Online-Nachricht - Donnerstag, 15.07.2021

Einkommensteuer / Lohnsteuer | Arbeitslohn anlässlich von Betriebsveranstaltungen (BFH)

Bei der Bewertung von Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind alle mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers anzusetzen, ungeachtet dessen, ob sie beim Arbeitnehmer einen Vorteil begründen können. Die danach zu berücksichtigenden Aufwendungen (Gesamtkosten) des Arbeitgebers sind zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin plante Ende des Jahres 2016 die Durchführung eines gemeinsamen Kochkurses als Weihnachtsfeier. Nach dem Konzept des Veranstalters durfte jeder Teilnehmer unbegrenzt Speisen und Getränke verzehren. Von den ursprünglich angemeldeten 27 Arbeitnehmern sagten zwei kurzfristig ab, ohne dass dies zu einer Reduzierung der bereits veranschlagten Kosten durch den Veranstalter führte. Die Klägerin berechnete im Rahmen der Lohnversteuerung die Zuwendung an die einzelnen Arbeitnehmer, indem sie die ursprünglich angemeldeten 27 Arbeitnehmer berücksichtigte. Demgegenüber verlangte das FA, dass auf die tatsächlich teilnehmenden 25 Arbeitnehmer abzustellen sei, so dass sich ein höherer zu versteuernder Betrag ergab (siehe hierzu unsere Online-Nachricht v. 3.9.2018).

Die Revision des FA war erfolgreich. Der BFH führt aus:

  • Das FG hat die Höhe des dem einzelnen Arbeitnehmer anlässlich der Betriebsveranstaltung zugewandten Arbeitslohns fehlerhaft bemessen. Denn es hat hierbei zu Unrecht auf die Anzahl der angemeldeten Arbeitnehmer und nicht auf die an der Betriebsveranstaltung Teilnehmenden abgestellt.

  • Die Zuwendungen sind gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 5 EStG und somit abweichend von § 8 Abs. 2 EStG mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 2 EStG anzusetzen.

Anmerkung von Dr. Stephan Geserich, Richter im VI. Senat des BFH:

Dass nach Auffassung des BFH in die Bemessungsgrundlage nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG mit der Betriebsveranstaltung in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers einzubeziehen sind, ungeachtet, ob sie beim Zuwendungsempfänger einen Vorteil begründen können, überrascht nicht. Dahingehend hat er bereits zu der insoweit vergleichbaren Regelung in § 37b Abs. 1 Satz 2 EStG entschieden (, BFHE 269, 80 und , BFH/NV 2021, 302). Auch diese besondere Bewertungsregel verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die Bewertung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG. Damit einhergehende lohnsteuerliche Unzuträglichkeiten, die insbesondere in Rede stehen, wenn Arbeitnehmer als vorgesehen (geplant) an der Betriebsveranstaltung teilnehmen. Sie sind nach Ansicht des BFH in den 110 € - (nunmehr) Freibetrag eingepreist. Einer möglichen Scheinlohnbesteuerung durch die Anwendung eines kreativen Aufteilungsmaßstabs zu begegnen, wie in der Literatur verbreitet gefordert, hat der BFH abgelehnt. Das macht das Leben der Finanzbehörden einfacher, dass des Arbeitgebers/Arbeitnehmers jedoch nicht. Denn der vom BFH gefundene Aufteilungsmaßstab (teilnehmende Arbeitnehmer/Begleitpersonen) ist anders als die Zahl der erwarteten (angemeldeten/eingeladenen Teilnehmer) von Zufälligkeiten bestimmt. Aufgrund dessen wissen Arbeitgeber wie Arbeitnehmer letztlich erst nach Durchführung um die genauen lohnsteuerlichen Folgen einer Betriebsveranstaltung und damit auch um die (anteilige) Höhe der Zuwendung. Die dahingehenden steuerlichen Auswirkungen mögen im Regelfall, insbesondere wegen der segensreichen Wirkung der Freibetragsregelung, nicht gravierend sein und können durch einen kalkulatorischen „Sicherheitsabschlag“ (weitgehend) verhindert werden. Im Extremfall (stell Dir vor es ist Betriebsveranstaltung und nur einer geht hin) sind die lohnsteuerlichen Folgen jedoch beträchtlich und können zu einer übermäßigen Steuerlast des Arbeitnehmers führen. Denn in einem solchen Fall muss der Arbeitnehmer ein Mehr an Zuwendung versteuern als ihm der Arbeitgeber zugedacht hat. Dem ließe sich im Ernstfall wohl nur durch eine Billigkeitsmaßnahme begegnen.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
NWB AAAAH-83644