BFH Beschluss v. - VIII B 149/08

Für die Qualifizierung als "häusliches Arbeitszimmer" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist es ohne Bedeutung, ob der Raum eine Betriebsstätte i.S. des § 12 AO darstellt

Gesetze: EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Buchstabe b, AO § 12

Instanzenzug:

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.

a) Der BFH hat mehrfach entschieden, dass es für die Qualifizierung als „häusliches Arbeitszimmer” i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ohne Bedeutung ist, ob der Raum eine Betriebsstätte i.S. des § 12 der Abgabenordnung darstellt (, BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185; vom IV R 19/03, BFHE 208, 263, BStBl II 2005, 212, und vom IV R 30/03, BFHE 204, 176, BStBl II 2004, 775). Ebenso ist geklärt, unter welchen Voraussetzungen die betriebliche Nutzung eines solchen Raums nicht mehr „arbeitszimmertypisch” ist und der insoweit entstehende Aufwand deshalb uneingeschränkt als Betriebsausgabe abziehbar ist (vgl. , BFH/NV 1995, 875; vom IV R 7/01, BFHE 201, 166, BStBl II 2003, 463). Danach ist ein „häusliches Arbeitszimmer” i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG stets anzunehmen, wenn der betreffende Raum in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und nach Ausstattung und Funktion der Erledigung betrieblicher oder beruflicher Arbeiten vorwiegend büromäßiger Art dient (vgl. , BFHE 201, 86, BStBl II 2003, 350; in BFHE 201, 27, BStBl II 2003, 185, und —zum Arbeitszimmer eines Unternehmensberaters— , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 2005, 1068).

b) Ebenfalls geklärt ist, dass diese Grundsätze unabhängig davon gelten, ob im Einzelfall nur ein Raum oder mehrere Räume zu betrieblichen Zwecken genutzt werden (, BFH/NV 2006, 268). Insbesondere kann der Steuerpflichtige den Höchstbetrag nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nach der BFH-Rechtsprechung selbst bei einer Vielzahl genutzter Arbeitszimmer nur einmal in Abzug bringen (vgl. , BFHE 211, 505, BStBl II 2006, 328).

2. Auch die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) liegen nicht vor.

Insbesondere ist die Revision schon deshalb nicht wegen der behaupteten Abweichung der angefochtenen Entscheidung von dem (juris) zuzulassen, weil eine solche Abweichung nicht besteht. Denn sowohl dieser Beschluss wie auch das angefochtene Urteil gehen in Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung davon aus, dass gelegentlicher Publikumsverkehr oder lediglich stundenweiser Einsatz einer Aushilfskraft für Büroarbeiten noch nicht gegen die rechtliche Einordnung als häusliches Arbeitszimmer sprechen (BFH-Urteil in HFR 2005, 1068). Ob ein Büro- oder Praxisraum der Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer unterliegt, lässt sich im Übrigen nicht generell, sondern nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls beurteilen (, BFHE 189, 438, BStBl II 2000, 7); das gilt auch für die Frage, was als intensiver und dauerhafter Publikumsverkehr anzusehen ist (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 268). Einwendungen gegen eine solche Würdigung —wie im Streitfall— betreffen folglich die tatrichterliche Überzeugungsbildung des FG und damit einen (angeblichen) materiell-rechtlichen Mangel der Vorentscheidung, der keinen der Tatbestände des § 115 Abs. 2 FGO erfüllt (vgl. , BFH/NV 2007, 1650).

3. Schließlich sind auch die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen Verfahrensfehlern nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht gegeben.

Nach Auffassung der Kläger hätte das Gericht insbesondere nach dem Verzicht der Beteiligten auf mündliche Verhandlung im Hinblick auf seine Hinweispflicht nach § 76 FGO durch „eine hinreichende Berichterstattung auf erforderlichen weitergehenden Vortrag zu seiner (des Klägers) individuellen Arbeitssituation, dem Umfang der Nutzung der Räumlichkeiten, dem Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Betätigung, der Einbindung in die private Sphäre und den Umfang des Publikumverkehrs” hinweisen müssen.

Diesem Vortrag ist ein Verfahrensverstoß des FG nicht zu entnehmen. Nach § 76 Abs. 2 FGO hat der Vorsitzende —bzw. der Einzelrichter— im Rahmen seiner verfahrensrechtlichen Prozessförderungs- und Fürsorgepflichten u.a. darauf hinzuwirken, dass ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden. Der Erfolg der Klage soll nicht an der Rechtsunerfahrenheit eines Klägers scheitern. Jedoch begründet § 76 Abs. 2 FGO —auch bei Rechtsunkundigen— keine umfassende Hinweispflicht, geschweige eine Pflicht zur Rechtsberatung bzw. Rechtsauskunft. Auf dieser Grundlage ist im Streitfall angesichts der anwaltlichen Vertretung der Kläger im Verfahren und der vom FG ausschließlich zugrunde gelegten ständigen Rechtsprechung zu den unter 1. und 2. dargestellten Rechtsfragen nicht erkennbar, auf welche besonderen Defizite das FG die Kläger hätte hinweisen müssen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
SAAAD-27724