BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 2423/14

Nichtannahmebeschluss: Trotz - einfachrechtlicher - Bedenken gegen die von den Fachgerichten im Ausgangsverfahren vorgenommene Auslegung keine Annahme der Verfassungsbeschwerde geboten, wenn die geltend gemachte Verletzung des Verfassungsrechts kein besonderes Gewicht hat und den Beschwerdeführer auch nicht in existentieller Weise betrifft (§ 93a Abs 2 BVerfGG)

Gesetze: § 90 Abs 1 BVerfGG, § 93a Abs 2 Buchst a BVerfGG, § 93a Abs 2 Buchst b BVerfGG, § 2314 Abs 1 S 3 BGB

Instanzenzug: Hanseatisches Az: 2 W 63/14 Beschlussvorgehend Az: 325 O 130/13 Beschluss

Gründe

1 Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die für die Entscheidung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Vorgaben sind geklärt. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 96, 245 <250>; 108, 129 <136>; stRspr).

2 1. Dies wäre nur der Fall, wenn die geltend gemachte Verletzung des Verfassungsrechts besonderes Gewicht hätte oder den Beschwerdeführer in existentieller Weise beträfe. Besonders gewichtig ist eine Grundrechtsverletzung, die auf eine generelle Vernachlässigung von Grundrechten hindeutet oder wegen ihrer Wirkung geeignet ist, den Betroffenen von der Ausübung von Grundrechten abzuhalten. Eine geltend gemachte Verletzung hat außerdem dann besonderes Gewicht, wenn sie auf einer groben Verkennung des durch ein Grundrecht gewährleisteten Schutzes oder einem geradezu leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten Positionen beruht oder rechtsstaatliche Grundsätze krass verletzt. Eine existentielle Betroffenheit kann sich vor allem aus dem Gegenstand der angegriffenen Entscheidung oder seiner aus ihr folgenden Belastung ergeben (vgl. BVerfGE 90, 22 <25>).

3 2. Zwar begegnet die hier vorgenommene Auslegung der Ausgangsgerichte hinsichtlich der Anforderungen an ein notarielles Nachlassverzeichnis insbesondere in Ansehung der hierzu ergangenen Rechtsprechung einfach-rechtlichen Bedenken. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Auskunftspflicht des § 2314 BGB auf die Weitergabe von Wissen gerichtet ist, das der Verpflichtete hat oder sich verschaffen muss ( IVa ZR 151/82 -, BGHZ 89, 24 <28>). Das notarielle Nachlassverzeichnis gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB soll eine größere Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Auskunft bieten als ein privates Verzeichnis, welches der auskunftsverpflichtete Erbe erstellt hat. Dazu ist es erforderlich, dass es von der Amtsperson selbst erstellt wird und diese nicht lediglich die Erläuterungen des Erben protokolliert und beurkundet. Der Notar ist dabei regelmäßig auch zur selbständigen Ermittlung der aufzunehmenden Gegenstände und Forderungen berechtigt und verpflichtet, er muss zudem durch eine Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen, für den Inhalt verantwortlich zu sein (stRspr.; vgl. nur -, juris, Rn.15 m.w.N.). Ein Verzeichnis, das sich inhaltlich lediglich auf die dem Notar seitens des Erben vorgelegte Auflistung beschränkt und nicht eine eigenständige Feststellung des Notars dazu enthält, dass weitere Nachlassgegenstände nicht vorhanden und weitere Verbindlichkeiten nicht festzustellen seien, erfüllt daher die Anforderungen nicht (Saarländisches - u.a., juris, Rn. 13f.). Hier hätte es hinsichtlich der etwaigen Schenkungen insbesondere nahe gelegen, Einsicht in die vollständigen Kontoauszüge und sonstigen Bankunterlagen für den Zehn-Jahres-Zeitraum zu nehmen oder eine Vollmacht des Auskunftsverpflichteten zur entsprechenden Anfrage bei der Bank einzuholen (vgl. -, juris, Rn. 21-28).

4 3. Der Verfassungsbeschwerde fehlt es jedoch am Vorliegen eines Annahmegrundes (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>). Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) zu, denn sie betrifft im Kern Auslegungsfragen des einfachen Rechts. Die angegriffenen Entscheidungen verkürzen zwar im Fall des Beschwerdeführers den Gehalt der Erbrechtsgarantie, weil es ihm als Pflichtteilsberechtigten anhand des erteilten Verzeichnisses nicht möglich ist, etwaige weitere ausgleichspflichtige Ansprüche zu erkennen. Der Rechtsfehler lässt jedoch nicht auf eine generelle Vernachlässigung oder grobe Verkennung des Grundrechts schließen. Auch eine existentielle Betroffenheit des Beschwerdeführers ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

5 Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

6 Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2016:rk20160425.1bvr242314

Fundstelle(n):
ErbBstg 2016 S. 254 Nr. 10
NJW 2016 S. 2943 Nr. 40
RAAAF-75378