Einkommensteuer | § 35a EStG bei Inanspruchnahme des Behinderten-Pauschbetrags (BFH)
Nimmt der Steuerpflichtige den Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG in Anspruch, so ist eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 5 Satz 1 EStG ausgeschlossen, soweit die Aufwendungen mit dem Behinderten-Pauschbetrag abgegolten sind (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: § 35a Abs. 5 Satz 1 1. Halbsatz EStG schließt die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung aus, soweit Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden sind.
Sachverhalt: Die 1929 geborene Klägerin ist behindert. Sie erfüllt die Voraussetzungen für die Gewährung eines Behindertenpauschbetrags i.H. von 720 € nach § 33b Abs. 1-3 EStG. Im Streitjahr hatte sie ein Appartement in einem Seniorenheim angemietet. In dem gemäß Wohnstiftsvertrag regelmäßig zu zahlenden monatlichen Entgelt waren nach einer Bescheinigung auch Kosten für Leistungen i.S. des § 35a EStG enthalten. Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen nach § 35a EStG. Den daneben geltend gemachten Behindertenpauschbetrag gewährte das Finanzamt unter Bezugnahme auf das nicht. Es wies darauf hin, dass der Ansatz der Pflegeaufwendungen nach § 35a EStG günstiger sei und daher der Behindertenpauschbetrag von Amtswegen außer Acht gelassen worden sei. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz teilweise Erfolg. Der BFH dagegen hob das Urteil auf und wies die Klage ab.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
Im Streitfall kann eine Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 2 EStG für die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für Pflegeleistungen nicht gewährt werden Diese Aufwendungen sind bereits durch die Inanspruchnahme des Behinderten-Pauschbetrags nach § 33b Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.
Nimmt ein Steuerpflichtiger den Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG in Anspruch, der ohne Einzelnachweis und ohne Ansatz einer zumutbaren Belastung gewährt wird, so ist die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 5 Satz 1 EStG ausgeschlossen, soweit die Aufwendungen mit dem Behinderten-Pauschbetrag abgegolten sind.
Aufgrund der Abgeltungswirkung sind entgegen der Auffassung des FG der ersten Instanz ( NWB AAAAE-07360) Aufwendungen nicht nur in dem Umfang, in dem sie sich steuerlich ausgewirkt haben, sondern soweit die Abgeltungswirkung des § 33b EStG reicht und damit vollumfänglich i.S. des § 35a Abs. 5 Satz 1 1. Halbsatz EStG berücksichtigt.
Über den Behinderten-Pauschbetrag hinausgehende (abgegoltene) behinderungsbedingte Aufwendungen können deshalb nicht noch nach § 35a EStG berücksichtigt werden.
Anmerkung: Der Steuerpflichtige hat ein Wahlrecht, seine behinderungsbedingten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abzuziehen oder den Behindertenpauschbetrag nach § 33b EStG geltend zu machen. Wählt er den Behindertenpauschbetrag, sind nach § 35a Abs. 5 Satz 1 EStG und dem nun ergangenen Urteil des BFH alle durch den Pauschbetrag abgegoltenen - also auch die den Pauschbetrag übersteigenden - Aufwendungen von einer Berücksichtigung als pflegebedingte Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG ausgeschlossen. Wählt der Steuerpflichtige jedoch den Abzug seiner pflegebedingten Aufwendungen nach § 33 EStG, sollen nach dem NWB GAAAE-52391 (BStBl 2014 I S. 75) und der beiläufig geäußerten Auffassung im Streitfall die wegen Ansatzes der zumutbaren Belastung nicht berücksichtigten Aufwendungen nach § 35a EStG zu berücksichtigen sein (a. A. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG Anm. 14 m. w. N.). Dies erscheint widersprüchlich. Einmal sollen die den Pauschbetrag übersteigenden pflegebedingten Aufwendungen nicht mehr nach § 35a EStG zu berücksichtigen sein, zum anderen wird diese Rechtsfolge bei der Abzugsbeschränkung durch die zumutbare Belastung nicht beachtet. Gegen diese Begünstigung wird der Steuerpflichtige kaum etwas einzuwenden haben. Er wird sich jedoch über die steuerlichen Auswirkungen dieses dreifachen Wahlrechts Klarheit verschaffen müssen.
Quelle: NWB Datenbank
Fundstelle(n):
GAAAF-12059