Anerkennung einer zivilrechtlich wirksamen Veräußerung von GmbH-Anteilen, wenn außer der Verlustrealisierung nach § 17 Abs. 1 EStG kein weiterer Grund für die Anteilsveräußerung erkennbar ist; Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen
Gesetze: EStG § 17, AO § 42, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug:
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegen nicht vor.
1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) setzt voraus, dass eine hinreichend bestimmte Rechtsfrage herausgestellt wird, die im Interesse der Allgemeinheit an der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall klärungsfähig ist (vgl. , BFH/NV 2009, 25). Angesichts der alternativen Begründung zur Nichtanerkennung des Vertrags vom kann allerdings dahinstehen, ob der Vertrag —wie vom Finanzgericht (FG) angenommen— einem Fremdvergleich nicht standhält und von einem (vermeintlichen) Näheverhältnis im Sinne der „Angehörigenrechtsprechung” zwischen dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und dem erwerbenden (angestellten) Unternehmensberater ausgegangen werden kann.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO; entsprechend ist auch keine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erforderlich. Die zur Anwendung des § 42 der Abgabenordnung (AO) von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, ob die zivilrechtlich wirksame Veräußerung von GmbH-Anteilen auch dann aus der Sicht des Veräußerers anzuerkennen ist, wenn außer der Verlustrealisierung nach § 17 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein weiterer —insbesondere wirtschaftlicher— Grund für die Anteilsveräußerung nicht erkennbar ist, ist nicht klärungsbedürftig und insbesondere nicht klärungsfähig; sie konnte vielmehr —aufgrund der vorhandenen BFH-Rechtsprechung— so entschieden werden, wie es das FG getan hat. Insbesondere fehlt es bei einer —wie vorliegend— lediglich einzelfallbezogenen Beurteilung eines Streitfalles an einer grundsätzlichen Bedeutung (vgl. BFH-Beschlüsse vom I B 168/05, BFH/NV 2006, 1121; vom VIII B 36/06, BFH/NV 2007, 2293).
Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein Gestaltungsmissbrauch i.S. von § 42 AO gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die —gemessen an dem erstrebten Ziel— unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (vgl. , BFHE 205, 70, BStBl II 2004, 648; vom IX R 17/07, BFH/NV 2008, 426, jeweils m.w.N.). Das schließt es ein, dass einerseits eine gezielt gestaltete Verlustrealisation regelmäßig nicht rechtsmissbräuchlich sein muss (vgl. , BFHE 221, 231, BStBl II 2008, 789, aufhebend Urteil des FG Münster in Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 2006, 1302), andererseits aber aufgrund der Umstände des Einzelfalls bei Nichtvorliegen wirtschaftlicher oder sonst beachtlicher nichtsteuerlicher Gründe ein Gestaltungsmissbrauch gegeben sein kann (vgl. , Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2006, 117, unter II. A. 2. b; Beschluss vom VIII B 63/06, nicht veröffentlicht —n.v.—, juris). Auf dieser Basis konnte das FG im Streitfall zu dem Ergebnis gelangen, dass aufgrund einer ausführlichen Würdigung aller Einzelfallumstände (Urteil S. 21 bis 24) von einem Gestaltungsmissbrauch i.S. von § 42 AO auszugehen ist. Diese Würdigung ist zumindest möglich und wäre auch revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Auch ist eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO) nicht erforderlich. Eine Divergenz liegt nur vor, wenn das FG bei einem gleich oder ähnlich gelagerten Sachverhalt in einer bestimmten entscheidungserheblichen Rechtsfrage von der —dieselbe Rechtsfrage betreffenden— Rechtsauffassung eines anderen Gerichts abweicht (z.B. BFH-Beschlüsse vom IX B 98/05, BFH/NV 2006, 768; vom IX B 15/08, BFH/NV 2008, 1350, unter 3., m.w.N.). Dabei reichen weder eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen noch die (angeblich) fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles noch schlichte Subsumtionsfehler des FG aus; erforderlich ist vielmehr eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen (BFH-Beschlüsse vom VIII B 70/07, BFH/NV 2008, 380; vom VIII B 160/05, BFH/NV 2006, 1477, m.w.N.).
Die gerügte Divergenz zu den Urteilen des (BFHE 196, 128, BFH/NV 2001, 1636) und des (EFG 2008, 54, Revision IX R 60/07) ist nicht gegeben. Den angeführten Divergenz-Urteilen liegt schon ein jeweils anders gelagerter Sachverhalt zugrunde: im BFH-Fall in BFHE 196, 128, BFH/NV 2001, 1636, ging es um eine sog. Anteilsrotation (Erwerb einer GmbH mit anschließender Vollausschüttung, Teilwertabschreibung und Liquidation), im Fall des FG Baden-Württemberg um die Wiederanschaffung von kurz zuvor veräußerten Wertpapieren innerhalb der Ein-Jahres-Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Zudem ist zum einen bereits fraglich, ob das FG den von den Klägern gebildeten abstrakten Rechtssatz aufgestellt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Denn ausweislich seiner Entscheidungsgründe (dort S. 20, 21) hat das FG sich ausdrücklich auch die von den Klägern für zutreffend erachteten Rechtsgrundsätze zu § 42 AO (unter Bezug auf das BFH-Urteil in BFHE 196, 128, BFH/NV 2001, 1636) zu eigen gemacht. Zum anderen hat es von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend im Rahmen einer ausführlichen Würdigung aller Einzelfallumstände den Vertrag vom wegen Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts gemäß § 42 AO für steuerrechtlich unbeachtlich angesehen. Dabei hat das FG in diesem Zusammenhang auch aufgezeigt (Urteil S. 24), dass und warum der Streitfall mit dem Sachverhalt des Urteils des FG Baden-Württemberg in EFG 2005, 712 nicht vergleichbar ist (s.a. , n.v., juris).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
EAAAD-18515