BFH Urteil v. - IX R 13/00

Aufteilung des Kaufpreises auf Grund und Boden sowie Gebäude bei Erwerb eines Mietwohngrundstücks im Privatvermögen mit wenigen Wohneinheiten

Gesetze: EStG § 7, § 9 Abs. 1 Nr. 7, § 21

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) wurde in den Streitjahren (1994 und 1995) mit ihrem zwischenzeitlich verstorbenen Ehemann zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Dieser war seit längerem Eigentümer eines Hälfteanteils an einem Mietwohngrundstück (sechs Wohnungen) in X. Im Jahre 1993 erwarb die Klägerin den anderen Hälfteanteil zum Kaufpreis von 950 000 DM zuzüglich 26 683,85 DM Nebenkosten. Nutzen und Lasten dieses Anteils gingen ab April 1994 auf sie über.

In ihren Einkommensteuererklärungen der Streitjahre berücksichtigte die Klägerin im Rahmen der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei der Bemessungsgrundlage der Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) den Kaufpreis des hinzuerworbenen Gebäudeanteils (976 683,85 DM) mit 30 v.H. beim Grund und Boden (293 005,15 DM) und mit 70 v.H. beim Gebäude (683 678,70 DM).

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) führte eine Kaufpreisaufteilung nach dem Sachwertverfahren durch, da bei Anwendung des Ertragswertverfahrens kein Gebäudeanteil verblieben wäre. Die Kaufpreisaufteilung nach dem Sachwertverfahren ergab einen Bodenanteil von 60 v.H. (586 010,31 DM) und einen Gebäudeanteil von 40 v.H. (390 673,54 DM).

Im hiergegen gerichteten Einspruchsverfahren legte die Klägerin das Gutachten eines Sachverständigen vor, der nach dem Sachwertverfahren einen Grund- und Bodenanteil von 43,3 v.H. und einen Gebäudeanteil von 56,7 v.H. ermittelte.

Das FA führte daraufhin unter teilweiser Übernahme der vom Gutachter vorgegebenen Werte eine Kaufpreisaufteilung nach dem Ertragswertverfahren durch. Es errechnete bei einem Gebäudeertragswert von —gerundet— 335 000 DM und einem Bodenwert von 1 038 000 DM (Grundstücksertragswert insgesamt 1 373 000 DM) einen Grund- und Bodenanteil von 75 v.H.

Die Bemessungsgrundlage der AfA für den hinzuerworbenen Gebäudeanteil berücksichtigte das FA nunmehr in nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) für die Streitjahre ergangenen Bescheiden mit 25 v.H. des Kaufpreises.

Der hiergegen gerichteten Klage der Klägerin, die sie zugleich als Gesamtrechtsnachfolgerin ihres Ehemannes erhob, gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 210 veröffentlichten Urteil statt. Die Klägerin habe zu Recht den Gesamtkaufpreis des von ihr erworbenen Gebäudeanteils nach dem Sachwertverfahren aufgeteilt. Dies entspreche den im (BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252) aufgestellten Grundsätzen, die auch bei Mietwohngrundstücken anzuwenden seien und den Gegebenheiten des Streitfalles eher gerecht würden. Das vom FA anhand des Ertragswertverfahrens gefundene Ergebnis überschreite —auch unter Berücksichtigung der bei einer Schätzung von Grundstückswerten gegebenen Unsicherheiten— die noch hinzunehmenden Grenzen. Bei dem im Sachverständigengutachten beschriebenen Wohnungsstandard sei nicht nachvollziehbar, dass die Hälfte des Gebäudewerts eines im Jahre 1960 errichteten Sechs-Familienhauses nach den Verhältnissen in X nur 244 171 DM (Stand Ende 1993) betragen solle.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 EStG. Aus dem Urteil in BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252 ergebe sich nur, dass bei der Aufteilung des Kaufpreises für eine Eigentumswohnung die Verkehrswerte des Grund und Bodens und des Gebäudes nach dem Sachwertverfahren zu ermitteln seien; es enthalte keinen auf alle anderen Gebäudearten übertragbaren Grundsatz.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das FG hat die Bemessungsgrundlage für die AfA gemäß § 7 Abs. 4 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG zutreffend ermittelt.

1. Zu Recht geht das FG davon aus, dass das FA die auf den Grund und Boden und das Gebäude entfallenden Kaufpreisanteile gemäß § 162 Abs. 1 AO 1977 schätzen durfte; denn es fehlt eine Einigung der Vertragsparteien über den Grundstücksanteil im Gesamtkaufpreis, die grundsätzlich der Aufteilung auf Grund und Boden sowie Gebäude zugrunde zu legen ist, solange dagegen keine nennenswerten Zweifel bestehen (, BFH/NV 2002, 324, m.w.N.).

2. Ist wie im Streitfall ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, dann ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA aufzuteilen. Zunächst sind Boden- und Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund- und Bodenanteil und den Gebäudeanteil aufzuteilen.

a) Für die Schätzung des Werts des Grund- und Boden- sowie des Gebäudeanteils kann die Wertermittlungsverordnung (WertV 1988) entsprechend herangezogen werden (BFH-Urteil in BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252). Nach § 7 WertV 1988 ist der Verkehrswert mit Hilfe des Vergleichswert-, des Ertragswert- oder des Sachwertverfahrens zu ermitteln. Diese Ermittlung ist zwar Teil der Sachverhaltsfeststellung des FG, die für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend ist (§ 118 Abs. 2 FGO). Der BFH als Revisionsgericht muss aber prüfen, ob das FG dabei die zutreffende Methode angewandt hat (z.B. , BFHE 193, 326, BStBl II 2001, 183, m.w.N.).

Bei selbstgenutzten und bei vermieteten Eigentumswohnungen (im Privatvermögen) hält der Senat grundsätzlich eine Kaufpreisaufteilung unter Anwendung des Sachwertverfahrens für angebracht. Zu Unrecht macht das FA mit der Revision geltend, bei Mietwohngrundstücken im Privatvermögen gelte dies nicht; bei diesen sei für die Kaufpreisaufteilung stets das Ertragswertverfahren heranzuziehen. Der Senat kann offen lassen, inwieweit das Ertragswertverfahren wegen der besonderen Verhältnisse bei Geschäftsgrundstücken einen den dortigen Verhältnissen angemessenen Aufteilungsmaßstab bietet (s. dazu , BFH/NV 1999, 1201). Er hält zumindest bei Mietwohngrundstücken im Privatvermögen, die —wie im Streitfall— nur eine geringe Zahl von Wohneinheiten aufweisen, grundsätzlich die Kaufpreisaufteilung nach dem Sachwertverfahren für angebracht; denn bei diesen ist —jedenfalls bei den in den Streitjahren gegebenen Verhältnissen— davon auszugehen, dass für den Erwerb neben Ertragsgesichtspunkten und der sicheren Kapitalanlage auch die Aussicht auf einen langfristigen steuerfreien Wertzuwachs des Vermögens ausschlaggebend waren.

b) Hiernach ist es im Streitfall revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG bei seiner Schätzung der Methode des Sachverständigen im Gutachten vom ... Mai 1996 gefolgt ist. Der Sachverständige hat zunächst den Sachwert des Grund und Bodens anhand der Richtwerte des zuständigen Gutachterausschusses sowie den Sachwert des Gebäudes unter Heranziehung der Normalherstellungskosten jeweils gesondert ermittelt und dann den auf Grund und Boden und Gebäude entfallenden Anteil berechnet. An das Ergebnis dieser —zu den Tatsachenfeststellungen des FG gehörenden— Schätzung ist der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden, da das FA gegen die Schätzungsgrundlagen keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht hat. Gegen die vom FA geforderte Aufteilung des Kaufpreises nach dem Ertragswertverfahren spricht im Streitfall im Übrigen auch, dass diese nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG nicht den tatsächlichen Verhältnissen gerecht wird.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 769
BFH/NV 2003 S. 769 Nr. 6
RAAAA-71537