BGH Urteil v. - 5 StR 547/17

Konkurrenzrechtliche Beurteilung eines Handeltreibens mit Betäubungsmitteln

Gesetze: § 29 BtMG, § 29a BtMG, § 30a Abs 2 Nr 2 BtMG

Instanzenzug: Az: 4 KLs 15/17

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sechs Fällen, davon in einem Fall mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt; darüber hinaus hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. Gegen dieses Urteil wenden sich die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte mit ihren auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Der Angeklagte beanstandet zudem das Verfahren. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat überwiegend, die vom Generalbundesanwalt vertretene, auf die Tat 6 beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft insgesamt Erfolg.

I.

21. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

3Der Angeklagte nutzte zwischen Mai 2015 und dem ein vom Zeugen S.   angemietetes Ein-Zimmer-Appartement im Hochparterre eines Mehrparteienhauses zum gewinnbringenden Verkauf von Betäubungsmitteln. Zu der Wohnung hatte auch der gesondert verfolgte J.   Zugang, der ebenfalls von dort aus Betäubungsmittel – jedenfalls Haschisch und Marihuana – veräußerte. Das nur mit zwei Sofas und einem Tisch möblierte Appartement diente keinen Wohnzwecken, sondern ausschließlich der Abwicklung von Betäubungsmittelgeschäften.

4In den Fällen 1 und 2 verkaufte der Angeklagte dem gesondert verfolgten K.      zwischen Anfang Mai 2015 und Mitte Juni 2015 jeweils ein Gramm Marihuana zum Preis von je 10 Euro. Die Geschäfte wurden an der Wohnungstür des Appartements abgewickelt, indem der Käufer bei dem die Tür nur einen Spalt breit öffnenden Angeklagten einen „Zehner“ bestellte und der Angeklagte daraufhin gegen Aushändigung von 10 Euro eine bereits abgepackte Konsumeinheit von einem Gramm Marihuana übergab.

5In den Fällen 3 bis 5 verkaufte der Angeklagte dem gesondert verfolgten Ö.  „zwischen Anfang und Mitte August 2015“ jeweils ein Gramm Marihuana zum Preis von je 10 Euro. Diese Verkäufe erfolgten in der Wohnung, da er dem Angeklagten persönlich bekannt war.

6Am wurde in dem Appartement eine Durchsuchung durchgeführt. Gegen 20:15 Uhr hatte sich die Zeugin Si.  , die ihren Namen zunächst nicht nannte, telefonisch an die Polizei gewandt und mitgeteilt, dass sie in dem von ihr bewohnten Haus Beobachtungen gemacht habe, die auf einen dort betriebenen Drogenhandel hindeuteten. Daraufhin begaben sich Beamte der örtlichen Polizeiinspektion zu dem Haus, machten die Zeugin Si.   als Bewohnerin einer Wohnung im Kellergeschoss ausfindig und befragten sie zum Sachverhalt. Die Zeugin teilte mit, dass eine Wohnung im Erdgeschoss vermehrt von Personen aufgesucht werde, die sich dort regelmäßig nur wenige Minuten aufhielten und aus der starker Marihuanageruch dringe. Als sich die Polizeibeamten der von der Zeugin bezeichneten Wohnung näherten, nahmen sie ebenfalls starken Marihuanageruch und die Stimmen mehrerer Personen wahr. Da sie aufgrund dessen und der Angaben der Zeugin Si.   davon ausgingen, dass in der Wohnung mit Betäubungsmitteln Handel getrieben werde, beschlossen sie, diese wegen drohenden Beweismittelverlustes umgehend zu durchsuchen. Auf ihr Klopfen öffnete der Angeklagte die Tür einen Spalt breit und entgegnete in dem Bemühen, die Wohnungstür sofort wieder zu schließen, auf die Frage der Beamten, ob sie die Wohnung betreten dürften, dass dies „gerade schlecht sei“. Nachdem sich die Polizeibeamten durch einen kräftigen Stoß gegen die Tür und das Einstellen eines Fußes in den Türrahmen Zutritt zur Wohnung verschafft hatten, ergab eine erste Umschau, dass kleine Griptütchen mit Marihuana auf dem Couchtisch, den beiden Sitzgelegenheiten und auf dem Fußboden verstreut lagen. Außerdem befand sich auf dem Tisch und auf dem Fußboden jeweils eine Feinwaage. Neben Letzterer waren zwei Plastiktüten mit offensichtlich größeren Mengen Marihuana erkennbar. Daraufhin wurden gegen 20:45 Uhr Beamte des Kriminaldauerdienstes sowie des Rauschgiftdezernats hinzugezogen, die an der weiteren Durchsuchung mitwirkten.

7Der Angeklagte hielt sich zum Durchsuchungszeitpunkt in der Wohnung mit den Zeugen Ö.  und B.   auf. In dem Appartement befanden sich insgesamt 250,49 Gramm Marihuanablüten mit einem Wirkstoffgehalt von 14,4 Prozent, 107,5 Gramm Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 3,19 Prozent sowie 30,17 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 85,9 Prozent (Fall 6), die „zum gewinnbringenden Absatz durch den Angeklagten bestimmt“ waren. Außerdem wurden insgesamt fünf Feinwaagen und „diverse Verpackungsmaterialien (größere Kunststofftüten und Aluminiumfolien mit Marihuanaanhaftungen, zahlreiche Griptütchen, ein schwarzer Metallkoffer)“ aufgefunden und ebenso wie 550 Euro in „szenetypischer Stückelung“ sichergestellt. Ferner war ein Baseballschläger aus Holz rechts neben der Wohnungstür abgestellt. Feststellungen zu den Eigentums- und Besitzverhältnissen und zu den Umständen der Platzierung des Baseballschlägers in der Wohnung vermochte die Strafkammer nicht zu treffen.

82. Die Strafkammer hat beweiswürdigend ausgeführt, „keinen Zweifel daran“ zu haben, „dass es sich bei den aufgefundenen Betäubungsmitteln um einen Vorrat handelt, den der Angeklagte zum gewinnbringenden Verkauf vorrätig gehalten“ habe. Wie sich aus den Aussagen verschiedener Zeugen ergebe, habe der Angeklagte „möglicherweise zusammen oder zumindest parallel mit dem gesondert Verfolgten J.  “ (UA S. 20) jedenfalls seit Mai 2015 aus der Wohnung heraus regelmäßig Betäubungsmittel an Endabnehmer veräußert.

9An einer Verurteilung des Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG hat sich das Landgericht gehindert gesehen, da nicht hinreichend sicher festzustellen gewesen sei, dass der in der Wohnung vorhandene hölzerne Baseballschläger „mit dem Betäubungsmittelhandel des Angeklagten dergestalt in Verbindung“ stehe, dass „dieser ihn zum Einsatz gegen Personen bestimmt“ habe (UA S. 22). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei offengeblieben, wem der Schläger gehöre und wie und wann er in die Wohnung und an den konkreten Aufbewahrungsort gelangt sei. Möglicherweise sei er durch einen der zahlreichen Besucher oder von einem der häufig wechselnden Vormieter zurückgelassen worden. Die bloße Kenntnis des Angeklagten von dessen Vorhandensein, auf die aus der offenen Aufbewahrung geschlossen werden könne, genüge nicht für die Annahme einer Zweckbestimmung zu Angriffs- und/oder Verteidigungszwecken, zumal es sich bei einem Baseballschläger originär um ein Sportgerät handele.

II.

10Das Rechtsmittel des Angeklagten hat mit der Sachrüge weitgehend Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

111. Soweit der Angeklagte wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sechs Fällen – im Fall 6 in nicht geringer Menge – verurteilt worden ist, begegnet die Annahme von sechs rechtlich selbständigen Handlungen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

12a) Beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sämtliche Betätigungen, die sich auf den Vertrieb derselben, in einem Akt erworbenen Betäubungsmittel beziehen, als eine Tat in Bezug auf die Gesamtmenge anzusehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 345/12, NStZ-RR 2013, 46; vom – 4 StR 561/96, NStZ 1997, 192, 193; vom – 4 StR 194/97, StV 1997, 471). Die Beurteilung, ob selbständige Rauschgiftgeschäfte zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen sind, ist zwar in erster Linie Sache des Tatgerichts, dessen Wertung vom Revisionsgericht nur auf Rechtsfehler hin zu überprüfen ist (vgl. ; Beschluss vom – 4 StR 138/97, StV 1997, 470). Dabei ist es nicht geboten, festgestellte Einzelverkäufe zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen, nur weil die nicht näher konkretisierte Möglichkeit besteht, dass sie ganz oder teilweise aus einem Verkaufsvorrat stammen (BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 67/12, NStZ-RR 2012, 279, 280; vom – 4 StR 194/97, aaO). Liegen aber nach den Feststellungen konkrete Anhaltspunkte für eine Bewertungseinheit vor, darf das Tatgericht darüber ohne Erörterung nicht hinweggehen (, aaO; Urteil vom – 4 StR 222/97).

13b) So verhält es sich hier. Denn das Landgericht hat bei der im Urteil nicht erörterten Frage der konkurrenzrechtlichen Beurteilung der Taten ersichtlich allein auf die festgestellten Verkaufsakte abgestellt und Umstände außer Betracht gelassen, die darauf hinweisen, dass diese sich auf den Vertrieb einer Gesamtmenge beziehen.

14Dies gilt zunächst für die Taten 3 bis 6. Denn diese Verkäufe von jeweils einem Gramm Marihuana fanden zu nicht näher feststellbaren Zeitpunkten zwischen Anfang August und der Durchsuchung am statt, nicht ausschließbar also in enger zeitlicher Abfolge kurz vor der Durchsuchung. Angesichts der in der Wohnung sichergestellten Marihuanamengen hätte die Strafkammer in Betracht ziehen müssen, dass die in den Fällen 3 bis 5 erfolgten Verkäufe aus einem Vorrat herrührten, dessen Rest schließlich sichergestellt wurde. Hierauf deuten auch die typischerweise für die Portionierung verwendeten, bei der Durchsuchung ebenfalls sichergestellten Feinwaagen sowie das Verpackungsmaterial hin. Auch das beim Angeklagten aufgefundene Bargeld in „szenetypischer Stückelung“ spricht dafür, dass der Angeklagte im Zeitraum vor der Durchsuchung mehrfach kleine Konsumeinheiten – naheliegend nicht aus einzelnen Ankäufen, sondern aus einer größeren Menge – veräußert hat.

15Auch in den Fällen 1 und 2 veräußerte der Angeklagte jeweils ein Gramm Marihuana, wobei die genauen Tatzeitpunkte im Zeitraum zwischen Anfang Mai und Mitte Juni 2015 nicht feststellbar waren. Bei nicht ausschließbar in kurzem zeitlichem Abstand aufeinanderfolgenden Betäubungsmittelgeschäften läge auch insoweit die Annahme einer Bewertungseinheit aufgrund einer einheitlichen Einkaufsmenge nahe.

16c) Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Schuldsprüche und der Einzelstrafen hinsichtlich der Taten 1 bis 5 und entzieht der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten die Grundlage. Der Aufhebung der Feststellungen zu den Verkaufsakten hinsichtlich dieser Taten bedarf es nicht; sie wurden rechtsfehlerfrei getroffen. Ergänzende Feststellungen, etwa hinsichtlich der Tatzeiten, sind möglich, sofern sie den nicht aufgehobenen Feststellungen nicht widersprechen.

172. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall 6 hält rechtlicher Überprüfung ebenfalls nicht stand.

18a) Zwar muss das Revisionsgericht die Überzeugung des Tatgerichts vom Vorliegen eines Sachverhalts grundsätzlich hinnehmen. Zu prüfen ist aber, ob die tatrichterliche Überzeugung in den Feststellungen und in den sie tragenden Beweiserwägungen eine ausreichende Grundlage findet. Deshalb müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruhen und die vom Tatgericht gezogenen Schlussfolgerungen nicht nur eine Vermutung darstellen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 29/15, StV 2015, 740; vom – 1 StR 378/13, StV 2014, 610; vom – 5 StR 520/01, StV 2002, 235).

19b) Ausgehend hiervon hat das Landgericht seine Überzeugung, dass es sich bei allen in der Wohnung aufgefundenen Betäubungsmitteln um einen Vorrat des Angeklagten handelte, nicht tragfähig begründet.

20Nach den Feststellungen der Strafkammer nutzten sowohl J.    als auch der Angeklagte die durch einen Dritten angemietete Wohnung im Tatzeitraum (ausschließlich) zur Abwicklung von Betäubungsmittelgeschäften. Hierbei handelte der Angeklagte „möglicherweise zusammen oder zumindest parallel mit dem gesondert verfolgten J.   “ (UA S. 20). Mit dieser einerseits für Mittäterschaft an den gesamten Betäubungsmitteln, andererseits für eine neben der des J.    angenommenen Alleintäterschaft des Angeklagten sprechenden Bewertung des Beweisergebnisses durch das Landgericht steht dessen Annahme, bei den in der Wohnung befindlichen Betäubungsmitteln habe es sich insgesamt um einen Vorrat des Angeklagten gehandelt, aber nur bei dessen Allein- oder Mittäterschaft in Einklang. Die Überzeugung, dass der Angeklagte allein- oder mittäterschaftlich mit J.   handelte und damit der gesamte in der Wohnung aufgefundene Vorrat jedenfalls nach § 25 Abs. 2 StGB dem Angeklagten zuzurechnen wäre, hat sich die Strafkammer aber – wie obige Ausführungen belegen – gerade nicht gebildet. Auch die Darlegungen im Urteil zur rechtlichen Würdigung des Verhaltens des Angeklagten erörtern die Frage der Täterschaft nicht. Dem Senat ist eine solche Bewertung - mag sie im Ergebnis auch nicht fernliegen – verwehrt, zumal sich aus dem Urteil außer der Auffindesituation keine Hinweise darauf ergeben, dass der Angeklagte auch in den Handel mit (dem sichergestellten) Kokain verstrickt war, den das Landgericht ihm aber ebenfalls anlastet.

213. Die durch die Strafkammer getroffene Verfall- und Einziehungsentscheidung erweist sich ebenfalls als rechtsfehlerhaft.

22Soweit das Landgericht gegen den Angeklagten den erweiterten Verfall in Höhe von 550 Euro gemäß §§ 73, 73d StGB aF angeordnet hat, hat es unberücksichtigt gelassen, dass seit ihrem Inkrafttreten am die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom (BGBl. I S. 872) unter Berücksichtigung von Art. 316h EGStGB maßgebend sind.

23Zudem begegnet die Einziehungsentscheidung durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn das Landgericht hat die im Tenor unter III. Satz 2 genannten einzuziehenden Gegenstände nicht ausreichend konkret bezeichnet. Nach ständiger Rechtsprechung müssen diese aber im Urteilstenor so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den Vollstreckungsorganen Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 453/16, NStZ 2017, 88; vom – 2 StR 117/17; vom – 1 StR 251/07, wistra 2007, 427, 428). Diesen Anforderungen wird die Einziehungsentscheidung nicht gerecht.

244. Auf die vom Angeklagten erhobene, auf eine Verletzung des § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO gestützte Verfahrensrüge, mit der der Angeklagte sich gegen die Verwertung von Beweismitteln wendet, die im Zusammenhang mit der polizeilichen Durchsuchung der Wohnung am erlangt wurden (Tat 6), kommt es angesichts der zu dieser Tat erfolgreichen Sachrüge des Angeklagten nicht an.

25Der Senat verweist insofern jedoch darauf, dass die Annahme von Gefahr im Verzug angesichts der Urteilsausführungen und der von der Revision vorgetragenen Umstände auf der Hand liegt. Entgegen der Auffassung der Revision liegt auch keine relevante Zäsur darin, dass nach dem Betreten der Wohnung durch Beamte der örtlichen Polizeiinspektion weitere Beamte des Kriminaldauerdienstes und des Rauschgiftdezernats zugezogen wurden, die die Durchsuchungsmaßnahme fortsetzten. Die Beamten waren nicht verpflichtet, hinsichtlich einer rechtmäßig auf Gefahr in Verzug gestützten und noch laufenden Durchsuchung eine richterliche Genehmigung zu erwirken (vgl. , NStZ 2017, 713).

III.

26Die Revision der Staatsanwaltschaft ist rechtswirksam auf den Schuld- und Strafausspruch zu Fall 6 der Urteilsgründe beschränkt. Sie hat Erfolg, womit der Einziehungsentscheidung auch auf das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft die Grundlage entzogen wird. Denn die Beweiswürdigung erweist sich, soweit das Landgericht eine Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verneint hat, auch eingedenk des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. , BGHSt 57, 183, 186; vom – 1 StR 128/16, NStZ 2016, 670, 671; vom – 1 StR 194/16) als rechtsfehlerhaft.

271. Das Tatgericht ist gehalten, sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen, wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen (vgl. , NStZ-RR 2015, 148 mwN). Dabei muss sich aus den Urteilsgründen auch ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (st. Rspr.; , NStZ 2002, 48; vom – 1 StR 354/03, NStZ-RR 2004, 238, 239 mwN).

282. Diesen Anforderungen wird das angegriffene Urteil nicht gerecht.

29a) Eine Bestrafung gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt voraus, dass der Täter bei der Tat eine Schusswaffe oder einen Gegenstand mit sich führt, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist. Diese Zweckbestimmung, die von dem Bewusstsein, den Gegenstand gebrauchsbereit mit sich zu führen, zu unterscheiden ist, braucht nicht im Hinblick auf die konkret beabsichtigte Straftat getroffen worden zu sein, da § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG insoweit keine Verwendungsabsicht erfordert. Ausreichend ist vielmehr, dass die Zweckbestimmung zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Tatbegehung erfolgt ist (BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99; vom – 3 StR 465/97, BGHSt 43, 266, 270; Sost-Scheible, NStZ 1997, 396).

30Vielfach ergibt sich die Zweckbestimmung ohne weiteres aus den äußeren Umständen; hierzu kann die Beschaffenheit des Gegenstandes ebenso zählen wie seine sonstigen Verwendungsmöglichkeiten oder der Ort seiner Aufbewahrung (, NStZ 2011, 98, 99). Kommt bei einem Gebrauchsgegenstand die konkrete Möglichkeit in Betracht, dass ihn der Täter aus anderen Gründen mit sich führt, so ist die Annahme zu begründen, er habe ihn zur Verletzung von Menschen bestimmt (BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 59/10, NStZ 2011, 98, 99; vom – 5 StR 542/13, NStZ 2014, 466, 467). Fehlt dagegen nach den Umständen des Falles ein nachvollziehbarer Grund dafür, dass der Täter einen objektiv gefährlichen Gegenstand griffbereit mit sich führt, liegt die Annahme einer Zweckbestimmung im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG regelmäßig nahe (vgl. , NStZ 2011, 98, 99).

31b) Dies ist hier der Fall.

32Das Landgericht hat – im Ausgangspunkt zutreffend – darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Baseballschläger originär um ein Sportgerät und damit um einen Gebrauchsgegenstand handelt. Im Rahmen der weiteren Würdigung hat es den konkreten Aufbewahrungsort des Schlägers jedoch nicht in die Gesamtabwägung zur Zweckbestimmung einbezogen. Danach lag die Möglichkeit nicht nahe, dass der Baseballschläger aus anderen Gründen als zum Einsatz bei den – in der Regel nur an der Wohnungstür – abgewickelten Betäubungsmittelgeschäften dort griffbereit abgestellt war. Denn nach den Feststellungen diente das spärlich möblierte Appartement nicht dem Wohnen und der damit regelmäßig verbundenen Aufbewahrung von persönlichen Gebrauchsgegenständen, sondern ausschließlich dem Handel mit Betäubungsmitteln.

33Bedenklich ist ferner, dass die Strafkammer das Eigentum an dem Baseballschläger (vgl. dazu ) und die Frage, wie und wann er zurückgelassen wurde, in den Vordergrund ihrer Erwägungen stellt. Womöglich hat sie dabei verkannt, dass § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schon dann erfüllt ist, wenn die Waffe bzw. der Gegenstand lediglich bei einem Teilakt des Handeltreibens – hier etwa bei Verkaufsgesprächen mit dem bei der Durchsuchung anwesenden Ö.  , dessen Besuch nach seiner von der Strafkammer als glaubhaft erachteten polizeilichen Aussage dem Ankauf von Marihuana diente – mitgeführt wurde (vgl. etwa ).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:180718U5STR547.17.0

Fundstelle(n):
DAAAG-94082