BFH Beschluss v. - IX B 30/10

Keine Divergenz bei einem anders gelagerten Sachverhalt; nicht hinreichende Tenorierung des FG-Urteils als Verfahrensfehler

Gesetze: AO § 42, EStG § 17Abs. 2 Satz 4, FGO § 100 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde ist unbegründet; denn die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.

2 1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Entgegen der Ansicht des Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt —FA—) sind die Ausführungen des Finanzgerichts (FG) nicht so zu verstehen, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Anwendung des § 42 der Abgabenordnung (AO) generell ausgeschlossen sei. Vielmehr hat das FG die Anwendung des § 42 AO geprüft und anhand der —regelmäßig nicht klärungsbedürftigen— Umstände des Einzelfalls abgelehnt.

3 Entsprechend ist auch eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. FGO) nicht erforderlich.

4 2. Eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO in Gestalt einer Divergenz ist nicht erforderlich; denn die gerügten Abweichungen zu den BFH-Entscheidungen (Urteil vom IX R 62/05, BFHE 221, 227, BStBl II 2008, 856; Beschluss vom IX B 23/08, nicht veröffentlicht, juris) und zum (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 99 —Leitsatz—, Revision IX R 40/09) liegen nicht vor. Im Streitfall einer (Gesamt-)Anteilsveräußerung (35 %) hat der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) zwar die GmbH-Anteile (in Höhe von 20 %) unentgeltlich am Tag zuvor, also innerhalb der letzten fünf Jahre, erworben (§ 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. a Satz 1 EStG), sein Rechtsvorgänger hätte den daraus resultierenden Veräußerungsverlust als über die Jahre hin wesentlich Beteiligter geltend machen können (§ 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. a Satz 2 EStG); auf eine wesentliche Beteiligung des Klägers „innerhalb der gesamten letzten fünf Jahre” (§ 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b EStG) kommt es danach nicht an. In Bezug auf den , nicht veröffentlicht, (juris) reichen weder eine Abweichung in der Würdigung von Tatsachen noch die (angeblich) fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles (dazu s. vorstehend unter 1.) noch schlichte Subsumtionsfehler des FG aus, um eine Divergenz zu belegen; im Übrigen geht es vorliegend nicht um das Problem der Übertragbarkeit von Verlustpotential, sondern um die Übertragung von GmbH-Anteilen. Zudem ist eine Übertragung vor dem zeitlichen Anwendungsbereich des Halbeinkünfteverfahrens und die weitere Übertragung auf eine, jedenfalls auf den Kläger bezogen, personengleiche GmbH nicht als rechtsmissbräuchliche Gestaltung i.S. von § 42 AO anzusehen (vgl. , BFHE 221, 231, BStBl II 2008, 789, unter II.2.c und d). Dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz schließlich liegt mit dem Ringtausch von GmbH-Anteilen mehrerer Gesellschafter untereinander ein ersichtlich anders gelagerter Sachverhalt zugrunde.

5 3. Der gerügte Verfahrensfehler der nicht hinreichenden Tenorierung des FG-Urteils liegt im Ergebnis nicht vor. Zwar ist ein Urteil unwirksam, wenn der Tenor unklar ist und auch unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe nicht in einem bestimmten Sinne zweifelsfrei ausgelegt werden kann (vgl. , BFHE 173, 480, BStBl II 1994, 469). Danach ist vorliegend nur ein Rechenschritt, aber keine Rechtsfrage offen. Es ist davon auszugehen, dass das FG —trotz der missverständlichen Formulierung „wird…festgestellt” und ohne Hinweis auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO— bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags (zum ) nach Maßgabe der Entscheidungsgründe einen „weiteren Veräußerungsverlust” (FG-Urteil S. 8 oben; in Höhe von 802.742 DM) zusätzlich zu den vom FA schon festgestellten negativen gewerblichen Einkünften (16.354 DM) berücksichtigt sehen wollte. Damit ergibt sich aus dem FG-Urteil insgesamt eine hinreichend klare Handlungsanweisung für das FA.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2010 S. 2104 Nr. 11
RAAAD-53118