Umsatzsteuer | Stromerzeugung mit Photovoltaikanlage durch Kirchengemeinde (FG)
Das FG Niedersachsen hat entschieden, dass die Stromerzeugung mit einer Photovoltaikanlage durch eine Kirchengemeinde auch dann ein Betrieb gewerblicher Art ist, wenn der Jahresumsatz den Betrag von 30.678,- € nicht übersteigt. Das Gericht weicht damit von der Regelung in Abschn. 23 Abs. 4 UStR der UStR ab ().
Hintergrund: Unternehmer ist gem. § 2 Abs. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 2 Abs. 3 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art gewerblich oder beruflich tätig. Gem. § 4 Abs. 1 KStG sind Betriebe gewerblicher Art alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. In der Tatsache, dass der Jahresumsatz 30.678,- € nachhaltig übersteigt, soll nach Ansicht der Finanzverwaltung ein wichtiger Anhaltspunkt dafür zu sehen sein, dass die Tätigkeit von einigem wirtschaftlichen Gewicht ist. Wird ein solcher nachhaltiger Jahresumsatz nicht erreicht, sei ein Betrieb gewerblicher Art nur anzunehmen, wenn hierfür besondere Gründe von der Körperschaft vorgetragen würden. Solche Gründe seien insbesondere gegeben, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts mit ihrer Tätigkeit zu andern Unternehmen unmittelbar in Wettbewerb tritt (A 23 Abs. 4 UStR i.V. mit A 6 Abs. 5 KStR). Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt beim Betrieb einer Photovoltaikanlag durch eine Kirchen jedoch keine Wettbewerbssituation zu anderen Stromanbietern vor, weil der Abnahmepreis, den der Energieversorger zahle, festgeschrieben sei, so dass es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommen könne.
Hierzu führte das Gericht weiter aus: Die Klägerin hat mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage als Unternehmerin einen Betrieb gewerblicher Art unterhalten. Die Unternehmereigenschaft des Betreibers einer Photovoltaikanlage setzt keinen Mindestumsatz voraus (so NWB JAAAD-17978, für den insoweit vergleichbaren Fall eines Blockheizkraftwerks). Die in der Stromerzeugung liegende wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin hebt sich auch hinreichend im Sinne des § 4 Abs. 1 KStG von der Gesamtbetätigung der Klägerin ab. Der eigentliche Zweck der Klägerin als Kirchengemeinde liegt in der Förderung der Religionsausübung und ist von daher ideeller Natur. Damit hat die rein ökonomische Tätigkeit des Verkaufs von elektrischer Energie zur Erzielung von Einnahmen nicht das Geringste gemein. Für die Frage der Abgrenzung des Betriebes gewerblicher Art von der sonstigen Tätigkeit der juristischen Person des öffentlichen Rechts kann nicht vorrangig auf feste Umsatzgrenzen abgestellt werden. Dafür findet sich im Gesetzeswortlaut kein Anhalt. Zudem wäre eine entsprechende Auslegung des § 4 Abs. 1 KStG evident nicht europarechtskonform, weil die Richtlinienbestimmung in Art. 13 Abs. 1 MwStSytRL allein solche Umsätze aus der unternehmerischen Tätigkeit ausgrenzt, die die juristische Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der Ausübung öffentlicher Gewalt ausübt.
Anmerkung: Das Gericht hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, weil es mit seiner Entscheidung von den Umsatzsteuerrichtlinien abweicht. Ein Aktenzeichen des BFH liegt noch nicht vor.
Quelle: FG Niedersachsen online
Fundstelle(n):
EAAAF-14770