Online-Nachricht - Mittwoch, 19.08.2009

Umsatzsteuer | Steuerbefreiung für Umsätze als Untervermittler (BFH)

Der BFH hat entschieden, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit als Versicherungsvertreter nach § 4 Nr. 11 UStG 1999 auch dann erfüllt sind, wenn ein Unternehmer dem Versicherungsvertreter am Abschluss von Versicherungen interessierte Kunden benennt und bei Abschluss des Versicherungsvertrages mit dem benannten Kunden eine sog. "Zuführungsprovision" erhält (; veröffentlicht am ).


Sachverhalt: Im Streitfall hatte die Klägerin im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit häufig Kontakt mit Kunden, die an einem speziellen Versicherungsmodell interessiert waren. Solche Interessenten benannte sie einem selbständigen Versicherungsmakler und erhielt vereinbarungsgemäß bei Abschluss der Versicherung mit einem der benannten Kunden eine sog. Zuführungsprovision in Höhe von 80% der Provision des Versicherungsmaklers. Finanzamt und Finanzgericht waren der Auffassung, dies reiche für die Bejahung der Steuerbefreiung nicht aus, weil die Klägerin lediglich einen Ausschnitt aus der Tätigkeit eines Versicherungsvertreters erbracht habe und über die Akquisition von Kunden hinaus weder Vertragsabschlüsse vorbereitet noch bei der Erfüllung oder Verwaltung von Versicherungsverträgen mitgewirkt habe. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg.

Hierzu führte der BFH weiter aus: Die Steuerfreiheit für die Tätigkeit als Versicherungsvertreter nach § 4 Nr. 11 UStG 1999 setzt voraus, dass die Leistungen des Unternehmers die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlung erfüllen, nämlich die am Abschluss der Versicherung interessierten Personen zusammen zu führen. Dies ist der Fall, wenn ein Unternehmer einem Versicherungsmakler am Abschluss eines Versicherungsvertrages potentiell interessierte Personen nachweist und hierfür eine sog. „Zuführungsprovision“ erhält. Für die erforderliche Verbindung zwischen dem Versicherungsvermittler und den Vertragsparteien genügt eine mittelbare Verbindung über einen anderen Steuerpflichtigen - hier den Versicherungsmakler -, der selbst in unmittelbarer Verbindung zu einer dieser Parteien steht.

Anmerkung der NWB-Redaktion: Die Anerkennung der steuerfreien Vermittlungstätigkeit im Streitfall ist Folge des - durch den EuGH entwickelten und durch den BFH fortgeführten - Verständnisses, dass entscheidend ist, ob der Leistende für seine Vergütung primär Kontakte zu Personen hergestellt hat, die am Abschluss von Versicherungsverträgen interessiert sein könnten. Geschäftsbeziehungen zum Versicherer oder Versicherten müssen nicht bestehen. Zitat aus er Urteilsbegründung: „Dies folgt aus dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität, wonach die Wirtschaftsteilnehmer befugt sind, das Organisationsmodell zu wählen, das ihren wirtschaftlichen Bedürfnissen am ehesten entspricht, ohne Gefahr zu laufen, eine Steuerbefreiung zu verlieren.“


Nicht steuerfrei sind hingegen Leistungen, die keinen spezifischen und wesentlichen Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften aufweisen, sondern allenfalls dazu dienen, als Subunternehmer den Versicherer bei den ihm selbst obliegenden Aufgaben zu unterstützen, ohne Vertragsbeziehungen zu den Versicherten zu unterhalten, wie z.B. bei der Festsetzung und Auszahlung der Provisionen der Versicherungsvertreter, das Halten der Kontakte mit diesen und die Weitergabe von Informationen an die Versicherungsvertreter (zu sog. "Backoffice"-Tätigkeiten). Demgemäß sind nicht steuerfrei die Tätigkeit eines Schadensabwicklers, der sich mit Schadensmeldungen, Kundenanfragen, der Regulierung von Schäden und Begutachtung vor Ort befasst, die Tätigkeit eines Werbeagenten, der Kundendaten zur Vorbereitung eines Versicherungsabschlusses erhebt oder eines "Overhead-Handelsvertreters", der Betreuungs-, Schulungs- und Überwachungsleistungen erbringt.

Quelle: BFH online

 

Fundstelle(n):
NWB JAAAF-12982