IFRS 9 B4.1.4

Anhang B: Anwendungsleitlinien

Einstufung (Kapitel 4)

Einstufung finanzieller Vermögenswerte (Abschnitt 4.1)

Geschäftsmodell, dessen Zielsetzung darin besteht, Vermögenswerte zur Vereinnahmung vertraglicher Zahlungsströme zu halten

B4.1.4

Nachfolgend einige Beispiele, wann die Zielsetzung des Geschäftsmodells eines Unternehmens im Halten finanzieller Vermögenswerte zur Vereinnahmung vertraglicher Zahlungsströme bestehen kann. Diese Liste von Beispielen ist nicht abschließend. Ferner wird mit den Beispielen weder beabsichtigt, auf alle Faktoren, die für die Beurteilung des Geschäftsmodells des Unternehmens relevant sein können, einzugehen noch die relative Wichtigkeit der Faktoren festzulegen.


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Beispiel
Schlussfolgerungen
Beispiel 1
Ein Unternehmen hält Finanzinvestitionen zur Vereinnahmung der damit verbundenen vertraglichen Zahlungsströme. Der Finanzierungsbedarf des Unternehmens ist vorhersehbar und die Fälligkeit seiner finanziellen Vermögenswerte stimmt mit seinem geschätzten Finanzierungsbedarf überein.
Das Unternehmen führt Ausfallrisikosteuerungsaktivitäten durch, mit dem Ziel, Kreditverluste zu minimieren. In der Vergangenheit wurden Verkäufe normalerweise getätigt, wenn sich das Ausfallrisiko der finanziellen Vermögenswerte so stark erhöht hat, dass die Vermögenswerte die in der dokumentierten Anlagepolitik des Unternehmens festgelegten Bonitätskriterien nicht länger erfüllten. Ferner fanden seltene Verkäufe infolge eines unvorhergesehenen Finanzierungsbedarfs statt.
Die Berichte an das Management in Schlüsselpositionen konzentrieren sich auf die Bonität der finanziellen Vermögenswerte und die vertraglichen Rendite. Darüber hinaus überwacht das Unternehmen neben anderen Informationen die beizulegenden Zeitwerte der finanziellen Vermögenswerte.
Obwohl das Unternehmen die beizulegenden Zeitwerte der finanziellen Vermögenswerte neben anderen Informationen unter dem Gesichtspunkt der Liquidität berücksichtigt (d. h. dem Barbetrag, der realisiert würde, wenn das Unternehmen Vermögenswerte verkaufen müsste), besteht die Zielsetzung des Unternehmens im Halten finanzieller Vermögenswerte zur Vereinnahmung der vertraglichen Zahlungsströme. Verkäufe stünden mit dieser Zielsetzung nicht im Widerspruch, wenn sie als Reaktion auf eine Erhöhung des Ausfallrisikos der Vermögenswerte erfolgen würden, beispielsweise wenn die Vermögenswerte die in der dokumentierten Anlagepolitik des Unternehmens festgelegten Bonitätskriterien nicht länger erfüllen. Seltene Verkäufe aufgrund eines nicht vorhergesehenen Finanzierungsbedarfs (z. B. in einem Stress Case-Szenario) stünden mit dieser Zielsetzung ebenfalls nicht im Widerspruch, auch wenn solche Verkäufe einen signifikanten Wert hätten.
Beispiel 2
Das Geschäftsmodell eines Unternehmens sieht den Kauf von Portfolios von finanziellen Vermögenswerten wie Kreditforderungen vor. Diese Portfolios können finanzielle Vermögenswerte mit beeinträchtigter Bonität enthalten oder nicht.
Wird die Kreditzahlung nicht pünktlich geleistet, versucht das Unternehmen, die vertraglichen Zahlungsströme mit verschiedenen Mitteln zu erlangen, beispielsweise durch Kontaktaufnahme mit dem Schuldner per Post, Telefon oder auf andere Weise. Zielsetzung des Unternehmens ist die Vereinnahmung vertraglicher Zahlungsströme und das Unternehmen steuert keine der Kreditforderungen in diesem Portfolio, um Zahlungsströme durch deren Verkauf zu erlangen.
In einigen Fällen schließt das Unternehmen Zinsswaps ab, um den variablen Zinssatz bestimmter finanzieller Vermögenswerte in einem Portfolio in einen festen Zinssatz umzuwandeln.
Die Zielsetzung des Geschäftsmodells des Unternehmens besteht darin, die finanziellen Vermögenswerte zu halten und die vertraglichen Zahlungsströme zu vereinnahmen.
Die gleiche Schlussfolgerung träfe selbst dann zu, wenn das Unternehmen nicht erwartet, sämtliche vertraglichen Zahlungsströme zu vereinnahmen (wenn beispielsweise die Bonität einiger finanzieller Vermögenswerte beim erstmaligen Ansatz beeinträchtigt ist).
Außerdem ändert sich das Geschäftsmodell des Unternehmens nicht allein dadurch, dass das Unternehmen Derivate zur Änderung der Zahlungsströme des Portfolios abschließt.
Beispiel 3
Das Geschäftsmodell eines Unternehmens hat die Zielsetzung, Kredite an Kunden zu vergeben und diese Kredite anschließend an eine Verbriefungsgesellschaft zu verkaufen. Die Verbriefungsgesellschaft emittiert Finanzinstrumente an Anleger.
Das kreditvergebende Unternehmen beherrscht die Verbriefungsgesellschaft und bezieht diese daher in seinen Konsolidierungskreis ein.
Die Verbriefungsgesellschaft vereinnahmt die vertraglichen Zahlungsströme aus den Krediten und gibt sie an die Anleger weiter.
In diesem Beispiel wird angenommen, dass die Kredite weiter in der Konzernbilanz erfasst werden, weil sie von der Verbriefungsgesellschaft nicht ausgebucht werden.
Der Konzern vergab die Kredite mit der Zielsetzung, sie zu halten und die vertraglichen Zahlungsströme zu vereinnahmen.
Beim kreditvergebenden Unternehmen lautet ein Ziel jedoch, durch Verkauf der Kredite an die Verbriefungsgesellschaft Zahlungsströme aus dem Kreditportfolio zu erzielen. In Bezug auf seinen Einzelabschluss würde es daher nicht zutreffen, dass dieses Portfolio zur Vereinnahmung der vertraglichen Zahlungsströme gesteuert wird.
Beispiel 4
Ein Finanzinstitut hält finanzielle Vermögenswerte, um bei einem „Stress Case“-Szenario (wie einem Ansturm auf die Einlagen der Bank) den Liquiditätsbedarf decken zu können. Das Unternehmen rechnet nicht mit dem Verkauf dieser Vermögenswerte, außer in solchen Szenarien.
Das Unternehmen überwacht die Bonität der finanziellen Vermögenswerte und seine Zielsetzung bei deren Steuerung ist die Vereinnahmung der vertraglichen Zahlungsströme. Das Unternehmen bewertet die Wertentwicklung der Vermögenswerte auf Grundlage der vereinnahmten Zinserträge und erlittenen Kreditverluste.
Das Unternehmen überwacht den beizulegenden Zeitwert der finanziellen Vermögenswerte jedoch auch unter dem Gesichtspunkt der Liquidität, um sicherzustellen, dass der Barbetrag, der erzielt würde, wenn das Unternehmen die Vermögenswerte in einem „Stress Case“-Szenario verkaufen müsste, ausreichen würde, um den Liquiditätsbedarf des Unternehmens zu decken. Das Unternehmen tätigt in regelmäßigen Abständen Verkäufe von nicht signifikantem Wert, um Liquidität nachzuweisen.
Die Zielsetzung des Geschäftsmodells des Unternehmens besteht darin, die finanziellen Vermögenswerte zu halten und die vertraglichen Zahlungsströme zu vereinnahmen.
Die Schlussfolgerung würde sich nicht ändern, selbst wenn das Unternehmen während eines vorherigen „Stress Case“-Szenarios Verkäufe von signifikantem Wert getätigt hätte, um seinen Liquiditätsbedarf zu decken. Ebenso stehen wiederkehrende Verkäufe von nicht signifikantem Wert nicht im Widerspruch zum Halten finanzieller Vermögenswerte mit dem Ziel, vertragliche Zahlungsströme zu vereinnahmen.
Wenn ein Unternehmen hingegen finanzielle Vermögenswerte hält, um seinen täglichen Liquiditätsbedarf zu decken, und die Erfüllung dieser Zielsetzung häufige Verkäufe von signifikantem Wert erfordert, besteht die Zielsetzung des Geschäftsmodells des Unternehmens nicht darin, finanzielle Vermögenswerte zu halten, um vertragliche Zahlungsströme zu vereinnahmen.
Ebenfalls nicht auf dieses Ziel ausgerichtet ist das Geschäftsmodell des Unternehmens, wenn das Unternehmen von seiner zuständigen Regulierungsbehörde verpflichtet wird, finanzielle Vermögenswerte zum Nachweis von deren Liquidität regelmäßig zu verkaufen, und der Wert der verkauften Vermögenswerte signifikant ist. Für die Schlussfolgerung ist es nicht relevant, ob eine Dritter den Verkauf der finanziellen Vermögenswerte vorschreibt oder ob dies nach eigenem Ermessen des Unternehmens geschieht.

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QAAAF-87184