. 4 und 5 ist nicht auf die Fälle einer alternativen Erfassung bestimmter Sachverhalte entweder beim Stpfl. oder bei dem Dritten beschränkt. ”Bestimmter Sachverhalt” ist ein einheitlicher, deckungsgleicher Lebensvorgang, aus dem steuerrechtliche Folgen sowohl bei dem Stpfl. als auch bei dem Dritten zu ziehen sind. Die steuerrechtlichn Folgen brauchen bei beiden nicht die gleichen zu sein. Aufgrund ein und desselben Sachverhalts kann beim Stpfl. eine abziehbare Ausgabe und beim Dritten eine Einnahme in Betracht kommen ( BStBl 1988 II S. 404, und BFH/NV 2000 S. 679).”

9. Die Regelung zu § 176 wird wie folgt geändert:

a) Nach Nr. 3 wird folgende neue Nr. 4 eingefügt:

”4. Es verstößt gegen Treu und Glauben, wenn der Stpfl. aufgrund einer Rspr.-Änderung die Aufhebung eines ihn belasteten Bescheides fordert und erreicht und später geltend macht, er habe auf die Anwendung der früheren Rspr. vertraut und sei nicht bereit, die für ihn negativen Folgen der Rspr.-Änderung hinzunehmen. Dies gilt zumindest insoweit, als der der Rspr.-Änderung Rechnung tragende Änderungsbescheid im Ergebnis zu keiner höheren Belastung des Stpfl. führt (vgl. BStBl 1995 II S. 764).”

b) Die bisherige Nr. 4 wird neue Nr. 5.

10. Die Nr. 1 der Regelung zu § 197 wird die Angabe ”Nr. 1.2.2” die Angabe ”Nr. 1.2” ersetzt.

11. Die Regelung zu § 233a wird wie folgt geändert:

a) Nr. 10 Satz 3 wird wie folgt gefasst.

”Soweit § 10d Abs. 1 EStG entsprechend gilt bzw. Verluste nach Maßgabe des § 10d Abs. 1 EStG rücktragsfähig sind, ist § 233a Abs. 2a entsprechend anzuwenden (vgl. z. B. § 10b Abs. 1 Sätze 4 und 5 und § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG).”

b) Nr. 69 wird wie folgt gefasst:

”69. Allgemeines

69.1 Billigkeitsmaßnahmen hinsichtlich der Zinsen kommen in Betracht, wenn solche auch hinsichtlich der zugrunde liegenden Steuer zu treffen sind.

69.2 Daneben sind auch zinsspezifische Billigkeitsmaßnahmen möglich ( BFH/NV 1997 S. 92). Beim Erlass von Zinsen nach § 233a aus sachlichen Billigkeitsgründen i. S. des §§ 163, 227 ist zu berücksichtigen, dass die Entstehung des Zinsanspruchs dem Grunde und der Höhe nach gemäß Wortsinn, Zusammenhang und Zweck des Gesetzes, den Liquiditätsvorteil des Steuerschuldners und den Liquiditätsnachteil des Steuergläubigers auszugleichen, eindeutig unabhängig von der konkreten Einzelfallsituation geregelt ist und, rein objektiv, ergebnisbezogen allen vom Eintritt bestimmter Ereignisse (Fristablauf i. S. des § 233a Abs. 2 oder 2a, Unterschiedsbetrag i. S. des § 233a Abs. 1 Satz 1 i. V. mit § 233a Abs. 3 oder 5) abhängt.

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Verzinsung nach § 233a einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Stpfl. ”aus welchen Gründen auch immer” zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden ( BStBl 1996 II S. 53, v. , BStBl 1996 II S. 503, und v. , BFH/NV 2000 S. 1178). Für die Anwendung der Vorschrift sind daher die Ursachen und Begleitumstände im Einzelfall unbeachtlich. Die reine Möglichkeit der Kapitalnutzung (vgl. BStBl 1998 II S. 550) bzw. die bloße verfügbarkeit eines bestimmten Kapitalbetrages ( BFH/NV 2000 S. 1178) reicht aus. Rechtfertigung für die Entstehung der Zinsen nach § 233a ist nicht nur ein abstrakter Zinsvorteil des Steuerschuldners, sondern auch ein ebensolcher Nachteil des Steuergläubigers ( BStBl 1997 II S. 446). Ein Verschulden ist prinzipiell irrelevant, und zwar auf beiden Seiten des Steuerschuldverhältnisses (vgl. BFH-Entscheidungen v. , BFH/NV 1997 S. 458, v. , BFH/NV 1999 S. 1392, v. , BFH/NV 2000 S. 1441, und v. , BFH/NV 2001 S. 656).

Zinsen nach § 233a sind weder Sanktions- noch Druckmittel oder Strafe, sondern laufzeitabhängige Gegenleistung für eine mögliche Kapitalnutzung. Vor diesem gesetzlichen Hintergrund ist es unerheblich, ob der - typisierend vom Gesetz unterstelle - Zinsvorteil des Stpfl. auf einer verzögerten Einreichung der Steuererklärung durch den Stpfl. oder einer verzögerten Bearbeitung durch das FA beruht (vgl. z. B. BFH/NV 2000 S. 1441 und v. , BFH/NV 2001 S. 1003). Bei der Verzinsung nach § 233a kommt es auch nicht auf eine konkrete Berechnung der tatsächlich eingetretenen Zinsvor- und -nachteile an( BStBl 1997 II S. 446).

Die Erhebung von Zinsen auf einen Nachforderungsbetrag, der sich nach der Korrektur einer Steuerfestsetzung ergibt, entspricht (vom Anwendungsbereich des § 233a Abs. 2a und Abs. 7 abgesehen) den Wertungen des § 233a und ist nicht sachlich unbillig (siehe dazu § 233a Abs. 5; vgl. auch BFH-Entsch. v. , BFH/NV 2000 S. 1178, und v. , BFH/NV 2001 S. 656).

Andererseits ist für einen Ausgleich in Form einer Verzinsung der Steuernachforderung dann kein Raum, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Stpfl. durch die verspätete Steuerfestsetzung keinen Vorteil erlangt hatte (vgl. BStBl 1997 II S. 259, und v. , BFH/NV 2000 S. 1178). Festgesetzte Nachzahlungszinsen sind in diesem Fall wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen (vgl. dazu im Einzelnen Nr. 70).

69.3 Eine gegenüber der Regelung in § 233a höhere Festsetzung von Erstattungszinsen aus Billigkeitsgründen ist nicht zulässig."

c) Nr. 70.1.2 wird wie folgt gefasst:

”70.1.2 Nachzahlungszinsen sind daher nur für den Zeitraum bis zum Eingang der freiwilligen Leistung zu erheben. Wurde die freiwillige Leistung erst nach Beginn des Zinslaufs erbracht oder war sie geringer als der zu verzinsende Unterschiedsbetrag, sind Nachzahlungszinsen aus Vereinfachungsgründen insoweit zu erlassen, wie die auf volle fünfzig Euro abgerundete freiwillige Leistung für jeweils volle Monate vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung erbracht worden ist (fiktive Erstattungszinsen). Ein Zinserlass scheidet dabei aus, wenn der zu erlassende Betrag weniger als zehn Euro beträgt (§ 239 Abs. 2 Satz 2).

Beispiel 14 (Fortsetzung von Beispiel 1):

Der Stpl. hat am eine freiwillige Leistung i. H. von 4 025 € erbracht. Die zu erlassenden Nachzahlungszinsen berechnen sich wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
abgerundete freiwillige Leistung:
4 000 €
Beginn des fiktiven Zinslaufs:
Ende des fiktiven Zinslaufs:
(= Wirksamkeit der Steuerfestsetzung):
Zu erlassende Nachzahlungszinsen:
4 000 € × 7 volle Monate × 0,5 v. H. =
140 €

Sofern sich bei der Abrechnung der Steuerfestsetzung unter Berücksichtigung der freiwilligen Leistungen eine Rückzahlung ergibt, sind hierfür keine Erstattungszinsen festzusetzen. Leistungen, die den Unterschiedsbetrag übersteigen, sind bei dem Erlass von Nachzahlungszinsen nicht zu berücksichtigen.

Beispiel 15 (Fortsetzung von Beispiel 1):

Der zu verzinsende Unterschiedsbetrag beträgt 7 000 €. Der Stpfl. hat am eine Zahlung i. H. von 8025 € geleistet. Die zu erlassenden Nachzahlungszinsen berechnen sich wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
- auf die sich aus der Steuerfestsetzung ergebende Steuerzahlungsforderung erbrachte - (abgerundete) freiwillige Leistung:
7 000 €
Beginn des fiktiven Zinslaufs:
Ende des fiktiven Zinslaufs
(= Wirksamkeit der Steuerfestsetzung):
Zu erlassende Nachzahlungszinsen:
7 000 € × 7 volle Monate × 0,5 v. H =
245 €”

12. Nr. 1.2. Abs. 1 der Regelung zu § 235 wird wie folgt gefasst:

”Die Zinspflicht tritt nur ein, wenn der objektive und subjektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 oder § 370a erfüllt und die Tat i. S. des § 370 Abs. 4 vollendet ist. Entsprechendes gilt, wenn der Tatbestand der §§ 263, 264 StGB erfüllt ist, soweit sich die Tat auf Prämien und Zulagen bezieht, für die die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden sind. Der Versuch einer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 2, § 370a i. V. mit § 23 StGB) reicht zur Begründung einer Zinspflicht ebenso wenig aus wie die leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378) oder die übrigen Steuerordnungswidrigkeiten (§ 379 ff.).

13. In Nr. 4 der Regelung zu § 239 die Angabe ”zu § 235, Nr. 4” durch die Angabe ”zu § 235, Nr. 5.2” ersetzt.

BMF v. - IV A 4 -S 0062 - 11/02

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:



Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BStBl 2002 I Seite 639
JAAAA-82343