BSG Urteil v. - B 8 SO 9/19 R

Sozialgerichtliches Verfahren - Fortsetzungsfeststellungsklage - Feststellungsinteresse - Wiederholungsgefahr - Wechsel des Leistungsträgers - Übergang der Eingliederungshilfe vom SGB 12 ins SGB 9 2018 - Funktionsnachfolge - Sozialhilfe - Eingliederungshilfe - Persönliches Budget - Bindung durch eine Zielvereinbarung - Leistungen für die Vergangenheit - Zulässigkeit einer Befristung

Leitsatz

1. Der Träger der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des SGB IX in der seit dem geltenden Fassung ist nicht Funktionsnachfolger des bis zum für die Eingliederungshilfe zuständig gewesenen Sozialhilfeträgers.

2. Die vor Bewilligung eines Persönlichen Budgets abgeschlossene Zielvereinbarung bindet die Beteiligten nicht materiell im Hinblick auf den individuellen Leistungsbedarf.

3. Ein Persönliches Budget über Leistungen zur Teilhabe darf nur befristet erbracht werden, wenn die Leistungen selbst befristet werden dürfen.

Gesetze: § 53 Abs 1 S 1 SGB 12, § 54 Abs 1 S 1 SGB 12 vom , § 57 S 1 SGB 12 vom , § 57 S 2 SGB 12 vom , § 55 Abs 1 SGB 9, § 17 Abs 2 S 1 SGB 9, § 29 Abs 1 S 1 SGB 9 2018, § 29 Abs 4 SGB 9 2018, § 159 Abs 5 SGB 9, § 53 Abs 2 SGB 10, § 55 Abs 2 SGB 10, § 55 Abs 3 SGB 10, § 32 Abs 1 SGB 10, § 32 Abs 2 Nr 1 SGB 10, § 131 Abs 1 S 3 SGG, § 6 Abs 1 Nr 7 SGB 9 2018, § 4 Abs 1 BudgetV

Instanzenzug: SG Konstanz Az: S 8 SO 1114/13 Urteilvorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg Az: L 7 SO 1419/15 Urteil

Tatbestand

1Im Streit ist ein Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen der Eingliederungshilfe als Persönliches Budget (PB) für die Zeit vom bis und die Rechtmäßigkeit der Befristung dieses PB.

2Der 1942 geborene Kläger, der unter einer schweren kombinierten Persönlichkeitsstörung mit rezidivierender depressiver Symptomatik leidet, erhielt neben einer Rente wegen Alters und Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) vom beklagten Sozialhilfeträger Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in Form eines PB; zuletzt vor dem streitigen Zeitraum in Höhe von 600 Euro im Monat.

3Im November 2012 beantragte der Kläger eine Verlängerung des PB "um mind. 2 Jahre" und legte dem Beklagten Nachweise über die bislang mit dem PB finanzierten Ausgaben vor. Nach einem Hilfeplangespräch am stellte der Beklagte die "wesentlichen Ergebnisse" dieses Gesprächs fest. Vor Bewilligung der vorgesehenen Leistungen als PB müsse eine unterschriebene Zielvereinbarung vorliegen (Bescheid vom ). Die vom Beklagten vorgeschlagene Zielvereinbarung für die Zeit vom bis unterzeichnete der Kläger ua mit dem Zusatz, dass er nur "aus Not unterschrieben" habe, "damit wieder Geld fließt". Als Ziel des PB wird darin die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft in den Bereichen "Gestaltung sozialer Beziehungen" (Hilfe für 1,5 Stunden pro Woche, maximal 13 Euro pro Stunde = maximal 84 Euro pro Monat) und "Freizeitgestaltung" (Begleitung für 2 Stunden pro Woche, maximal 13 Euro pro Stunde = maximal 112 Euro) aufgeführt; als Höhe des PB 196 Euro im Monat.

4Nach Eingang der unterzeichneten Zielvereinbarung bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen der Eingliederungshilfe als PB für die Zeit vom bis in Höhe von 196 Euro monatlich unter dem Vorbehalt, dass die wesentliche Behinderung bestätigt werde. Die Zielvereinbarung sei Bestandteil des Bescheids (Bescheid vom ). Die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom und , mit denen er ein höheres und unbefristetes PB begehrte, wies der Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom ).

5Während des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) Konstanz und nach Eingang einer Stellungnahme des Gesundheitsamts, wonach eine wesentliche seelische Behinderung vorliege, haben die Beteiligten am einen "Zusatz zur Zielvereinbarung" abgeschlossen, die der Kläger unter dem Vorbehalt gerichtlicher Klärung unterzeichnet hat. Der Beklagte hat daraufhin ein PB in Höhe von 388 Euro pro Monat (erhöht um vier Fachleistungsstunden "psychische Hilfen" monatlich) vom bis bewilligt (Bescheid vom ). Seit Juli 2013 erhält der Kläger vom Beklagten zudem als Hilfe zur Pflege 300 Euro monatlich für die Erstattung von Aufwendungen einer Haushaltshilfe sowie 120 Euro monatlich für Mehraufwendungen der Verpflegung (Bescheid vom ), die nach Auffassung des Klägers vom PB abgedeckt werden sollten. Auf Grundlage neu abgeschlossener Zielvereinbarungen hat der Beklagte das PB jeweils befristet - auch über den hinaus - weiterbewilligt.

6Die Klage hat keinen Erfolg gehabt (Urteil des SG Konstanz vom ; Urteil des Landessozialgerichts <LSG> Baden-Württemberg vom ). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt, für die Vergangenheit sei nur eine Kostenerstattung möglich, entsprechende Kosten seien aber nicht nachgewiesen. Die Höhe des PB sei ohnehin nicht zu beanstanden. Die Befristung sei gemäß § 32 Abs 1 Alt 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) zulässig; sie stelle den künftigen Fortbestand der gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts sicher.

7Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 53 Abs 1, § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 Abs 1, Abs 2 Nr 7 und § 58 Nr 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) in der bis zum bzw geltenden Fassung (im Folgenden alte Fassung <aF>. Er habe einen Anspruch auf ein unbefristetes PB in Höhe von 600 Euro pro Monat. Die Voraussetzungen nach § 32 SGB X für eine Befristung lägen nicht vor. Das LSG habe zudem rechtsfehlerhaft für die zu berücksichtigenden Teilhabebedürfnisse einen nichtbehinderten Sozialhilfeempfänger als Maßstab herangezogen.

8Der Kläger beantragt,die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom und des Sozialgerichts Konstanz vom sowie den Bescheid vom aufzuheben und den Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom und des Bescheids vom zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm für die Zeit vom bis zum weitere 4340 Euro als persönliches Budget zu zahlen, sowie festzustellen, dass die im Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom und des Bescheids vom ausgesprochene Befristung rechtswidrig war.

9Der Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.

10Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Gründe

11Auf die Revision des Klägers ist der Bescheid vom aufzuheben und zudem festzustellen, dass die Befristung des PB rechtswidrig war (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Wegen der Höhe des PB vom bis zum ist die Revision im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).

12Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom und in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom (§ 95 SGG), vor dessen Erlass sozial erfahrene Dritte nicht zu hören waren (§ 116 Abs 2 SGB XII iVm § 9 des Gesetzes zur Ausführung des SGB XII <AGSGB XII> Baden-Württemberg vom , GBl 469). Daneben ist der Bescheid vom nach § 96 Abs 1 SGG (idF des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom , BGBl I 444) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Mit diesem Bescheid hat der Beklagte den Bescheid vom ausdrücklich wegen der Höhe des PB (388 Euro monatlich statt zuvor 196 Euro monatlich) für die Zeit vom bis zum geändert.

13Die Bescheide, mit denen der Beklagte über den Ablauf der hier angegriffenen Befristung hinaus Leistungen weiter (abschnittsweise) bewilligt hat, sind dagegen nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Ein befristeter Verwaltungsakt wird durch einen sich zeitlich anschließenden Verwaltungsakt weder geändert noch ersetzt, was aber für die Einbeziehung des neuen Verwaltungsakts in das Klageverfahren zum vorhergehenden Verwaltungsakt erforderlich ist (vgl nur Bundessozialgericht <BSG> vom - B 3 KR 19/11 R - BSGE 112, 201 = SozR 4-2500 § 36 Nr 3, RdNr 22 zu aufeinanderfolgenden, befristeten Festsetzungen eines Festbetrags für Hilfsmittel; ebenso B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1 RdNr 30; B 11b AS 9/06 R - SozR 4-4300 § 428 Nr 3 RdNr 14; B 7b AS 4/06 R - RdNr 10; B 8/9b SO 2/06 R - BSGE 99, 131 = SozR 4-3500 § 28 Nr 1, RdNr 10; B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 zu Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - <SGB II> und dem SGB XII, wenn der ursprünglich angegriffene Bescheid den Leistungszeitraum begrenzt). Dies gilt auch bei befristet bewilligten Leistungen der Eingliederungshilfe (vgl auch LSG Niedersachsen-Bremen vom - L 8 SO 327/13 - RdNr 15; Schneider in Hauck/Noftz, SGB IX, Stand Oktober 2019, K § 29 RdNr 40a). Der Beklagte hat die Regelungswirkung der im Klageverfahren angegriffenen Entscheidung mit der Begründung begrenzt, dass die Bedarfssituation regelmäßig aufgrund der im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt gegebenen tatsächlichen Verhältnisse neu zu beurteilen und über den Anspruch neu zu entscheiden sei. Ob dies zulässig war, ist zwischen den Beteiligten zwar umstritten; eine Ersetzung der ursprünglichen Befristung durch folgende, ebenfalls befristete Bescheide liegt aber nicht vor, weil die folgenden Entscheidungen ausschließlich auf einer neuen Tatsachengrundlage ergangen sind (ähnlich bereits - SozR 3-2500 § 116 Nr 14 S 75 für die wiederholte Erteilung einer zeitlich befristeten Ermächtigung eines Krankenhausarztes). Um die gesetzlich angeordnete abschnittsweise Weiterbewilligung einer im Übrigen einheitlich zu betrachtenden Dauerleistung handelt es sich dagegen nicht (dazu - RdNr 8; - RdNr 9, jeweils zu § 102 Abs 2 Satz 1 und 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - <SGB VI>).

14Zutreffend ist das LSG schließlich davon ausgegangen, dass der Bescheid vom nicht Gegenstand des Verfahrens geworden ist. Zwar macht der Kläger geltend, das PB sei so zu bemessen, dass davon ua auch eine Haushaltshilfe gezahlt werden könne. Die Entscheidung, Kosten für eine Haushaltshilfe als Hilfe zur Pflege zu bewilligen, ersetzt jedoch die Entscheidung nicht, das PB für Eingliederungshilfeleistungen nicht um solche Anteile zu erhöhen.

15Soweit der Kläger ein höheres PB begehrt, macht er dies zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1 und 4, § 56 SGG gegen den Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom und den Bescheid vom geltend (vgl auch - BSGE 108, 158 = SozR 4-3250 § 17 Nr 1, RdNr 17), und zwar begrenzt auf die Zeit vom bis zum und der Höhe nach auf 600 Euro monatlich. Demgegenüber macht er gegen den Bescheid vom , der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist, im Revisionsverfahren lediglich noch einen Anspruch auf dessen Aufhebung geltend, weil dieser Bescheid keine Regelung trifft (im Einzelnen später).

16Soweit sich der Kläger gegen die Befristung wendet, hat er seine Klage im Revisionsverfahren ausdrücklich an die im Verlauf des Verfahrens geänderte prozessuale Situation angepasst und verfolgt sein Ziel nach Ablauf des Befristungszeitraums noch im Wege eines Fortsetzungsfeststellungsantrags (vgl § 131 Abs 1 Satz 3 SGG). Dies ist zulässig, weil die Anfechtungsklage gegen die Befristung unzulässig geworden ist und ein Feststellungsinteresse besteht.

17Nach § 131 Abs 1 Satz 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung begehrt werden, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn sich der Verwaltungsakt erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Statthafte Klageart gegen die Befristung als Nebenbestimmung des Verwaltungsakts (vgl § 32 Abs 2 Nr 1 SGB X) war bei Klageerhebung die isolierte Anfechtungsklage (vgl zB - BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 13 <zu einer auflösenden Bedingung>; - BSGE 89, 134, 135 = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 S 19; - SozR 3-2500 § 72 Nr 14 S 39 <jeweils zur Befristung>). Die Klage war auch im Übrigen zulässig. Mit Ablauf des Befristungszeitraums und erneuter Bewilligung, die nicht Gegenstand des Verfahrens geworden ist, hat sich indes die Nebenbestimmung, die die Befristung regelt (anders als die Bewilligungsentscheidung selbst, die weiterhin Rechtsgrund für die erbrachten Leistungen im Zeitraum vom bis zum ist), iS des § 131 Abs 1 Satz 3 SGG erledigt.

18Das Feststellungsinteresse iS des § 131 Abs 1 Satz 3 SGG als Sonderform des Rechtsschutzbedürfnisses ist regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger nicht ohne Not um die "Früchte" des bisherigen Prozesses gebracht werden darf, wenn das Verfahren einen bestimmten Stand erreicht hat; dies entspricht dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 Grundgesetz <GG>). Es genügt ein durch die Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein kann. Greift ein Kläger eine Befristung an, die durch Zeitablauf noch vor endgültiger Klärung der Rechtmäßigkeit ihre Wirkung verliert und schließt sich eine ebenfalls befristete Bewilligung durch den im Prozess bereits beteiligten Beklagten an, kommt regelmäßig ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr in Betracht, und zwar unabhängig davon, ob jeder der Folgezeiträume tatsächlich angegriffen ist (vgl etwa - SozR 4-1300 § 32 Nr 1 RdNr 16 mwN; - SozR 3-2500 § 72 Nr 14 S 39 mwN; ebenso LSG Niedersachsen-Bremen vom - L 15 AS 255/18 zur abschnittsweisen Bewilligung auf Grundlage von § 41 Abs 3 SGB II). So lag der Fall zunächst auch hier, weil der Beklagte sowohl im Klageverfahren als auch bei den folgenden Bewilligungen zum Ausdruck gebracht hat, dem Kläger bei unveränderten Umständen im Übrigen ein PB stets nur befristet erbringen zu wollen.

19Das Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ist mit der im laufenden Revisionsverfahren eingetretenen Rechtsänderung durch das Inkrafttreten der Regelungen in Teil 2 des SGB IX mit dem Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz <BTHG> vom , BGBl I 3234) allerdings entfallen. Eine Wiederholungsgefahr besteht nicht mehr, weil das auf den Regelungen des Sechsten Kapitels des SGB XII begründete Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zum geendet hat. Der Träger der örtlichen Sozialhilfe ist kein Rehabilitationsträger mehr und für die Erbringung von Eingliederungshilfe nicht mehr zuständig (vgl § 6 Abs 1 Nr 5 SGB IX in der seither geltenden Fassung; im Folgenden neue Fassung <nF>). Die Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 des SGB IX nF, die der Kläger seit dem erhalten kann, sind ausdrücklich aus dem Recht der Sozialhilfe herausgelöst worden (vgl § 28a Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - <SGB I> idF des BTHG und dazu BT-Drucks 18/9522 S 320) und werden auf Grundlage eines vom Gesetzgeber neu geschaffenen Leistungssystems und (auf Grundlage von § 94 Abs 1 SGB IX nF iVm den zum getroffenen landesrechtlichen Bestimmungen) von einem anderen Leistungsträger (Eingliederungshilfeträger) erbracht. Mit der Neuausrichtung der Eingliederungshilfe in Teil 2 des SGB IX und der strikten Trennung von Fachleistungen und Lebensunterhaltsleistungen als Grundprinzip ist ein vollständiger Systemwechsel erfolgt. Übergangsregelungen für die Zeit ab dem , aus denen sich schließen ließe, dass der Eingliederungshilfeträger Funktionsnachfolger des Sozialhilfeträgers im bis zum begründeten Rechtsverhältnis geworden ist und die unter altem Recht begründeten Leistungsfälle unter Geltung des neuen Rechts nur fortgeführt werden, bestehen nicht. Der Gesetzgeber hat eine Übergangsregelung nur mit Blick auf das Vertragsrecht für die Zeit vom bis zum getroffen (vgl § 139 SGB XII idF des Art 12 Nr 1b des BTHG). Die Einführung eines Antragserfordernisses für Eingliederungshilfeleistungen in § 108 SGB IX nF zum bestätigt den strikten Systemwechsel; denn ein Antrag wird - anders als bei sonstigen antragsabhängigen Leistungen des SGB XII - auch erforderlich, wenn die begehrten Leistungen der Sache nach bis zum bezogen worden sind (dazu auch BT-Drucks 18/9522 S 282). Lediglich wegen der örtlichen Zuständigkeit des für die Eingliederungshilfe zuständig werdenden Trägers knüpft § 98 Abs 5 Satz 2 SGB IX nF (eingefügt mit dem Gesetz zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe <Angehörigen-Entlastungsgesetz> vom <BGBl I 2135>; dazu BT-Drucks 19/14868 S 23) an die Regelungen über die Leistungserbringung nach dem SGB XII bis an, bestätigt aber gleichzeitig, dass eine Funktionsnachfolge nicht beabsichtigt war. Nicht entscheidend ist, ob sich die "Rechtswirklichkeit" für die Betroffenen nach der Rechtsänderung verändert darstellt (so aber Groth jurisPR-SozR 19/2020 Anm 5); ob dies der Fall ist, hängt - neben den landesrechtlichen Bestimmungen zur Zuständigkeit - von der Lebenslage des Einzelnen im Übrigen ab und kann als generelles Kriterium für die Frage, ob ein Systemwechsel stattgefunden hat, nicht herangezogen werden. Schließlich ist es bei einem Systemwechsel nicht ungewöhnlich, dass bestimmte Grundsätze der Leistungserbringung der Sache nach unverändert bleiben und Bestandsschutzregelungen bestehen. Dies war etwa auch für erwerbsfähige Hilfebedürftige und ihre Angehörigen mit der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe und dem Inkrafttreten des SGB II zum der Fall.

20Ist die künftig zu erwartende Sach- und Rechtslage im zu entscheidenden Einzelfall voraussichtlich mit der früheren nicht vergleichbar oder ist sie nicht vorhersehbar, kann ein Feststellungsinteresse regelmäßig nicht (mehr) angenommen werden. Die begehrte Feststellung ist nicht unmittelbar bindend für das zukünftige Rechtsverhältnis im Sinne einer rechtlichen Präjudizialität. Ausnahmsweise kann aber auch eine Präjudizialität kraft "natürlicher Autorität" für ein künftiges Rechtsverhältnis bestehen (tatsächliche Präjudizialität; dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 131 RdNr 10a mwN). Im Einzelfall kann deshalb der Gesichtspunkt, dass ein erneutes Verfahren unter Gesichtspunkten der Prozessökonomie nicht zumutbar erscheint, ein Feststellungsinteresse auch dann begründen, wenn nicht zu erwarten ist, dass der künftig zuständige Träger nach Klärung der Fragen, die das Feststellungsinteresse ursprünglich begründet haben, abweichend entscheidet (vgl - BSGE 108, 206 = SozR 4-2500 § 33 Nr 34, RdNr 22 für den Anspruch auf ein Hilfsmittel nach Wechsel der Krankenkasse).

21Dieser Gedanke führt zwar nach Inkrafttreten des BTHG nicht ohne Weiteres zur Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage. Regelmäßig fehlt bei einer Feststellung bezogen auf einen Zeitraum in der Vergangenheit die anhaltende Wirkung für die Folgezeit, weil das künftige Rechtsverhältnis bezogen auf den Anspruch dem Grunde oder der Höhe nach nicht ausreichend konkretisiert ist (vgl etwa - RdNr 12, SGb 2015, 268 zum Feststellungsinteresse iS des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG). Anders liegt es aber beim vorliegenden Streit um die Zulässigkeit einer Nebenbestimmung bei Bewilligung eines PB. Hier war die Erledigung iS des § 131 Abs 1 Satz 3 SGG bereits vor dem (durch Ablauf der ursprünglich angegriffenen Befristung) eingetreten und hat nach den allgemeinen Grundsätzen den Übergang von der Anfechtungsklage auf die Fortsetzungsfeststellungsklage erlaubt. Im Streit ist ausschließlich die Rechtsfrage, ob ein PB überhaupt befristet werden darf. Die Klärung dieser Frage wird auch den Streit gegenüber dem nunmehr für die Eingliederungshilfe zuständigen Träger erledigen. Die maßgebliche Rechtslage hat sich in den für die vorliegende Entscheidung wesentlichen Punkten nicht geändert (im Einzelnen später) und in Baden-Württemberg sind die Stadt- und Landkreise, die auch für die Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII umfassend zuständig waren, zum für sämtliche Aufgaben nach Teil 2 des SGB IX zuständig geworden (vgl § 94 Abs 1 SGB IX iVm § 1 Abs 1 des Gesetzes zur Ausführung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch <AGSGB IX> vom <GBl 113>). Ausreichend für das Feststellungsinteresse des Klägers ist damit, dass er (nach Mitteilung des Beklagten im Revisionsverfahren) Leistungen der Eingliederungshilfe auch nach dem noch als PB begehrt.

22In der Sache hat die Revision des Klägers Erfolg, soweit er die Aufhebung des "Bescheids" vom begehrt. Es handelt sich bei diesem Schreiben um einen sog Formalverwaltungsakt; denn es fehlt an einer Regelung iS des § 31 Satz 1 SGB X. Aus Sicht des verständigen Empfängers trifft der Beklagte in dem als Bescheid bezeichneten und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben weder über die Leistung selbst noch über ihre Befristung eine Entscheidung. Eine Entscheidung wird vielmehr erst angekündigt für den Fall, dass der Kläger die Zielvereinbarung unterzeichnet. Da der Beklagte mit der gewählten Ausdrucksform und der hinzugefügten Rechtsbehelfsbelehrung aber den Anschein erweckt, er regele verbindlich einen Einzelfall auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, besteht ein Anspruch auf Aufhebung (vgl etwa - SozR 4-1200 § 52 Nr 1).

23Im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung ist die Revision begründet, soweit über die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu entscheiden ist. Der Senat kann mangels hinreichender Feststellungen nicht abschließend entscheiden, ob der Kläger für die Zeit vom bis zum einen Anspruch auf ein höheres PB hat. Wegen der Fortsetzungsfeststellungsklage hat die Revision schließlich in der Sache Erfolg. Zu Unrecht ist das LSG davon ausgegangen, dass die Befristung des PB rechtmäßig war (dazu später).

24Als Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf ein PB vom bis zum in Höhe von 600 Euro monatlich kommt nur § 57 SGB XII aF (in der bis zum geltenden Fassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom - BGBl I 3022) iVm § 17 Abs 2 bis 4 und § 159 SGB IX aF (jeweils idF des Gesetzes zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom , BGBl I 818) und der Verordnung zur Durchführung des § 17 Abs 2 bis 4 des SGB IX (Budgetverordnung <BudgetV> vom , BGBl I 1055; aufgehoben mit Art 26 Abs 1 des BTHG) in Betracht. Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten für den geltend gemachten Anspruch ergibt sich aus § 97 Abs 1, § 97 Abs 2 Satz 1 SGB XII iVm § 2 AGSGB XII (idF vom , GBl 469) und § 1 Abs 1 AGSGB XII (idF des Gesetzes vom , GBl 548, 549), seine örtliche Zuständigkeit aus § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Im Übrigen ist der Beklagte auch als erstangegangener Rehabilitationsträger im Verhältnis zum Kläger für die Leistungserbringung zuständig geworden (§ 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX idF des Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen vom , BGBl I 606; vgl hierzu nur - SozR 4-3500 § 54 Nr 18 RdNr 12 mwN).

25In der Sache setzt die Erbringung eines PB einen Anspruch auf eine budgetfähige Teilhabeleistung voraus; besteht ein solcher Anspruch, besteht auch auf die Erbringung der Leistungen in der Leistungsform des PB ein Rechtsanspruch (vgl dazu - BSGE 108, 158 = SozR 4-3250 § 17 Nr 1, RdNr 38). Nach § 19 Abs 3, § 53 Abs 1 und 2, § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII aF (jeweils idF des Gesetzes vom ) iVm § 55 Abs 1 und Abs 2 Nr 7 SGB IX aF (idF des Gesetzes vom ) und § 58 SGB IX aF (idF des SGB IX vom - BGBl I 1046) erhalten Personen, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe (hier als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft), wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Der Kläger gehört wegen der bei ihm vorliegenden schweren kombinierten Persönlichkeitsstörung mit rezidivierender depressiver Symptomatik als seelisch wesentlich behinderter Mensch zum leistungsberechtigten Personenkreis. Dies ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG, auch wenn es das Vorliegen einer wesentlichen Behinderung bei der Prüfung des Anspruchs der Höhe nach offengelassen hat. Aus seiner Begründung zur Rechtmäßigkeit der Befristung des PB ergibt sich, dass es gleichwohl auf Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen - wie auch das SG und die Beteiligten - zu dem Schluss kommt, dass eine wesentliche Behinderung vorliegt.

26Das LSG hat aber keine weiteren Feststellungen zu dem aus der wesentlichen Behinderung folgenden individuellen Eingliederungshilfebedarf getroffen, der vom Kläger zu decken war. Erst auf Grundlage dieser Feststellungen lassen sich aber die geeigneten und erforderlichen Leistungen, an deren Stelle das PB beansprucht wird, quantitativ und qualitativ ermitteln sowie die konkreten Kosten, die im maßgeblichen Zeitpunkt bei einer Sachleistungserbringung hierfür entstanden wären, und damit abschließend die Höhe des PB bestimmen. Diese Feststellungen wird es nachzuholen haben.

27Einem Anspruch auf ein höheres Budget steht nicht entgegen, dass in der zuvor abgeschlossenen Zielvereinbarung auch Abreden über die Höhe des PB enthalten sind (wie dies § 29 Abs 4 Satz 2 Nr 4 SGB IX nF nunmehr ausdrücklich verlangt). Der vorherige Abschluss einer Zielvereinbarung mit dem Mindestinhalt nach § 4 Abs 1 Nr 1 bis 3 BudgetV (vgl auch § 29 Abs 4 Satz 1 SGB IX nF) ist allenfalls formale Voraussetzung für den anschließenden Erlass eines Verwaltungsakts über das PB (vgl zB SG Mannheim vom - S 9 SO 3871/15 - RdNr 27; Berchtold, Sozialrecht aktuell Sonderheft 2014, 18, 35 f; Jabben in BeckOK Sozialrecht, 47. Edition, Stand , § 17 SGB IX RdNr 8-8.3; Welti in Luthe, Rehabilitationsrecht, 2. Aufl 2014, Teil 2 Kap C RdNr 52; zum Abschluss einer Zielvereinbarung als formelle Voraussetzung eines PB auch - BSGE 110, 83 = SozR 4-3250 § 17 Nr 3, RdNr 36). Welche Konsequenzen sich für den Anspruch auf ein PB ergeben, wenn wegen des Streits um den Inhalt der Zielvereinbarung eine solche nicht zustande kommt, braucht nicht entschieden werden; denn eine Zielvereinbarung verstanden als vom Gesetzgeber vorgesehener Teil des Verwaltungsverfahrens ist hier abgeschlossen worden und der Beklagte hat über das PB eine Entscheidung in der Sache getroffen.

28Die Zielvereinbarung (die der Kläger jedenfalls für die Zeit ab dem ohnehin nur mit einem Vorbehalt unterzeichnet hat) bindet die Beteiligten dagegen nicht materiell im Hinblick auf den individuellen Leistungsbedarf, der dem PB wegen der notwendigen Ausgestaltung und der Höhe (vgl § 17 Abs 3 Satz 3 SGB IX aF wie § 29 Abs 2 Satz 4 SGB IX nF) zugrunde liegt (so aber - RdNr 58 mwN; Oberverwaltungsgericht <OVG> Bremen vom - 2 B 66/20 - RdNr 23; wohl auch - RdNr 109 mwN; vgl auch ER - RdNr 16, ZfF 2020, 115, das die Erklärung eines Vorbehalts in der Zielvereinbarung für zulässig hält, um einer vertraglichen Bindung zu entgehen). Nachdem auf die Leistungsform des PB seit dem ein Rechtsanspruch besteht, unterliegt der Anspruch auf Gewährung der Leistungen als PB jedenfalls nicht (mehr) uneingeschränkt der Vertragsfreiheit der Beteiligten. Für eine Zielvereinbarung - verstanden als subordinationsrechtlicher Vertrag (zur Begrifflichkeit im Anwendungsbereich der §§ 53 ff SGB X nur Engelmann in Schütze, SGB X, 9. Aufl 2020, § 53 RdNr 39) - gelten vorliegend die Einschränkungen des § 53 Abs 2 SGB X und des § 55 Abs 2 und 3 SGB X, weil sie die Erbringung gebundener Leistungen der Eingliederungshilfe betrifft, die auch wegen der Leistungsform nicht im Ermessen der Behörde steht. Die Zulässigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrags iS des § 55 Abs 2 SGB X (mit der Erbringung des PB als Hauptleistung) lässt sich insbesondere nicht § 4 Abs 1 BudgetV - wie § 29 Abs 4 SGB IX nF - entnehmen mit der Folge, dass der Vertrag den Verwaltungsakt (hier über die Gewährung der Eingliederungshilfe in einem PB) ersetzt, wie dies § 53 Abs 1 Satz 2 SGB X voraussetzen würde (vgl nur Marschner in Pickel/Marscher, SGB X, Stand Dezember 2019, § 53 RdNr 12 ff). Der Erlass des bewilligenden Verwaltungsakts ist dem Abschluss der Zielvereinbarung vielmehr ausdrücklich nachgelagert.

29Vorliegend kann offenbleiben, ob und ggf welche Regelungen zur Umsetzung des PB (also für die Zeit nach der Bewilligung) in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbart werden können. In der Begründung zur Einführung der BudgetV im Jahr 2004 ist wegen der Zielvereinbarung nur ausgeführt, diese werde zu einem "wesentlichen Steuerungselement" im Hinblick auf die Ergebnisqualität (vgl BR-Drucks 262/04 S 11); ein zwingender Hinweis für ein Verständnis als bindendes vertragliches Regelungswerk (etwa im Hinblick auf die dem Leistungsberechtigten regelmäßig auferlegten Pflichten zum Nachweis und der Qualitätssicherung) ergibt sich hieraus nicht. Schließlich kann auch offenbleiben, ob der Inhalt der Zielvereinbarung mit Einbeziehung in den Verwaltungsakt durch die Behörde den Charakter einer Nebenbestimmung iS von § 32 Abs 1 SGB X erlangen kann (so Fahlbusch, NDV 2006, 227, 230; Schneider in Hauck/Noftz, SGB IX, Stand Oktober 2019, K § 29 RdNr 39; Welti in Deinert/Welti, StichwortKommentar Behindertenrecht, 2. Aufl 2018, Stichwort Persönliches Budget, RdNr 23; zum Ganzen auch Sabrowski, Das Persönliche Budget nach § 29 SGB IX, Hamburg 2020, S 136 ff). Bei der Festsetzung der Höhe der Leistung handelt es sich von vornherein nicht um eine Nebenstimmung und aus dem Geltungszeitraum der Zielvereinbarung folgt für sich genommen noch nicht die Befristung der Leistung, die erst im Bescheid vom verfügt worden ist. Andere Bestimmungen der Zielvereinbarung sind vorliegend nicht im Streit.

30Einem Anspruch auf ein höheres PB steht auch nicht entgegen, dass der in den Bescheiden vom und vom geregelte Leistungszeitraum des PB bereits abgelaufen ist und Leistungen für die Vergangenheit zu erbringen wären. Das PB soll den Berechtigten ein selbstbestimmtes Leben in eigener Verantwortung ermöglichen, indem regelmäßige Geldzahlungen zur Verfügung gestellt werden, durch die sie Leistungen selbst organisieren und bezahlen können (vgl - BSGE 108, 158 = SozR 4-3250 § 17 Nr 1, RdNr 29; - BSGE 109, 293 = SozR 4-3250 § 17 Nr 2, RdNr 28). Dieser "Entkoppelung" entspricht die Zuweisung eines pauschalen monatlichen Betrags, der keinen Bezug zu konkreten einzelnen Leistungen aufweist und der fehlenden Bindung an das System vereinbarungsgebundener Leistungsanbieter Rechnung trägt (vgl - BSGE 108, 158 = SozR 4-3250 § 17 Nr 1, RdNr 29). Von der Kostenerstattung unterscheidet sich das PB dadurch, dass keine konkret beschafften Leistungen nachgewiesen werden müssen, sondern es im Zeitpunkt vor der Beschaffung zu berechnen und zu bewilligen ist (vgl Neumann in Deinert/Neumann, Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, 2. Aufl 2009, § 6 RdNr 35). Dieser Zweck kann bei der nachträglichen Erhöhung eines rechtswidrig zu gering bewilligten PB erreicht werden, wenn tatsächlich höhere Ausgaben getätigt werden mussten. Legt der Hilfesuchende - wie hier - innerhalb der gesetzlichen Fristen einen Rechtsbehelf ein und muss die Hilfegewährung erst erstreiten, kommen also auch Leistungen für die Vergangenheit in Betracht (vgl nur - BSGE 104, 213 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20, RdNr 14 mwN; Bundesverwaltungsgericht <BVerwG> vom - 5 C 26.92 - BVerwGE 96, 152, 154 f).

31Diesem Verständnis von einem Anspruch auf ein höheres PB auch für die Vergangenheit steht die Rechtsprechung des 1. Senats des BSG ( - BSGE 121, 32 = SozR 4-3250 § 17 Nr 4, RdNr 25) nicht entgegen. Dort war ein ersetzendes PB vor dem Tod der Leistungsberechtigten nicht bewilligt worden; im Übrigen hat der 1. Senat ausdrücklich offengelassen, ob jedwede Rückwirkung eines zu bewilligenden PB ausgeschlossen ist. Der vom Senat zuletzt entschiedene Fall () war schließlich dadurch gekennzeichnet, dass die Bewilligung eines PB für die Vergangenheit anstelle bereits erbrachter Einzelleistungen im Streit war. Ein solcher Fall liegt hier auf Grundlage der bisherigen Feststellungen lediglich wegen der Bedarfe für die Hilfe zur Pflege vor. Wegen dieser Bedarfe, die durch gesonderte Bewilligung der Einzelleistung von Juli 2013 an abgedeckt worden sind, kommt eine Einbeziehung in das PB nicht mehr in Betracht.

32Für die abschließenden Ermittlungen zum Eingliederungshilfebedarf im Übrigen gilt ein individueller und personenzentrierter Maßstab: In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs 2 SGB XII). Ziel der Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ist es, dem Kläger die in seiner Altersgruppe üblichen gesellschaftlichen Kontakte mit Menschen zu ermöglichen und dabei nachvollziehbare soziale Teilhabebedürfnisse zu erfüllen, soweit diese nicht über die Bedürfnisse eines nicht behinderten, nicht sozialhilfebedürftigen Erwachsenen hinausgehen (zu diesem Maßstab etwa - SozR 4-1500 § 55 Nr 20 RdNr 22 f mwN). Die Notwendigkeit von Ermittlungen und anschließenden Tatsachenfeststellungen von Amts wegen wird dabei nicht vom Vortrag des Klägers gesteuert, wie das LSG meint. Auf Darlegungs- und Beweislasten kommt es erst an, wenn nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten im Rahmen der Amtsermittlung ausgehend von den festgestellten Bedarfen feststeht, welcher Eingliederungshilfebedarf bestand und welche der begehrten Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft insoweit geeignet und erforderlich waren, um die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen.

33Die Revision hat schließlich Erfolg, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die in den Bescheiden vom und vom ausgesprochene Befristung rechtswidrig war.

34Nach § 32 Abs 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist (1. Alt) oder sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (2. Alt.). Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsakts nicht zuwiderlaufen (§ 32 Abs 3 SGB X). Nebenbestimmung im Sinne dieser Vorschriften ist jeder Zusatz zur (Haupt-)Regelung des Bescheids, der diese selbst oder das von ihr geregelte Recht in zeitlicher, räumlicher oder sachlicher Hinsicht beschränkt oder ergänzt (vgl nur - BSGE 67, 104, 114 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 16). Dazu gehört auch die Befristung der Leistung, nach der (ua) eine Vergünstigung für einen bestimmten Zeitraum gilt.

35Die Voraussetzungen von § 32 Abs 1 Alt 1 SGB X sind nicht erfüllt, weil durch keine Rechtsvorschrift die Möglichkeit eingeräumt ist, das PB befristet zu bewilligen. Weder § 17 Abs 2 bis 4 SGB IX aF, § 57 SGB XII aF noch die BudgetV oder eine sonstige Vorschrift gestatten die Befristung des PB. Das PB als Form der Leistung folgt vielmehr den Regelungen über die Leistung selbst und kann nur befristet werden, wenn auch die budgetfähige Leistung befristet werden kann. Soweit in den Regelungen über die Zielvereinbarung (§ 4 Abs 3 BudgetV bzw § 29 Abs 4 Satz 8 SGB IX nF) auf den "Bewilligungszeitraum" der Leistungen des PB Bezug genommen wird, betrifft dies solche Fälle, in denen die budgetierte Leistung ihrerseits nur für eine bestimmte Zeit (etwa für die Dauer der Ausbildung) und also befristet erbracht wird. Im Grundsatz handelt es sich bei Eingliederungshilfeleistungen für wesentlich behinderte Menschen aber - wie hier - nicht um abschnittsweise zu bewilligende Leistungen; denn erst wenn das Teilhabeziel erreicht ist, ist die Sachleistung vollständig erbracht. Allein die Notwendigkeit, in bestimmten Zeitabschnitten die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Leistung zu überprüfen (vgl auch § 3 Abs 6 BudgetV), und die darauf fußende Praxis der Träger, Leistungen nur abschnittsweise zu bewilligen und ggf abschnittsweise mit dem Leistungserbringer abzurechnen, führt nach dem Recht der Eingliederungshilfe nicht dazu, dass im Anschluss an einen solchen Zeitabschnitt (jeweils) ein Anspruch auf eine neue Teilhabeleistung entsteht. Eine vom Träger der Eingliederungshilfe vorgenommene Befristung der Leistung, die vom Leistungsberechtigten nicht angegriffen wird, führt deshalb auch nicht zu einer maßgeblichen Zäsur des Rehabilitationsgeschehens, wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat ( - BSGE 128, 36 = SozR 4-1300 § 111 Nr 10, RdNr 22; - BSGE 128, 43 = SozR 4-3500 § 53 Nr 9, RdNr 24; - BSGE 129, 241 = SozR 4-3250 § 14 Nr 30, RdNr 18).

36Die Voraussetzungen des § 32 Abs 1 Alt 2 SGB X für eine Befristung liegen ebenfalls nicht vor. Die Nebenbestimmung ist in diesen Fällen ein Mittel, das Fehlen von Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsakts zu überbrücken (im Einzelnen Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz <VwVfG>, 9. Aufl 2018, § 36 RdNr 120 ff). Soweit im Erlasszeitpunkt aus Sicht des Beklagten das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen für den Anspruch auf Eingliederungshilfe noch nicht ermittelt war, ist eine Befristung der Leistung aber kein geeignetes Mittel zur künftigen Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts. Ob wegen der in der Zukunft liegenden Erfüllung aller Voraussetzungen überhaupt nur Nebenbestimmungen denkbar sind, die sich auf geringfügige tatbestandliche Voraussetzungen beziehen (vgl zB - BSGE 113, 291 = SozR 4-5520 § 24 Nr 9, RdNr 21; - BSGE 89, 62, 65 = SozR 3-2500 § 85 Nr 42 S 344) - wozu das Vorliegen einer wesentlichen Behinderung nicht gehört -, oder ob es insbesondere im Existenzsicherungsrecht auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage möglich ist, eine vorläufige Gewährung bis zum Abschluss von Ermittlungen in einem Bewilligungsbescheid durch eine Nebenbestimmung zu regeln (dazu - BSGE 112, 126 = SozR 4-5870 § 6a Nr 4, RdNr 13 ff), kann offenbleiben. Mit einer zeitlichen Einschränkung der Wirksamkeit lässt sich von vornherein nicht sicherstellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts nach seinem Erlass erfüllt werden; denn allein der Zeitablauf hat - wie oben dargestellt - keinen Einfluss auf die Tatbestandsvoraussetzungen der Eingliederungshilfe. Zu einem irgendwie gearteten Fortgang des Verfahrens im Hinblick auf die Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen trägt die Befristung nicht bei (vgl 8 C 6.17 - BVerwGE 163, 93 RdNr 28; vgl zum Vorbehalt der Vorwegzahlung auch Burkiczak in jurisPK-SGB X, 2. Aufl 2017, § 32 RdNr 101). Die Befristung im Bescheid vom ließe sich schon deshalb nicht mit der Sicherstellung der künftigen Erfüllung von Voraussetzungen begründen, weil zu diesem Zeitpunkt alle Anspruchsvoraussetzungen abschließend geklärt waren.

37Die Befristung zur Sicherstellung des künftigen Fortbestands der gesetzlichen Voraussetzungen eines Dauerverwaltungsakts scheidet im Grundsatz dort aus, wo sie nicht durch Rechtsvorschrift ausdrücklich zugelassen ist (aA Burkiczak in jurisPK-SGB X, 2. Aufl 2017, § 32 RdNr 102; Henneke/Berger in Knack/Henneke, VwVfG, 11. Aufl 2020, § 36 RdNr 32). Wie im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts dient sie auch für die folgende Zeit nach Durchführung der turnusmäßigen Überprüfung des Bedarfs, die hier zum geplant war, nicht der Sicherstellung der Voraussetzungen der Eingliederungshilfe. Zwar ist eine regelmäßige Überprüfung der Bedarfslage bei der Leistungsform des PB erforderlich. Dem trägt die Verordnung und nunmehr das Gesetz jedoch bereits dadurch Rechnung, dass das Bedarfsfeststellungsverfahren in der Regel im Abstand von zwei Jahren zu wiederholen ist (§ 3 Abs 6 BudgetV und § 29 Abs 2 Satz 4 SGB IX nF). Die Befristung des PB soll die Tätigkeit des Beklagten aber zusätzlich dadurch erleichtern, dass sich der Kläger vor Ablauf der befristeten Geltungsdauer um eine erneute Bewilligung bemühen muss, während es bei einer unbefristeten Bewilligung dem Beklagten obliegt, das Verfahren der Bedarfsfeststellung rechtzeitig einzuleiten und ggf die Mitwirkung des Leistungsberechtigten durchzusetzen. Dafür bietet § 32 Abs 1 Alt 2 SGB X gerade keine Rechtsgrundlage (vgl - BVerwGE 163, 93 RdNr 28; ablehnend für den Widerrufsvorbehalt zur Sicherstellung des künftigen Fortbestands der Voraussetzungen auch - SozR 4-1300 § 47 Nr 1 RdNr 18 f; - Buchholz 406.27 § 56 BBergG Nr 2 RdNr 33; 6 C 37.14 - BVerwGE 153, 301 RdNr 17). Ergeben sich Änderungen gegenüber den bei Bewilligung vorliegenden Verhältnissen, liegt eine Änderung iS des § 48 SGB X vor. Sind solche Änderungen schon bei Bewilligung absehbar, bietet sich eine Bedarfsfeststellung in kürzeren Abständen an. Eine unbefristete Bewilligung führt gerade nicht zu einer "lebenslangen Bewilligung", wie es das LSG umschreibt. Mit der Befristung, wie sie der Beklagte vorgenommen hat, würde vielmehr die vom Gesetzgeber nicht erwünschte Folge eintreten, dass der Leistungsberechtigte - auch soweit er seinen Mitwirkungspflichten nachkommt - das Risiko trägt, dass eine Anschlussbewilligung nicht rechtzeitig erfolgen kann, obwohl sich tatsächlich keine Änderungen ergeben haben. Damit könnte sich die Verwaltung praktisch die Aufhebung jeder Bewilligung vorbehalten, wodurch die §§ 45, 48 SGB X ins Leere laufen würden.

38Eine Befristung des PB auf Grundlage von § 32 Abs 2 Nr 1 SGB X nach pflichtgemäßem Ermessen der Behörde scheidet schließlich aus, weil sowohl die Erbringung geeigneter und erforderlicher Leistungen der Eingliederungshilfe bei einem wesentlich behinderten Menschen als auch die Erbringung solcher Leistungen in der Leistungsform des PB als Pflichtleistung ausgestaltet sind. Das PB war durch das SGB IX vom (BGBl I 1046) lediglich bis zum als im Ermessen des Reha-Trägers stehende Ausführungsform ausgestaltet. Ob und in welchem Umfang die Bewilligung eines PB bis zu diesem Zeitpunkt einer Nebenbestimmung auf Grundlage von § 32 Abs 2 SGB X zugänglich war, wenn Gegenstand des PB - wie in Fällen der Eingliederungshilfe für wesentlich behinderte Menschen - eine Pflichtleistung war, braucht nach Änderung von § 159 Abs 5 SGB IX aF mit dem Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom (BGBl I 3022) nicht mehr entschieden werden.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2021:280121UB8SO919R0

Fundstelle(n):
BAAAH-82060