BMF - IV A 3 – S 0062/08/10007-15 BStBl 2013 I S. 118

Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)

Bezug:

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Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Anwendungserlass zur Abgabenordnung vom (BStBl 2008 I S. 26), der zuletzt durch das (BStBl 2012 I S. 850) geändert worden ist, mit sofortiger Wirkung wie folgt geändert:

  1. In Nummer 3 der Regelung zu § 31b werden die Angaben „§ 17 GWG” durch die Angaben „§ 17 GwG” ersetzt.

  2. Nach Nummer 3 der Regelung zu § 34 wird folgende Nummer 4 angefügt:

    4.

    „Wegen der steuerlichen Pflichten des Insolvenzverwalters und des „starken” vorläufigen Insolvenzverwalters, wenn dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt worden ist (§ 22 Abs. 1 InsO), siehe zu Nr. 1. Wegen der verfahrensrechtlichen Stellung des Insolvenzverwalters siehe im Übrigen zu § 251, Nr. 4.2.”

  3. In Nummer 2.3 der Regelung zu § 37 wird die Angabe „vgl. (BStBl 2012 I S. 149)” durch die Angabe „vgl. (BStBl 2013 I S. 70)”ersetzt.

  4. In Nummer 10 der Regelung zu § 68 wird Satz 4 durch folgende neue Sätze ersetzt:

    „Da eine besondere Einschränkung fehlt, ist auch eine umfangreiche Tätigkeit so lange unschädlich, als die allgemein durch das Gesetz gezogenen Grenzen nicht überschritten werden. Die jährliche Organisation einer Tombola durch eine Mittelbeschaffungskörperschaft ist im Rahmen der Gesamtbetrachtung selbst dann als steuerbegünstigter Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 6 zu beurteilen, wenn die Körperschaft die Mittel überwiegend aus der Ausrichtung der Tombola erzielt.”

  5. Nummer 1 der Regelung zu § 74 wird wie folgt gefasst:

    1. „Der Eigentümer der Gegenstände haftet persönlich, aber beschränkt auf die dem Unternehmen zur Verfügung gestellten Gegenstände. Das Haftungsobjekt ist dabei nicht auf den (im Zeitpunkt der Haftungsinanspruchnahme noch) im Eigentum des Beteiligten stehenden Gegenstand beschränkt, sondern umfasst auch ein dafür ggf. erhaltenes Surrogat (Veräußerungserlös, Schadenersatz, Tauschgegenstand o. Ä.), wenn der Gegenstand im Zeitraum der Steuerschuldentstehung dem Unternehmen gedient hat (vgl. BStBl 2012 II, S. 223). Gegenstand der Haftung können auch immaterielle Wirtschaftsgüter sein, wenn in dieses Vermögen vollstreckt werden kann (BStBl 2012 II, S. 763).

      Zur Haftung, wenn der Gegenstand nicht im Eigentum des Haftenden, sondern im Eigentum einer Gesellschaft steht, an der der Haftende beteiligt ist, siehe BStBl 1984 II, S. 127 (GbR) und BStBl 2012 II, S. 763 (KG).”

  6. Die Regelung zu § 117 wird wie folgt geändert

    1. In Nummer 2 Buchstabe c wird die Angabe „EG-Beitreibungsgesetz” durch die Angabe „EU-Beitreibungsgesetz” ersetzt.

    2. Die Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

      3.

      „Wegen der Voraussetzungen und der Durchführung der zwischenstaatlichen Amtshilfe wird auf folgende Merkblätter verwiesen:

      • Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen ( BStBl 2012 I, S. 599);

      • Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe bei der Steuererhebung (Beitreibung) ( BStBl 2012 I, S. 244).”

  7. Die Regelung zu § 122 wird wie folgt geändert:

    1. Die Nummer 2.5.5 wird wie folgt geändert:

      aa)

      Buchstabe d) wird wie folgt gefasst:

      d)

      „über das Vermögen der Gesellschaft, aber nicht ihrer Gesellschafter, das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (siehe zu § 251, Nr. 4.4);”

      bb)

      Im letzten Absatz wird die Angabe „a), c) und e)” durch die Angabe „a), c), d) und e)” ersetzt.

    2. Die Nummern 2.9 und 2.10 werden wie folgt gefasst:

      2.9

      „Wegen der Bekanntgabe von Verwaltungsakten in Insolvenzfällen siehe zu § 251, Nrn. 4.3, 4.4, 6.1, 13.2 und 15.1.

      2.10

      Wegen der Bekanntgabe von Verwaltungsakten im Verbraucherinsolvenzverfahren siehe zu § 251, Nrn. 12.2 und 12.3.”

    3. In Satz 4 der Nummer 3.1.4.1 wird das Wort „Slowenien” gestrichen.

  8. Die Regelung zu § 129 wird wie folgt gefasst:

    „Zu § 129 – Offenbare Unrichtigkeit beim Erlass eines Verwaltungsakts:

    1. Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten i. S. d. § 129 sind mechanische Versehen, wie beispielsweise Eingabe- oder Übertragungsfehler. Eine offenbare Unrichtigkeit kann daher auch vorliegen, wenn der Sachbearbeiter den Eingabewertbogen falsch ausfüllt oder Daten versehentlich nicht oder falsch in ein Computerprogramm eingibt.

      Ein mechanisches Versehen wird ferner angenommen, wenn der Sachbearbeiter es versehentlich unterlassen hat, die für die Veranlagung eines Jahres vorliegenden Unterlagen auszuwerten, die ihm vom Steuerpflichtigen unterjährig übersandt wurden (vgl. BStBl 2009 II, S. 946). Gleiches gilt für das Übersehen einer für den Veranlagungszeitraum einschlägigen Kontrollmitteilung, eines relevanten Grundlagenbescheides (vgl. dazu auch zu § 175, Nr. 1.2 2. Tiret) oder von Punkten eines Betriebsprüfungsberichts bzw. dessen widersprüchliche oder gar unterlassene Auswertung (vgl. u.a. BFH/NV 2004, S. 605).

    2. Keine offenbaren Unrichtigkeiten i. S. v. § 129 sind Fehler bei der Auslegung oder (Nicht-) Anwendung einer Rechtsnorm, unrichtige Tatsachenwürdigung, die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts oder Fehlers, die auf mangelnder Sachaufklärung bzw. der Nichtbeachtung feststehender Tatsachen beruhen. Eine Berichtigung nach § 129 ist ausgeschlossen, wenn auch nur die ernsthafte und nicht nur theoretische Möglichkeit besteht, dass ein derartiger Fehler vorliegt.

    3. Ein Fehler ist dann „offenbar” i. S. d. § 129, wenn er auf der Hand liegt, durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist, d.h. sich für einen unvoreingenommenen Dritten ohne weiteres aus der Steuererklärung, deren Anlagen sowie den in den Akten befindlichen Unterlagen für das betreffende Veranlagungsjahr ergibt (vgl. BStBl 2009 II, S. 946). In den objektivierten Erkenntnishorizont des Dritten sind daneben regelmäßig aber auch im konkreten Fall einschlägige interne Arbeits- und Dienstanweisungen einzubeziehen (vgl. u. a. BStBl 2013 II, S. 5). Es kommt nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige die Unrichtigkeit anhand des Bescheids und der ihm vorliegenden Unterlagen erkennen konnte.

    4. Die offenbare Unrichtigkeit muss beim Erlass des Verwaltungsakts unterlaufen sein. Daher können nur Fehler berichtigt werden, die der Finanzbehörde unterlaufen sind. Eine offenbare Unrichtigkeit kann aber auch dann vorliegen, wenn das Finanzamt eine in der Steuererklärung oder dieser beigefügten Anlagen enthaltene offenbare, d.h. für das Finanzamt erkennbare Unrichtigkeit als eigene übernimmt.

      Sind dem Steuerpflichtigen bei Erstellung seiner Steuererklärung Fehler (insbesondere Schreib- oder Rechenfehler) unterlaufen und hat er demzufolge dem Finanzamt bestimmte Tatsachen nicht oder mit einem unzutreffenden Wert mitgeteilt, kann der Steuerbescheid nicht nach § 129 berichtigt werden, da das Finanzamt den Fehler nicht erkennen und diesen sich somit auch nicht zu eigen machen konnte. Allerdings kommt bei steuerermäßigenden Tatsachen eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 in Betracht, wenn den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der zutreffenden Tatsachen trifft (vgl. zu § 173, Nr. 5) und diese Tatsachen auch bei Erlass des ursprünglichen Steuerbescheids rechtserheblich waren (vgl. zu § 173, Nr. 3). Dafür, dass die ursprüngliche Nichterklärung auf einem mechanischen Versehen beruht, trägt der Steuerpflichtige die Beweislast (vgl. zu § 173, Nr. 5.1 und 5.1.3). Die Form der Steuererklärung ist hierbei unerheblich (vgl. zu § 173, Nr. 5.6).

    5. Bei einer Berichtigung nach § 129 können im Wege pflichtgemäßer Ermessensausübung unter sinngemäßer Anwendung des § 177 materielle Fehler korrigiert werden (BStBl 1989 II, S. 531).

    6. Die Berichtigung zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen ist

      • bei Steuerfestsetzungen und Zinsbescheiden nur innerhalb der Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 1 Satz 2),

      • bei Aufteilungsbescheiden nur bis zur Beendigung der Vollstreckung (§ 280),

      • bei Verwaltungsakten, die sich auf Zahlungsansprüche richten, bis zum Ablauf der Zahlungsverjährung (§ 228),

      • bei anderen Verwaltungsakten zeitlich unbeschränkt

      zulässig. Auf die besondere Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 2 wird hingewiesen.

    7. Zur Korrektur von Haftungs- und Duldungsbescheiden vgl. zu § 191. Zur Anfechtungsbeschränkung vgl. zu § 351, Nr. 3.”

  9. Die Regelung zu § 140 wird wie folgt gefasst:

    „Durch die Vorschrift werden die sog. außersteuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungsvorschriften, die auch für die Besteuerung von Bedeutung sind, für das Steuerrecht nutzbar gemacht. In Betracht kommen einmal die allgemeinen Buchführungs- und Aufzeichnungsvorschriften des Handels-, Gesellschafts- und Genossenschaftsrechts. Zum anderen fallen hierunter die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten für bestimmte Betriebe und Berufe, die sich aus einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen ergeben. Auch ausländische Rechtsnormen können eine Buchführungspflicht nach § 140 begründen (Rz. 3 des BStBl 2011 I, S. 530). Verstöße gegen außersteuerliche Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten stehen den Verstößen gegen steuerrechtliche Buchführungs- und Aufzeichnungsvorschriften gleich. Hinweis auf § 162 Abs. 2 (Schätzung), § 379 Abs. 1 (Steuergefährdung). Aufzeichnungspflichten, die für den Gesamthaushalt einer juristischen Person des öffentlichen Rechts bestehen (Doppik), führen nicht zu einer Verpflichtung zur Buchführung für einzelne Betriebe gewerblicher Art ( BStBl 2013 I, S. 59).”

  10. Die Regelung zu § 141 wird wie folgt geändert:

    1. Der erste Absatz der Nummer 1 wird wie folgt gefasst:

      „Die Vorschrift findet nur Anwendung, wenn sich nicht bereits eine Buchführungspflicht nach § 140 ergibt. Wird von dem Wahlrecht nach § 241a HGB Gebrauch gemacht, kann dennoch eine Buchführungspflicht nach § 141 bestehen. Unter die Vorschrift fallen gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte, nicht jedoch Freiberufler. Gewerbliche Unternehmer sind solche Unternehmer, die einen Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 Abs. 2 oder 3 EStG bzw. des § 2 Abs. 2 oder 3 GewStG ausüben.”

    2. Die Nummer 3 wird wie folgt geändert:

      aa)

      Am Ende von Satz 3 wird folgendes Zitat eingefügt:

      „(BStBl 2010 II, S. 219)”

      bb)

      Nach Satz 4 wird folgender neuer Satz 5 eingefügt:

      „Bei einem Dauerverlustbetrieb einer juristischen Person des öffentlichen Rechts führt allein das Überschreiten der Umsatzgrenze nach § 141 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 nicht zu einer Buchführungspflicht, wenn dieser mangels Gewinnerzielungsabsicht kein gewerbliches Unternehmen darstellt ( BStBl 2012 I, S. 184).”

      cc)

      Die bisherigen Sätze 5 und 6 werden die neuen Sätze 6 und 7.

  11. Der Regelung zu § 144 wird folgender Satz angefügt:

    „Bei Verstoß gegen die Aufzeichnungspflichten nach § 144 kann eine Ordnungswidrigkeit nach § 379 Abs. 2 Nr. 1a vorliegen.”

  12. Die Regelung zu § 146 wird wie folgt geändert:

    1. Nach Nummer 2 wird folgende neue Nummer 3 eingefügt:

      3

      „Die Festsetzung eines Verzögerungsgelds gemäß § 146 Abs. 2b in Zusammenhang mit Mitwirkungsverstößen im Rahmen von Außenprüfungen ist nicht auf Fälle beschränkt, bei denen die elektronische Buchführung im Ausland geführt und/oder aufbewahrt wird. Eine mehrfache Festsetzung eines Verzögerungsgelds wegen fortdauernder Nichtvorlage derselben Unterlagen ist jedoch nicht zulässig (BStBl 2011 II, S. 855 und BFH/NV S. 1833). Wird die Verpflichtung nach Festsetzung des Verzögerungsgeldes erfüllt, so ist der Vollzug nicht einzustellen.”

    2. Die bisherige Nummer 3 wird die neue Nummer 4 und die Worte „Disketten, elektro optische Speicherplatten, CD ROM” werden durch die Worte „CD, DVD, Blu-ray-Disk, Flash-Speicher” ersetzt.

    3. Nach der neuen Nummer 4 wird folgende neue Nummer 5 angefügt:

      5

      „Es ist Aufgabe des Steuerpflichtigen selbst, seine vorzulegenden Daten so zu organisieren, dass bei einer zulässigen Einsichtnahme in die steuerlich relevanten Datenbestände keine gesetzlich geschützten Bereiche tangiert werden können, zum Beispiel bei Rechtsanwälten, Steuerberatern, Ärzten usw.”

  13. Die Regelung zu § 147 wird wie folgt geändert:

    1. In Nummer 3 werden das Wort „Disketten” durch die Wörter „CD, DVD, Blu-ray-Disk, Flash-Speicher” ersetzt.

    2. Nach Nummer 4 wird folgende neue Nummer 5 angefügt:

      5

      „Zur Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften vgl. (BStBl 2010 I, S. 1342)”.

  14. Folgende Regelung zu $ 147 a wird neu aufgenommen:

    „Zu § 147a – Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen:

    Kapitalerträge, die nach § 32d Abs. 1 EStG mit einem besonderen Steuersatz besteuert wurden und der abgeltenden Wirkung nach § 43 Abs. 5 EStG unterlegen haben, sind nicht in die Ermittlung der Summe der positiven Überschusseinkünfte im Sinne des § 147a AO einzubeziehen. Im Zusammenhang mit diesen Kapitalerträgen stehende Aufzeichnungen und Unterlagen über Einnahmen und Werbungskosten sind nicht nach § 147a aufbewahrungspflichtig.”

  15. Im letzten Satz der Regelung zu § 150 wird die Angabe „vgl. BStBl 2011 I, S. 247.” durch die Angabe „vgl. BStBl 2012 I, S. 522.”

  16. Die Regelung zu § 158 wird wie folgt gefasst:

    „Die Vorschrift enthält eine gesetzliche Vermutung. Sie verliert ihre Wirksamkeit mit der Folge der Schätzungsnotwendigkeit nach § 162, wenn es nach Verprobung usw. unwahrscheinlich ist, dass das ausgewiesene Ergebnis mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmt. Für die formelle Ordnungsmäßigkeit der Buchführung ist das Gesamtbild aller Umstände im Einzelfall maßgebend. Eine Buchführung kann trotz einzelner Mängel nach den §§ 140 bis 148 AO aufgrund der Gesamtwertung als formell ordnungsmäßig erscheinen. Insoweit kommt der sachlichen Gewichtung der Mängel ausschlaggebende Bedeutung zu. Eine Buchführung ist erst dann formell ordnungswidrig, wenn sie wesentliche Mängel aufweist oder die Gesamtheit aller (unwesentlichen) Mängel diesen Schluss fordert ( m. w. N.). Werden digitale Unterlagen bei Bargeschäften nicht entsprechend dem BStBl 2010 I, S. 1342 aufbewahrt, kann dies ein schwerwiegender formeller Mangel der Ordnungsmäßigkeit sein. Die gesetzliche Vermutung der Richtigkeit der Kassenbuchführung erfordert, dass ein schlüssiger Nachweis hinsichtlich der Unveränderbarkeit der Einzelbuchungen und deren Zusammenführung bei der Erstellung steuerlicher Abschlüsse geführt werden kann. Das Buchführungsergebnis ist nicht zu übernehmen, soweit die Beanstandungen reichen. Eine Vollschätzung an Stelle einer Zuschätzung kommt nur dann in Betracht, wenn sich die Buchführung in wesentlichen Teilen als unbrauchbar erweist.”

  17. Der zweite Absatz der Nummer 3 der Regelung zu § 170 wird wie folgt gefasst:

    „Ist der Steuerpflichtige berechtigt aber nicht verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben, wie z. B. bei der Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG, greift die Anlaufhemmung nach § 170 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 nicht (BStBl 2011 II, S. 746). Die Anlaufhemmung greift auch dann nicht, wenn eine behördliche Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung dem Steuerpflichtigen erst nach dem Ablauf der Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 zugeht oder eine Pflichtveranlagung begründende Steuererklärung erst nach dem Ablauf der Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 abgegeben wird (BStBl 2012 II, S. 711).”

  18. Die Nummer 3 der Regelung zu § 171 wird wie folgt neu gefasst:

    3

    Ablaufhemmung wegen Beginn einer Außenprüfung (§ 171 Abs. 4)

    3.1

    Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird durch den Beginn einer Außenprüfung (vgl. zu § 198, Nrn. 1 und 2) hinausgeschoben (§ 171 Abs. 4). Die Ablaufhemmung tritt nicht ein, wenn eine zugrunde liegende Prüfungsanordnung unwirksam ist (BStBl 1988 II, S. 165, und BFH/NV 1993 S. 279).

    3.2

    Eine Außenprüfung hemmt den Ablauf der Festsetzungsfrist nur für Steuern, auf die sich die Prüfungsanordnung erstreckt (BStBl 1991 II, S. 824, BStBl 1996 II, S. 338). Wird die Außenprüfung später auf bisher nicht einbezogene Steuern ausgedehnt, ist die Ablaufhemmung nur wirksam, soweit vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Prüfungsanordnung erlassen (vgl. zu § 196, Nr. 5) und mit der Außenprüfung auch insoweit ernsthaft begonnen wird (BStBl 1994 II, S. 377).

    3.3

    Bei einem Antrag des Steuerpflichtigen auf Verschiebung des Prüfungsbeginns (§ 197 Absatz 2) wird der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Absatz 4 Satz 1 2. Alternative nur gehemmt, wenn dieser Antrag für die Verschiebung ursächlich war. Wird der Beginn der Außenprüfung nicht maßgeblich aufgrund eines Antrags des Steuerpflichtigen, sondern aufgrund eigener Belange der Finanzbehörde bzw. aus innerhalb deren Sphäre liegenden Gründen hinausgeschoben, läuft die Festsetzungsfrist ungeachtet des Antrags ab.

    3.3.1

    Bei einem vom Steuerpflichtigen gestellten Antrag auf zeitlich befristetes Hinausschieben des Beginns der Außenprüfung entfällt die Ablaufhemmung nach § 171 Absatz 4 Satz 1 2. Alternative rückwirkend, wenn die Finanzbehörde nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags mit der Prüfung beginnt (vgl. BStBl 2011 II, S. 7).

    Die Ablaufhemmung entfällt dagegen nicht, wenn der Steuerpflichtige einen unbefristeten bzw. zeitlich unbestimmten Antrag gestellt hat, also bspw. beantragt hat wegen einer noch andauernden Vor-Betriebsprüfung zunächst deren Abschluss abzuwarten.

    3.3.2

    Enthält der Antrag des Steuerpflichtigen auf Verschiebung des Prüfungsbeginns keine zeitlichen Vorgaben (Antrag auf unbefristetes Hinausschieben), endet die Festsetzungsfrist mit Ablauf von zwei Jahren nach dem der Hinderungsgrund beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis hat, sofern nicht zuvor mit der Prüfung begonnen wurde (vgl. BStBl 2012 II, S. 400).

    3.4

    Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird auch gehemmt, wenn der Steuerpflichtige die Prüfungsanordnung angefochten hat und deren Vollziehung ausgesetzt wurde (vgl. BStBl 1989 II, S. 483, und BStBl 1999 II, S. 4). Dies gilt unabhängig von der Dauer der Aussetzung der Vollziehung.

    3.5

    Ermittlungen i. S. d. § 171 Abs. 4 Satz 3 sind nur diejenigen Maßnahmen eines Betriebsprüfers, die auf eine Überprüfung der Besteuerungsgrundlagen gerichtet sind. Die Zusammenstellung des Prüfungsergebnisses im Prüfungsbericht stellt keine den Ablauf der Festsetzungsfrist hinausschiebende Ermittlungshandlung dar (BStBl 2010 II, S. 4).”

  19. In Nummer 6 der Regelung zu § 177 wird die Angabe „vgl. zu § 129, Nr. 2” durch die Angabe „vgl. zu § 129, Nr. 5” ersetzt.

  20. Im letzten Satz der Nummer 3 der Regelung zu § 180 wird die Angabe „vgl. BStBl 1995 I, S. 371.” durch die Angabe „vgl. BStBl 2012 I, S. 686.”

  21. Die Regelung zu § 193 wird wie folgt geändert:

    1. Das Klammerzitat in Satz 2 der Nummer 2 wird wie folgt gefasst:

      „(BStBl 1988 II, S. 113, BStBl 2002 II, S. 4BStBl 2007 II, S. 227)”

    2. Der Nummer 4 werden folgende Sätze angefügt:

      „Eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 ist bei Steuerpflichtigen i. S. d. § 147a für das Jahr, in dem die in § 147a Satz 1 bestimmte Grenze von 500.000 € überschritten ist und für die fünf darauf folgenden Jahre der Aufbewahrungspflicht zulässig. Hat nur ein Ehegatte die Grenze von 500.000 € überschritten, ist nur bei diesem eine Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 zulässig. Beim anderen Ehegatten kann ggf. eine Außenprüfung auf § 193 Abs. 2 Nr. 2 gestützt werden.”

    3. Die Nummer 5 wird wie folgt geändert:

      aa)

      In Satz 1 wird nach dem Wort Privatpersonen ein Komma eingefügt und die Wörter „mit mehreren Bediensteten” durch die Wörter „die Arbeitnehmer beschäftigt haben” ersetzt.

      bb)

      Dem Satz 3 wird nach den Wörtern „Überschusseinkünften zur Anwendung kommen” folgender Klammerzusatz angefügt:

      „(sofern nicht bereits ein Fall des § 193 Abs. 1 vorliegt)”

    4. Im letzten Satz der Nummer 6 wird die Angabe „ BStBl 2002 I, S. 1447” durch die Angabe „Abschnitt 27b. 1 Abs. 9 UStAE” ersetzt.

  22. Die Regelung zu § 194 wird wie folgt geändert:

    1. Im letzten Satz der Nummer 6 wird der Punkt entfernt und folgende Sätze angefügt:

      „oder wenn das zu prüfende Bankgeschäft Auffälligkeiten aufweist, die es aus dem Kreis der alltäglichen und banküblichen Geschäfte hervorheben oder eine für Steuerhinterziehung besonders anfällige Art der Geschäftsabwicklung erkennen lassen, wenn also eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der Entdeckung unbekannter Steuerfälle besteht (BStBl 2009 II, S. 509). Vgl. Ausführungen zu § 30a, Nr. 1. Die Finanzverwaltung darf sämtliche nicht legitimationsgeprüften Konten prüfen, selbst wenn diese Kenntnisse über nicht anonymisierte Gegenbuchungen zu Geschäftsvorfällen auf legitimationsgeprüften Kundenkonten i. S. d. § 154 Abs. 2 vermitteln ( BFH/NV 2011 S. 193–194 und BFH/NV S. 1226).”

    2. In der Nummer 7 wird die Angabe „ BStBl 1999 I, S. 228” durch die Angabe „ BStBl 2012 I, S. 599” ersetzt.

    3. Nach der Nummer 7 wird folgende neue Nummer 8 angefügt:

      8

      Wird beabsichtigt im Rahmen der Außenprüfung eines Berufsgeheimnisträgers Kontrollmitteilungen (§ 194 Abs. 3) zu fertigen, ist der Steuerpflichtige hierüber rechtzeitig vorher zu informieren (BStBl 2009 II, S. 579).”

  23. Nach dem letzten Satz der Regelung zu § 195 werden folgende Sätze angefügt:

    „Ändert sich die Zuständigkeit nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung ist die Außenprüfung auf der Grundlage der bereits ergangenen Prüfungsanordnung vom neu zuständigen Finanzamt fortzuführen. Die Prüfungsanordnung ist nicht aufzuheben, sondern durch Benennung des Namens des neuen Betriebsprüfers zu ergänzen. Unter den Voraussetzungen des § 26 kann die Außenprüfung von dem bisher zuständigen Finanzamt fortgeführt werden. Die nach § 195 Satz 2 beauftragte Behörde hat über den Einspruch gegen eine von ihr erlassene Prüfungsanordnung zu entscheiden (BStBl 2009 II, S. 507).”

  24. Die Regelung zu § 196 wird wie folgt geändert:

    1. Die Nummer 1 wird wie folgt geändert:

      aa)

      Nach Satz 2 wird folgender neuer Satz 3 eingefügt:

      „Gegen die Bestimmung des Betriebsprüfers ist grundsätzlich kein Rechtsbehelf gegeben ( BFH/NV S. 1401).”

      bb)

      Die alten Sätze 3 bis 5 werden die neuen Sätze 4 bis 6.

    2. Nach der Nummer 5 wird folgende neue Nummer 6 angefügt:

      6

      „Nehmen Außenprüfer an steuerstraf- oder bußgeldrechtlichen Ermittlungen der Steuerfahndung teil, ist insoweit keine Prüfungsanordnung nach § 196 zu erlassen (vgl. Nr. 125 AStBV (St)).”

  25. Die Regelung zu § 197 wird wie folgt geändert:

    1. Die Nummer 5.1 wird wie folgt gefasst:

      5.1

      „Personenhandelsgesellschaften

      Vgl. zu § 122, Nr. 2.4.1.1. Dies gilt auch für die Bekanntgabe von Prüfungsanordnungen an Personenhandelsgesellschaften bei gesonderter und einheitlicher Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Es ist nicht erforderlich, der Prüfungsanordnung eine Anlage beizufügen, in der die Feststellungsbeteiligten aufgeführt sind.”

    2. Nach der Nummer 5.2.2 wird folgende neue Nummer 5.2.3 eingefügt:

      5.2.3

      Nichtrechtsfähige Personenvereinigungen mit Überschusseinkünften i. Z. m. gesonderten Feststellungen für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach § 151 BewG

      Bei gesonderten Feststellungen für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer kann auch die nichtrechtsfähige Personenvereinigung mit Überschusseinkünften selbst Inhaltsadressat der Prüfungsanordnung sein.

      Zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ist nach § 156 BewG eine Außenprüfung bei den Beteiligten i. S. d.§ 154 Abs. 1 BewG zulässig. Die Beteiligtenstellung einer Personenvereinigung kann daraus folgen, dass sie zur Abgabe einer Feststellungserklärung aufgefordert wurde (§ 154 Abs. 1 Nr. 2 BewG). Der Anteil am Wert der in § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BewG genannten Vermögensgegenstände und Schulden, die mehreren Personen zustehen, ist gesondert festzustellen. Die Aufforderung zur Abgabe einer Feststellungserklärung richtet sich gemäß § 153 Abs. 2 BewG an die Personenvereinigung selbst, die dadurch Beteiligte wird. Sie ist dann als Prüfungssubjekt auch Inhaltsadressat der entsprechenden Prüfungsanordnung.

      Eine Prüfung zur gesonderten Feststellung nach § 156 BewG kann auch in Kombination mit einer auf § 193 gestützten Prüfung erfolgen. Eine ausschließlich auf § 156 BewG gestützte Außenprüfung darf sich jedoch nur auf die Feststellungen erstrecken, die für die Erbschaft-/Schenkungsteuer oder eine andere Feststellung im Sinne des § 151 Abs. 1 BewG maßgeblich sind. Das hat zur Folge, dass im Rahmen der Betriebsprüfung nur die sachliche Richtigkeit und Vollständigkeit der festgestellten Besteuerungsgrundlagen ermittelt bzw. überprüft werden dürfen.”

    3. Nummer 7 wird wie folgt gefasst:

      7

      „Soweit die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf einen Insolvenzverwalter oder einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen ist (siehe zu § 251, Nrn. 3.1 und 4.2), ist dieser Bekanntgabeadressat (Nr. 2.2).”

  26. Im Satz 4 der Nummer 1 der Regelung zu 198 wird in das Klammerzitat nach der Angabe „BStBl 2009 II, S. 377” die Angabe „und BFH/NV S. 958–961” eingefügt.

  27. Die Regelung zu § 200 wird wie folgt geändert:

    1. Die Sätze 4 bis 6 der Nummer 1 werden durch folgende Sätze ersetzt:

      „Bei Auslandssachverhalten trägt der Steuerpflichtige eine erhöhte Mitwirkungspflicht (BStBl 1987 II, S. 487). Im Falle von Verzögerungen durch den Steuerpflichtigen oder der von ihm benannten Auskunftspersonen soll nach den Umständen des Einzelfalls von der Möglichkeit der Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln (§ 328), der Festsetzung von Verzögerungsgeld (§ 146 Abs. 2b) oder der Schätzung (§ 162) Gebrauch gemacht werden. Im Rahmen von Geschäftsbeziehungen zwischen nahe stehenden Personen sind die Regelungen der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung und der Verwaltungsgrundsätze-Verfahren ( BStBl 2005 I, S. 570) zu beachten. Kreditinstitute sind verpflichtet, dem Außenprüfer Angaben zur Identität der Bankkunden zu machen. Das bankseitige Ausblenden eindeutiger Ordnungsmerkmale der Bankkunden im Hinblick auf § 30a ist nicht zulässig.”

    2. Die Nummer 2 wird wie folgt geändert:

      aa)

      Nach Satz 2 wird folgender neuer Satz 3 eingefügt:

      „Ob ein geeigneter Geschäftsraum vorhanden ist, richtet sich nach der objektiven Beschaffenheit der Räume, den betriebsüblichen Verhältnissen sowie arbeitsrechtlichen Grundsätzen.”

      bb)

      Die alten Sätze 3 bis 5 werden die neuen Sätze 4 bis 6.

  28. Die Regelung zu § 201 wird wie folgt geändert:

    1. Am Ende der Nummer 2 wird folgender Satz angefügt:

      „Reicht der Steuerpflichtige nach Zusendung des Betriebsprüfungsberichts eine -ausdrücklich vorbehaltene – Stellungnahme und Unterlagen ein, die zu einem Wiedereintritt in Ermittlungshandlungen führen, erfolgt dies noch im Rahmen der Außenprüfung (BStBl 2010 II, S. 4).”

    2. In der Nummer 6 wird die Angabe „vgl. Nr. 114 Abs. 2 der Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer) – AStBV (St)” durch die Angabe „vgl. Nr. 131 Abs. 2 AStBV (St)” ersetzt.

  29. Die Regelung zu § 220 wird wie folgt gefasst:

    1. Die bisherige Regelung wir die neue Nummer 1

    2. Folgende Nummer 2 wird angefügt:

      2

      „Zur Fälligkeit von Insolvenzforderungen siehe zu § 251, Nr. 5.1.”

  30. Nach den Beispielen der Nummer 5 der Regelung zu § 234 wird folgender Absatz eingefügt:

    „In Insolvenzverfahren endet der Zinslauf spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, da zu diesem Zeitpunkt die gestundete Steuerforderung fällig wird (§ 41 Abs. 1 InsO). Eine bereits erfolgte Festsetzung von Stundungszinsen ist ggf. zu korrigieren.”

  31. Folgende Regelung zu § 251 wird neu aufgenommen:

    „Zu § 251- Insolvenzverfahren

    Tabelle in neuem Fenster öffnen

    Inhaltsverzeichnis

    1.
    Allgemeines
    2.
    Voraussetzung für die Eröffnung des Verfahrens
    2.1
    Eröffnungsgründe
    2.1.1
    Zahlungsunfähigkeit
    2.1.2
    drohende Zahlungsunfähigkeit
    2.1.3
    Überschuldung
    2.2
    Eröffnungsantrag
    2.3
    Rechtsmittel
    3.
    Insolvenzeröffnungsverfahren
    3.1
    Sicherungsmaßnahmen
    3.2
    Besonderheiten bei beantragter Eigenverwaltung
    4.
    Eröffnung des Verfahrens
    4.1
    Wirkung der Eröffnung des Verfahrens
    4.1.1
    Allgemeines
    4.1.2
    Unterbrechungswirkung (analog § 240 ZPO)
    4.1.3
    Auswirkungen auf bei Insolvenzeröffnung anhängige Rechtsbehelfsverfahren und Anträge auf Aussetzung der Vollziehung
    4.1.4
    Auswirkungen auf Stundung und Vollstreckungsaufschub
    4.1.5
    Wirkungen auf Verfahren gegen Dritte
    4.2
    Stellung und steuerliche Pflichten des Insolvenzverwalters
    4.3
    Verwaltungsakte im Insolvenzverfahren
    4.3.1
    Vor Insolvenzeröffnung begründete Ansprüche
    4.3.2
    Nach Insolvenzeröffnung begründete Ansprüche
    4.3.3
    Beispiele für Bescheiderläuterungen bei Bekanntgabe an den Insolvenzverwalter
    4.4
    Besonderheiten bei der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
    4.4.1
    Personengesellschaften
    4.4.1.1
    Insolvenz der Personengesellschaft
    4.4.1.2
    Insolvenz eines (oder mehrerer) Gesellschafters der Personengesellschaft
    4.4.2
    Sonstige Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen
    4.5
    Auskunftsrechte des Insolvenzverwalters gegenüber dem Finanzamt
    5.
    Insolvenzforderungen
    5.1
    Begriff
    5.2
    Geltendmachung von Insolvenzforderungen
    5.3
    Insolvenzforderungen im Prüfungstermin; Auswirkungen auf das Besteuerungsverfahren
    5.3.1
    Vom Insolvenzverwalter oder einem Gläubiger bestrittene Forderungen
    5.3.1.1
    Nicht titulierte Forderungen
    5.3.1.2
    Titulierte Forderungen
    5.3.1.2.1
    Nicht bestandskräftiger und nicht angefochtener Steuerbescheid
    5.3.1.2.2
    Angefochtener Steuerbescheid
    5.3.1.2.3
    Bestandskräftiger Steuerbescheid
    5.3.2
    Vom Schuldner bestrittene Forderungen
    5.3.3
    Nicht bestrittene Forderungen
    5.3.4
    Wirkung der Feststellung zur Tabelle
    5.3.5
    Feststellungsbescheid gem. § 251 Abs. 3 AO
    5.3.6
    Änderung von zur Insolvenztabelle festgestellten Steuerforderungen
    6.
    Sonstige Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO)
    6.1
    Begründung von sonstigen Masseverbindlichkeiten
    6.2
    Durchsetzung von sonstigen Masseverbindlichkeiten
    7.
    Insolvenzfreies Vermögen
    8.
    Aufrechnung im Insolvenzverfahren
    9.
    Verteilung der Steuerforderungen und -erstattungsansprüche auf die insolvenzrechtlichen Vermögensbereiche
    9.1
    Einkommensteuer
    9.1.1
    Einzelveranlagung
    9.1.2
    Zusammenveranlagung
    9.1.3
    Berücksichtigung von Verlustvor- und rückträgen
    9.1.4
    Einkommensteuererstattungen
    9.2
    Umsatzsteuer
    10.
    Befriedigung der Insolvenzgläubiger
    11.
    Insolvenzplan
    12.
    Verbraucherinsolvenz nach § 304 ff. InsO
    12.1
    Außergerichtlicher Einigungsversuch
    12.2
    Schuldenbereinigungsverfahren
    12.3
    Vereinfachtes Insolvenzverfahren
    13.
    Eigenverwaltung
    13.1
    Vorbereitung einer Sanierung nach § 270b InsO
    13.2
    Eröffnung des Insolvenzverfahrens
    14.
    Vorgehensweise nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens
    15.
    Restschuldbefreiung
    15.1
    Laufzeit der Abtretungserklärung
    15.2
    Erteilung der Restschuldbefreiung

    1. Allgemeines

    Ist über das Vermögen eines Steuerpflichtigen (Schuldner) das Insolvenzverfahren eröffnet worden, können die Finanzbehörden ihre Ansprüche während der Dauer des Verfahrens nur nach den Vorschriften der Insolvenzordnung geltend machen (§ 251 Abs. 2 Satz 1).

    Die Vorschriften der Abschnitte 57 bis 64 der Vollstreckungsanweisung (VollstrA) sind anzuwenden.

    2. Voraussetzung für die Eröffnung des Verfahrens

    2.1 Eröffnungsgründe

    Nach § 16 InsO sind Gründe für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens

    Die gleichen Eröffnungsgründe gelten auch in Nachlassinsolvenzverfahren (§ 320 InsO).

    2.1.1 Zahlungsunfähigkeit

    Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Sie ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 InsO). Leistet der Schuldner noch einzelne Zahlungen, bleiben aber nicht unwesentliche Verbindlichkeiten unerfüllt, ändert dies grundsätzlich nichts an der Zahlungsunfähigkeit ( DB S. 2383).

    Zahlungsunfähigkeit ist weiterhin regelmäßig anzunehmen, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, binnen drei Wochen 90 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten auszugleichen ( NJW S. 3062).

    2.1.2 Drohende Zahlungsunfähigkeit

    Bei Eigenanträgen des Schuldners ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund (§ 18 Abs. 1 InsO). Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (§ 18 Abs. 2 InsO).

    2.1.3 Überschuldung

    Bei juristischen Personen, Personengesellschaften ohne eine persönlich haftende natürliche Person ist daneben die Überschuldung ein eigenständiger Eröffnungsgrund (§ 19 InsO). Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich (§ 19 Abs. 2 Satz 1 InsO). Eine Ausnahme gilt in den Fällen des § 19 Abs. 3 Satz 2 InsO.

    2.2 Eröffnungsantrag

    Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind sowohl die Gläubiger als auch der Schuldner (§ 13 Abs. 1 Satz 2 InsO). Den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann außer bei drohender Zahlungsunfähigkeit jeder Gläubiger stellen, der ein rechtliches Interesse an der Eröffnung hat und seinen Anspruch sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft macht (§ 14 Abs. 1 InsO). Das rechtliche Interesse eines Gläubigers fehlt beispielsweise dann, wenn er aufgrund eines Aussonderungsrechts innerhalb wie außerhalb des Verfahrens in gleicher Weise Befriedigung erlangen kann.

    Bei vollstreckbaren Rückständen ist die Finanzbehörde im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung gehalten, bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes einen Insolvenzantrag zu stellen.

    Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 und 3 InsO wird ein Insolvenzantrag nicht alleine dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird. Dies gilt allerdings nur, wenn in einem Zeitraum von zwei Jahren vor der Insolvenzantragstellung schon einmal ein Insolvenzantrag gestellt wurde. Sind der Finanzbehörde entsprechende Voranträge – auch von dritter Seite – bekannt, hat sie bei ihrer Antragstellung darauf hinzuweisen.

    2.3 Rechtsbehelfe

    Die Stellung eines Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners durch die Finanzbehörde ist kein Verwaltungsakt, sondern stellt schlichtes hoheitliches Handeln dar, dessen Überprüfung dem Finanzgericht und nicht dem Insolvenzgericht obliegt (vgl. BFH/NV S. 2105). Dem Steuerpflichtigen stehen als Rechtsbehelfe hiergegen die allgemeine Leistungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO) bzw. im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 114 FGO) zu (vgl. BFH/NV S. 2104).

    Über den Insolvenzantrag selbst entscheidet das Insolvenzgericht. Gegen eine ablehnende Entscheidung des Insolvenzgerichts über den Insolvenzantrag steht dem antragstellenden Gläubiger das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu (§ 34 Abs. 1 InsO). Die Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Insolvenzgericht einzulegen (§§ 4 und 6 InsO, § 569 ZPO). Die Frist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung (§ 6 Abs. 2 InsO). Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde gegeben, soweit sie zugelassen ist (§ 574 ZPO). Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses über die sofortige Beschwerde bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen (§ 575 ZPO).

    3. Insolvenzeröffnungsverfahren

    3.1 Sicherungsmaßnahmen

    Die häufigste Sicherungsmaßnahme ist neben dem Vollstreckungsverbot die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung gem. § 21 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 22 InsO. Wird diese Anordnung mit dem Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO verbunden, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Schuldnervermögen auf den vorläufigen Insolvenzverwalter über. Aufgrund seiner umfassenden Befugnisse wird dieser als „starker” vorläufiger Insolvenzverwalter bezeichnet. Im Besteuerungsverfahren hat der „starke” vorläufige Insolvenzverwalter die gleiche Stellung (§ 34 Abs. 3) wie der Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren (siehe Nr. 4.2). Die vom „starken” vorläufigen Insolvenzverwalter begründeten Verbindlichkeiten gelten nach Verfahrenseröffnung als Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 Abs. 2 InsO (siehe Nr. 6.1). Für hierauf bezogene Verwaltungsakte ist er im Insolvenzeröffnungsverfahren Bekanntgabeadressat (siehe Nr. 4.3.2).

    Soweit das Gericht vom Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots absieht und die Rechte des vorläufigen Insolvenzverwalters individuell bestimmt, handelt es sich um einen sog. „schwachen” vorläufigen Insolvenzverwalter. Dieser ist nicht Vermögensverwalter im Sinne des § 34 Abs. 3; daher obliegen die steuerlichen Pflichten, insbesondere die Steuererklärungspflicht, weiterhin dem Schuldner. Steuerbescheide sind daher an den Schuldner zu richten und diesem bekannt zu geben, soweit kein Empfangsbevollmächtigter bestellt ist.

    Der „schwache” vorläufige Insolvenzverwalter kann in der Regel keine Masseverbindlichkeiten begründen (vgl. DB S. 2011). Aufgrund der Regelung des § 55 Abs. 4 InsO gelten jedoch Steuerverbindlichkeiten des Schuldners, die vom vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters begründet werden, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten. Zu Einzelheiten der Anwendung des § 55 Abs. 4 InsO siehe BStBl I, S. 120.

    Aus der Bestellung eines Gutachters durch das Insolvenzgericht ergeben sich keine Auswirkungen auf das Besteuerungsverfahren des Schuldners.

    3.2 Besonderheiten bei beantragter Eigenverwaltung

    Zu der Möglichkeit der Vorbereitung einer Sanierung nach § 270b InsO siehe Nr. 13.1.

    4. Eröffnung des Verfahrens

    4.1 Wirkung der Eröffnung des Verfahrens

    4.1.1 Allgemeines

    Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Schuldner die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen (§ 80 Abs. 1 InsO). Die Verwaltungs- und Verfügungsrechte werden durch den Insolvenzverwalter ausgeübt (§ 34 Abs. 3).

    Die Insolvenzmasse erfasst das gesamte Vermögen einschließlich der Geschäftsbücher (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO), das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (sog. Neuerwerb, § 35 InsO). Nicht zur Insolvenzmasse gehören die unpfändbaren Gegenstände im Sinne des § 36 InsO und das Vermögen aus einer nach § 35 Abs. 2 InsO freigegebenen Tätigkeit (sog. insolvenzfreies Vermögen, siehe Nr. 7).

    Die Eröffnung des Verfahrens hat weiter die Wirkung, dass alle im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung erlangten Sicherungsrechte ihre Wirksamkeit verlieren (§ 88 InsO). Im vereinfachten Insolvenzverfahren (Verbraucherinsolvenzverfahren, siehe Nr. 12) verlängert sich die Frist nach § 312 Abs. 1 Satz 3 InsO auf drei Monate, wenn das Verfahren auf Antrag des Schuldners eröffnet wird.

    Mit der Eröffnung des Verfahrens können bis zu diesem Zeitpunkt begründete Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (Insolvenzforderungen, siehe Nr. 5.1) nur noch nach Maßgabe der InsO geltend gemacht werden. Dies gilt auch für Ansprüche, auf die steuerliche Verfahrensvorschriften entsprechend anzuwenden sind (z. B. Rückforderung von Investitionszulage).

    4.1.2 Unterbrechungswirkung (analog § 240 ZPO)

    Das Steuerfestsetzungsverfahren, das Rechtsbehelfsverfahren und der Lauf der Rechtsbehelfsfristen werden, soweit sie die Insolvenzmasse betreffen und abstrakt dazu geeignet sind, sich auf zur Tabelle anzumeldende Steuerforderungen auszuwirken, analog zu § 240 ZPO unterbrochen (vgl. BStBl 2005, II S. 246).

    Eine Verfahrensunterbrechung tritt nicht ein, wenn keine Forderungen gegenüber der Insolvenzmasse für Zeiträume vor Insolvenzeröffnung geltend zu machen sind (z. B. im Falle einer Erstattung für die Masse; BStBl 2010 II, S. 11).

    Zur Unterbrechungswirkung bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen siehe Nr. 4.4.

    Die Ermittlungsrechte und -pflichten der Finanzbehörde (§ 88) und die Mitwirkungspflichten des Schuldners, des vorläufigen Insolvenzverwalters und des Insolvenzverwalters (§ 34 Abs. 3) bleiben von der Unterbrechungswirkung unberührt. Die Pflicht zur handels- und steuerrechtlichen Rechnungslegung ergibt sich aus § 155 InsO.

    4.1.3 Auswirkungen auf bei Insolvenzeröffnung anhängige Rechtsbehelfsverfahren und Anträge auf Aussetzung der Vollziehung

    Wird während eines anhängigen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird das Rechtsbehelfsverfahren grundsätzlich unterbrochen, soweit es die Insolvenzmasse betrifft (Nr. 4.1). Die Unterbrechung endet, wenn das Rechtsbehelfsverfahren nach den für das Insolvenzrecht geltenden Vorschriften aufgenommen (siehe hierzu Nr. 5.3.1.2.2) oder das Insolvenzverfahren beendet wird.

    Ein noch nicht beschiedener Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 361 AO bzw. § 69 FGO wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig (vgl. BStBl 1975 II, S. 208). Eine gewährte Aussetzung der Vollziehung erledigt sich mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (siehe § 124 Abs. 2 AO i. V. m. § 41 Abs. 1 InsO). Die Beträge sind zur Tabelle anzumelden (siehe Nr. 5.2).

    4.1.4 Auswirkungen auf Stundung und Vollstreckungsaufschub

    Noch nicht beschiedene Anträge auf Stundung und Vollstreckungsaufschub werden durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig. Gewährte Stundungen oder Vollstreckungsaufschübe erledigen sich mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (siehe § 124 Abs. 2 i. V. m. § 41 Abs. 1 InsO). Die Beträge sind zur Tabelle anzumelden (siehe Nr. 5.2).

    4.1.5 Wirkungen auf Verfahren gegen Dritte

    Verfahren gegen Dritte, die sich nicht in Insolvenz befinden, bleiben grundsätzlich von den Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unberührt. Dies gilt z. B. für das Besteuerungsverfahren des nichtinsolventen Ehegatten des Schuldners, für das Besteuerungsverfahren der nichtinsolventen Gesellschafter einer Personengesellschaft und für Haftungsverfahren gegen GmbH-Geschäftsführer.

    4.2 Stellung und steuerliche Pflichten des Insolvenzverwalters

    Der Insolvenzverwalter hat als Vermögensverwalter (§ 34 Abs. 3) die steuerlichen Pflichten des Schuldners zu erfüllen. Er ist daher u.a. gem. § 149 Abs. 1 i. V. m. den Einzelsteuergesetzen verpflichtet, Steuererklärungen für den Schuldner abzugeben. Die Steuererklärungspflicht besteht sowohl für Besteuerungszeiträume nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als auch für Besteuerungszeiträume vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, soweit der Schuldner noch keine Steuererklärungen abgegeben hat.

    Der Insolvenzverwalter hat die steuerlichen Pflichten des Schuldners jedoch nur insoweit zu erfüllen, als seine Verfügungsbefugnis reicht. Soweit Besteuerungsgrundlagen den insolvenzfreien Bereich betreffen, insbesondere Umsätze bzw. Einkünfte aus dem nach § 35 Abs. 2 InsO freigegebenen oder pfändungsfreien Vermögen, ist daher nicht der Insolvenzverwalter, sondern der Schuldner zur Erklärung verpflichtet, z. B. zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen für das freigegebene Unternehmen. Entsprechendes gilt für die Erklärung zu Besteuerungsgrundlagen, die den mit dem Schuldner zusammenveranlagten Ehegatten betreffen.

    Für die Steuererklärungspflicht des Insolvenzverwalters ist es i. d. R. unerheblich, ob die Insolvenzmasse über ausreichende Mittel verfügt, um diese Erklärungen durch einen Dritten erstellen zu lassen (BStBl 1995 II, S. 194). Soweit der Insolvenzverwalter verpflichtet ist, Steuererklärungen einschließlich Steueranmeldungen abzugeben, und er dieser Verpflichtung nicht nachkommt, sind Zwangsmaßnahmen (§§ 328, 329) gegen ihn zulässig. In massearmen Verfahren kann jedoch regelmäßig von der Anwendung von Zwangsmitteln abgesehen werden; die Besteuerungsgrundlagen sind dann zu schätzen.

    Erkennt der Insolvenzverwalter während des Verfahrens, dass der Schuldner für die Zeit vor Insolvenzeröffnung unrichtige oder unvollständige Erklärungen abgegeben hat und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist, ist er nach § 153 Abs. 1 verpflichtet, die unrichtigen oder unvollständigen Steuererklärungen zu berichtigen oder zu vervollständigen.

    Die Steuererklärungspflicht des Insolvenzverwalters endet grundsätzlich mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Soweit Steuererklärungen vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter abzugeben waren, besteht diese Verpflichtung über diesen Zeitpunkt hinaus fort, soweit der frühere Insolvenzverwalter dieser Verpflichtung noch tatsächlich nachkommen kann (§§ 34, 36).

    Für Zeiträume nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens obliegen die steuerlichen Pflichten dem Schuldner.

    4.3 Verwaltungsakte im Insolvenzverfahren

    4.3.1 Vor Insolvenzeröffnung begründete Ansprüche

    Während des Insolvenzverfahrens dürfen hinsichtlich Insolvenzforderungen grundsätzlich keine Bescheide über die Festsetzung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis und keine Bescheide, die Besteuerungsgrundlagen feststellen oder Steuermessbeträge festsetzen, welche die Höhe der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Steuerforderungen beeinflussen können, erlassen werden. Ein gleichwohl erlassener Steuerbescheid über einen Steueranspruch, der eine Insolvenzforderung betrifft, ist unwirksam (BStBl 2003 II, S. 630).

    Bescheide, die einen Erstattungsanspruch zugunsten der Insolvenzmasse festsetzen, oder Festsetzungen von Steuermessbeträgen, die sich für den Schuldner vorteilhaft auswirken, können ergehen. Beispielsweise ist das Finanzamt berechtigt, Umsatzsteuerbescheide zu erlassen, in denen eine negative Umsatzsteuer für einen Besteuerungszeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt wird, sofern sich daraus keine Zahllast ergibt (BStBl 2010 II, S. 11).

    Steuerfestsetzungen i. H. v. 0 € können ebenfalls durchgeführt werden, da sich hieraus keine vollstreckbaren Ansprüche ergeben und somit die Schutzbestimmungen der §§ 87, 89, 174 InsO nicht berührt sind ( BFH/NV 2009 S. 719).

    Weiterhin können folgende Verwaltungsakte ergehen:

    • Verwaltungsakte nach § 251 Abs. 3 (ggf. neben einer Bekanntgabe an den widersprechenden Gläubiger, § 179 Abs. 1 InsO),

    • Gewerbesteuermessbetragsbescheide (§ 184) und Zerlegungsbescheide (§ 188) nach einem Widerspruch gegen die Anmeldung von Gewerbesteuerforderungen zur Insolvenztabelle durch die erhebungsberechtigte Körperschaft (BStBl 1998 II, S. 428),

    • Bescheide, die Besteuerungsgrundlagen feststellen, die eine vom Insolvenzverwalter im Prüfungstermin bestrittene Steuerforderung betreffen (BStBl 2003 II, S. 779; zu Feststellungsbescheiden siehe auch Nr. 4.4).

    Für diese Verwaltungsakte ist Bekanntgabeadressat (siehe Nr. 1.4 des AEAO zu § 122) der Insolvenzverwalter.

    In Fällen der Eigenverwaltung (siehe Nr. 13) ist der Schuldner Bekanntgabeadressat.

    Zu Verbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 und 4 InsO siehe Nr. 3.1.

    4.3.2 Nach Insolvenzeröffnung begründete Ansprüche

    Verwaltungsakte, die die Insolvenzmasse betreffen, dürfen erlassen werden.

    Bekanntgabeadressat aller die Insolvenzmasse betreffenden Verwaltungsakte ist der Insolvenzverwalter. Dies gilt insbesondere für die Bekanntgabe von

    • Steuerbescheiden oder Steuermessbetragsbescheiden wegen Steueransprüchen, die nach der Verfahrenseröffnung begründet und damit sonstige Masseverbindlichkeiten sind,

    • Verwaltungsakten nach § 218 Abs. 2,

    • Steuerbescheiden wegen Steueransprüchen, die aufgrund einer neuen beruflichen oder gewerblichen, nicht vom Insolvenzverwalter freigegebenen Tätigkeit des Schuldners begründet sind (sog. Neuerwerb, § 35 InsO).

    Verwaltungsakte, die das insolvenzfreie Vermögen betreffen, sind an den Schuldner zu richten und diesem bekannt zu geben.

    4.3.3 Beispiele für Bescheiderläuterungen bei Bekanntgabe an den Insolvenzverwalter:

    „Der Bescheid ergeht an Sie als Verwalter/vorläufiger Verwalter im Insolvenzverfahren/Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners ….”

    Die Erläuterung ist, soweit erforderlich, zur Klarstellung zu ergänzen:

    „Die Steuerfestsetzung betrifft die Festsetzung der Umsatzsteuer als sonstige Masseverbindlichkeit.”

    „Die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags dient der erhebungsberechtigten Körperschaft als Grundlage zur Fortführung des weiteren Verfahrens aufgrund des Widerspruchs gegen die Anmeldung der Gewerbesteuerforderung zur Tabelle.”

    4.4 Besonderheiten bei der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

    4.4.1 Personengesellschaften

    4.4.1.1 Insolvenz der Personengesellschaft

    Das Insolvenzverfahren einer Personengesellschaft umfasst nur das Gesamthandsvermögens, nicht jedoch das persönliche Vermögen der Gesellschafter oder das Sonderbetriebsvermögen einzelner Gesellschafter.

    Zivilrechtlich wird die Personengesellschaft durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst (§ 728 Abs. 1 BGB, § 131 Abs. 1 Nr. 3, § 161 Abs. 2 HGB). Steuerrechtlich besteht sie zunächst fort (siehe zu § 122, Nr. 2.7.1).

    Ist ausschließlich über das Vermögen der Gesellschaft – nicht aber auch über das Vermögen eines Gesellschafters – ein Insolvenzverfahren eröffnet worden, unterbricht diese Verfahrenseröffnung das (Gewinn-)Feststellungsverfahren nicht, weil dessen steuerlichen Folgen nicht die Insolvenzmasse, sondern ausschließlich die Gesellschafter treffen (BStBl 1992 II, S. 508).

    Daher sind weiterhin Feststellungserklärungen abzugeben. Die Pflicht zur Abgabe der Feststellungserklärung obliegt wie bisher den Beteiligten (§§ 179 Abs. 1, 181 Abs. 2), nicht dem Insolvenzverwalter. Dieser ist nur dann zur Abgabe der Feststellungserklärung verpflichtet, wenn er Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Beteiligten ist. Seine ggf. bestehende Pflicht zur Abgabe einer Gewerbesteuererklärung bleibt davon unberührt.

    Der Feststellungsbescheid ist den Gesellschaftern einzeln bekannt zu geben, da die Gesellschaft durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst wird (§ 183 Abs. 2). Wurde eine Empfangsvollmacht gem. § 183 Abs. 1 Satz 1 erteilt, ist jedoch weiterhin eine Bekanntgabe gem. § 183 Abs. 3 an den Empfangsbevollmächtigten möglich.

    4.4.1.2 Insolvenz eines (oder mehrerer) Gesellschafter(s) der Personengesellschaft

    Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Feststellungsbeteiligten wird das (Gewinn-)Feststellungsverfahren ausschließlich hinsichtlich der Feststellung des Anteils des in der Insolvenz befindlichen Gesellschafters unterbrochen. Diese Unterbrechung hindert den Fortgang des (Gewinn-)Feststellungsverfahrens gegenüber den übrigen Beteiligten nicht. Insoweit wird vom Grundsatz der Einheitlichkeit des Feststellungsverfahrens (§ 179 Abs. 2 Satz 2) abgewichen.

    Sobald dem für die Besteuerung eines Feststellungsbeteiligten zuständigen Finanzamt bekannt wird, dass über das Vermögen dieses Steuerpflichtigen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, hat es das für die Durchführung der gesonderten und einheitlichen Feststellung zuständige Finanzamt unverzüglich hierüber zu unterrichten.

    Wenn im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch kein (Gewinn-)Feststellungsbescheid vorliegt, gilt für die Besteuerung des Anteils des insolventen Beteiligten Folgendes:

    Eine Unterscheidung zwischen Insolvenz- und Masseforderungen ist bereits im (Gewinn)Feststellungsbescheid gegenüber dem in Insolvenz befindlichen Mitunternehmer vorzunehmen.

    Werden durch die gesonderte und einheitliche Feststellung gegenüber dem Schuldner (insolventer Feststellungsbeteiligter) sowohl Besteuerungsgrundlagen, welche der Anmeldung von Insolvenzforderungen dienen, als auch Besteuerungsgrundlagen, welche der Festsetzung von Masseforderungen dienen, festgestellt, so sind die Besteuerungsgrundlagen, welche der Anmeldung von Insolvenzforderungen dienen, gesondert aufzuführen. Dieser Bescheid ist dem Insolvenzverwalter bekannt zu geben. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid, soweit er Besteuerungsgrundlagen betrifft, die der Anmeldung von Insolvenzforderungen dienen, lediglich ein „informatorischer Bescheid” über die Berechnungsgrundlage ist (vgl. BStBl 2005 II, S. 246).

    Zuständig für die Anmeldung der Forderungen zur Tabelle ist und bleibt das für die Besteuerung des Schuldners zuständige Finanzamt. Es nimmt bei Bedarf auch am Prüfungstermin teil.

    Wird die von dem Finanzamt angemeldete Forderung im Prüfungstermin bestritten, hat das für die Besteuerung des Schuldners zuständige Finanzamt einen Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 zu erlassen, der auf Feststellung zur Insolvenztabelle gerichtet ist. Der Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 ist an die widersprechenden Insolvenzgläubiger bzw. den widersprechenden Insolvenzverwalter zu richten.

    Wird kein Einspruch gegen den Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 eingelegt, gilt die Forderung als festgestellt. Die Berichtigung der Tabelle ist von dem für die Besteuerung des Schuldners zuständigen Finanzamt zu beantragen.

    Wird gegen den Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 Einspruch eingelegt und damit begründet, dass die festgestellte Forderung auf einer Gewinnfeststellung beruht, ist das Gewinnfeststellungsverfahren wieder aufzunehmen. Der Rechtsstreit über den Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 ist bis zu der abschließenden Entscheidung in dem Gewinnfeststellungsverfahren gem. § 363 Abs. 1 auszusetzen.

    An diesem Gewinnfeststellungsverfahren sind anstelle des Schuldners die im Prüfungstermin widersprechenden Insolvenzgläubiger bzw. der widersprechende Insolvenzverwalter beteiligt; ihnen ist deshalb auch ein sog. „verkürzter” Gewinnfeststellungsbescheid (§ 183 Abs. 2 Satz 2) bekannt zu geben ( a. a. O.).

    Die Entscheidung im Gewinnfeststellungsverfahren ist bei der Entscheidung über den Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 zu berücksichtigen. Die Berichtigung der Tabelle beim Insolvenzgericht ist dann von dem für die Besteuerung des Schuldners zuständigen Finanzamt zu beantragen.

    4.4.2 Sonstige Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen

    Abweichend von Nr. 4.3.1 können im Insolvenzverfahren gesonderte Feststellungen des verbleibenden Verlustvortrags nach § 10d EStG oder gesonderte Gewinnfeststellungen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b durchgeführt werden, wenn sie zu einem Verlustrücktrag führen oder zusammen mit einer Steuerfestsetzung Grundlage für die Erstattung von Vorauszahlungen sind und der Insolvenzverwalter die Feststellung ausdrücklich beantragt hat (vgl. BStBl 2003 II, S. 630). Ebenso zulässig sind gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, denen die abstrakte Eignung fehlt, sich auf anzumeldende Steuerforderungen auszuwirken (z. B. Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 KStG).

    4.5 Auskunftsrechte des Insolvenzverwalters gegenüber dem Finanzamt

    Ein Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters allein wegen des Verdachts anfechtbarer Zahlungen auf Steuerschulden gegenüber dem Finanzamt besteht nicht ( WM S. 1942 ). Vgl. im Übrigen Nr. 3 des BStBl 2009 I, S. 6.

    Der Schuldner selbst hat nach der AO keinen Anspruch auf Akteneinsicht, sondern nur ein Recht darauf, dass die Finanzbehörde über seinen Antrag auf Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet. Der Insolvenzverwalter hat keinen darüber hinausgehenden Anspruch (vgl. BFH/NV 2011, S. 2)

    Auskunftsrechte des Insolvenzverwalters zur Vorbereitung der Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen nach §§ 129 ff. InsO können sich nach den jeweils einschlägigen Regelungen eines IFG ergeben, wenn der Schuldner zustimmt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3).

    5. Insolvenzforderungen

    5.1 Begriff

    Eine Insolvenzforderung ist eine zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner (§ 38 InsO). Der Zeitpunkt der steuerrechtlichen Entstehung der Forderung ist für diese Einordnung unmaßgeblich, so dass eine Abgabenforderung – unabhängig von der steuerrechtlichen Entstehung – immer dann als Insolvenzforderung anzusehen ist, wenn ihr Rechtsgrund zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits gelegt war, es sei denn, dass der Tatbestand der § 55 Abs. 2 oder 4 InsO erfüllt ist.

    Ist die Steuerforderung im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht gem. § 38 AO entstanden (z. B. Eröffnung im Laufe des Umsatzsteuer-Voranmeldungszeitraums), ist nur die zum Eröffnungszeitpunkt bereits begründete Teilsteuerforderung Insolvenzforderung. Der nach Eröffnung begründete Teil ist Masseforderung.

    Abgabenansprüche, die lediglich begründet, aber noch nicht fällig sind, gelten im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung als fällig (§ 41 InsO).

    Beispiel 1 (Umsatzsteuer)

    Die Umsatzsteuerforderung entsteht bei Sollversteuerung erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a UStG). Dagegen ist sie grundsätzlich bereits begründet, soweit die Leistung erbracht ist.

    Im Falle der Istversteuerung nach § 20 UStG entsteht die Umsatzsteuerforderung erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b UStG). Insolvenzrechtlich begründet ist sie bereits im Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts (BStBl 2009 II, S. 682). Das Gleiche gilt für die Anzahlungsbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 UStG.

    Zur Verteilung auf die einzelnen Vermögensbereiche siehe Nr. 9.2.

    Beispiel 2 (Vorsteuerrückforderung)

    Der Vorsteuerrückforderungsanspruch (§ 17 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG) entsteht ebenfalls erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, ist aber zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits begründet, weil die Uneinbringlichkeit spätestens zu diesem Zeitpunkt bereits vorlag (BStBl 2011 II, S. 988)

    Beispiel 3 (Lohnsteuer)

    Die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt (§§ 38 Abs. 2, 41a Abs. 1 EStG). Sie ist regelmäßig auch in diesem Zeitpunkt begründet i. S. v. § 38 InsO, unabhängig davon, für welchen Zeitraum die Lohnzahlungen erfolgen.

    Beispiel 4 (Rückforderung Investitionszulage)

    Der Anspruch auf Rückforderung einer gewährten Investitionszulage ist vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet, wenn das zulagenbegünstigte Wirtschaftsgut vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits zulagenschädlich verwendet wurde (z. B. Veräußerung oder Umqualifizierung von Anlagevermögen in Umlaufvermögen).

    Die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter erfolgte zulagenschädliche Verwendung des Wirtschaftsgutes führt ebenfalls zu einer Insolvenzforderung. Der Rückforderungsanspruch war schon vor der Eröffnung begründet, weil das vom Schuldner geschaffene öffentlich-rechtliche Verhältnis zur Finanzbehörde, aus dem später der Rückforderungsanspruch entstanden ist, zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits bestand.

    Beispiel 5 (Kraftfahrzeugsteuer)

    Die auf Zeiträume vor Verfahrenseröffnung bzw. vor Bestellung eines „starken” vorläufigen Insolvenzverwalters entfallende Steuer gehört zu den Insolvenzforderungen. Es ist eine Aufteilung des Besteuerungszeitraums und Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer nach Monaten, u.U. nach Tagen vorzunehmen (BStBl 2005 II, S. 309 und BFH/NV 1998 S. 86).

    Beispiel 6 (Einkommen- und Körperschaftsteuer)

    Die Einkommen- und Körperschaftsteuer auf die bis zur Insolvenzeröffnung erzielten Einkünfte stellt eine Insolvenzforderung dar.

    Für die Zuordnung der Einkünfte und für die Verteilung der Steuer auf die einzelnen Vermögensbereiche siehe Nr. 9.1.

    Verspätungszuschläge sind Insolvenzforderungen ( BFH/NV S. 1001), wenn sie auf Fristversäumnissen des Schuldners bis zur Insolvenzeröffnung beruhen.

    Säumniszuschläge und Zinsen, die seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Insolvenzforderungen entstanden sind, sowie rückständige Bußgelder und Zwangsgelder sind nachrangige Insolvenzforderungen im Sinne des § 39 InsO.

    5.2 Geltendmachung von Insolvenzforderungen

    Insolvenzforderungen sind schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden (§ 174 Abs. 1 InsO). Hierzu wird vom Insolvenzverwalter eine Tabelle geführt, in die er jede angemeldete Forderung mit den in § 174 Abs. 2, 3 InsO genannten Angaben einzutragen hat (§§ 174, 175 InsO). Nachrangige Insolvenzforderungen sind nur auf besondere Aufforderung durch das Insolvenzgericht hin anzumelden (§ 174 Abs. 3 InsO).

    5.3 Insolvenzforderungen im Prüfungstermin; Auswirkung auf das Besteuerungsverfahren

    Wegen der Auswirkungen auf das Steuerfestsetzungs- und Rechtsbehelfsverfahren ist für die weitere Bearbeitung zunächst zu unterscheiden, ob die Forderung im Prüfungstermin (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 InsO) bestritten wurde.

    5.3.1 Vom Insolvenzverwalter oder einem Gläubiger bestrittene Forderungen

    Ist eine angemeldete Abgabenforderung nach Grund und Höhe im Prüfungstermin bestritten worden, muss weiter differenziert werden, ob der Anspruch tituliert ist.

    Von einer „Titulierung” im insolvenzrechtlichen Sinne ist auszugehen, wenn vor Insolvenzeröffnung ein Bescheid bekannt gegeben oder eine Steueranmeldung abgegeben worden ist. Arrestanordnungen sind keine Titel im Sinne des § 179 InsO.

    Nicht titulierte Ansprüche sind Steuerforderungen, die im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung begründet (§ 38 InsO, siehe Nr. 5.1) waren, für die aber bis zur Insolvenzeröffnung noch kein Steuerbescheid wirksam bekannt gegeben wurde oder für die noch keine Steueranmeldung abgegeben wurde oder diese erst nach Verfahrenseröffnung beim Finanzamt eingegangen ist.

    5.3.1.1 Nicht titulierte Forderungen

    Wird eine nicht titulierte Forderung bestritten, stellt das Finanzamt das Bestehen der Abgabenforderung durch Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 fest. Inhalts- und Bekanntgabeadressat ist der Bestreitende (Insolvenzverwalter oder -gläubiger; § 179 Abs. 1 InsO).

    5.3.1.2 Titulierte Forderungen

    Wird eine titulierte Abgabenforderung bestritten, obliegt es dem Bestreitenden, den Widerspruch zu verfolgen (§ 179 Abs. 2 InsO). Es bleibt dem Finanzamt unbenommen – insbesondere zur Erlangung des Stimmrechts (§ 77 InsO) –, das durch die Verfahrenseröffnung unterbrochene Verfahren selbst aufzunehmen (grundlegend NJW 1989, S. 314 und Abschnitt 60 Abs. 7 VollstrA).

    5.3.1.2.1 Nicht bestandskräftiger und nicht angefochtener Steuerbescheid

    War der Steuerbescheid vor Eröffnung des Verfahrens noch nicht bestandskräftig und wurde noch kein Rechtsbehelf eingelegt, ist der Lauf der Rechtsbehelfsfrist durch die Eröffnung des Verfahrens unterbrochen. Das Finanzamt hat dem Bestreitenden die Aufnahme des Rechtsstreits zu erklären (analog § 240 ZPO). Mit der Bekanntgabe dieser Erklärung beginnt die durch die Verfahrenseröffnung unterbrochene Einspruchsfrist neu zu laufen.

    5.3.1.2.2 Angefochtener Steuerbescheid

    War der Steuerbescheid vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht bestandskräftig und vom Schuldner oder dem vorläufigen „starken” Insolvenzverwalter mit einem zulässigen Einspruch oder einer zulässigen Klage angefochten, hat der Insolvenzverwalter die Möglichkeit – ggf. nach entsprechender Aufforderung durch das Finanzamt – das Rechtsbehelfsverfahren aufzunehmen und fortzuführen. Das vom Insolvenzverwalter aufgenommene Einspruchsverfahren ist vom Finanzamt weiter zu betreiben.

    Nimmt der Insolvenzverwalter trotz Aufforderung durch das Finanzamt seinen Widerspruch gegen die Forderungsanmeldung innerhalb einer angemessenen Frist nicht zurück und den Rechtsstreit von sich auch nicht auf, nimmt das Finanzamt das Einspruchsverfahren auf und führt dieses fort (BStBl 2008 II, S. 790).

    Das Einspruchsverfahren wird in dem Verfahrensstand fortgesetzt, in dem es bei seiner Unterbrechung zum Stillstand gekommen ist.

    Kann dem Einspruch in der Sache (Höhe der festgesetzten Steuer) nicht in vollem Umfang entsprochen werden, ist er durch Einspruchsentscheidung (u. U. teilweise) als unbegründet zurückzuweisen. Die Einspruchsentscheidung ist dem Insolvenzverwalter als Einspruchsführer bekannt zu geben. In diesen Fällen ist kein Feststellungsbescheid gem. § 251 Abs. 3 zu erlassen.

    Die Einspruchsentscheidung muss sich sowohl auf die Rechtmäßigkeit der Steuerforderung als auch auf die rechtmäßige Beanspruchung der Steuerforderung als Insolvenzforderung erstrecken. Dazu ist im Tenor über den Einspruch gegen die Steuerfestsetzung und über den im Prüfungstermin erhobenen Widerspruch zu entscheiden (BStBl 2005 II, S. 591).

    Beispiel der Tenorierung:

    Der Einspruch gegen den Bescheid vom … wird als unbegründet zurückgewiesen.

    Die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen werden wie folgt als Insolvenzforderungen festgestellt:

    (Aufstellung der geltend gemachten Steuerforderungen nebst Säumniszuschlägen wie beim Insolvenzfeststellungsbescheid).

    Soweit wegen der streitigen Steuer eine Anmeldung zur Tabelle (§ 175 InsO) vorgenommen wurde, ist die Anmeldung im Anschluss an den Erlass der Einspruchsentscheidung entsprechend zu berichtigen.

    Eine Verböserung in der Einspruchsentscheidung ist hingegen unzulässig, da die Verböserung einer nicht zulässigen erstmaligen Festsetzung einer Steuerschuld gleichstehen würde. Die ggf. höhere Steuerforderung muss durch Anmeldung zur Insolvenztabelle geltend gemacht werden.

    Falls beim Finanzgericht oder beim BFH Rechtsbehelfsverfahren anhängig sind, informiert die Finanzbehörde das Gericht über das Ergebnis des Prüfungstermins.

    5.3.1.2.3 Bestandskräftiger Steuerbescheid

    War die Abgabenforderung vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits bestandskräftig festgesetzt, wirkt die Bestandskraft auch gegen den Widersprechenden. Diesem obliegt die Verfolgung seines Widerspruchs. Dabei muss er das Verfahren in der Lage übernehmen, in der es sich bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens befand. Liegen keine Wiedereinsetzungsgründe vor und sind die Voraussetzungen der Korrekturvorschriften (insbesondere §§ 129 ff., 164, 165, 172 ff.) nicht erfüllt, erlässt das Finanzamt einen Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 und stellt die Bestandskraft der angemeldeten Forderung fest (BStBl 2010 II, S. 562).

    5.3.2 Vom Schuldner bestrittene Forderungen

    Auch dem Schuldner steht das Widerspruchsrecht zu. Dieser Widerspruch steht jedoch der Feststellung der Forderung nicht entgegen (§ 178 Abs. 1 Satz 2 InsO).

    Trotz Widerspruchs des Schuldners tritt die Rechtskraftwirkung des Tabelleneintrags ein (§ 178 Abs. 3 InsO). Soweit der Schuldner die zur Tabelle angemeldete Forderung bestreitet, wirkt der Tabelleneintrag nach Insolvenzbeendigung nicht gegen den Schuldner (§ 201 Abs. 2 InsO); insbesondere ist keine Vollstreckung aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil gegen den Schuldner zulässig (siehe hierzu Nr. 5.3.4).

    Im Falle einer titulierten Forderung obliegt es dem Schuldner, binnen einer Frist von einem Monat, beginnend ab dem Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung, den Widerspruch zu verfolgen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt ein Widerspruch als nicht erhoben (§ 184 Abs. 2 InsO).

    Erfolgt der Widerspruch des Schuldners rechtzeitig, kann ein unterbrochenes Einspruchsverfahren vom Finanzamt gegenüber dem Schuldner fortgeführt werden (§ 184 Abs. 1 Satz 2 InsO).

    Haben sowohl der Insolvenzverwalter als auch der Schuldner widersprochen, ist es zulässig, den unterbrochenen Rechtsstreit sowohl gegen den Insolvenzverwalter als auch gegen den Schuldner aufzunehmen und damit denselben Rechtsstreit einmal gegen den Insolvenzverwalter auf Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle und zum anderen auf Feststellung der Forderung gegenüber dem Schuldner fortzuführen. Es handelt sich dabei um zwei miteinander verbundene Rechtsbehelfe mit verschiedenen Rechtsbehelfsbegehren (BStBl 2008 II, S. 790).

    Wird eine nicht titulierte Forderung vom Schuldner bestritten, kann das Finanzamt das Bestehen der Abgabenforderung durch Bescheid nach § 251 Abs. 3 feststellen (§ 180 Abs. 1 Satz 1 InsO). Dieser Bescheid ist an den Schuldner zu richten und diesem bekannt zu geben.

    5.3.3 Nicht bestrittene Forderungen

    Werden die angemeldeten Forderungen im Prüfungstermin weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger bestritten, so gelten sowohl die titulierten als auch die nicht titulierten Forderungen als festgestellt (§ 178 Abs. 1 InsO).

    In diesen Fällen endet die Unterbrechungswirkung eines gerichtlichen Verfahrens mit der Anerkennung der streitigen Forderung ( BFH/NV S. 1691).

    5.3.4 Wirkung der Feststellung zur Tabelle

    Im Fall des Nichtbestreitens bzw. der Beseitigung des Widerspruchs wird die Forderung vom Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle festgestellt.

    Die Eintragung der Feststellung zur Tabelle wirkt gegenüber dem Insolvenzverwalter und den übrigen Insolvenzgläubigern wie ein rechtskräftiges Urteil (§ 178 Abs. 3 InsO), unabhängig davon, ob ein Steuerbescheid ergangen ist. Zur Möglichkeit der Änderung eines festgestellten Tabelleneintrages siehe Nr. 5.3.6.

    Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzgläubiger aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben, sofern nicht Restschuldbefreiung eingetreten ist oder noch ein Widerspruch des Schuldners (siehe Nr. 5.3.2) vorliegt.

    Die Feststellung der Forderung zur Tabelle hat zur Folge, dass auch ein evtl. Rechtsbehelfsverfahren erledigt ist, soweit kein Widerspruch des Schuldners vorliegt.

    5.3.5 Feststellungsbescheid gem. § 251 Abs. 3 AO

    Der Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 ist kein Steuerbescheid i. S. v. §§ 155 ff. Eine Korrektur richtet sich nach den §§ 129 bis 131.

    5.3.6 Änderung von zur Insolvenztabelle festgestellten Steuerforderungen

    Der widerspruchslosen Eintragung in die Insolvenztabelle kommt dieselbe Wirkung wie der beim Bestreiten vorzunehmenden Feststellung gem. § 185 InsO i. V. m. § 251 Abs. 3 zu und kann wie diese zugunsten des Schuldners unter den Voraussetzungen der §§ 130, 131 korrigiert werden (BStBl 2012 II, S. 298 und BFH/NV 2012, S. 711).

    Eine Nachmeldung von Insolvenzforderungen zur Tabelle für Besteuerungszeiträume, für die bereits ein festgestellter Tabelleneintrag vorliegt, ist zulässig (vgl. ZInsO S. 488).

    6. Sonstige Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO)

    6.1 Begründung von sonstigen Masseverbindlichkeiten

    Die durch die Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründeten Abgabenforderungen (sonstige Masseverbindlichkeiten) sind vorweg zu begleichen (§ 53 InsO). Dazu gehören insbesondere

    • nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Umsatzsteuer,

    • nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinnahmte Umsatzsteuer aus Umsätzen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dies gilt sowohl bei Istversteuerung (BStBl 2009 II, S. 682) als auch bei Sollversteuerung (BStBl 2011 II, S. 996).

    • Umsatzsteuer aufgrund Vorsteuerberichtigung i. S. v. § 15a UStG (BStBl 2011 II, S. 1000).

    • Einkommensteuer/Körperschaftsteuer, die sich auf Einkünfte aus der Verwaltung oder der Verwertung der Masse gründet,

    • Einkommensteuer eines in Insolvenz befindlichen Mitunternehmers, die auf seinem nach Insolvenzeröffnung begründeten Gewinnanteil beruht (vgl. BStBl 2011 II, S. 429).

    • Gewerbesteuer bei Weiterführung des Gewerbebetriebs durch den Insolvenzverwalter,

    • Lohnsteuer auf nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgezahlte Arbeitslöhne,

    • Kraftfahrzeugsteuer für den laufenden Entrichtungszeitraum ab der Verfahrenseröffnung und für alle danach beginnenden Entrichtungszeiträume, sofern das Fahrzeug Teil der Insolvenzmasse ist (vgl. BStBl 2011 II, S. 944 und BStBl 2012 II, S. 149),

    • Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist (§ 55 Abs. 2 Satz 1 InsO) sowie

    • Verbindlichkeiten des Schuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind (§ 55 Abs. 4 InsO). Zur Anwendung des § 55 Abs. 4 InsO siehe BStBl 2012 I, S. 120.

    Die als Masseverbindlichkeiten entstehenden Abgabenansprüche sind durch Steuerbescheid geltend zu machen ( BFH/NV 2012, S. 10). Der Insolvenzverwalter ist Bekanntgabeadressat (siehe zu § 122, Nr. 1.4). Die Masse betreffende Verwaltungsakte können nicht durch die Bekanntgabe an den Schuldner wirksam werden. Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, die entsprechenden Steuererklärungen einschließlich Steueranmeldungen abzugeben (siehe Nr. 4.2).

    Er ist dem Massegläubiger zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er durch eine Rechtshandlung eine Masseverbindlichkeit begründet, die aus der Masse nicht voll erfüllt werden kann, und er bei der Begründung der Verbindlichkeit erkennen konnte, dass die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen würde (§ 61 InsO). Der Schadensersatzanspruch kann nur zivilrechtlich geltend gemacht werden.

    Sind die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt, reicht die Insolvenzmasse jedoch nicht aus, um die fälligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen, hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit anzuzeigen (§ 208 Abs. 1 Satz 1 InsO).

    Die Rangfolge der Vorwegbefriedigung von Masseverbindlichkeiten richtet sich nach § 209 InsO. Zunächst werden die Kosten des Insolvenzverfahrens, das sind die Gerichtskosten und die Vergütung des Insolvenzverwalters sowie ggf. des Gläubigerausschusses, danach die Neumasseverbindlichkeiten (Verbindlichkeiten, die nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet wurden) und schließlich die Altmasseverbindlichkeiten befriedigt.

    6.2 Durchsetzung von sonstigen Masseverbindlichkeiten

    Werden sonstige Masseverbindlichkeiten vom Insolvenzverwalter nicht entrichtet, ist dieser zur unverzüglichen Zahlung aufzufordern. Die Vollstreckung gegen die Masse richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der AO. Grundsätzlich ist während der Dauer des Insolvenzverfahrens die Vollstreckung in die Insolvenzmasse durch Massegläubiger – vorbehaltlich § 90 Abs. 1 InsO – zulässig, weil § 89 InsO nur für Insolvenzgläubiger gilt. Mit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit greift allerdings für Massegläubiger das Vollstreckungsverbot wegen Altmasseverbindlichkeiten i. S. v. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO (§ 210 InsO). Ein gesetzlich verankertes Vollstreckungsverbot für Neumassegläubiger enthält die InsO nicht. Der Insolvenzverwalter kann die Zahlung auf Neumasseverbindlichkeiten verweigern, sobald sich herausstellt, dass die Masse nicht zur vollen Befriedigung aller Neumassegläubiger ausreicht. Für diese greift der Grundsatz der Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger, so dass lediglich eine quotale Befriedigung verlangt werden kann.

    7. Insolvenzfreies Vermögen

    Übt der Schuldner eine selbständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können, § 35 Abs. 2 Satz 1 InsO. Die Wirksamkeit der Erklärung wird dabei allerdings nicht vom Insolvenzgericht überprüft. Das Amtsgericht übernimmt lediglich die Vorgaben des Insolvenzverwalters, d. h. der Zugang der Erklärung beim Schuldner ist vom Insolvenzverwalter gegenüber dem Finanzamt nachzuweisen. Eine einmal erteilte Freigabeerklärung ist für den Insolvenzverwalter unwiderruflich.

    Steuererstattungsansprüche innerhalb dieses freigegebenen Neuerwerbes stehen immer dem Schuldner zu. Das Finanzamt kann – sofern keine Aufrechnungslage besteht – nach Bekanntgabe der Freigabe solche Guthaben aus dem insolvenzfreien Neuerwerb nur noch schuldbefreiend an ihn leisten. Steuerzahlungen für das insolvenzfreie Vermögen sind vom Schuldner zu leisten.

    Einkommensteuernachzahlungen, die auf Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit oder Renten beruhen, stellen Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen dar (BStBl 2011 II, S. 520 sowie BFH/NV S. 2111 f.).

    8. Aufrechnung im Insolvenzverfahren

    Für die Aufrechnung in Insolvenzfällen gelten die allgemeinen Grundsätze der § 226 i. V. m. §§ 387 ff. BGB, es sind jedoch die Aufrechnungsverbote der §§ 95 und 96 InsO zu beachten.

    Die Steuerberechnung nach §§ 16 ff. UStG ist keine Aufrechnung, so dass sie auch nicht den Beschränkungen der §§ 94 ff. InsO unterliegt (BStBl 2012, II S. 298).

    War ein Gläubiger zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Aufrechnung berechtigt, so kann die Aufrechnung auch noch im Insolvenzverfahren erklärt werden (§ 94 InsO). Zur Aufrechnung im Planverfahren siehe Nr. 11; zur Aufrechnung im Restschuldbefreiungsverfahren siehe Nr. 15.2.

    Nach § 95 Abs. 1 InsO kann (noch) nicht aufgerechnet werden, wenn die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen aufschiebend bedingt oder noch nicht fällig sind. Die Aufrechnung kann erst erfolgen, wenn die Voraussetzungen (Unbedingtheit oder Fälligkeit) eingetreten sind; hierbei ist die Fälligkeitsfiktion des § 41 InsO nicht anzuwenden. Es gilt allein die steuerrechtliche Fälligkeit (§ 220).

    Wird über das Vermögen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eröffnet, werden die in diesem Zeitpunkt entstandenen Steuerforderungen des Finanzamts – vorbehaltlich spezieller steuergesetzlicher Fälligkeitsbestimmungen – fällig, ohne dass es dafür ihrer Festsetzung oder Feststellung durch Verwaltungsakt oder einer Anmeldung der Forderung zur Tabelle bedürfte (BStBl 2004 II, S. 815). Entsteht der Steuererstattungsanspruch dem Grunde nach vor Erteilung der Restschuldbefreiung, so kann die Aufrechnung ungeachtet der noch nicht erfolgten Festsetzung des Steuererstattungsanspruchs bereits nach dessen Entstehung erklärt werden.

    Eine Aufrechnung ist unzulässig,

    • wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Masse schuldig geworden ist (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO).

      Beispiel:

      Eine vor der Verfahrenseröffnung fällige Umsatzsteuerforderung kann nicht gegen einen Vorsteuererstattungsanspruch aufgerechnet werden, der aufgrund von Umsätzen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet ist.

      Eine Aufrechnung ist aber zulässig, wenn die Gegenforderung und die Hauptforderung vor Verfahrenseröffnung begründet worden sind.

      Beispiel:

      Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt am . Die Einkommensteuer 2010 wurde als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet. Die nach Eröffnung des Verfahrens durchgeführte Festsetzung der Umsatzsteuer 2010 (siehe Nr. 4.3.1) führte zu einer Erstattung.

      Mit dem Anspruch auf Einkommensteuernachzahlung 2010 kann gegen den Umsatzsteuererstattungsanspruch 2010 aufgerechnet werden.

      Wurden beide Ansprüche nach der Verfahrenseröffnung im Bereich der Insolvenzmasse begründet, ist eine Aufrechnung ebenfalls zulässig.

    • wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat (§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO).

      Beispiel:

      Die Vorsteuer aus der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters, welche nach Insolvenzeröffnung in Rechnung gestellt wurde, kann regelmäßig mit zur Zeit der Insolvenzeröffnung bestehenden Forderungen des Finanzamts nicht aufgerechnet werden. Die Rechtshandlung, die der Vorsteuervergütung zugrunde liegt, ist in der kritischen Zeit vor Insolvenzeröffnung erfolgt und stellt daher häufig eine anfechtbare Rechtshandlung dar (vgl. BStBl 2011 II, S. 374BStBl 2011 II, S. 439).

      Lagen zum Zeitpunkt der Begründung der Gegenforderung und der Hauptforderung die Anfechtungsvoraussetzungen der §§ 129 ff. InsO nicht vor, ist die Aufrechnung zulässig.

      Beispiel:

      Die Insolvenzeröffnung erfolgte am aufgrund des Insolvenzantrags vom . Es wurde eine Umsatzsteuervoranmeldung für Oktober 2011 mit einem Umsatzsteuerguthaben eingereicht, bei der die Guthaben aus Wareneinkäufen aus Juni 2011 beruhen, die Rechnung aber erst im Oktober 2011 erstellt wurde. Die Umsatzsteuervoranmeldung April 2011 führte zu einer Nachzahlung, die zur Tabelle angemeldet wurde.

      Das Guthaben aus der Umsatzsteuervoranmeldung Oktober 2011 kann mit der Umsatzsteuer April 2011 aufgerechnet werden.

      oder

    • wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem insolvenzfreien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet (§ 96 Abs. 1 Nr. 4 InsO).

      Beispiel:

      Der Schuldner hat aus seiner freigegebenen selbständigen Tätigkeit Umsatzsteuer i. H. v. 10.000 € zu zahlen. Gleichzeitig steht der Insolvenzmasse aus Umsätzen, die der Insolvenzverwalter getätigt hat, eine Umsatzsteuererstattung von 5.000 € zu.

      Eine Aufrechnung der Umsatzsteuererstattung zur Masse mit der Zahllast aus dem insolvenzfreien Vermögen ist nicht möglich.

      Eine Aufrechnung eines Erstattungsanspruchs aus dem insolvenzfreien Vermögen mit Insolvenzforderungen ist aber zulässig (BStBl 2011 II, S. 336).

      Beispiel:

      Der Schuldner erzielt nach der Insolvenzeröffnung ausschließlich Einkünfte aus einer freigegebenen selbständigen Tätigkeit i. H. v. 10.000 € und leistet Einkommensteuervorauszahlungen i. H. v. 400 €. Die Jahressteuer wird auf 150 € festgesetzt.

      Der Erstattungsanspruch i. H. v. 250 € steht dem Schuldner zu, weil er die Vorauszahlungen aus dem freigegebenen Vermögen geleistet hat.

      Eine Aufrechnung mit Insolvenzforderungen ist möglich.

    9. Verteilung der Steuerforderungen und -erstattungsansprüche auf die insolvenzrechtlichen Vermögensbereiche

    Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis können sich gegen unterschiedliche insolvenzrechtliche Vermögensbereiche (vorinsolvenzrechtlicher Vermögensteil, Insolvenzmasse, ggf. insolvenzfreies Vermögen) richten.

    9.1 Einkommensteuer

    Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer, die mit Ablauf des Kalenderjahres entsteht (zur Entstehung der Einkommensteuervorauszahlungen siehe § 37 Abs. 1 EStG). Die festgesetzte Jahressteuer ist grundsätzlich im Verhältnis der Einkünfte den verschiedenen insolvenzrechtlichen Vermögensbereichen zuzuordnen. Die Verteilung der Einkünfte auf die einzelnen Vermögensbereiche hat nach Maßgabe der in den einzelnen Abschnitten zu berücksichtigenden Besteuerungsmerkmale zu erfolgen. Da eine konkrete Zuordnung häufig nicht möglich ist, können die Einkünfte im Schätzungswege zeitanteilig zugeordnet werden, es sei denn, dies führt zu einer offensichtlich unzutreffenden Verteilung z. B. bei Aufdeckung stiller Reserven (BStBl 1984 II, S. 602), Auflösung von Rückstellungen oder Einkünften aus insolvenzfreiem Vermögen.

    Beispiel:

    Das Insolvenzgericht eröffnete am das Insolvenzverfahren. Der Steuerpflichtige erzielte im Jahr 01 insgesamt Einkünfte von 100.000 €. Hiervon entfallen 60.000 € auf die Veräußerung eines Grundstücks durch den Insolvenzverwalter im Oktober 01. Weitere Einkünfte i. H. v. 10.000 € entfallen auf den Gewinn aus einer vom Insolvenzverwalter freigegebenen selbstständigen Tätigkeit des Schuldners. Hinsichtlich der restlichen Einkünfte von 30.000 € ist eine Zuordnung auf Zeiträume vor Insolvenzeröffnung und nach Insolvenzeröffnung nicht möglich.

    Die Verteilung hat vorrangig nach Zuordnung zu den Geschäftsvorfällen zu erfolgen, da eine zeitanteilige Verteilung aller Einkünfte hier zu einem unzutreffenden Ergebnis führen würde.


    Tabelle in neuem Fenster öffnen
     
    Einkünfte
    Durch vorinsolvenzrechtliches Vermögen begründet (Insolvenzforderung)
    Durch Insolvenzmasse begründet (Masseverbindlichkeit)
    Insolvenzfreies Vermögen
    Zuordnung nach Geschäftsvorfällen
    70.000 €
     
    60.000 €
    10.000 €
    Zeitanteilig zugeordnet
    30.000 €
    15.000 €
    15.000 €
    0 €
    Summe
    100.000 €
    15.000 €
    75.000 €
    10.000 €

    9.1.1 Einzelveranlagung

    Die festgesetzte Jahressteuer ist im ermittelten Verhältnis der Einkünfte (siehe Nr. 9.1) den verschiedenen insolvenzrechtlichen Vermögensbereichen zuzuordnen.

    Beispiel 1:

    Das Insolvenzgericht eröffnete auf einen Insolvenzantrag vom das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners am . Der Steuerpflichtige erzielte im Jahr 01 insgesamt Einkünfte von 120.000 €. Hiervon entfallen 100.000 € auf Zeiträume vor Insolvenzeröffnung und je 10.000 € auf Einkünfte der Insolvenzmasse (einschließlich Einkünfte i. S. v. § 55 Abs. 4 InsO) und des insolvenzfreien Vermögens. Die festzusetzende Einkommensteuer beträgt insgesamt 12.000 €.

    Die festzusetzende Steuer ist den insolvenzrechtlichen Vermögensbereichen im Verhältnis der Einkünfte aus den unterschiedlichen Vermögensbereichen zu der Summe der Einkünfte zuzuordnen:

    Anteiliger Steuerbetrag = 

    anteilige Einkünfte des Vermögensbereichs
    Summe der Einkünfte
     × Gesamtsteuerbetrag


    Tabelle in neuem Fenster öffnen
     
    Summe
    Insolvenzforderung
    Masseforderung
    insolvenzfreies Vermögen
    Einkünfte
    120.000 €
    100.000 €
    10.000 €
    10.000 €
    Steuer
    12.000 €
    10.000 €
    1.000 €
    1.000 €

    Vorauszahlungen und Steueranrechnungsbeträge werden bei dem insolvenzrechtlichen Vermögensbereich berücksichtigt, aus dem sie geleistet wurden. Steuererstattungsansprüche aufgrund von Steuervorauszahlungen oder Steuerabzugsbeträgen entstehen im Zeitpunkt der Entrichtung der Steuer bzw. des Einbehalts der Steuerabzugsbeträge unter der aufschiebenden Bedingung, dass am Ende des Veranlagungszeitraums die geschuldete Steuer geringer ist als die Summe aus geleisteten Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen, vgl. § 36 Abs. 4 EStG ( BFH/NV S. 791).

    Die Verteilung der Steuer, der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge sowie der geleisteten Vorauszahlungen auf die unterschiedlichen Vermögensbereiche erfolgt im Rahmen der Anrechnungsverfügung.

    Beispiel 2 (Fortsetzung von Beispiel 1):

    Am zahlte der Schuldner 600 € Vorauszahlungen. Die festgesetzte Vorauszahlung für das II. Quartal zahlte er nicht. Am und am zahlte der Insolvenzverwalter jeweils 600 € Vorauszahlungen. Das Finanzamt setzte gegen den Schuldner keine Vorauszahlungen für das insolvenzfreie Vermögen fest.


    Tabelle in neuem Fenster öffnen
     
    Summe
    Insolvenzforderung
    Masseforderung
    Insolvenzfreies Vermögen
    Einkünfte
    120.000 €
    100.000 €
    10.000 €
    10.000 €
    Steuer
    12.000 €
    10.000 €
    1.000 €
    1.000 €
    abzgl. geleistete VZ
    1.800 €
    600 €
    1.200 €
    0 €
    Zwischensumme
     
    9.400 €
    – 200 €
    1.000 €

    Aufgrund der Verteilung einer einheitlichen Steuerschuld ist es nicht möglich, dass sich für einen Vermögensbereich eine Erstattung und für einen anderen Vermögensbereich eine Nachzahlung ergibt. Die sich für den Bereich Insolvenzmasse ergebende Erstattung wird daher mit den sich ergebenden Nachzahlungsbeträgen verrechnet, wobei die Verrechnung zuerst mit der Insolvenzforderung erfolgt.


    Tabelle in neuem Fenster öffnen
     
    Summe
    Insolvenzforderung
    Masseforderung
    Insolvenzfreies Vermögen
    Einkünfte
    120.000 €
    100.000 €
    10.000 €
    10.000 €
    Steuer (s. Bsp 1)
    12.000 €
    10.000 €
    1.000 €
    1.000 €
    abzgl. VZ
    1.800 €
    600 €
    1.200 €
    0 €
    Zwischensumme
    10.200 €
    9.400 €
    – 200 €
    1.000 €
    Ausgleich
    0 €
    – 200 €
    + 200 €
    0 €
    Ergebnis
    10.200 €
    9.200 €
    0 €
    1.000 €

    Zur Tabelle sind daher im Ergebnis 9.200 € als Insolvenzforderung anzumelden.

    Ergibt sich der Erstattungsbetrag im Bereich der Insolvenzforderungen, ist die Verrechnung zuerst mit Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermögen und ggf. anschließend mit Masseforderungen vorzunehmen.

    Ergibt sich der Erstattungsbetrag im Bereich des insolvenzfreien Vermögens, ist die Verrechnung zuerst mit Insolvenzforderungen und ggf. anschließend mit Masseforderungen vorzunehmen.

    9.1.2 Zusammenveranlagung

    Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer wirken sich aufgrund der Gesamtschuldnerschaft (§ 44 Abs. 1) die Einkünfte des nicht insolventen Ehegatten auch auf die gegenüber den jeweiligen insolvenzrechtlichen Vermögensbereichen festzusetzenden Steuern bzw. zur Tabelle anzumeldenden Steuerforderungen aus, so dass eine Verteilung der Einkünfte des nicht insolventen Ehegatten auf die unterschiedlichen insolvenzrechtlichen Vermögensbereiche zu erfolgen hat.

    Die Verteilung der Einkünfte des nicht insolventen Ehegatten auf den Zeitraum vor und nach Insolvenzeröffnung erfolgt zeitanteilig, es sei denn, diese Verteilung ist offensichtlich unzutreffend. Die Verteilung der Einkünfte des nicht insolventen Ehegatten, die nach der Insolvenzeröffnung entstanden sind, auf die Insolvenzmasse sowie das insolvenzfreie Vermögen erfolgt im Verhältnis der Einkünfte des insolventen Ehegatten in diesen insolvenzrechtlichen Vermögensbereichen.

    Beispiel 3:

    Das Insolvenzgericht eröffnete am das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Der insolvente Ehegatte erzielte im Jahr 01 insgesamt Einkünfte von 120.000 €. Hiervon entfallen 100.000 € auf Zeiträume vor Insolvenzeröffnung und 15.000 € auf Einkünfte der Insolvenzmasse sowie 5.000 € auf das insolvenzfreie Vermögen. Der nichtinsolvente Ehegatte erzielte 60.000 € im gesamten Jahr. Die festzusetzende Einkommensteuer beträgt insgesamt 18.000 €. Vorauszahlungen leisteten die Steuerpflichtigen sowie der Insolvenzverwalter nicht.

    Die festzusetzende Steuer ist den insolvenzrechtlichen Vermögensbereichen im Verhältnis der Einkünfte aus den unterschiedlichen Vermögensbereichen zu den Gesamteinkünften beider Ehegatten zuzuordnen:

    1. Schritt:

    Für die Zuordnung der vorinsolvenzrechtlichen und der nachinsolvenzrechtlichen Einkünfte des nicht in Insolvenz befindlichen Ehegatten sind die Einkünfte der Ehegatten zeitanteilig zu verteilen:


    Tabelle in neuem Fenster öffnen
     
    Summe
    Insolvenzforderung
    Masseforderung
    Insolvenzfreies Vermögen
    Einkünfte insolventer Ehegatte (s. Sachverhalt Bsp. 3)
    120.000 €
    100.000 €
    15.000 €
    5.000 €
    Einkünfte nicht insolventer Ehegatte
    60.000 €
    45.000 €
    15.000 €

    Die vorinsolvenzrechtlichen Einkünfte des nichtinsolventen Ehegatten betragen 45.000 € (9/12 von 60.000 €).

    2. Schritt:

    In einem zweiten Schritt sind die nachinsolvenzrechtlichen Einkünfte des nicht in Insolvenz befindlichen Ehegatten (15.000 €) auf den Vermögensbereich Insolvenzmasse und, sofern vorhanden, auf das insolvenzfreie Vermögen zu verteilen.

    Für diese Zuordnung sind die nachinsolvenzrechtlichen Einkünfte des nichtinsolventen Ehegatten nach dem Verhältnis der Einkünfte des insolventen Ehegatten in den Vermögensbereichen Insolvenzmasse und insolvenzfreies Vermögen zu verteilen.


    Tabelle in neuem Fenster öffnen
     
    Summe
    Insolvenzforderung
    Masseforderung
    Insolvenzfreies Vermögen
    Einkünfte
     
     
     
     
    insolventer Ehegatte (s. Sachverhalt)
    120.000 €
    100.000 €
    20.000 €

    15.000 € (3/4)
    5.000 € (1/4)
    nicht insolventer Ehegatte (s. 1. Schritt)
    60.000 €
    45.000 €
    15.000 €

    11.250 € (3/4)
    3.750 €(1/4)
    Zwischensumme
    180.000 €
    145.000 €
    26.250 €
    8.750 €
    Steuer
    18.000 €
    14.500 €
    2.625 €
    875 €

    Ergebnis zu Beispiel 3:

    Insolvenzforderungen sind i. H. v. 14.500 € zur Tabelle anzumelden. Gegen den Insolvenzverwalter sind Masseforderungen i. H. v. 2.625 € festzusetzen und gegen den insolventen Schuldner 875 € für den insolvenzfreien Bereich.

    Gegen den nicht insolventen Ehegatten ist eine Steuer i. H. v. 18.000 € festzusetzen, da er insoweit Gesamtschuldner ist.

    Vorauszahlungen

    Sind Vorauszahlungen gegen den nicht insolventen Ehegatten festgesetzt und geleistet worden, sind diese Vorauszahlungen auf die insolvenzrechtlichen Vermögensbereiche Insolvenzmasse und freigegebener Neuerwerb im Verhältnis der Einkünfte des insolventen Ehegatten in diesen Vermögensbereichen zu verteilen.

    Beispiel 4 (Fortsetzung von Beispiel 3):

    Der Schuldner leistete keine Vorauszahlungen. Am zahlte der Insolvenzverwalter 600 € Vorauszahlungen. Das Finanzamt setzte gegen den Schuldner keine Vorauszahlungen für das insolvenzfreie Vermögen fest. Der nicht insolvente Ehegatte leistete Vorauszahlungen zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten i. H. v. insgesamt 400 € (jeweils 100 €).


    Tabelle in neuem Fenster öffnen
     
    Summe
    Insolvenzforderung
    Masseforderung
    Insolvenzfreies Vermögen
    Einkünfte
     
     
     
     
    insolventer Ehegatte (s. Sachverhalt)
    120.000 €
    100.000 €
    15.000 €
    5.000 €
    nicht insolventer Ehegatte (s. 1.+2. Schritt)
    60.000 €
    45.000 €
    11.250 €
    3.750 €
    Zwischensumme
    180.000 €
    145.000 €
    26.250 €
    8.750 €
    Steuer
    18.000 €
    14.500 €
    2.625 €
    875 €
    abzgl. geleistete VZ InsO-Schuldner
    abzgl. geleistete VZ InsO-Verwalter
    600 €
    600 €
    abzgl. geleistete VZ nicht insolventer Ehegatte
    400 €
    300 €
    100 €

    75 € (3/4)
    25 € (1/4)
    Ergebnis
    17.000 €
    14.200 €
    1.950 €
    850 €

    600 € geleistete Vorauszahlungen sind im Bereich der Insolvenzmasse abzuziehen. Die Vorauszahlungen i. H. v. 300 €, die der nicht insolvente Ehegatte vor der Insolvenzeröffnung geleistet hatte, sind im Bereich der Insolvenzforderungen abzuziehen. Die Vorauszahlung für das IV. Quartal i. H. v. 100 € ist im Verhältnis ¾ zu ¼ (= Verhältnis der Einkünfte des insolventen Ehegatten in diesem Bereich) in den Bereichen Insolvenzmasse und insolvenzfreies Vermögen zu berücksichtigen.

    Insolvenzforderungen sind i. H. v. 14.200 € zur Tabelle anzumelden. Der Insolvenzverwalter ist zur Zahlung von Masseverbindlichkeiten i. H. v. 1.950 € und der Schuldner für den insolvenzfreien Bereich i. H. v. 850 € aufzufordern.

    Gegenüber dem nicht insolventen Ehegatten erfolgt eine Steuerfestsetzung i. H. v. 18.000 €. Ferner ist er als Gesamtschuldner zur Zahlung von 17.000 € aufzufordern.

    9.1.3 Berücksichtigung von Verlustvor- und -rückträgen

    Durch die Berücksichtigung des verbleibenden Verlustvortrags aus dem Vorjahr und dem Verlustrücktrag aus dem Folgejahr bei der Ermittlung des Aufteilungsquotienten wird die Herkunft der negativen Einkünfte aus Zeiträumen vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsprechend der insolvenzrechtlichen Begründetheit (§ 38 InsO) berücksichtigt. Zudem wird der Vorgabe des § 10d Abs. 1 und Abs. 2 EStG Rechnung getragen, wonach nicht ausgeglichene negative Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen sind.

    Der verbleibende Verlustvortrag zum 31.12. des Jahres vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist zunächst von den vorinsolvenzrechtlichen Einkünften abzuziehen. Ein verbleibender Verlustvortrag ist zu gleichen Anteilen von den vom Insolvenzverwalter erzielten Einkünften abzuziehen.

    Der Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 EStG aus dem Veranlagungszeitraum nach Insolvenzeröffnung (Folgejahr) ist zunächst von den Einkünften desjenigen Vermögensbereichs abzuziehen, in welchem im Folgejahr nicht ausgeglichene negative Einkünfte angefallen sind. Ein danach verbleibender Verlustrücktrag ist ggf. dem zweiten Vermögensbereich (Masseverbindlichkeit bzw. insolvenzfreier Bereich) zuzuordnen. Ein etwaiger Rest ist schließlich von den Einkünften abzuziehen, die auf den Zeitraum vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallen.

    9.1.4 Einkommensteuererstattungen

    Einkommensteuererstattungen, die sich bei einer nach Insolvenzeröffnung vorgenommenen Veranlagung ergeben, stellen, soweit sie nicht ausnahmsweise dem insolvenzfreien Vermögen zuzurechnen sind, grundsätzlich Vermögenswerte der Insolvenzmasse dar (§ 35 Abs. 1 InsO). Sie sind daher grundsätzlich an die Insolvenzmasse auszukehren, sofern keine Aufrechnungsmöglichkeit besteht.

    Einkommensteuererstattungen, die während des Insolvenzverfahrens begründet werden und aus einer Lohnsteuerüberzahlung resultieren, gehören in vollem Umfang zur Insolvenzmasse (vgl. BFH/NV S. 1243).

    Hat der Schuldner nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit Einkommensteuervorauszahlungen aus dem insolvenzfreien Vermögen geleistet und ergeben sich hieraus Einkommensteuererstattungen, fallen diese grundsätzlich in das insolvenzfreie Vermögen und sind vorbehaltlich der Aufrechnung mit Insolvenzforderungen an den Schuldner auszukehren.

    Ergibt sich bei Eheleuten bei der Zusammenveranlagung eine Steuererstattung, liegt im Gegensatz zur Gesamtschuldnerschaft bei Steuerschulden keine Gesamtgläubigerschaft vor. Für die Verteilung zwischen ihnen sind die sich aus § 37 Abs. 2 ergebenden Grundsätze anzuwenden (vgl. Regelungen zu § 37 und BStBl 2013 I, S. 70).

    Ergibt sich aus dieser Verteilung ein Erstattungsbetrag für den insolventen Ehegatten, so ist der Erstattungsbetrag nach den o. g. Grundsätzen auf die Insolvenzmasse oder das insolvenzfreie Vermögen zu verteilen.

    Beispiel 5

    Im Rahmen einer Zusammenveranlagung von Ehegatten, bei denen sich nur ein Ehegatte in Insolvenz befindet, ergibt sich eine Jahressteuer von 18.000 €, die i. H. v. 14.500 € auf den vorinsolvenzrechtlichen Vermögensteil und i. H. v. 3.500 € auf die Insolvenzmasse entfallen.

    Folgende geleistete Vorauszahlungen sind anzurechnen:

    • Schuldner: 10.000 €,

    • Insolvenzverwalter: 600 € sowie

    • Nicht insolventer Ehegatte: bis zur Insolvenzeröffnung: 300 €, nach Insolvenzeröffnung: 8.100 €.

    Vorauszahlungen und Steueranrechnungsbeträge werden bei dem insolvenzrechtlichen Vermögensbereich berücksichtigt, aus denen sie geleistet wurden.

    Aufgrund der Verteilung einer einheitlichen Steuerschuld ist es nicht möglich, dass sich für einen Vermögensbereich eine Erstattung und für einen anderen Vermögensbereich eine Nachzahlung ergibt.

    Tabelle in neuem Fenster öffnen
    Summe
    Insolvenzforderung
    Masseforderung
    Steuer
    18.000 €
    14.500 €
    3.500 €
    abzgl. geleistete VZ InsO-Schuldner
    10.000 €
    10.000 €
    abzgl. geleistete VZ InsO-Verwalter
    600 €
    600 €
    abzgl. geleistete VZ nicht insolventer Ehegatte
    8.400 €
    300 €
    8.100 €
    Zwischensumme
    – 1.000 €
    4.200 €
    – 5.200 €
    Ausgleich
    0 €
    – 4.200 €
    4.200 €
    Ergebnis
    – 1.000 €
    0 €
    – 1.000 €

    – 515,79 €
    – 484,21 €

    Die Verteilung des Erstattungsbetrages erfolgt nach § 37 Abs. 2 AO.

    Vorauszahlungen aufgrund eines an beide Ehegatten gemeinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids ohne individuelle Tilgungsbestimmung sind unabhängig davon, ob die Ehegatten später zusammen oder getrennt veranlagt werden, zunächst auf die festgesetzten Steuern beider Ehegatten anzurechnen (BStBl 2011 II, S. 607 sowie BStBl 2013 I, S. 70 zu § 37 Abs. 2). Die vom Insolvenzverwalter geleisteten Vorauszahlungen sind dem insolventen Ehegatten zuzurechnen, wobei er ausschließlich die auf die Insolvenzmasse entfallende Steuerschuld zahlt. Die vom nichtinsolventen Ehegatten auch nach Insolvenzeröffnung geleisteten Vorauszahlungen sind mangels ausdrücklicher Tilgungsbestimmung beiden Ehegatten zuzurechnen (BStBl 2009 II, S. 38).

    Bei der Ermittlung der anteiligen Erstattungsbeträge sind sämtliche Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträge einzubeziehen – unabhängig davon, aus welchem Vermögensbereich sie entstammen.

    Insolventer Ehegatte: – 1.000 € × [(10.000 € × ½ + 600 € + 8.400 € × ½)/19.000 €] = – 515.79 €.

    Nicht insolventer Ehegatte: – 1.000 € × [(10.000 € × ½ + 8.400 € × ½)/19.000 €] = – 484.21 €.

    9.2 Umsatzsteuer

    Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des leistenden Unternehmers kommt es zu einer Aufspaltung des Unternehmens in mehrere selbständige Unternehmensteile. Dabei handelt es sich um die Insolvenzmasse und das vom Insolvenzverwalter freigegebene Vermögen sowie einen vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil. Die Eingangs- und Ausgangsumsätze sind dem Unternehmensteil zuzuordnen, der sie ausgeführt hat.

    Zur Wahrung des Grundsatzes der Unternehmenseinheit reicht es aus, dass die Summe der für alle Unternehmensteile insgesamt festgesetzten oder angemeldeten Umsatzsteuer der Umsatzsteuer für das gesamte Unternehmen entspricht (vgl. BStBl 2011 II, S. 996).

    Dabei können Erstattungsansprüche zugunsten eines Unternehmensteils entstehen, während sich für denselben Besteuerungszeitraum Nachforderungen gegen einen anderen Unternehmensteil ergeben können.

    Für die Einzelheiten wird insbesondere auf die BStBl 2011 I, S. 1273 und vom  – BStBl 2012 I, S. 120 verwiesen.

    10. Befriedigung der Insolvenzgläubiger

    Die Insolvenzordnung sieht zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger grundsätzlich die Verwertung der Insolvenzmasse und die Verteilung des Erlöses nach den Vorschriften der Insolvenzordnung vor (§§ 159 ff., 187 ff. InsO). Abweichend dazu kann die Befriedigung der Gläubiger und die Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung an die Beteiligten durch einen Insolvenzplan (§§ 217 ff. InsO) geregelt werden. Die Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens (Stilllegung oder Fortführung, Verfahren nach den Vorschriften der InsO oder nach den Regelungen eines Insolvenzplanes) trifft die Gläubigerversammlung.

    11. Insolvenzplan

    In einem Insolvenzplan (§§ 217 ff. InsO), der vom Insolvenzverwalter – ggf. im Auftrag der Gläubigerversammlung (§ 157 InsO) – oder vom Schuldner selbst eingebracht werden kann, können abweichend von den gesetzlichen Regelungen des Insolvenzverfahrens z. B. geregelt werden:

    • die Befriedigung der Gläubiger (einschließlich der Absonderungsgläubiger),

    • die Verwertung der Insolvenzmasse,

    • die Verteilung der Insolvenzmasse an die Beteiligten und

    • die Inanspruchnahme des Schuldners nach Verfahrensbeendigung.

    Über die Wirksamkeit eines Insolvenzplans stimmen die Gläubiger in Gruppen ab, soweit ihnen gem. § 77 InsO ein Stimmrecht im Verfahren eingeräumt ist (§§ 222, 235 ff. InsO).

    § 225a InsO sieht für ab dem beantragte Insolvenzverfahren die Möglichkeit der Umwandlung von Gläubigerforderungen in Mitgliedschafts- oder Anteilsrechte („Debt-Equity-Swap”) vor, die die zustimmende Erklärung des betroffenen Gläubigers voraussetzt. Diese Zustimmung zu erteilen, obliegt der steuerverwaltenden Körperschaft (§ 252 AO). Eine Zustimmung zur Umwandlung von Gläubigerforderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte darf nur unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften (insbesondere Haushaltsordnungen) der jeweiligen steuerverwaltenden Körperschaft erfolgen. Die Voraussetzungen zum Erwerb von Beteiligungen an privatrechtlichen Unternehmen und damit zur Zustimmung zu einem derartigen Plan liegen regelmäßig nicht vor, da die unternehmerische Betätigung des Landes oder des Bundes auf die Verfolgung von wichtigen Interessen des Landes bzw. des Bundes zu beschränken ist.

    Weist das Insolvenzgericht den Plan nicht zurück, hat das Finanzamt zu prüfen, ob sämtliche angemeldeten Ansprüche enthalten sind und das Finanzamt durch den Plan nicht schlechter gestellt wird, als es ohne den Plan stünde.

    Soweit auf Steuerforderungen, die Gegenstand des Insolvenzplans sind, verzichtet wurde, werden diese mit Bestätigung des Plans zu unvollkommenen Forderungen. Sie sind zwar erfüllbar, können aber grundsätzlich gegen den Schuldner nicht mehr geltend gemacht werden. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme Dritter im Wege der Haftung bleibt bestehen, soweit nicht ein Haftungsausschluss nach § 227 Abs. 2 InsO in Betracht kommt.

    Ein bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehendes Aufrechnungsrecht bleibt auch dann erhalten, wenn die aufgerechnete Gegenforderung nach einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan als erlassen gilt ( WM S. 1182)

    Auf Abschnitt 61 VollstrA wird hingewiesen.

    12. Verbraucherinsolvenz nach §§ 304 ff. InsO

    Natürliche Personen, die keine selbständige gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausüben oder ausgeübt haben, können das Verbraucherinsolvenzverfahren nach §§ 304 ff. InsO beantragen. Dies gilt auch für Personen, die eine selbständige Tätigkeit ausgeübt haben, wenn ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind und gegen sie keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Überschaubar sind Vermögensverhältnisse, wenn der Schuldner zu dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird, weniger als 20 Gläubiger hat. Forderungen aus Arbeitsverhältnissen sind nicht nur die Ansprüche der ehemaligen Arbeitnehmer selbst, sondern auch die Forderungen von Sozialversicherungsträgern und Finanzämtern (z. B. Lohnsteuerforderungen). Der geschäftsführende Alleingesellschafter einer GmbH übt eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit aus. Wird dieser für Lohnsteuerrückstände der GmbH in Haftung genommen, handelt es sich um Forderungen aus Arbeitsverhältnissen i. S. d. § 304 Abs. 1 InsO ( WM S. 918).

    Das Verfahren gliedert sich in drei Abschnitte. Zunächst hat der Schuldner eine außergerichtliche Einigung mit seinen Gläubigern ernsthaft anzustreben (Nr. 12.1). Gelingt ihm dies nicht, wird auf seinen Antrag ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchgeführt (Nr. 12.2). Scheitert auch dies, schließt sich ein vereinfachtes Insolvenzverfahren an (Nr. 12.3).

    12.1 Außergerichtlicher Einigungsversuch

    Der Schuldner hat den Gläubigern und damit ggf. auch dem Finanzamt zum Zweck der außergerichtlichen Einigung unter anderem z. B. ein Vermögensverzeichnis, eine Aufstellung seiner Verbindlichkeiten und Gläubiger sowie einen Plan zur Schuldenregulierung vorzulegen (vgl. § 305 Abs. 1 InsO).

    Das Finanzamt kann nur im Rahmen einer persönlichen Billigkeitsmaßnahme Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis abweichend festsetzen, stunden oder erlassen.

    Zu den vom Finanzamt zu beachtenden Grundsätzen bei der Bearbeitung von Anträgen auf außergerichtliche Schuldenbereinigung i. S. v. § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO wird auf das (BStBl 2002 I, S. 132) hingewiesen.

    12.2 Schuldenbereinigungsverfahren

    Scheitert der ernsthafte Versuch des Schuldners, eine außergerichtliche Einigung herbeizuführen, so kann er die Eröffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens nach den §§ 311 ff. InsO beantragen.

    Mit einem Antrag auf Eröffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens nach §§ 311 ff. InsO hat der Schuldner die in § 305 Abs. 1 InsO genannten Unterlagen und Erklärungen, insbesondere einen Schuldenbereinigungsplan, vorzulegen. Bei einem inhaltlich ordnungsgemäßen Antrag erklärt das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren bis zur Entscheidung über den Schuldenbereinigungsplan für ruhend (§ 306 Abs. 1 Satz 1 InsO). Das Insolvenzgericht stellt den vom Schuldner genannten Gläubigern gem. § 307 Abs. 1 InsO den Schuldenbereinigungsplan und die Vermögensübersicht zur Stellungnahme binnen einer Notfrist von einem Monat zu.

    Das Finanzamt hat die vom Gericht zugestellte Vermögensübersicht und den Schuldenbereinigungsplan unter Beteiligung aller in Betracht kommenden Dienststellen unverzüglich daraufhin zu überprüfen, ob alle bis zum Ablauf der vom Gericht genannten Frist entstandenen Abgabenansprüche (zum Beispiel entstandene, aber noch nicht festgesetzte Abgabenforderungen) aufgenommen worden sind. Noch nicht festgesetzte oder angemeldete Steueransprüche, die bis zum Ablauf der Notfrist entstehen, sind erforderlichenfalls im Schätzungswege zu ermitteln.

    Während das Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ruht (§ 306 Abs. 1 Satz 1 InsO), sind – unabhängig von etwaigen Sicherungsmaßnahmen des Insolvenzgerichts (§ 306 Abs. 2 InsO) – alle Verwaltungsakte weiterhin dem Schuldner bekannt zu geben.

    Gibt das Finanzamt innerhalb der Frist von einem Monat keine Stellungnahme ab, gilt dies nach § 307 Abs. 2 Satz 1 InsO als Einverständnis.

    Die unterlassene Ergänzung der Abgabenforderungen hat – falls keine Wiedereinsetzungsgründe vorliegen – die Folge, dass nicht oder nicht in der richtigen Höhe geltend gemachte Forderungen nach § 308 Abs. 3 Satz 2 InsO erlöschen, wenn der Schuldenbereinigungsplan angenommen wird.

    Der Schuldenbereinigungsplan gilt als angenommen, wenn

    • alle Gläubiger zugestimmt haben,

    • kein Gläubiger Einwendungen erhoben hat oder

    • die Zustimmung eines oder mehrerer Gläubiger nach § 309 InsO ersetzt wird.

    Die Zustimmung des Finanzamts orientiert sich an den im (BStBl 2002 I, S. 132) dargestellten Grundsätzen zur außergerichtlichen Einigung. Dabei ist zu beachten, dass akzessorische Sicherheiten (z. B. Zwangshypothek) erlöschen, wenn der Plan keine abweichende Regelung vorsieht. Erforderlichenfalls sind daher entsprechende Einwendungen gegen den Plan zu erheben.

    Da bei Nichterfüllung des Plans eine Wiederauflebensklausel gesetzlich nicht vorgesehen ist, soll das Finanzamt in seiner Stellungnahme auf eine solche hinwirken.

    Das Insolvenzgericht ersetzt die Zustimmung eines Gläubigers unter den Voraussetzungen des § 309 Abs. 1 InsO und hat dazu den Betroffenen zu hören. Eine gerichtliche Ersetzung der Zustimmung ist jedoch nach § 309 Abs. 3 InsO ausgeschlossen, wenn das Finanzamt glaubhaft macht, dass die Angaben des Schuldners im Schuldenbereinigungsplan dem Grunde oder der Höhe nach unrichtig sind und es deshalb nicht angemessen beteiligt wird.

    Das Insolvenzgericht entscheidet über die Ersetzung durch Beschluss. Dagegen stehen dem Antragsteller und dem Gläubiger, dessen Zustimmung ersetzt wird, die sofortige Beschwerde zu (§ 309 Abs. 2 Satz 3 InsO).

    Der angenommene Schuldenbereinigungsplan hat nach § 308 Abs. 1 Satz 2 InsO die Wirkung eines (Prozess-)Vergleichs i. S. d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Hinsichtlich der Wirkung des Plans auf die Abgabenansprüche siehe Nr. 11.

    § 308 Abs. 3 InsO stellt im Interesse des Gläubigerschutzes klar, dass Gläubiger, die keine Möglichkeit der Mitwirkung an dem Schuldenbereinigungsplan hatten, keinen Rechtsverlust erleiden. Dies ist allerdings nur denkbar, wenn dem Finanzamt kein Schuldenbereinigungsplan zur Stellungnahme zugestellt wurde. Allerdings kann sich der Gläubiger der Wirkung des Schuldenbereinigungsplans nicht durch eine unvollständige Forderungsaufstellung, unterlassene oder unzureichende Nachbesserung des Schuldenbereinigungsplans entziehen.

    Das Verfahren über den Eröffnungsantrag wird wieder aufgenommen, wenn das Insolvenzgericht nach Anhörung des Schuldners zu der Überzeugung gelangt, dass der Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen wird (§ 306 Abs. 1 Satz 3 InsO) oder Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan erhoben werden, die vom Gericht nicht gem. § 309 InsO durch gerichtliche Zustimmung ersetzt werden (§ 311 InsO). Ein erneuter Antrag des Schuldners ist nicht erforderlich.

    Soweit ein Gläubiger einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt und der Schuldner keinen Eigenantrag nachreicht (§ 306 Abs. 3 InsO), findet ein Schuldenbereinigungsverfahren nicht statt. In diesem Fall ist – wie im Fall des Scheiterns des Schuldenbereinigungsverfahrens – ein vereinfachtes Insolvenzverfahren durchzuführen.

    Im Übrigen wird auf Abschnitt 63 VollstrA hingewiesen.

    12.3 Vereinfachtes Insolvenzverfahren

    Grundsätzlich sind die Bestimmungen für das Regelinsolvenzverfahren auch im vereinfachten Verfahren anzuwenden, soweit in den §§ 311 bis 314 InsO nicht Gegenteiliges geregelt ist.

    Das Insolvenzgericht bestellt einen Treuhänder, der die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt (§ 313 Abs. 1 Satz 1 InsO) und bei dem auch die Abgabenansprüche anzumelden sind (siehe Nr. 5.2). Der Treuhänder hat im Gegensatz zum Insolvenzverwalter zwar nur eingeschränkte Befugnisse, ist jedoch für die Dauer des Insolvenzverfahrens als Vertreter des Schuldners i. S. v. §§ 34, 35 anzusehen (§ 313 Abs. 1 InsO). Das Finanzamt hat daher Verwaltungsakte während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur an den Treuhänder zu richten und diesem bekannt zu geben (siehe Nr. 4.3). Hinsichtlich der Steuererklärungspflichten siehe Nr. 4.2.

    Wie im Regelinsolvenzverfahren besteht auch im vereinfachten Verfahren – auf Antrag des Schuldners – die Möglichkeit der Restschuldbefreiung nach Maßgabe der §§ 286 ff. InsO.

    Im Übrigen wird auf Abschnitt 63 VollstrA hingewiesen.

    13. Eigenverwaltung

    13.1 Vorbereitung einer Sanierung nach § 270b InsO

    Bei einer angestrebten Sanierung nach § 270b InsO kann das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans bestimmen (§ 270b Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Frist darf höchstens drei Monate betragen.

    Stimmt das Gericht dem Antrag des Schuldners zu, hat es einen vorläufigen Sachwalter (§ 270a Abs. 1 InsO) zu bestellen und kann vorläufige Maßnahmen nach § 21 Abs. 1 und 2 Nr. 1a, 3 bis 5 InsO anordnen. Auf Antrag des Schuldners hat es ein Vollstreckungsverbot nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO anzuordnen. Des Weiteren hat das Gericht auf Antrag des Schuldners anzuordnen, dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten begründet. § 55 Abs. 2 InsO gilt entsprechend.

    Spätestens nach Ablauf der Frist nach § 270b Abs. 1 Satz 1 InsO hat das Gericht über den Antrag auf Insolvenzeröffnung zu entscheiden. Ist es dem Schuldner innerhalb der Frist nach § 270b Abs. 1 Satz 1 InsO gelungen, dem Gericht einen Insolvenzplan vorzulegen, so wird über den Plan im eröffneten Insolvenzverfahren nach den allgemeinen Vorschriften über den Insolvenzplan entschieden.

    13.2 Eröffnung des Insolvenzverfahrens

    Auf Antrag des Schuldners oder der Gläubigerversammlung kann das Insolvenzgericht die Eigenverwaltung der Insolvenzmasse gem. §§ 270 ff. InsO unter der Aufsicht eines Sachwalters anordnen, wenn dadurch nicht Gläubigerinteressen beeinträchtigt werden (z. B. durch Verfahrensverzögerung).

    Die insolvenzrechtlichen Vorschriften bleiben durch die Eigenverwaltung – von wenigen Ausnahmen abgesehen – unberührt. Im Grunde sind nur Befugnisse des Insolvenzverwalters auf den Schuldner selbst zu übertragen. Insolvenzforderungen sind schriftlich beim Sachwalter zur Tabelle anzumelden (§ 270c InsO).

    Auswirkungen auf das Besteuerungsverfahren (z. B. die Veranlagungszeiträume) ergeben sich durch die Anordnung der Eigenverwaltung nicht. Da der Schuldner im Fall der Eigenverwaltung jedoch selbst rechtsgeschäftlich mit Verfügungsbefugnis handeln kann, der Sachwalter demgegenüber nur Kontroll- und Aufsichtspflichten ausübt, ist der Schuldner selbst steuerlich als Vertreter der Insolvenzmasse i. S. v. §§ 34, 35 anzusehen. Daher ist er Bekanntgabeadressat für alle die Insolvenzmasse betreffenden Verwaltungsakte.

    Die Eigenverwaltung kann auf Antrag der Gläubigerversammlung, des Schuldners oder eines Gläubigers, der entsprechende Gründe glaubhaft zu machen hat, aufgehoben werden (§ 272 InsO).

    14. Vorgehensweise nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens

    Mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens erhält der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen zurück.

    Die Aufrechnungsverbote der §§ 95 und 96 InsO gelten nicht mehr. Steuererstattungsansprüche unterliegen nicht mehr dem Insolvenzbeschlag, es sei denn, es liegt eine wirksame Anordnung der Nachtragsverteilung bzw. der wirksame Vorbehalt der Nachtragsverteilung vor. Mit dem Vorbehalt oder der Anordnung einer Nachtragsverteilung tritt hinsichtlich des einzelnen Erstattungsanspruchs erneut die Insolvenzbeschlagnahme ein (BStBl 2012 II, S. 451). Aus dieser Anordnung muss eindeutig hervorgehen, auf welche Steuerarten sie sich bezieht. Soweit sich aus dem Beschluss des Insolvenzgerichts nicht ausdrücklich etwas anderes ergibt, ist anzunehmen, dass der Insolvenzbeschlag hinsichtlich aller der Steuerart nach bezeichneten Steueransprüche fortbesteht, die bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens (insolvenzrechtlich) begründet worden sind. Ein nicht hinreichend bestimmter Beschluss entfaltet keinen Insolvenzbeschlag.

    Steuerbescheide sind an den Steuerpflichtigen zu richten und diesem bekannt zu geben. Aus diesem Grund ist für das Jahr der Insolvenzaufhebung z. B. nur eine Einkommensteuerfestsetzung durchzuführen, in der sowohl der Massezeitraum wie auch der Zeitraum nach Abschluss des Verfahrens zusammengefasst werden.

    Der Schuldner ist auch hinsichtlich der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Steuerforderungen weiterhin Steuerschuldner (vgl. BFH/NV 1994, S. 186). Somit können die während des Bestehens des Insolvenzverfahrens begründeten Steuerschulden nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Steuerpflichtigen geltend gemacht und – mangels gegenteiliger gesetzlicher Regelungen – auch vollstreckt werden.

    Zur Frage der Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters und der Auswirkungen auf noch anhängige Rechtsbehelfsverfahren zu Masseverbindlichkeiten bei Beendigung des Insolvenzverfahrens vgl. (BFH/NV 2012, S. 10).

    Änderungen von Steuerfestsetzungen, die Zeiträume vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreffen und nach der Anmeldung zur Tabelle als Insolvenzforderungen festgestellt wurden, sind nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach den einschlägigen Korrekturvorschriften (insbesondere §§ 172 ff.) zulässig. Als sonstiger Verwaltungsakt kann die Anrechnungsverfügung (insbesondere das Leistungsgebot nach rechtskräftiger Tabelleneintragung) nur unter den Voraussetzungen der §§ 129 bis 131 korrigiert werden.

    Schließt sich nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens das Restschuldbefreiungsverfahren an, kann wegen dieser Forderungen nicht vollstreckt, sondern lediglich aufgerechnet werden.

    15. Restschuldbefreiung

    15.1 Laufzeit der Abtretungserklärung

    Ist der Schuldner eine natürliche Person, so sieht die Insolvenzordnung die Möglichkeit der Restschuldbefreiung vor. Hierzu hat der Schuldner rechtzeitig einen Antrag auf Restschuldbefreiung beim Insolvenzgericht zu stellen (§ 287 Abs. 1 InsO). Um die Restschuldbefreiung zu erlangen hat der Schuldner den pfändbaren Teil seiner Bezüge für einen Zeitraum von 6 Jahren – beginnend ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens – an einen Treuhänder abzutreten (§ 287 Abs. 2 InsO). Während dieser Zeit hat der Schuldner die Obliegenheiten gem. §§ 295 bis 297 InsO zu erfüllen.

    Steuererstattungsansprüche gehören nicht zu den abtretbaren Bezügen i. S. d. § 287 InsO und können mit Insolvenzforderungen aufgerechnet werden ( NJW S. 2988).

    Der Treuhänder kehrt das Erlangte jährlich nach der im Schlussverzeichnis festgelegten Quote an die Gläubiger aus (§ 292 Abs. 1 Satz 2 InsO).

    Das Finanzamt hat zu prüfen, ob nach § 290 Abs. 1 InsO ein Grund vorliegt, die Restschuldbefreiung zu versagen. Es hat insbesondere festzustellen, ob der Schuldner zur Vermeidung von Steuerzahlungen in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Antrag schuldhaft schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse im Rahmen von Anträgen auf Vollstreckungsaufschub, in Vermögensverzeichnissen, Erlass- und Stundungsanträgen oder Steuererklärungen gemacht hat (§ 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO).

    Liegen Versagungsgründe nach § 290 InsO vor, so hat das Finanzamt im Schlusstermin die Versagung der Restschuldbefreiung zu beantragen und glaubhaft zu machen (§ 289 Abs. 1 InsO). Wird dieser Antrag vom Insolvenzgericht abgewiesen, kann sofortige Beschwerde erhoben werden (§ 289 Abs. 2 InsO).

    Liegen keine Gründe für eine Versagung der Restschuldschuldbefreiung vor, so kündigt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung an (§ 291 Abs. 1 InsO) und hebt das Insolvenzverfahren auf.

    Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens, aber noch während der Laufzeit der Abtretungserklärung sind Vollstreckungsmaßnahmen wegen der Insolvenzforderungen in das Vermögen des Schuldners unzulässig (§ 294 Abs. 1 InsO). Aufrechnungen gegen Steuererstattungsansprüche des Schuldners sind aber zulässig, es sei denn, es liegt ein Vorbehalt oder eine wirksame Anordnung der Nachtragsverteilung für diesen Anspruch vor.

    Verwaltungsakte sind wieder an den Schuldner zu richten und diesem bekannt zu geben, da der hier zu bestellende Treuhänder keine Befugnis hat, das Vermögen des Schuldners zu verwalten oder über dieses zu verfügen (§§ 291 Abs. 2, 292 InsO).

    15.2 Erteilung der Restschuldbefreiung

    Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens hat der Schuldner ausschließlich die Obliegenheiten nach §§ 295 bis 298 InsO zu erfüllen. Die Versagungsgründe des § 290 InsO gelten nicht mehr.

    Wird dem Finanzamt bekannt, dass der Schuldner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt, hat es beim Insolvenzgericht Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen und seine Angaben durch entsprechende Unterlagen glaubhaft zu machen (§ 296 InsO). Gegen die Entscheidung des Gerichts ist die sofortige Beschwerde gegeben.

    Ist die Laufzeit der Abtretungserklärung verstrichen, hat das Insolvenzgericht nach vorheriger Anhörung des Schuldners, des Treuhänders und der Insolvenzgläubiger zu entscheiden, ob dem Schuldner die endgültige Restschuldbefreiung zu erteilen ist (§ 300 Abs. 1 InsO).

    Erteilt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung, wirkt diese gegen alle Insolvenzgläubiger. Die angemeldeten, aber nicht vollständig befriedigten Forderungen wandeln sich in unvollkommene Forderungen um. Das heißt, dass diese Forderungen zwar weiterhin erfüllbar, aber nicht mehr erzwingbar sind. Insoweit entfällt die Möglichkeit einer Aufrechnung gegen Guthaben mit diesen Forderungen, da die Aufrechnung voraussetzt, dass die zur Aufrechnung gestellte Forderung vollwirksam und fällig/erzwingbar ist. Dies gilt nicht, wenn bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Aufrechnungslage bereits bestand ( WM S. 1182). Weiterhin besteht die Möglichkeit, Haftungs- oder sonstige Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen (§ 301 Abs. 2 InsO).

    Hinsichtlich der ertragsteuerlichen Behandlung von Gewinnen aus einer erteilten Restschuldbefreiung wird auf das BStBl 2010 I, S. 18 verwiesen.

    Gem. § 303 InsO kann die gewährte Restschuldbefreiung widerrufen werden, wenn innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des Beschlusses nachträglich ein Obliegenheitsverstoß bekannt wird. Der begründete Antrag ist gegenüber dem Gericht durch einen Gläubiger zu stellen. Vor dem Beschluss sind der Schuldner und der Treuhänder zu hören.

  32. In Nummer 3 der Regelung zu § 351 wird die Angabe „(vgl. zu § 129, Nr. 2)” durch die Angabe „(vgl. zu § 129, Nr. 5)” ersetzt.

  33. Nach Nummer 2 der Regelung zu § 355 wird folgende Nummer 3 angefügt:

    3

    „Zur Unterbrechung der Einspruchsfrist durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens siehe zu § 251, Nr. 4.1.2 und Nr. 5.3.1.2.1.”

  34. Die Regelung zu § 361 wird wie folgt geändert:

    1. Nach Nummer 1.4 wird folgende Nummer 1.5 eingefügt:

      1.5

      „Zu den Auswirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf das Verfahren der Aussetzung der Vollziehung siehe zu § 251, Nr. 4.1.3.”

    2. Nummer 2.5.4 wird wie folgt gefasst:

      „An die Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sind, wenn die Verfassungswidrigkeit einer angewandten Rechtsnorm geltend gemacht wird, keine strengeren Anforderungen zu stellen als im Falle der Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung. Die Begründetheit des Aussetzungsantrags ist nicht nach den Grundsätzen zu beurteilen, die für eine einstweilige Anordnung durch das BVerfG nach § 32 BVerfGG gelten (BStBl 1984 II, S. 454).

      Im Hinblick auf den Geltungsanspruch jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes muss aber der Antragsteller zusätzlich ein besonderes berechtigtes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes haben. Geboten ist eine Interessenabwägung zwischen der einer Aussetzung der Vollziehung entgegenstehenden Gefährdung der öffentlichen Haushaltsführung und den für eine Aussetzung der Vollziehung sprechenden individuellen Interessen des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (BStBl 1988 II, S. 134, BStBl 2012 II, S. 558, und BStBl 2012 II, S. 418). Als Ergebnis dieser Interessenabwägung kann somit trotz ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer angewandten Vorschrift eine Aussetzung der Vollziehung abzulehnen sein.

      Diese Grundsätze gelten nicht nur, wenn zweifelhaft ist, ob eine Norm materiell verfassungsgemäß ist, sondern auch dann, wenn Zweifel an der formellen Verfassungsmäßigkeit einer Norm bestehen ( a. a. O.). Würde eine Aussetzung der Vollziehung im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung eines ganzen Gesetzes führen, hat das Interesse an einer geordneten Haushaltsführung Vorrang, wenn der durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts eintretende Eingriff beim Steuerpflichtigen als eher gering einzustufen ist und dieser Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen hat; ob ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes bestehen, muss dann i. d. R. nicht geprüft werden (BFH-Beschlüsse vom und vom , jeweils a. a. O.).”

  35. Nach Nummer 4 der Regelung zu § 363 wird folgende Nummer 5 angefügt:

    5

    „Zur Unterbrechung eines Einspruchsverfahrens durch eine Insolvenzeröffnung siehe zu § 251, Nr. 4.1; zur Aufnahme eines unterbrochenen Einspruchsverfahrens siehe zu § 251, Nrn. 5.3.1.2.2 und 5.3.2; zur Erledigung eines Einspruchsverfahrens siehe zu § 251, Nr. 5.3.4.”

  36. Die Regelung zu § 367 wird wie folgt geändert:

    1. Die Nummer 6 wird wie folgt geändert:

      aa)

      Die bisherigen Nummern 6.1 bis 6.3 werden durch folgende neue Nummern 6.1 bis 6.4 ersetzt:

      6.1

      „Der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung (§ 367 Abs. 2a) steht im Ermessen der Finanzbehörde, muss aber sachdienlich sein. Dies ist der Fall, wenn ein Teil des Einspruchs entscheidungsreif ist, während über einen anderen Teil des Einspruchs zunächst nicht entscheiden werden kann, weil z. B. insoweit die Voraussetzungen für eine Verfahrensruhe nach § 363 Abs. 2 Satz 2 vorliegen oder hinsichtlich des nicht entscheidungsreifen Teils des Einspruchs noch Ermittlungen zur Sach- oder Rechtslage erforderlich sind. Zu unbenannten Streitpunkten besteht grundsätzlich Entscheidungsreife, es sei denn, die umfassende Prüfung des Steuerfalls (§ 367 Abs. 2 Satz 1) ergibt Aufklärungsbedarf (BStBl 2012 II, S. 536).

      Eine Teil-Einspruchsentscheidung wird somit insbesondere dann sachdienlich sein, wenn

      • der Einspruchsführer strittige Rechtsfragen aufwirft, die Gegenstand eines beim EuGH, beim BVerfG oder bei einem obersten Bundesgericht anhängigen Verfahrens sind,

      • der Einspruchsführer sich auf dieses Verfahren beruft,

      • der Erlass einer Fortsetzungsmitteilung gemäß § 363 Abs. 2 Satz 4 (vgl. zu § 363, Nr. 4) nicht in Betracht kommt und

      • der Einspruch im Übrigen entscheidungsreif ist.

      6.2

      Eine Teil-Einspruchsentscheidung ist auch dann sachdienlich, wenn sie dem Interesse der Finanzverwaltung an einer zeitnahen Entscheidung über den entscheidungsreifen Teil eines Einspruchs dient, der ersichtlich nur zu dem Zweck eingelegt wurde, die Steuerfestsetzung nicht bestandskräftig werden zu lassen (BStBl 2011 II, S. 11, und BStBl 2012 II, S. 536). Um neuen Masseneinsprüchen entgegenzuwirken, soll in Fällen, in denen mit dem Einspruch ausschließlich das Ziel verfolgt wird, im Hinblick auf anhängige Gerichtsverfahren mit Breitenwirkung den angefochtenen Verwaltungsakt nicht bestandskräftig werden zu lassen, möglichst zeitnah eine Teil-Einspruchsentscheidung erlassen werden, wenn und soweit der Einspruch nicht durch die Beifügung eines Vorläufigkeitsvermerks gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 oder 4 erledigt werden kann.

      6.3

      Es besteht keine über § 367 Abs. 2 Satz 2 („Verböserungshinweis”) hinausgehende Verpflichtung, dem Einspruchsführer vor Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung rechtliches Gehör zu gewähren, damit dieser prüfen kann, ob er noch Einwendungen vorträgt. Die Finanzbehörde ist auch nicht verpflichtet, dem Einspruchsführer vor Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung eine Frist nach § 364b Abs. 1 Nr. 1 zu setzen (BStBl 2012 II, S. 536).

      6.4

      In der Teil-Einspruchsentscheidung ist genau zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile des Verwaltungsakts Bestandskraft nicht eintreten soll, um die Reichweite der Teil-Einspruchsentscheidung zu definieren. Durch Angabe der betreffenden Besteuerungsgrundlage(n) wird hinreichend bestimmt, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll; es ist nicht erforderlich und i. d. R. auch nicht möglich, den Teil der Steuer zu beziffern, dessen Festsetzung nicht bestandskräftig werden soll (, BStBl 2011 II, S. 11, und BStBl 2012 II, S. 536). Die Bestimmung, hinsichtlich welcher Teile des Verwaltungsakts Bestandskraft nicht eintreten soll, ist Teil des Tenors der Teil-Einspruchsentscheidung und weder Nebenbestimmung noch Grundlagenbescheid. Sie kann daher nur durch Klage gegen die Teil-Einspruchsentscheidung angegriffen werden. Soweit anhängige Verfahren vor dem EuGH, dem BVerfG oder einem obersten Bundesgericht Anlass für eine Teil-Einspruchsentscheidung/Verfahrensruhe sind (vgl. Nr. 6.1 zweiter Absatz), sind diese nicht im Tenor, sondern in der Begründung der Teil-Einspruchsentscheidung zu benennen.

      Ist der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung sachdienlich (vgl. Nrn. 6.1 und 6.2), ist das der Finanzbehörde eingeräumte Entschließungsermessen in einer Weise vorgeprägt, dass es keiner über die Darlegung der Sachdienlichkeit hinausgehenden Begründung bedarf, warum eine Teil-Einspruchsentscheidung erlassen wird ( und vom , jeweils a. a. O.).

      bb)

      Die bisherigen Nummern 6.4 und 6.5 werden die neuen Nummer 6.5 und 6.6.

    2. Die Nummer 7.3 wird wie folgt gefasst:

      7.3

      „Unzulässige Einsprüche werden von einer nach § 367 Abs. 2b ergehenden Allgemeinverfügung grundsätzlich nicht erfasst, da der Ausgang des Verfahrens, das bei einem der in § 367 Abs. 2b Satz 1 angeführten Gerichte anhängig war, für diese Einsprüche i. d. R. nicht entscheidungserheblich ist. Wenn dagegen die Frage der Zulässigkeit eines Einspruchs Gegenstand des Verfahrens bei einem der in § 367 Abs. 2b Satz 1 angeführten Gerichte war, kann eine Allgemeinverfügung insoweit auch unzulässige Einsprüche erfassen. Ansonsten sind unzulässige Einsprüche möglichst zeitnah durch Einspruchsentscheidung zu verwerfen, falls sie vom Einspruchsführer nicht zurückgenommen werden.”

    3. Nach Nummer 7.3 wird folgende Nummer 8 angefügt:

      8

      Insolvenzverfahren

      Zur Verfahrensweise in Insolvenzfällen siehe zu § 251, Nrn. 5.3 ff. und Nr. 14.”

      Das (Behandlung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis im Insolvenzverfahren) wird aufgehoben.

BMF v. - IV A 3 – S 0062/08/10007-15


Fundstelle(n):
BStBl 2013 I Seite 118
AO-StB 2013 S. 81 Nr. 3
DB 2013 S. 261 Nr. 6
DStR 2013 S. 8 Nr. 7
StB 2013 S. 63 Nr. 3
StBW 2013 S. 157 Nr. 4
WPg 2013 S. 183 Nr. 4
BAAAE-29312