Gründe
1. Die minderjährigen Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) verfolgen mit ihrer Klage vor dem Finanzgericht (FG) die Aufhebung eines Duldungsbescheides. Für die Klage vor dem FG haben sie durch Herrn Rechtsanwalt S Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung des Rechtsanwalts S als Prozessbevollmächtigten beantragt, ohne die vom Gericht nach § 62 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) angeforderten Vollmachten der gesetzlichen Vertreter der Antragsteller vorzulegen. Dem Antrag waren beigefügt eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Mutter, Frau A C, vom 14. Oktober 1999, wonach sie keine Einkünfte habe, und eine solche ohne Datum des Vaters der Antragsteller B C, aus der hervorging, dass er arbeitslos sei und Kindergeld in Höhe von 1 040 DM sowie Sozialhilfe in Höhe von 430 DM monatlich bekomme. In der Erklärung gibt er weiter an, das Kindergeld erhalte seine in Italien lebende Ehefrau.
Die Beschwerde ist zulässig (Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom —2.FGOÄndG—, BStBl I 2000, 1757; § 128 Abs. 1 FGO in der bis zum geltenden Fassung —FGO a.F.—, vgl. Art. 6 2.FGOÄndG), aber unbegründet.
Zu Recht hat das FG den Antrag auf Gewährung von PKH abgelehnt, weil die mit Verfügung vom angeforderten Prozessvollmachten der gesetzlichen Vertreter der Antragsteller innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist —schließlich bis zur Zustellung des Ablehnungsbeschlusses vom — nicht vorgelegt worden sind.
Handelt für die Beteiligten im finanzgerichtlichen Verfahren ein Bevollmächtigter (§ 62 FGO), so muss die Bevollmächtigung gemäß § 62 Abs. 3 FGO dem Gericht durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachgewiesen werden. Geschieht dies innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist nicht, hat das Gericht den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 62 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 FGO). Die rechtzeitige Vorlage einer ordnungsgemäßen Prozessvollmacht bei Gericht betrifft die Wirksamkeit der Klageerhebung oder Antragstellung und ist damit positive Sachentscheidungsvoraussetzung bzw. Prozesshandlungsvoraussetzung (vgl. , BFH/NV 1994, 891, und , BFHE 92, 173, BStBl II 1968, 473, für das Beschlussverfahren). Eine Frist zur Vorlage der Vollmacht kann auch einem Rechtsanwalt, der im finanzgerichtlichen Verfahren auftritt, gegenüber gesetzt werden, weil die anders lautende Vorschrift des § 88 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) in diesem Verfahren nicht gilt (, BFH/NV 1989, 590). Wird dem Gericht die Prozessvollmacht nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, so ist die betreffende Prozesshandlung —hier der Antrag auf Bewilligung von PKH— unwirksam.
Hat das Gericht —wie im Streitfall— keine Ausschlussfrist gesetzt, so kann die wirksame Bevollmächtigung als Voraussetzung einer wirksamen Prozesshandlung im Beschwerdeverfahren gegen die Versagung der PKH zwar noch geltend gemacht werden (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1994, 891, 892, zur Vorlage der Prozessvollmacht erst im Revisionsverfahren gegen ein Prozessurteil), wenn die schriftliche Vollmacht zwar erst nach Erlass des ablehnenden Beschlusses eingereicht wird, diese aber bereits vor Erlass ausgestellt worden ist (vgl. auch Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom GmS-OGB 2/83, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 1984, 389; , BFHE 142, 3, BStBl II 1984, 831, m.Anm. in HFR 1985, 23; Spindler in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 62 FGO Rz. 151, 154; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 62 Rz. 61, jeweils zur Vorlage der Prozessvollmacht im Revisionsverfahren gegen ein Prozessurteil). Nach den vorstehenden Grundsätzen, die auch im Beschwerdeverfahren gelten (vgl. BFHE 92, 173, BStBl II 1968, 473), konnte der Bevollmächtigte der Antragsteller die Originalvollmachten grundsätzlich auch noch mit der Beschwerde gegen den die Gewährung von PKH wegen Fehlens einer Prozesshandlungsvoraussetzung ablehnenden Beschluss des FG vorlegen.
Im Streitfall wurde jedoch im Beschwerdeverfahren für die Mutter der Antragsteller eine erst am unterzeichnete Vollmacht vorgelegt, mithin die Bevollmächtigung vor Ergehen des FG-Beschlusses nicht nachgewiesen. Die vom Vater der Antragsteller unterzeichnete Vollmacht datiert zwar vom , einem Zeitpunkt vor Antragstellung, bezieht sich aber offensichtlich noch auf die wegen steuerstrafrechtlicher Ermittlungen gegen Herrn B C eingeleiteten Steuerverfahren, so dass Zweifel bestehen, ob diese bei Antragstellung mehr als zwei Jahre alte Vollmacht —obwohl sie allgemein gefasst und ausdrücklich auf Nebenverfahren ausgedehnt worden ist— auch noch für das hier zu beurteilende, von den ursprünglichen Verfahren unabhängige Verfahren gegen den an die Eltern als gesetzliche Vertreter der minderjährigen Kinder gerichteten Duldungsbescheid Gültigkeit haben kann. Zu berücksichtigen ist dabei, dass Herr B C gegen diesen Bescheid nicht persönlich, sondern als gesetzlicher Vertreter seiner minderjährigen Kinder vorgeht und daher eine Vollmacht in deren Namen hätte erteilen müssen (vgl. dazu , BFH/NV 1996, 823).
Selbst wenn eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung im Hinblick auf das Verfahren gegen den Duldungsbescheid vor dem FG durch den Vater der minderjährigen Antragsteller unterstellt werden könnte, kann die Beschwerde keinen Erfolg haben, weil die von den Eltern der Antragsteller abgegebenen Erklärungen über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse —zum Teil ohne Datum— nicht vollständig und in sich widersprüchlich sind und weil eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller selbst nicht eingereicht worden ist.
Dem Antrag auf Bewilligung von PKH ist zum Nachweis, dass der Beteiligte nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 ZPO), eine —formalisierte— Erklärung des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und entsprechende Belege beizufügen (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 und 4 ZPO). Auf Verlangen des Gerichts hat der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft zu machen (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Geschieht dies nicht oder sind bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von PKH insoweit ab (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
Im Streitfall sind die vorgelegten Erklärungen der Eltern über deren eigene persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zum Teil ohne Datum, nicht vollständig und überdies in sich widersprüchlich, weil die Zuwendung des Kindergeldes an die Ehefrau bzw. dessen Verwendung zum Unterhalt der minderjährigen Kinder nicht eindeutig daraus hervorgeht, entsprechende Belege nicht vorgelegt worden sind und eine eindeutige Erklärung zu den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der minderjährigen Kinder als Antragsteller fehlt. Weder in der Erklärung der Mutter der Kinder noch des Ehemannes, war ausgewiesen, dass, bzw. welcher Elternteil den minderjährigen Kindern den Unterhalt in Geld gewährt. In den dem FG vorgelegten Erklärungen des Vaters und der Mutter war die Zeile D: ”Angehörige, denen Sie Unterhalt gewähren”, durchgestrichen. Aus der erst beim BFH eingereichten Erklärung der Mutter der Kinder (ohne Datum) geht dagegen hervor, dass diese kein Kindergeld erhält, aber den Kindesunterhalt bestreitet, selbst lediglich Naturalunterhalt bezieht, ein Bausparkonto bei der Landesbausparkasse unterhält und dass sie das Konto des Ehemannes nutzt. Eine Erklärung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der minderjährigen Kinder als Antragsteller i.S. des § 117 Abs. 2 ZPO wurde nicht vorgelegt. Danach ist nicht ersichtlich, wer und in welcher Form den Kindern den Unterhalt gewährt und ob die Antragsteller ggf. über eigene Einkünfte, anderweitige Unterhaltszahlungen oder Vermögen verfügen können.
Angesichts der dem FG vorgelegten ungenügenden und unvollständigen Angaben in den Erklärungsvordrucken zur Angabe der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und fehlender Belege zur Glaubhaftmachung wäre es dem FG nicht möglich gewesen, die Höhe der von den Antragstellern für die Rechtsverfolgung einzusetzenden Mittel, bzw. deren Nichtvorhandensein zuverlässig festzustellen. Da die gesetzlichen Vertreter der Antragsteller auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren —trotz Aufforderung durch ein Schreiben der Senatsgeschäftsstelle— und obwohl sachkundig vertreten, keine genauen Angaben zu den bislang widersprüchlichen unvollständigen und teilweise undatierten Erklärungen gemacht haben, keine weiteren Nachweise vorgelegt haben und auch eine Erklärung für die Antragsteller selbst nicht eingereicht wurde, war die PKH insgesamt zu versagen und die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen (vgl. Senatsbeschluss vom VII B 26/95, BFH/NV 1996, 62, und , BFH/NV 1999, 624).
Es bleibt den Antragstellern jedoch unbenommen, unter Vorlage der Originalvollmachten sowie der erforderlichen Erklärungen für die minderjährigen Kinder und der erforderlichen Belege und Erläuterungen zu den bisher vorliegenden Erklärungen der Eltern unter Darlegung neuer Tatsachen hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Rechtsstreits beim FG erneut PKH für das Klageverfahren zu beantragen (vgl. , BFH/NV 1999, 207).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 1268 Nr. 10
GAAAA-67343